08.06.2020 · IWW-Abrufnummer 216092
Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 27.04.2020 – 12 U 1052/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 12 U 1052/19
Oberlandesgericht Koblenz
Urteil
In dem Rechtsstreit
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2020 für Recht erkannt:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 27.05.2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.549,19 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Skoda Octavia mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer TM...48 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 € abzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 zu zahlen.
3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Beklagte 59 % und der Kläger 41 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 81 %, der Kläger zu 19 % zu tragen.
IV. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Trier sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um materiellen Schadensersatz im Zusammenhang mit dem sogenannten Diesel-Abgasskandal.
Der Kläger erwarb am 05.12.2011 bei der Firma ...[A] GmbH einen Skoda Octavia als Neufahrzeug zu einem Kaufpreis von 21.415 €.
In dem Fahrzeug ist ein Diesel-Motor der Baureihe EA 189 verbaut. Die im Zusammenhang mit dem Motor verbaute Software erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet und schaltet zwischen 2 Betriebsmodi um. Beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemission maßgeblichen neuen europäischen Fahrzyklus (nachfolgend: NEFZ) schaltet sie in den NOx-optimierten Modus „1“ um. In diesem Modus findet eine relativ hohe Abgasrückführung statt mit niedrigem Stickoxidausstoß. Im normalen Fahrbetrieb fährt das Fahrzeug hingegen in den Modus „0“, bei dem die Abgasrückführung geringer ist, was zu einem höheren Stickoxidausstoß führt. Mit - nicht angefochtenem - Bescheid vom 15.10.2015 vertrat das Kraftfahrbundesamt (nachfolgend: KBA) die Auffassung, dass es sich bei der eingebauten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handele und ordnete als nachträgliche Nebenbestimmung für die jeweilige Typengenehmigung gemäß § 25 Abs. 2 EG-FGV an, dass die Beklagte zur Vermeidung eines Widerrufs der Typengenehmigung verpflichtet sei, die unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen sowie geeignete Maßnahmen wie der Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit greifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen sei.
Daraufhin leitete die Beklagte Ende 2015 für die vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen in Abstimmung mit dem KBA eine Rückrufaktion ein, bei der die Fahrzeuge mit einem Softwareupdate ausgestattet werden. Dieses Softwareupdate soll dazu dienen, die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge wieder herzustellen. Die Softwareupdates für die jeweiligen vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen wurden zwischenzeitlich vom KBA freigegeben. Der Kläger hat an der Rückrufaktion teilgenommen und das Softwareupdate in seinem Fahrzeug installieren lassen.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, er sei im Zusammenhang mit seiner damaligen Entscheidung zum Kauf des Pkw von der Beklagten getäuscht worden. Insbesondere habe die Beklagte in den zum Vertrieb des Fahrzeugs ausgegebenen Prospekten unzutreffend behauptet, dass das Fahrzeug die gültigen Bestimmungen über die Schadstoffemissionen einhalte. Tatsächlich sei dies nicht der Fall gewesen, weil es sich bei der streitgegenständlichen Steuerung um eine sogenannte unzulässige Abschaltvorrichtung gehandelt habe. Das Fahrzeug habe deshalb die Voraussetzungen der Euro 5-Norm nicht erfüllt mit der Folge, dass die Behörden bei Kenntnis des Sachverhalts die Typengenehmigung nicht erteilt hätten. Diese sei ungültig bzw. erloschen und könne auch durch eine technische Nachrüstung nicht wieder hergestellt werden. Der Kläger wertet diesen Sachverhalt als Betrug bzw. als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung. Dabei müsse die Beklagte für das Handeln und Unterlassen ihrer Organe, ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter und der bei ihr beschäftigten Personen einstehen. Die Unternehmungsleitung der Beklagten, insbesondere Mitglieder des Vorstandes, hätten die Funktion der in dem Abgasrückführungssystem eingesetzten Software und deren fehlende Übereinstimmung mit den europäischen Abgasvorschriften gekannt. Das gekaufte Fahrzeug sei unbehebbar mangelhaft. Auch nach der von der Beklagten angebotenen Nachbesserung würden die Grenzwerte der Euro 5-Norm im Normalbetrieb nicht eingehalten. Das Softwareupdate habe eine deutliche Verschlechterung der Dauer und Haltbarkeit des Fahrzeugs zur Folge. Dies alles habe wiederum zur Folge, dass das Fahrzeug auf dem Gebrauchtwarenmarkt nur zu einem deutlich reduzierten Preis verkauft werden könne. Die Beklagte müsse als Folgen ihres Handelns dem Kläger den gezahlten Kaufpreis gegen Rückgabe des Fahrzeugs erstatten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 21.415,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro-zentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Skoda Octavia mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer TM...48 zu zahlen,
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Skoda Octavia mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer TM...48 seit spätestens 19.09.2018 in Annahmeverzug befindet,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.789.76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, den Kläger unter keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt getäuscht zu haben. Sie habe auch nicht sittenwidrig gehandelt, insbesondere nicht zum Nachteil der klagenden Partei. Das Fahrzeug sei auch nicht mit einem Mangel behaftet gewesen. Werde ein solcher unterstellt, sei er jedenfalls unerheblich. So habe das Fahrzeug die Vorgaben der Euro 5-Norm eingehalten und tue dies auch weiterhin. Die EG-Typengenehmigung sei und bleibe wirksam. Bei der von dem Kläger beanstandeten Steuerung handele es sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Weiter hat die Beklagte bestritten, dass der Kläger überhaupt einem Irrtum unterlegen sei. So habe sich der Kläger bei der Kaufentscheidung weder mit dem Abgasverhalten noch mit dem Stickoxidausstoß auseinandergesetzt. Auch sei dem Kläger kein Schaden entstanden, da das Fahrzeug in seiner Nutzbarkeit nicht eingeschränkt und in seinem Wert nicht gemindert sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Mit seinem am 27.05.2019 verkündeten Urteil hat das Landgericht Trier die Beklagte verurteilt, an den Kläger 15.468,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Skoda Octavia mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer TM...48 zu zahlen. Das Landgericht hat festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Skoda Octavia seit dem 19.09.2018 in Annahmeverzug befindet. Darüber hinaus hat es die Beklagte verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.789,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, bei der in dem Abgasrückführungssystem eingebauten Software handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung mit der Folge, dass den mit diesen Motoren ausgerüsteten Fahrzeugen die EG-Typengenehmigung zu versagen gewesen wäre. Die nicht näher bekannte, jedenfalls aber für die Beklagte als Organ (Vorstandsmitglied) oder als Verrichtungsgehilfe beschäftigte Person, habe zum Nachteil der klagenden Partei einen Betrug im Sinne von § 263 StGB begangen. Die Betrugshandlung liege hierbei in dem Vertrieb der Kraftfahrzeuge mit den Motoren der Baureihe EA189, deren Abgas-rückführung beim Betrieb im NEFZ auf einem Rollenprüfstand in einem schadstoffemissionsarmen Modus „1“ und im gewöhnlichen Fahrbetrieb in den schadstoffemissionsreicheren Modus „0“ geschaltet werde. Bei der entsprechenden Software handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung mit der Folge, dass den mit diesen Motoren ausgerüsteten Fahrzeugen die EG-Typengenehmigung zu versagen gewesen wäre. Hätte das der Beklagten zurechenbare Organ (Vorstandsmitglied) oder der entsprechende Verrichtungsgehilfe diesen Betrug nicht begangen, so hätte die klagende Partei das Fahrzeug nicht erworben. Der Kläger sei daher berechtigt, den Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs von der Beklagten ersetzt zu verlangen. Er müsse sich dann allerdings die Vorteile anrechnen lassen, die er zwischenzeitlich durch die Nutzung des Pkw erlangt habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das Landgericht sei zu Unrecht von einer Täuschung des Klägers durch die Beklagte und dem Vorliegen einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung des Klägers ausgegangen. Bei adäquater rechtlicher Würdigung hätte das Landgericht feststellen müssen, dass es - ebenso wie bei allen anderen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen - an sämtlichen tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 463 StGB oder aus § 831 fehlen würde. Die Beklagte stellt nach wie vor in Abrede, dass es sich bei der von dem Kläger beanstandeten Steuerung um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt.
