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  • 30.11.2018 · IWW-Abrufnummer 205909

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 14.11.2018 – 4 K 86/18

    1. Eine Reduzierung der Kraftfahrzeugsteuer für Diesel-PKW aufgrund der von einzelnen Kommunen verhängten Fahrverbote sieht das Kraftfahrzeugsteuergesetz nicht vor.

    2. Es verstößt nicht gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung, dass Halter von Diesel-PKW, die von Fahrverboten betroffen sind, keine Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer erhalten.


    FINANZGERICHT HAMBURG

    Aktz: 4 K 86/18

    Tatbestand:

    Der Kläger begehrt eine Herabsetzung der Kraftfahrzeugsteuer.

    Der Kläger ist seit dem 07.11.2017 Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XX. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen sog. Selbstzünder, der die Emissionsklasse Euro 5 erfüllt.

    Mit Bescheid vom 16.11.2017 setzte das beklagte Hauptzollamt für das Fahrzeug des Klägers bezüglich des Zeitraumes 07.11.2017 bis 06.11.2018 Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 192,00 Euro fest.

    Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 16.11.2017 Einspruch und führte zur Begründung u. a. an: Die Steuer werde für die Benutzung von Straßen erhoben. Sein Kraftfahrzeug werde als Diesel unabhängig vom Schadstoffausstoß besteuert. Seit dem Jahr 2018 würden einzelne Städte und Gemeinden die Straßennutzung für sein Fahrzeug einschränken. Mit der Besteuerung werde er dadurch unrechtmäßig ungleich behandelt.

    Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 28.06.2018 zurück; auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.

    Mit seiner am 25.07.2018 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren fort. Er macht im Wesentlichen geltend: Der angegriffene Steuerbescheid entspreche nach dem Erlass von Dieselfahrverboten in den Innenstädten nicht mehr dem Grundsatz einer gleichmäßigen Besteuerung. Durch den Erlass eines Fahrverbotes werde sein Fahrzeug im Verhältnis zu anderen Fahrzeugen potentiell weniger schädlich, da es Stickoxide dort nicht (mehr) ausstoßen könne, wo sie gefährlich würden. Da der Schadstoffausstoß Besteuerungsgrundlage sei, müsse sich dies im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung in einer herabgesetzten Kraftfahrzeugsteuer ausdrücken.

    Der Kläger beantragt,
    unter Aufhebung des Bescheides vom 16.11.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 28.06.2018 die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX niedriger als im angefochtene Bescheid ausgewiesen festzusetzen;

    hilfsweise,
    den Bescheid vom 16.11.2017 und die Einspruchsentscheidung vom 28.06.2018 aufzuheben.

    Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Es bezieht sich auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung.

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakte des beklagten Hauptzollamtes Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Die Klage hat keinen Erfolg.

    1. Soweit der Kläger mit seinem Hauptantrag eine geringere Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer begehrt, ist die Klage unzulässig.

    In § 65 Abs. 1 Satz 2 FGO ist bestimmt, dass die Klage einen bestimmten Antrag enthalten soll. Ein Klagantrag ist grundsätzlich nur dann hinreichend bestimmt, wenn er den geltend gemachten Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der richterlichen Entscheidungsbefugnis konkret absteckt (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung hinreichend erkennen lässt (§ 110 FGO), das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf die Beklagtenseite abwälzt und schließlich die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Zwar erfordert die grundsätzliche Verpflichtung, einen bestimmten Antrag zu stellen, nicht die juristische Ausformulierung eines Antrags. Aus der Klage bzw. den Schriftsätzen des Klägers muss sich indes im Wege der Auslegung zuverlässig entnehmen lassen, in welchem Umfang der Kläger gerichtlichen Rechtsschutz begehrt, wobei bei rechtsunkundigen Klägern nicht die gewählte Formulierung, sondern der erkennbare Zweck des Rechtsschutzbegehrens maßgebend ist.