Die Beklagte beantragt,
das am 27.05.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Trier im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger wiederholt und vertieft ebenfalls seinen erstinstanzlichen Vortrag. Das Urteil des Landgerichts Trier sei nicht zu beanstanden. Zutreffend habe das Landgericht einen vorsätzlichen Betrug an dem Kläger durch den Einbau bzw. die Installation einer Abschaltautomatik durch die Beklagte angenommen und die Beklagte insoweit verurteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze vom 29.07.2019 (Berufungsbegründung) und vom 08.10.2019 (Berufungserwiderung) nebst Anlagen verwiesen.
Der Kilometerstand des Fahrzeugs betrug zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung 77.858 km.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 826 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 BGB analog wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zu. Nach Anrechnung eines zeitabhängigen Mindestnutzungsersatzes ergibt sich ein Anspruch auf Zahlung von 12.549,19 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs. Dem Kläger ist ein gegen die guten Sitten verstoßender vorsätzlicher Schaden zugefügt worden. Dies ist der Beklagten zuzurechnen.
Das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik stellt eine konkludente Täuschung dar. Denn mit dem Inverkehrbringen gibt ein Hersteller konkludent die Erklärung ab, dass der Einsatz des Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist. Gleiches gilt - sofern wie hier - ein Hersteller lediglich einen Motor mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik in den Verkehr bringt, der anschließend von einem anderen Hersteller in ein Fahrzeug eingebaut und das Fahrzeug sodann in den Verkehr gebracht wird, denn die Mitarbeiter der Beklagten überließen die mit der manipulativ wirkenden Software ausgerüsteten Motoren den zum VW-Konzern gehörenden Herstellern gerade zum Zweck der Weiterveräußerung und mussten daher damit rechnen, dass die so ausgerüsteten Fahrzeuge ohne Hinweis auf die Erwirkung der Typengenehmigung unter Einsatz einer manipulativ wirkenden Software mit zwei Betriebsmodi weiterveräußert werden würden (vgl. OLG Köln, Be-schluss vom 03. Januar 2019 ‒ 18 U 70/18 ‒, juris). Das streitgegenständliche Fahrzeug war vorliegend für seinen Verwendungszweck im Straßenverkehr nicht uneingeschränkt zulässig, weil die verwendete Umschaltlogik in der Motorsteuerungssoftware als verbotene Abschalteinrichtung zu qualifizieren ist mit der Folge, dass der Widerruf der Typengenehmigung droht.
Mit der Inverkehrgabe des Motors bringt der Hersteller des Motors jedenfalls konkludent zum Ausdruck, dass ein mit diesem Motor ausgestattetes Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden darf, d. h. über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt, deren Fortbestand nicht aufgrund bereits bei der Auslieferung des Fahrzeugs dem Hersteller bekannter, konstruktiver Eigenschaften des Motors bzw. der Motorsteuerungssoftware gefährdet ist. Das setzt voraus, dass nicht nur die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren formal erfolgreich durchlaufen wurden, sondern auch, dass die für den Fahrzeugtyp erforderliche EG-Typengenehmigung nicht durch Täuschung der zuständigen Genehmigungsbehörde erschlichen worden ist und das Fahrzeug den für deren Erhalt und Fortdauer einzuhaltenden Vorschriften tatsächlich entspricht.
Ausgehend von diesen weitgefassten Bestimmungen handelt es sich bei der im Fahrzeug des Klägers installierten Motorsteuerungssoftware um eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 28. Mai 2018 - 27 U 13/17 -, juris, Rn. 2; OLG Koblenz, NJW-RR 2018, 376, Rn. 20; OVG Münster, Beschluss vom 17. August 2018 - 8 B 848/18 -, juris, Rn. 1; Führ, NVwZ 2017, 265, 266; Legner, VuR 2018, 251, 253; Harriehausen, NJW 2018, 3137, 3140). Denn eine solche Software erkennt, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befindet und schaltet in diesem Fall in einen Modus, bei dem verstärkt Abgase in den Motor zurückgelangen und sich so der Ausstoß von Stickoxiden (NOx-Werte) verringert. Im normalen Fahrbetrieb hingegen aktiviert eine solche Software einen anderen Modus, bei dem eine Abgasrückführung nur in geringerem Umfang stattfindet; sie ermittelt also aufgrund technischer Parameter die betreffende Betriebsart des Fahrzeugs (Prüfbetrieb oder Echtbetrieb) und aktiviert oder deaktiviert dementsprechend die Abgasrückführung, was unmittelbar die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinträchtigt.
Soweit Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 715/2007 in bestimmten Fällen die Verwendung von Abschalteinrichtungen gestattet, sind die hierfür erforderlichen (engen) Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die vorgesehene Ausnahmen kommen - nicht zuletzt aufgrund des in Art. 5 Abs. 1 VO (EG) 715/2007 ausdrücklich genannten Regelungszwecks dieser Vorschrift - hiervon von herein nicht in Betracht, da die betreffende Abschalteinrichtung gerade dazu dient, bei erkanntem Prüfbetrieb ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um auf diese Weise die Einhaltung der (andernfalls nicht erreichten) Emissionsgrenzwerte sicherzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2019 - III ZR 225/17 -, juris).
Hinzu kommt, dass auch das Kraftfahrtbundesamt in seinem bestandskräftigen Bescheid vom 14.10.2015 davon ausgeht, dass bei dem Motor des Typs EA 189 eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) 715/2007 vorliegt.
Die Entscheidung der Beklagten den Motor EA 189, der mit der oben genannten Software aus-gestattet war, in den Verkehr zu bringen, stellt eine sittenwidrige Handlung dar. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflichtverletzung und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 516/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler, BGB [2014], § 826, Rn. 31).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist das Verhalten der Beklagen als sittenwidrig einzustufen. Als Beweggrund für die Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Abgassteuerung und -reinigung und der entsprechenden Täuschung darüber, kommt vorliegend alleine eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Es erscheint lebensfremd, dass die Beklagte das mit der Verwendung der Abschaltsoftware verbundene erhebliche Risiko ohne wirtschaftlichen Vorteil eingegangen wäre (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.07.2018 - 27 U 10/18 -, juris, Rn. 20; OLG Karlsruhe, WM 2019, 881 ff.).
Zwar ist alleine ein Handeln aus Gewinnstreben nicht als verwerflich zu beurteilen. Jedoch erscheint hier zum Einen die Art und Weise der Täuschung als verwerflich. In diesem Rahmen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften umgangen und zugleich ihre Kunden sowie die Kunden derjenigen Hersteller, an die sie den Motor EA 189 geliefert hat, konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschriebene Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System der planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend, nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge, gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechenden Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in den Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit den Kunden herbeiführen zu können. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die Beklagte selbst das mit einem Motor EA 189 ausgestattete Fahrzeug in den Verkehr gebracht hat oder ein anderer Fahrzeughersteller.
Zum Anderen ergibt sich die Verwerflichkeit des Handelns aus den resultierenden Folgen. Den Käufern eines mit einem Motor EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs droht ein erheblicher Schaden in Form der Stilllegung des erworbenen Fahrzeugs. Das von der Beklagten angebotene Softwareupdate stellt alleine ein Angebot der Schadenswiedergutmachung dar (vgl. OLG Karlsruhe, WM 2019, 881 ff.).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dieses Ergebnis auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten zu korrigieren. Die Haftung aus § 826 BGB knüpft - anders als etwa ein Anspruch aus § 823 i. V. m. bestimmten europarechtlichen Normen - nicht unmittelbar an den Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 215/2007 an, sondern folgt aus dem Inverkehrbringen des Motors EA 189 bzw. eines Fahrzeugs mit dem Motor EA 189 verbundenen Täuschung über die Erfüllung der materiellen Typengenehmigungsvoraussetzungen. Diese Pflichtverletzung ist für den Rechtskreis der Käufer ersichtlich von Bedeutung, weil über einen die Kaufentscheidung wesentlich beeinflussenden Umstand getäuscht wird.
Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagte sind zu bejahen. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten, deren Wissen als zugestanden anzusehen ist, zurechnen lassen. Bereits aus der Verheimlichung des Einsatzes der Software gegenüber den Genehmigungsbehörden, den beteiligten Stellen und potenziellen Kunden ergibt sich mit hinreichender Sicherheit, dass die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten auch in der Vorstellung handelten, dass der Einsatz der Software zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Typengenehmigung und der Betriebszulassung der so ausgestatteten Fahrzeuge führen könnte und dass potenzielle Kunden Fahrzeuge, die derart mit rechtlichen Unsicherheiten belastet waren, nicht ohne weiteres erwerben würden.
Diese Kenntnisse und Vorstellungen sind der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen, weil aufgrund des hier maßgebenden Sach- und Streitstandes davon auszugehen ist, dass der Vorstand der Beklagten nicht nur über umfassende Kenntnisse von dem Einsatz der oben geschilderten Software verfügte, sondern auch in der Vorstellung die Herstellung und Inverkehrgabe der mangelbehafteten Motoren veranlasste, dass diese unverändert und ohne entsprechenden Hinweis weiter veräußert werden würden.
Insoweit greift in zweierlei Hinsicht zugunsten des Zweitkäufers und darunter auch des Klägers eine Erleichterung der Darlegungslast. Steht nämlich ein (primär) darlegungspflichtiger Anspruchsteller außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs und kennt der Anspruchs-gegner alle wesentlichen Tatsachen, so genügt nach höchstrichterlichen Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast das einfache Bestreiten seitens des Anspruchstellers nicht, sofern ihm nähere Angaben zuzumuten sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 239/2006 - juris, Rn. 16 m. w. N. zur BGH-Rechtsprechung).
Soll aber für diese höchstrichterliche Rechtsprechung überhaupt ein Anwendungsbereich eröffnet sein, müssen schon die Anforderungen an die primären Darlegungen seitens des Anspruchstellers auf die allgemeine Behauptung der nach dem maßgeblichen Tatbestandsmerkmal erforderlichen Tatsachen beschränkt werden, denn zur Frage des Umfangs einer sekundären Darlegungslast kann man stets nur dann gelangen, wenn der Anspruchsteller die Voraussetzungen der ihn treffenden primären Darlegungslast zu erfüllen vermag. Das kann aber mit Rücksicht auf den Umstand, dass der Anspruchsteller in den zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechungen erörterten Fällen jeweils außerhalb des Geschehensablaufs steht und ihm entsprechende Kenntnisse aus strukturellen Gründen fehlen, nur dann geschehen, wenn man allgemeine Behauptungen ausreichen lässt und von weiterer Substantiierung absieht.
Vor diesem Hintergrund reicht einerseits die Behauptung des Klägers aus, dass dem Vorstand der Beklagten sämtliche oben erörterten Umstände bekannt gewesen seien, während andererseits das Vorbringen der Beklagten zu den internen Geschehnissen im Zusammenhang mit der Beauftragung, der Bezahlung, dem Empfang, der Kontrolle und der Verwendung der oben erwähnten Motorsteuerungssoftware nicht einmal ansatzweise ausreicht. Da die Beklagte auch nicht konkret dargelegt hat, dass und wie einzelne Mitarbeiter unter Ausschluss des Vorstandes die mangelhafte Software pflichtwidrig beauftragten, bezahlen und verwenden ließen, kann sich die Beklagte auch hierauf nicht berufen und muss es bei der Annahme umfassender Kenntnisse des Vorstandes der Beklagten wie auch bei der Anwendung des § 31 BGB im Sinne einer Zurechnung bleiben (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 3. Januar 2019, 18 U 70/18 -, juris).
Der dem Kläger entstandene Schaden liegt vorliegend in dem Erwerb des mit der manipulativ wirkenden Motorsteuerungssoftware ausgerüsteten Fahrzeugs, weil das erworbene Fahrzeug in Folge der eingesetzten Software hinter den Vorstellungen des Klägers von der allgemeinen ordnungsgemäßen Ausrüstung des zu erwerbenden Pkw zurückblieb und sich dieses Zurückbleiben schon in Folge der damit zunächst verbundenen Unsicherheiten für die Typengenehmigung und die Betriebszulassung nachteilig auf den Vermögenswert des Pkws auswirkte. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Kläger bei Kenntnis der Manipulation den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, da der Umstand, dass die erforderlichen Genehmigungen und Zulassungen für das Fahrzeug durch Täuschung erlangt worden sind, aus der Sicht eines vernünftigen Durchschnittskäufers eventuell die für die Nutzung im Straßenverkehr erforderliche Zulassung gefährden und zudem unabsehbare Folgen für den Verkehrs- und Wiederverkaufswert des Fahrzeugs haben könnte. Für ihre gegenteilige Behauptung, wonach der Kläger bei Aufklärung über die Manipulation das Fahrzeug gleichwohl erworben hätte, hat die Beklagte bereits keinen hinreichenden, auf den konkreten Fall bezogenen Sachvortrag gehalten. Sie führt insoweit lediglich allgemein aus, dass die Kaufentscheidung von einer Vielzahl subjektiver Faktoren und nicht zuletzt vom persönlichen Geschmack des Erwerbers abhänge, so dass man zur Vermeidung einer „Dauerkausalität“ nicht ohne weiteres von einem aufklärungspflichtigen Verhalten ausgehen könne. Ohne weiteren konkreten Sachvortrag ist diese allgemein gehaltene Behauptung jedoch nicht geeignet, zu widerlegen, dass ein vernünftiger Durchschnittskäufer den streitgegenständlichen Kaufvertrag aus den oben dargelegten Erwägungen heraus nicht abgeschlossen hätte.
Da der Schadensersatzanspruch des Klägers bereits mit dem Erwerb des Fahrzeugs entstanden ist und auf Restitution durch Rückabwicklung des Kaufs gerichtet ist, kann in der einige Zeit nach dem Kauf erfolgten Ausstattung des Fahrzeugs mit dem vom Kraftfahrtbundesamt angeordneten Softwareupdate keine Erfüllung des Schadensersatzanspruches liegen. Auch ein Entfallen des Schadens in Folge eines überholenden Kausalverlaufs vermag die Beklagte insofern nicht ausreichend darzulegen, als sie nicht durch Offenlegung des Softwareupdates in allen Details dartut, dass das Softwareupdate keine anderen negativen Auswirkungen haben kann. Angesichts dessen muss es bei dem hier vom Senat bejahten Schaden, der in dem Erwerb eines Fahrzeugs mit nicht gewollten Eigenschaften liegt, bleiben. Die Beklagte hat gemäß § 249 BGB den Kläger so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten, hier also der streitgegenständliche Kaufvertrag nicht abgeschlossen worden wäre. Dem Kläger steht daher im Rahmen der Naturalrestitution ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrages zu, d. h. Ausgleich der für den Vertrag getätigten Aufwendungen durch den Schädiger gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten (vgl. BGH, WM 2004, 1721; BGH, WM 2014, 2318).
Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dem Geschädigten neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben dürfen, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Gleichartige Gegenansprüche sind automatisch zu saldieren (BGH, Urteil vom 12.03.2009 - VI ZR 26/06 -, juris, Rn. 16; Grüneberg in: Palandt, BGB, 78. Auflage 2019 vor 249, Rn. 71). Solange Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig sind, muss der Schädiger Schadenersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten. Der Schadenersatzanspruch des Geschädigten ist nur mit dieser Einschränkung begründet. Darauf ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt, kommt es nicht an, insbesondere bedarf es - anders als in den Fällen der §§ 320, 322, 348 BGB - keines besonderen Antrages oder einer Einrede des Schädigers (BGH, Urteil vom 23.06.2015 = WM 2015, 1461, juris, Rn. 23 f.).
Soweit der Kläger prinzipielle Einwände gegen die Berücksichtigung der Nutzung des Fahrzeugs als Abzugsposten im Rahmen der deliktischen Haftung vorbringt, greifen diese nicht durch (vgl. BGH, Urteil vom 02.07.1962 = WM 1962, 1006, juris, Rn. 5 f.). Der Einwand, der wegen Arglist haftende Hersteller dürfe die Wertschöpfung des inkriminierten Wareneinsatzes nicht doch noch im Wege der Schadensberechnung zeitweilig realisieren, da dies dazu führen würde, dass die Haftung für ihn rein wirtschaftlich nahezu keinen Unterschied mache und die Präventionsfunktion des Deliktsrechts verfehlt würde, vernachlässigt, dass das deutsche Zivilrecht als Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung nur den Schadensausgleich (§§ 249 f. BGB) vorsieht, nicht aber eine Bereicherung des Geschädigten. Die Bestrafung und eine - im Rahmen der Schuld angemessene - Abschreckung sind mögliche Ziele des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts (wobei die Geldstrafe oder -buße an den Staat fließt), nicht aber des Zivilrechts.