    Unter Berücksichtigung der vorstehend skizzierten Grundsätze ist der vom Kläger gestellte (Haupt-)Antrag zu unbestimmt. Denn der Antrag lässt auch unter Berücksichtigung des Schriftverkehrs im Einspruchsverfahren und der Schriftsätze im Klageverfahren nicht erkennen, in welcher Höhe der Kläger die festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer angreift, oder mit anderen Worten, auf welchen Betrag konkret die festgesetzte Steuer reduziert werden soll.

    2. Der Hilfsantrag ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    Rechtsgrundlage für den vom Kläger angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid ist die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG. Danach unterliegt das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen der Kraftfahrzeugsteuer. Die Steuer entsteht mit Beginn der Steuerpflicht (§ 6 KraftStG). Steuerschuldner ist gemäß § 7 Nr. 1 KraftStG bei einem - wie hier - inländischen Fahrzeug die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist. Die Steuer bemisst sich nach § 8 Nr. 1 lit. b) KraftStG bei Fahrzeugen der Klasse M, die erstmals ab dem 01.07.2009 zugelassen sind, nach den Kohlendioxidemissionen und dem Hubraum. In § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG hat der Gesetzgeber zudem bestimmt, dass für die u. a. Schadstoff-, Kohlendioxid- und Geräuschemissionen die Feststellungen der Zulassungsbehörden verbindlich sind. Die Jahressteuer beträgt für einen wie auf den Kläger zugelassenen Personenkraftwagen der Abgasnorm Euro 5 9,50 Euro je 100 Kubikzentimeter Hubraum zuzüglich 2,00 Euro für jedes Gramm Kohlendioxidemission je Kilometer, das den Wert von 120 g/kg überschreitet (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) KraftStG).

    Unter Berücksichtigung der vorstehend beschriebenen gesetzlichen Vorgaben ist die vom beklagten Hauptzollamt gegenüber dem Kläger festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 192,00 Euro nicht zu beanstanden. Der Kläger ist seit dem 07.11.2017 Halter des Personenkraftwagens (Euro 5) mit dem amtlichen Kennzeichen XX. Als Halter dieses inländischen Fahrzeuges ist er Steuerschuldner. Die vom beklagten Hauptzollamt vorgenommene Steuerberechnung entspricht den gesetzlichen Vorgaben des § 8 Nr. 1 lit b) i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) KraftStG und ergibt eine Jahressteuer über 192,00 Euro.

    Dass der Kläger mit dem auf ihn zugelassenen Euro-5-Fahrzeug aufgrund zwischenzeitlich von einzelnen Kommunen wie auch der Freien und Hansestadt Hamburg verhängten Fahrverboten einzelne Straßen nicht befahren darf, führt zu keiner Reduzierung bzw. Aufhebung der festgesetzten Kraftfahrzeugsteuer. Eine solche Reduzierung bzw. Aufhebung der Kraftfahrzeugsteuer sieht das geltende Kraftfahrzeugsteuergesetz nicht vor. An diese gesetzgeberische Entscheidung ist nicht nur das beklagte Hauptzollamt als gesetzesvollziehende Behörde, sondern auch das erkennende Gericht gebunden.