Die weiteren Einwände, die Berücksichtigung des Nutzungsersatzes verbiete sich im Hinblick auf den Zweck der Haftung für Verstöße gegen hier zugrunde liegende europarechtliche Normen und der maßgebliche Effektivitätsgrundsatz steuere auch die Frage des Vorteilsausgleichs, wonach es nicht zu einer unbilligen Belastung des Geschädigten und unbilligen Entlastung des Schädigers kommen dürfe, die aber stets drohe, wenn der Zweck der einschlägigen Haftungsnorm frustriert werde (vgl. Harke, VuR 2017, 83, 90 d. l), treffen nicht zu. Diese Argumentation übersieht, dass es bereits an einer unbilligen Belastung des Geschädigten fehlt: Dieser muss sich ausschließlich den Wert der tatsächlich gezogenen Nutzung entgegenhalten lassen, nicht etwa zusätzlich einen Wertverlust der Sache alleine durch Alterung oder Ähnliches.
Ebenso fehl geht das weitere Argument des Klägers, wonach die einschlägigen europarechtlichen Normen das Gebot abschreckender Sanktionen enthielten, was zu einer Haftung im nationalen Recht nötige, die hier aber durch Berechnung des Nutzungsersatzes beeinträchtigt sei. Es bestehe vorliegend, wie bei dem auf Nacherfüllung klagenden Käufer, auch nicht die Gefahr einer ungerechtfertigten Bereicherung (vgl. Harke, VuR 2017, 83, 91 d. II.).
Zwar trifft es zu, dass die einschlägigen europarechtlichen Regelungen dem nationalen Gesetzgeber auferlegen, für Verstöße wirksame Sanktionen zu verhängen, beispielsweise Art. 13 Abs. 2 lit. d) VO (EG) 715/2007 betreffend das Verbot illegaler Abschalteinrichtungen. Derartige Sanktionen sind aber - wie oben dargelegt - im deutschen Recht regelmäßig dem Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht vorbehalten. Eine etwaige unzureichende Sanktionierung des Verhaltens durch den Gesetzgeber ist nicht durch die Justiz im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung zu korrigieren.
Auch die vom Kläger gezogene Parallele zur Frage des kaufvertraglichen Gewährleistungsanspruchs auf Nachlieferung verbietet sich. Denn in der die Nachlieferung regelnden Richtlinie 1999/44/EG ist in Art. 3 Abs. 3 ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der Nachlieferung normiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht es dem nationalen Gesetzgeber demgegenüber frei, im Falle der vertraglichen Rückabwicklung dem Verbraucher die Erstattung von Nutzungsersatz aufzuerlegen (vgl. EuGH, Urteil vom 17.04.2008, - C-404/06 -, juris, Rn. 39; Reinking / Eggert, Autokauf, 14. Auflage 2020, Rn. 1158; BGH, Urteil vom 16.09.2009 - VI ZR 243/2008 -, juris Rn. 14 f.). Entgegenstehende Regelungen über die Abwicklung von Kaufverträgen oder eine deliktische Schadensersatzpflicht des Herstellers bei Verstößen lassen sich den europarechtlichen Vorschriften zur Typengenehmigung nicht entnehmen.
Schließlich besteht auch kein Anlass, den Nutzungsersatz im Hinblick auf den der Sache anhaftenden Mangel herabzusetzen (so aber Harke, VuR 2017, 83, 91 d. III.).
Die Berücksichtigung des mit dem Mangel verbundenen Minderwertes kommt nur in Betracht, wenn der Mangel die tatsächliche Gebrauchstauglichkeit erheblich einschränkt (vgl. Reinking/Eggert, Autokauf, 14. Auflage, Rn. 1173). Im vorliegenden Fall war die fortdauernde Nutzbarkeit des Fahrzeugs alleine aus Rechtsgründen nicht sichergestellt; auf den tatsächlichen Gebrauch hatte dies aber keinerlei Auswirkungen. Insofern kommt auch unter diesem Gesichtspunkt eine Herabsetzung des Nutzungsersatzes nicht in Betracht (vgl. OLG Karlsruhe, WM 2019, 881)
Zur Berechnung des Nutzungsersatzes gilt folgendes: Die zeitanteilige lineare Wertminderung ist grundsätzlich zunächst im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer ausgehend vom Bruttokaufpreis im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO zu ermitteln (BGH, NJW 1995, 2159). Bei Kraftfahrzeugen wird die Nutzungsdauer dabei regelmäßig in Kilometern bemessen. Hierbei ist Anknüpfungspunkt der gezahlte Bruttokaufpreis, der den Nutzungswert des Fahrzeugs verkörpert. Die im Einzelfall unter gewöhnlichen Umständen zu erzielende Gesamtfahrlaufleistung stellt den Gesamtgebrauchswert dar. Zu vergüten sind die Gebrauchsvorteile bei der Rückgabe des Fahrzeugs (Reinking/Eggert, der Autokauf, 14. Auflage, Rn. 1186). Die Gesamtlaufleistung schätzt der Senat gemäß § 287 BGB auf 250.000 km. Die Laufleistung des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung betrug 77.858 km. Die abzuziehende Nutzungsentschädigung errechnet sich dann grundsätzlich nach der Formel „Gebrauchsvorteil = Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer : erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt“. Der Bruttokaufpreis betrug 21.415,00 €. Die gefahrenen Kilometer belaufen sich auf 77.858 km. Im Erwerbszeitpunkt betrug die erwartete Restlaufleistung des Neufahrzeugs 250.000 km. Dies ergäbe eine zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung von 6.669,31 € [21.415,00 € x 77.858 km : 250.000 km].
Dieses Ergebnis ist allerdings im Einzelfall - vor allem bei Fahrzeugen mit einer besonders niedrigen Jahreslaufleistung - zu korrigieren, da bereits der Möglichkeit als solcher, ein Fahrzeug nutzen zu können, ein materiell bemessbarer Wert zukommt. So hat sich auch ein Erwerber, der das Fahrzeug (fast) gar nicht nutzt, jedenfalls die Möglichkeit erkauft, im Bedarfsfall jederzeit auf ein eigenes Fahrzeug zurückgreifen zu können. Den Wert, der dem Vorhalten eines Fahrzeugs zukommt, schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf 5 % des ursprünglichen Kaufpreises pro Jahr. Schöpft ein Geschädigter diese Nutzungsmöglichkeit nicht aus, indem er das Fahrzeug so wenig fährt, dass sich bei der Berechnung des Nutzungsersatzes auf Kilometerbasis ein Betrag ergibt, der unter dem Betrag liegt, der sich ergeben würde, wenn man pro Jahr, in dem das Fahrzeug dem Kläger zur Verfügung stand, einen Betrag von 5 % des ursprünglichen Kaufpreises in Ansatz bringen würde, ist dieser letztgenannte Betrag als Mindestnutzungsersatz abzuziehen.
Hier stand das Fahrzeug dem Kläger vom 05.12.2011 (Erwerbszeitpunkt) bis zum 16.03.2020 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung) zur Verfügung, also für einen Zeitraum von 8 Jahren, 3 Monaten und 11 Tagen. Dies führt - berechnet auf Zeitbasis - zu einem Nutzungsersatz von 41,4 % des ursprünglichen Kaufpreises, so dass sich ein abzuziehender Betrag von 8.865,81 € ergibt (21.415 € x 41,4 % = 8.865,81 €). Dies bedeutet, dass der Kläger hier den Wert der reinen Gebrauchsmöglichkeit nicht voll ausgeschöpft hat und keine darüberhinausgehenden Nutzungen gezogen hat, so dass bei ihm dieser zeitabhängige Mindestnutzungsersatz von 8.865,81 € als Abzugsbetrag zu berücksichtigen ist und sich somit ein ersatzfähiger Schadensbetrag von 12.549,19 € (= 21.415 € - 8.865,81 €) ergibt.
Entgegen der Annahme des Landgerichts befindet sich die Beklagte allerdings mit der Rücknahme des Pkw nicht in Annahmeverzug. Die von dem Kläger insoweit begehrte Feststellung konnte nicht ausgesprochen werden.
Annahmeverzug setzt voraus, dass der Gläubiger dem Schuldner die Leistung, so wie sie geschuldet wird, anbietet (Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 293 Rdnr. 9). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger den aktuellen Kilometerstand des Fahrzeuges zwar mitgeteilt. Der Eintritt des Annahmeverzuges scheitert jedoch daran, dass der Kläger auch in der Berufungsinstanz eine weitaus höhere Zahlung als geschuldet begehrt. Eine solche Zuvielforderung hindert den Eintritt des Annahmeverzuges (BGH VIII ZR 275/04, Urteil vom 20.07.2005; OLG Koblenz, 6 U 1424/07, Urteil vom 19.07.2008, juris; OLG Karlsruhe, 7 U 169/06, Urteil vom 12.09.2007, juris). Die potentiell weitreichenden Folgen des Annahmeverzuges (§§ 300 ff. BGB) können dem Gläubiger billigerweise dann nicht aufgebürdet werden, wenn sich der Schuldner zur Herausgabe selbst gegen Erhalt der ihm seinerseits zustehenden Leistung nicht bereiterklärt.
Schließlich war auf die Berufung der Beklagten auch eine Reduzierung der dem Kläger erstinstanzlich zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten vorzunehmen. Sein Schadensersatzanspruch hat sich als grundsätzlich begründet erwiesen. Allerdings vermag der Senat keine Gründe für ein Überschreiten der Schwellengebühr nach Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG zu sehen. Die Sache ist weder mit besonderen Schwierigkeiten versehen oder - trotz der umfangreichen Schriftsätze - besonders umfangreich. Wie dem Senat aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt ist, hebt sich das vorliegende Verfahren, was Umfang und Schwierigkeit angeht, nicht vom Grunde der im Zusammenhang mit der Dieselthematik geführten Verfahren ab. Der Senat sieht deshalb nur eine 1,3 Geschäftsgebühr als notwendig und damit erstattungsfähig an.
Für die außergerichtliche Tätigkeit ist der Gegenstandswert zum Zeitpunkt des außergerichtlichen Tätigwerdens des Rechtsanwalts zugrundezulegen, da der Rechtsanwalt die zu vergütende Leistung zu diesem Zeitpunkt erbracht hat. Der Umstand, dass die berechtigte Forderung des Klägers sich nachfolgend durch die Weiternutzung des Fahrzeugs verringert hat, vermag daran nichts zu ändern. Für den Zeitpunkt des vorgerichtlichen Tätigwerdens der Rechtsanwälte des Klägers ist daher noch von einem Gegenstandswert von bis zu 16.000 € auszugehen. Damit ergibt sich ein Gebührenanspruch von 1.029,35 €.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO zugelassen. Die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage einer Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB hat im Hinblick auf die enorme Anzahl der bundesweit gegen die Beklagte anhängigen Klagen grundsätzlich Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Ferner wird eine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (bejahend OLG Koblenz, 5 U 1318/18, Urteil vom 12.06.2019, juris; OLG Karlsruhe, 17 U 160/18, Urteil vom 18.07.2019, juris; verneinend OLG Braunschweig, 7 U 134/17, Urteil vom 19.02.2019, juris).
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.468,10 € festgesetzt.
5 O 447/18 LG Trier
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
xxx
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2020 für Recht erkannt:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 27.05.2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.549,19 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Skoda Octavia mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer TM...48 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 € abzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 zu zahlen.
3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Beklagte 59 % und der Kläger 41 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 81 %, der Kläger zu 19 % zu tragen.
IV. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Trier sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um materiellen Schadensersatz im Zusammenhang mit dem sogenannten Diesel-Abgasskandal.
Der Kläger erwarb am 05.12.2011 bei der Firma ...[A] GmbH einen Skoda Octavia als Neufahrzeug zu einem Kaufpreis von 21.415 €.
In dem Fahrzeug ist ein Diesel-Motor der Baureihe EA 189 verbaut. Die im Zusammenhang mit dem Motor verbaute Software erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet und schaltet zwischen 2 Betriebsmodi um. Beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemission maßgeblichen neuen europäischen Fahrzyklus (nachfolgend: NEFZ) schaltet sie in den NOx-optimierten Modus „1“ um. In diesem Modus findet eine relativ hohe Abgasrückführung statt mit niedrigem Stickoxidausstoß. Im normalen Fahrbetrieb fährt das Fahrzeug hingegen in den Modus „0“, bei dem die Abgasrückführung geringer ist, was zu einem höheren Stickoxidausstoß führt. Mit - nicht angefochtenem - Bescheid vom 15.10.2015 vertrat das Kraftfahrbundesamt (nachfolgend: KBA) die Auffassung, dass es sich bei der eingebauten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handele und ordnete als nachträgliche Nebenbestimmung für die jeweilige Typengenehmigung gemäß § 25 Abs. 2 EG-FGV an, dass die Beklagte zur Vermeidung eines Widerrufs der Typengenehmigung verpflichtet sei, die unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen sowie geeignete Maßnahmen wie der Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit greifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen sei.
Daraufhin leitete die Beklagte Ende 2015 für die vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen in Abstimmung mit dem KBA eine Rückrufaktion ein, bei der die Fahrzeuge mit einem Softwareupdate ausgestattet werden. Dieses Softwareupdate soll dazu dienen, die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge wieder herzustellen. Die Softwareupdates für die jeweiligen vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen wurden zwischenzeitlich vom KBA freigegeben. Der Kläger hat an der Rückrufaktion teilgenommen und das Softwareupdate in seinem Fahrzeug installieren lassen.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, er sei im Zusammenhang mit seiner damaligen Entscheidung zum Kauf des Pkw von der Beklagten getäuscht worden. Insbesondere habe die Beklagte in den zum Vertrieb des Fahrzeugs ausgegebenen Prospekten unzutreffend behauptet, dass das Fahrzeug die gültigen Bestimmungen über die Schadstoffemissionen einhalte. Tatsächlich sei dies nicht der Fall gewesen, weil es sich bei der streitgegenständlichen Steuerung um eine sogenannte unzulässige Abschaltvorrichtung gehandelt habe. Das Fahrzeug habe deshalb die Voraussetzungen der Euro 5-Norm nicht erfüllt mit der Folge, dass die Behörden bei Kenntnis des Sachverhalts die Typengenehmigung nicht erteilt hätten. Diese sei ungültig bzw. erloschen und könne auch durch eine technische Nachrüstung nicht wieder hergestellt werden. Der Kläger wertet diesen Sachverhalt als Betrug bzw. als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung. Dabei müsse die Beklagte für das Handeln und Unterlassen ihrer Organe, ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter und der bei ihr beschäftigten Personen einstehen. Die Unternehmungsleitung der Beklagten, insbesondere Mitglieder des Vorstandes, hätten die Funktion der in dem Abgasrückführungssystem eingesetzten Software und deren fehlende Übereinstimmung mit den europäischen Abgasvorschriften gekannt. Das gekaufte Fahrzeug sei unbehebbar mangelhaft. Auch nach der von der Beklagten angebotenen Nachbesserung würden die Grenzwerte der Euro 5-Norm im Normalbetrieb nicht eingehalten. Das Softwareupdate habe eine deutliche Verschlechterung der Dauer und Haltbarkeit des Fahrzeugs zur Folge. Dies alles habe wiederum zur Folge, dass das Fahrzeug auf dem Gebrauchtwarenmarkt nur zu einem deutlich reduzierten Preis verkauft werden könne. Die Beklagte müsse als Folgen ihres Handelns dem Kläger den gezahlten Kaufpreis gegen Rückgabe des Fahrzeugs erstatten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 21.415,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro-zentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Skoda Octavia mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer TM...48 zu zahlen,
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Skoda Octavia mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer TM...48 seit spätestens 19.09.2018 in Annahmeverzug befindet,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.789.76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, den Kläger unter keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt getäuscht zu haben. Sie habe auch nicht sittenwidrig gehandelt, insbesondere nicht zum Nachteil der klagenden Partei. Das Fahrzeug sei auch nicht mit einem Mangel behaftet gewesen. Werde ein solcher unterstellt, sei er jedenfalls unerheblich. So habe das Fahrzeug die Vorgaben der Euro 5-Norm eingehalten und tue dies auch weiterhin. Die EG-Typengenehmigung sei und bleibe wirksam. Bei der von dem Kläger beanstandeten Steuerung handele es sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Weiter hat die Beklagte bestritten, dass der Kläger überhaupt einem Irrtum unterlegen sei. So habe sich der Kläger bei der Kaufentscheidung weder mit dem Abgasverhalten noch mit dem Stickoxidausstoß auseinandergesetzt. Auch sei dem Kläger kein Schaden entstanden, da das Fahrzeug in seiner Nutzbarkeit nicht eingeschränkt und in seinem Wert nicht gemindert sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Mit seinem am 27.05.2019 verkündeten Urteil hat das Landgericht Trier die Beklagte verurteilt, an den Kläger 15.468,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Skoda Octavia mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer TM...48 zu zahlen. Das Landgericht hat festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Skoda Octavia seit dem 19.09.2018 in Annahmeverzug befindet. Darüber hinaus hat es die Beklagte verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.789,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2018 zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, bei der in dem Abgasrückführungssystem eingebauten Software handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung mit der Folge, dass den mit diesen Motoren ausgerüsteten Fahrzeugen die EG-Typengenehmigung zu versagen gewesen wäre. Die nicht näher bekannte, jedenfalls aber für die Beklagte als Organ (Vorstandsmitglied) oder als Verrichtungsgehilfe beschäftigte Person, habe zum Nachteil der klagenden Partei einen Betrug im Sinne von § 263 StGB begangen. Die Betrugshandlung liege hierbei in dem Vertrieb der Kraftfahrzeuge mit den Motoren der Baureihe EA189, deren Abgas-rückführung beim Betrieb im NEFZ auf einem Rollenprüfstand in einem schadstoffemissionsarmen Modus „1“ und im gewöhnlichen Fahrbetrieb in den schadstoffemissionsreicheren Modus „0“ geschaltet werde. Bei der entsprechenden Software handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung mit der Folge, dass den mit diesen Motoren ausgerüsteten Fahrzeugen die EG-Typengenehmigung zu versagen gewesen wäre. Hätte das der Beklagten zurechenbare Organ (Vorstandsmitglied) oder der entsprechende Verrichtungsgehilfe diesen Betrug nicht begangen, so hätte die klagende Partei das Fahrzeug nicht erworben. Der Kläger sei daher berechtigt, den Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs von der Beklagten ersetzt zu verlangen. Er müsse sich dann allerdings die Vorteile anrechnen lassen, die er zwischenzeitlich durch die Nutzung des Pkw erlangt habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das Landgericht sei zu Unrecht von einer Täuschung des Klägers durch die Beklagte und dem Vorliegen einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung des Klägers ausgegangen. Bei adäquater rechtlicher Würdigung hätte das Landgericht feststellen müssen, dass es - ebenso wie bei allen anderen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen - an sämtlichen tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 463 StGB oder aus § 831 fehlen würde. Die Beklagte stellt nach wie vor in Abrede, dass es sich bei der von dem Kläger beanstandeten Steuerung um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt.