    Der Einwand des Klägers, nach dem Erlass von Dieselfahrverboten für einzelne Innenstädte entspreche der angefochtene Steuerbescheid nicht mehr dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung (§ 85 AO), geht fehl. Die Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist Ausfluss des in Art. 3 Abs. GG normierten allgemeinen Gleichheitssatzes. Dieser Grundsatz besagt zum einen, dass der Gesetzgeber alle unter einen sachgerechten Besteuerungsmaßstab Fallenden als Steuersubjekt erfassen und prinzipiell gleichmäßig belasten muss - sog. Rechtssetzungsgleichheit -. Zum anderen beinhaltet der Grundsatz, dass die Finanz- und Zollbehörden die Steuergesetze gleichmäßig anwenden und durchsetzen müssen - sog. Rechtsanwendungsgleichheit - (vgl. nur Seer, in: Tipke/Kruse, § 85 AO, Rz. 10; BFH, Beschluss vom 22.08.2017, II B 93/16, BFH/NV 2018, 40; jeweils m. w. N.). Hinsichtlich des Streitfalles lässt sich ein Verstoß gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung weder unter dem Gesichtspunkt der Rechtssetzungsgleichheit noch unter dem Blickwinkel der Rechtsanwendungsgleichheit feststellen. Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer ist der CO²-Ausstoß des jeweiligen Fahrzeuges, nicht aber die Kohlendioxidbelastung der Luft in den Straßen, die vom Kläger befahren werden bzw. befahren werden dürfen. Die Bemessungsgrundlage ist für alle Halter eines Euro-5-Fahrzeuges als Steuersubjekt gleich.

    Die Argumentation des Klägers, durch den Erlass von Fahrverboten werde sein Fahrzeug im Verhältnis zu anderen Fahrzeugen potentiell weniger schädlich, da es Stickoxyde nicht dort ausstoßen könne, wo sie gefährlich würden, verfängt deshalb nicht, weil der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG bereits verwirklicht ist, wenn das Fahrzeug nach den verkehrsrechtlichen Bestimmungen zum Verkehr zugelassen worden ist. Darauf, ob das Fahrzeug überhaupt genutzt, über welchen Zeitraum und in welchem Ausmaß das Fahrzeug genutzt wird oder welche Straßen befahren bzw. nicht befahren werden, kommt es nach der gesetzlichen Ausgestaltung der Kraftfahrzeugsteuer nicht an. Im Übrigen übersieht der Kläger, dass sein Euro-5-Fahrzeug nicht dadurch weniger Schadstoffe ausstößt, dass er bestimmte Straßen nicht befahren darf. Der Schadstoffausstoß seines Fahrzeuges im Straßenverkehr bleibt unverändert und überschreitet den in § 9 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) KraftStG verbindlich festgeschriebenen Wert von 120 Gramm pro Kilometer unabhängig davon, welche Straßen er befährt bzw. nicht befährt.

    Dem Kläger ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber mit dem Kraftfahrzeugsteuergesetz als lenkungspolitischen Zweck die Intention verfolgt, einen höheren Schadstoffausstoß mit einer höheren Steuer zu belegen und schadstoffarme Fahrzeuge steuerlich zu entlasten. Entsprechend diesem ökologisch orientierten Zweck fließen in die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer neben dem Hubraum des Fahrzeuges auch die Abgasnorm sowie der Kohlenstoffdioxidausstoß ein. Der Kläger übersieht indes, dass in die Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer, die als Massensteuer praktikabel und verwaltungsökonomisch ausgestaltet sein muss, keine Überlegungen des Inhalts einfließen, ob durch die Nutzung eines Fahrzeuges im Straßenverkehr bestimmte Grenzwerte für NO²-Konzentrationen überschritten werden, die nachweislich signifikante Gesundheitseffekte haben.

    Eine solche Bemessungsgrundlage wäre im Übrigen auch für die Verwaltung nicht praktikabel.

    Schließlich ist im zu betrachten Kontext zu bedenken, dass Fahrverbote für Diesel-Kraftfahrzeuge ihre Rechtsgrundlage außerhalb des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in den Normierungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes (§ 40 Abs. 1) und der Straßenverkehrsordnung (§ 41, Anlage 2, Zeichen 251) haben. Der Erlass eines Fahrverbotes für Diesel-Kraftfahrzeuge folgt eigenen Regeln und strahlt auf die Berechnung und Höhe der Kraftfahrzeugsteuer nicht aus.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

    RechtsgebieteGG, KraftStGVorschriftenGG Art. 3 Abs. 1, KraftStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, KraftStG § 7 Abs. 1, KraftStG § 8 Nr. 1 lit. b), KraftStG § 9 Abs. 1 Nr. 2 lit. b)