Die Beklagte beantragt,
das am 27.05.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Trier im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger wiederholt und vertieft ebenfalls seinen erstinstanzlichen Vortrag. Das Urteil des Landgerichts Trier sei nicht zu beanstanden. Zutreffend habe das Landgericht einen vorsätzlichen Betrug an dem Kläger durch den Einbau bzw. die Installation einer Abschaltautomatik durch die Beklagte angenommen und die Beklagte insoweit verurteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze vom 29.07.2019 (Berufungsbegründung) und vom 08.10.2019 (Berufungserwiderung) nebst Anlagen verwiesen.
Der Kilometerstand des Fahrzeugs betrug zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung 77.858 km.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 826 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 BGB analog wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zu. Nach Anrechnung eines zeitabhängigen Mindestnutzungsersatzes ergibt sich ein Anspruch auf Zahlung von 12.549,19 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs. Dem Kläger ist ein gegen die guten Sitten verstoßender vorsätzlicher Schaden zugefügt worden. Dies ist der Beklagten zuzurechnen.
Das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik stellt eine konkludente Täuschung dar. Denn mit dem Inverkehrbringen gibt ein Hersteller konkludent die Erklärung ab, dass der Einsatz des Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist. Gleiches gilt - sofern wie hier - ein Hersteller lediglich einen Motor mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik in den Verkehr bringt, der anschließend von einem anderen Hersteller in ein Fahrzeug eingebaut und das Fahrzeug sodann in den Verkehr gebracht wird, denn die Mitarbeiter der Beklagten überließen die mit der manipulativ wirkenden Software ausgerüsteten Motoren den zum VW-Konzern gehörenden Herstellern gerade zum Zweck der Weiterveräußerung und mussten daher damit rechnen, dass die so ausgerüsteten Fahrzeuge ohne Hinweis auf die Erwirkung der Typengenehmigung unter Einsatz einer manipulativ wirkenden Software mit zwei Betriebsmodi weiterveräußert werden würden (vgl. OLG Köln, Be-schluss vom 03. Januar 2019 ‒ 18 U 70/18 ‒, juris). Das streitgegenständliche Fahrzeug war vorliegend für seinen Verwendungszweck im Straßenverkehr nicht uneingeschränkt zulässig, weil die verwendete Umschaltlogik in der Motorsteuerungssoftware als verbotene Abschalteinrichtung zu qualifizieren ist mit der Folge, dass der Widerruf der Typengenehmigung droht.
Mit der Inverkehrgabe des Motors bringt der Hersteller des Motors jedenfalls konkludent zum Ausdruck, dass ein mit diesem Motor ausgestattetes Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden darf, d. h. über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt, deren Fortbestand nicht aufgrund bereits bei der Auslieferung des Fahrzeugs dem Hersteller bekannter, konstruktiver Eigenschaften des Motors bzw. der Motorsteuerungssoftware gefährdet ist. Das setzt voraus, dass nicht nur die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren formal erfolgreich durchlaufen wurden, sondern auch, dass die für den Fahrzeugtyp erforderliche EG-Typengenehmigung nicht durch Täuschung der zuständigen Genehmigungsbehörde erschlichen worden ist und das Fahrzeug den für deren Erhalt und Fortdauer einzuhaltenden Vorschriften tatsächlich entspricht.
Bei der im Fahrzeug des Klägers vorhandenen Einrichtung, die bei erkanntem Prüfbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert, handelt es sich um eine nach Art. 5 Abs. 2 S. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) über den Zugang zu Reparatur- und War-tungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171/1 vom 29. Juni 2007; nachfolgend VO (EG) 715/2007) unzulässige Abschalteinrichtung. Die Verwendung der betreffenden Software im Fahrzeug des Klägers ist nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 unzulässig. Nach dieser Vorschrift hat der Hersteller von ihm gefertigte Neufahrzeuge dergestalt auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen den Vorgaben der Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die vorgelegten Emissionsgrenzwerte auf das tatsächliche Verhalten der Fahrzeuge bei ihrer Verwendung beziehen (vgl. Erwägungsgrund 12 der VO (EG) 715/2007) und dass die zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte erforderliche erhebliche Minderung der Stickoxidemission bei Diesel-Fahrzeugen (vgl. Erwägungsgrund 6 der VO (EG) 715/2007) erreicht wird.
Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, sind daher nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 unzulässig, sofern nicht ausdrücklich normierte Ausnahmetatbestände (Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 715/2007) greifen (vgl. auch Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD7-3000-031/16, S. 12 f.). Dabei ist eine „Abschalteinrichtung“ gemäß Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 definiert als jedes Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl, den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
Soweit Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 715/2007 in bestimmten Fällen die Verwendung von Abschalteinrichtungen gestattet, sind die hierfür erforderlichen (engen) Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die vorgesehene Ausnahmen kommen - nicht zuletzt aufgrund des in Art. 5 Abs. 1 VO (EG) 715/2007 ausdrücklich genannten Regelungszwecks dieser Vorschrift - hiervon von herein nicht in Betracht, da die betreffende Abschalteinrichtung gerade dazu dient, bei erkanntem Prüfbetrieb ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um auf diese Weise die Einhaltung der (andernfalls nicht erreichten) Emissionsgrenzwerte sicherzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2019 - III ZR 225/17 -, juris).
Hinzu kommt, dass auch das Kraftfahrtbundesamt in seinem bestandskräftigen Bescheid vom 14.10.2015 davon ausgeht, dass bei dem Motor des Typs EA 189 eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) 715/2007 vorliegt.
Die Entscheidung der Beklagten den Motor EA 189, der mit der oben genannten Software aus-gestattet war, in den Verkehr zu bringen, stellt eine sittenwidrige Handlung dar. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflichtverletzung und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 516/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler, BGB [2014], § 826, Rn. 31).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist das Verhalten der Beklagen als sittenwidrig einzustufen. Als Beweggrund für die Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Abgassteuerung und -reinigung und der entsprechenden Täuschung darüber, kommt vorliegend alleine eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Es erscheint lebensfremd, dass die Beklagte das mit der Verwendung der Abschaltsoftware verbundene erhebliche Risiko ohne wirtschaftlichen Vorteil eingegangen wäre (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.07.2018 - 27 U 10/18 -, juris, Rn. 20; OLG Karlsruhe, WM 2019, 881 ff.).
Zwar ist alleine ein Handeln aus Gewinnstreben nicht als verwerflich zu beurteilen. Jedoch erscheint hier zum Einen die Art und Weise der Täuschung als verwerflich. In diesem Rahmen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften umgangen und zugleich ihre Kunden sowie die Kunden derjenigen Hersteller, an die sie den Motor EA 189 geliefert hat, konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschriebene Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System der planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend, nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge, gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechenden Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in den Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit den Kunden herbeiführen zu können. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die Beklagte selbst das mit einem Motor EA 189 ausgestattete Fahrzeug in den Verkehr gebracht hat oder ein anderer Fahrzeughersteller.
Zum Anderen ergibt sich die Verwerflichkeit des Handelns aus den resultierenden Folgen. Den Käufern eines mit einem Motor EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs droht ein erheblicher Schaden in Form der Stilllegung des erworbenen Fahrzeugs. Das von der Beklagten angebotene Softwareupdate stellt alleine ein Angebot der Schadenswiedergutmachung dar (vgl. OLG Karlsruhe, WM 2019, 881 ff.).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dieses Ergebnis auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten zu korrigieren. Die Haftung aus § 826 BGB knüpft - anders als etwa ein Anspruch aus § 823 i. V. m. bestimmten europarechtlichen Normen - nicht unmittelbar an den Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 215/2007 an, sondern folgt aus dem Inverkehrbringen des Motors EA 189 bzw. eines Fahrzeugs mit dem Motor EA 189 verbundenen Täuschung über die Erfüllung der materiellen Typengenehmigungsvoraussetzungen. Diese Pflichtverletzung ist für den Rechtskreis der Käufer ersichtlich von Bedeutung, weil über einen die Kaufentscheidung wesentlich beeinflussenden Umstand getäuscht wird.
Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagte sind zu bejahen. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten, deren Wissen als zugestanden anzusehen ist, zurechnen lassen. Bereits aus der Verheimlichung des Einsatzes der Software gegenüber den Genehmigungsbehörden, den beteiligten Stellen und potenziellen Kunden ergibt sich mit hinreichender Sicherheit, dass die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten auch in der Vorstellung handelten, dass der Einsatz der Software zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Typengenehmigung und der Betriebszulassung der so ausgestatteten Fahrzeuge führen könnte und dass potenzielle Kunden Fahrzeuge, die derart mit rechtlichen Unsicherheiten belastet waren, nicht ohne weiteres erwerben würden.
Diese Kenntnisse und Vorstellungen sind der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen, weil aufgrund des hier maßgebenden Sach- und Streitstandes davon auszugehen ist, dass der Vorstand der Beklagten nicht nur über umfassende Kenntnisse von dem Einsatz der oben geschilderten Software verfügte, sondern auch in der Vorstellung die Herstellung und Inverkehrgabe der mangelbehafteten Motoren veranlasste, dass diese unverändert und ohne entsprechenden Hinweis weiter veräußert werden würden.
Insoweit greift in zweierlei Hinsicht zugunsten des Zweitkäufers und darunter auch des Klägers eine Erleichterung der Darlegungslast. Steht nämlich ein (primär) darlegungspflichtiger Anspruchsteller außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs und kennt der Anspruchs-gegner alle wesentlichen Tatsachen, so genügt nach höchstrichterlichen Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast das einfache Bestreiten seitens des Anspruchstellers nicht, sofern ihm nähere Angaben zuzumuten sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 239/2006 - juris, Rn. 16 m. w. N. zur BGH-Rechtsprechung).
Soll aber für diese höchstrichterliche Rechtsprechung überhaupt ein Anwendungsbereich eröffnet sein, müssen schon die Anforderungen an die primären Darlegungen seitens des Anspruchstellers auf die allgemeine Behauptung der nach dem maßgeblichen Tatbestandsmerkmal erforderlichen Tatsachen beschränkt werden, denn zur Frage des Umfangs einer sekundären Darlegungslast kann man stets nur dann gelangen, wenn der Anspruchsteller die Voraussetzungen der ihn treffenden primären Darlegungslast zu erfüllen vermag. Das kann aber mit Rücksicht auf den Umstand, dass der Anspruchsteller in den zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechungen erörterten Fällen jeweils außerhalb des Geschehensablaufs steht und ihm entsprechende Kenntnisse aus strukturellen Gründen fehlen, nur dann geschehen, wenn man allgemeine Behauptungen ausreichen lässt und von weiterer Substantiierung absieht.
Vor diesem Hintergrund reicht einerseits die Behauptung des Klägers aus, dass dem Vorstand der Beklagten sämtliche oben erörterten Umstände bekannt gewesen seien, während andererseits das Vorbringen der Beklagten zu den internen Geschehnissen im Zusammenhang mit der Beauftragung, der Bezahlung, dem Empfang, der Kontrolle und der Verwendung der oben erwähnten Motorsteuerungssoftware nicht einmal ansatzweise ausreicht. Da die Beklagte auch nicht konkret dargelegt hat, dass und wie einzelne Mitarbeiter unter Ausschluss des Vorstandes die mangelhafte Software pflichtwidrig beauftragten, bezahlen und verwenden ließen, kann sich die Beklagte auch hierauf nicht berufen und muss es bei der Annahme umfassender Kenntnisse des Vorstandes der Beklagten wie auch bei der Anwendung des § 31 BGB im Sinne einer Zurechnung bleiben (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 3. Januar 2019, 18 U 70/18 -, juris).
Der dem Kläger entstandene Schaden liegt vorliegend in dem Erwerb des mit der manipulativ wirkenden Motorsteuerungssoftware ausgerüsteten Fahrzeugs, weil das erworbene Fahrzeug in Folge der eingesetzten Software hinter den Vorstellungen des Klägers von der allgemeinen ordnungsgemäßen Ausrüstung des zu erwerbenden Pkw zurückblieb und sich dieses Zurückbleiben schon in Folge der damit zunächst verbundenen Unsicherheiten für die Typengenehmigung und die Betriebszulassung nachteilig auf den Vermögenswert des Pkws auswirkte. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Kläger bei Kenntnis der Manipulation den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, da der Umstand, dass die erforderlichen Genehmigungen und Zulassungen für das Fahrzeug durch Täuschung erlangt worden sind, aus der Sicht eines vernünftigen Durchschnittskäufers eventuell die für die Nutzung im Straßenverkehr erforderliche Zulassung gefährden und zudem unabsehbare Folgen für den Verkehrs- und Wiederverkaufswert des Fahrzeugs haben könnte. Für ihre gegenteilige Behauptung, wonach der Kläger bei Aufklärung über die Manipulation das Fahrzeug gleichwohl erworben hätte, hat die Beklagte bereits keinen hinreichenden, auf den konkreten Fall bezogenen Sachvortrag gehalten. Sie führt insoweit lediglich allgemein aus, dass die Kaufentscheidung von einer Vielzahl subjektiver Faktoren und nicht zuletzt vom persönlichen Geschmack des Erwerbers abhänge, so dass man zur Vermeidung einer „Dauerkausalität“ nicht ohne weiteres von einem aufklärungspflichtigen Verhalten ausgehen könne. Ohne weiteren konkreten Sachvortrag ist diese allgemein gehaltene Behauptung jedoch nicht geeignet, zu widerlegen, dass ein vernünftiger Durchschnittskäufer den streitgegenständlichen Kaufvertrag aus den oben dargelegten Erwägungen heraus nicht abgeschlossen hätte.
Da der Schadensersatzanspruch des Klägers bereits mit dem Erwerb des Fahrzeugs entstanden ist und auf Restitution durch Rückabwicklung des Kaufs gerichtet ist, kann in der einige Zeit nach dem Kauf erfolgten Ausstattung des Fahrzeugs mit dem vom Kraftfahrtbundesamt angeordneten Softwareupdate keine Erfüllung des Schadensersatzanspruches liegen. Auch ein Entfallen des Schadens in Folge eines überholenden Kausalverlaufs vermag die Beklagte insofern nicht ausreichend darzulegen, als sie nicht durch Offenlegung des Softwareupdates in allen Details dartut, dass das Softwareupdate keine anderen negativen Auswirkungen haben kann. Angesichts dessen muss es bei dem hier vom Senat bejahten Schaden, der in dem Erwerb eines Fahrzeugs mit nicht gewollten Eigenschaften liegt, bleiben. Die Beklagte hat gemäß § 249 BGB den Kläger so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten, hier also der streitgegenständliche Kaufvertrag nicht abgeschlossen worden wäre. Dem Kläger steht daher im Rahmen der Naturalrestitution ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrages zu, d. h. Ausgleich der für den Vertrag getätigten Aufwendungen durch den Schädiger gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten (vgl. BGH, WM 2004, 1721; BGH, WM 2014, 2318).
Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dem Geschädigten neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben dürfen, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Gleichartige Gegenansprüche sind automatisch zu saldieren (BGH, Urteil vom 12.03.2009 - VI ZR 26/06 -, juris, Rn. 16; Grüneberg in: Palandt, BGB, 78. Auflage 2019 vor 249, Rn. 71). Solange Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig sind, muss der Schädiger Schadenersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten. Der Schadenersatzanspruch des Geschädigten ist nur mit dieser Einschränkung begründet. Darauf ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt, kommt es nicht an, insbesondere bedarf es - anders als in den Fällen der §§ 320, 322, 348 BGB - keines besonderen Antrages oder einer Einrede des Schädigers (BGH, Urteil vom 23.06.2015 = WM 2015, 1461, juris, Rn. 23 f.).
Soweit der Kläger prinzipielle Einwände gegen die Berücksichtigung der Nutzung des Fahrzeugs als Abzugsposten im Rahmen der deliktischen Haftung vorbringt, greifen diese nicht durch (vgl. BGH, Urteil vom 02.07.1962 = WM 1962, 1006, juris, Rn. 5 f.). Der Einwand, der wegen Arglist haftende Hersteller dürfe die Wertschöpfung des inkriminierten Wareneinsatzes nicht doch noch im Wege der Schadensberechnung zeitweilig realisieren, da dies dazu führen würde, dass die Haftung für ihn rein wirtschaftlich nahezu keinen Unterschied mache und die Präventionsfunktion des Deliktsrechts verfehlt würde, vernachlässigt, dass das deutsche Zivilrecht als Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung nur den Schadensausgleich (§§ 249 f. BGB) vorsieht, nicht aber eine Bereicherung des Geschädigten. Die Bestrafung und eine - im Rahmen der Schuld angemessene - Abschreckung sind mögliche Ziele des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts (wobei die Geldstrafe oder -buße an den Staat fließt), nicht aber des Zivilrechts.
Die weiteren Einwände, die Berücksichtigung des Nutzungsersatzes verbiete sich im Hinblick auf den Zweck der Haftung für Verstöße gegen hier zugrunde liegende europarechtliche Normen und der maßgebliche Effektivitätsgrundsatz steuere auch die Frage des Vorteilsausgleichs, wonach es nicht zu einer unbilligen Belastung des Geschädigten und unbilligen Entlastung des Schädigers kommen dürfe, die aber stets drohe, wenn der Zweck der einschlägigen Haftungsnorm frustriert werde (vgl. Harke, VuR 2017, 83, 90 d. l), treffen nicht zu. Diese Argumentation übersieht, dass es bereits an einer unbilligen Belastung des Geschädigten fehlt: Dieser muss sich ausschließlich den Wert der tatsächlich gezogenen Nutzung entgegenhalten lassen, nicht etwa zusätzlich einen Wertverlust der Sache alleine durch Alterung oder Ähnliches.
Ebenso fehl geht das weitere Argument des Klägers, wonach die einschlägigen europarechtlichen Normen das Gebot abschreckender Sanktionen enthielten, was zu einer Haftung im nationalen Recht nötige, die hier aber durch Berechnung des Nutzungsersatzes beeinträchtigt sei. Es bestehe vorliegend, wie bei dem auf Nacherfüllung klagenden Käufer, auch nicht die Gefahr einer ungerechtfertigten Bereicherung (vgl. Harke, VuR 2017, 83, 91 d. II.).
Zwar trifft es zu, dass die einschlägigen europarechtlichen Regelungen dem nationalen Gesetzgeber auferlegen, für Verstöße wirksame Sanktionen zu verhängen, beispielsweise Art. 13 Abs. 2 lit. d) VO (EG) 715/2007 betreffend das Verbot illegaler Abschalteinrichtungen. Derartige Sanktionen sind aber - wie oben dargelegt - im deutschen Recht regelmäßig dem Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht vorbehalten. Eine etwaige unzureichende Sanktionierung des Verhaltens durch den Gesetzgeber ist nicht durch die Justiz im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung zu korrigieren.
Auch die vom Kläger gezogene Parallele zur Frage des kaufvertraglichen Gewährleistungsanspruchs auf Nachlieferung verbietet sich. Denn in der die Nachlieferung regelnden Richtlinie 1999/44/EG ist in Art. 3 Abs. 3 ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der Nachlieferung normiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht es dem nationalen Gesetzgeber demgegenüber frei, im Falle der vertraglichen Rückabwicklung dem Verbraucher die Erstattung von Nutzungsersatz aufzuerlegen (vgl. EuGH, Urteil vom 17.04.2008, - C-404/06 -, juris, Rn. 39; Reinking / Eggert, Autokauf, 14. Auflage 2020, Rn. 1158; BGH, Urteil vom 16.09.2009 - VI ZR 243/2008 -, juris Rn. 14 f.). Entgegenstehende Regelungen über die Abwicklung von Kaufverträgen oder eine deliktische Schadensersatzpflicht des Herstellers bei Verstößen lassen sich den europarechtlichen Vorschriften zur Typengenehmigung nicht entnehmen.
Schließlich besteht auch kein Anlass, den Nutzungsersatz im Hinblick auf den der Sache anhaftenden Mangel herabzusetzen (so aber Harke, VuR 2017, 83, 91 d. III.).
Die Berücksichtigung des mit dem Mangel verbundenen Minderwertes kommt nur in Betracht, wenn der Mangel die tatsächliche Gebrauchstauglichkeit erheblich einschränkt (vgl. Reinking/Eggert, Autokauf, 14. Auflage, Rn. 1173). Im vorliegenden Fall war die fortdauernde Nutzbarkeit des Fahrzeugs alleine aus Rechtsgründen nicht sichergestellt; auf den tatsächlichen Gebrauch hatte dies aber keinerlei Auswirkungen. Insofern kommt auch unter diesem Gesichtspunkt eine Herabsetzung des Nutzungsersatzes nicht in Betracht (vgl. OLG Karlsruhe, WM 2019, 881)
Zur Berechnung des Nutzungsersatzes gilt folgendes: Die zeitanteilige lineare Wertminderung ist grundsätzlich zunächst im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer ausgehend vom Bruttokaufpreis im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO zu ermitteln (BGH, NJW 1995, 2159). Bei Kraftfahrzeugen wird die Nutzungsdauer dabei regelmäßig in Kilometern bemessen. Hierbei ist Anknüpfungspunkt der gezahlte Bruttokaufpreis, der den Nutzungswert des Fahrzeugs verkörpert. Die im Einzelfall unter gewöhnlichen Umständen zu erzielende Gesamtfahrlaufleistung stellt den Gesamtgebrauchswert dar. Zu vergüten sind die Gebrauchsvorteile bei der Rückgabe des Fahrzeugs (Reinking/Eggert, der Autokauf, 14. Auflage, Rn. 1186). Die Gesamtlaufleistung schätzt der Senat gemäß § 287 BGB auf 250.000 km. Die Laufleistung des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung betrug 77.858 km. Die abzuziehende Nutzungsentschädigung errechnet sich dann grundsätzlich nach der Formel „Gebrauchsvorteil = Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer : erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt“. Der Bruttokaufpreis betrug 21.415,00 €. Die gefahrenen Kilometer belaufen sich auf 77.858 km. Im Erwerbszeitpunkt betrug die erwartete Restlaufleistung des Neufahrzeugs 250.000 km. Dies ergäbe eine zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung von 6.669,31 € [21.415,00 € x 77.858 km : 250.000 km].
Dieses Ergebnis ist allerdings im Einzelfall - vor allem bei Fahrzeugen mit einer besonders niedrigen Jahreslaufleistung - zu korrigieren, da bereits der Möglichkeit als solcher, ein Fahrzeug nutzen zu können, ein materiell bemessbarer Wert zukommt. So hat sich auch ein Erwerber, der das Fahrzeug (fast) gar nicht nutzt, jedenfalls die Möglichkeit erkauft, im Bedarfsfall jederzeit auf ein eigenes Fahrzeug zurückgreifen zu können. Den Wert, der dem Vorhalten eines Fahrzeugs zukommt, schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf 5 % des ursprünglichen Kaufpreises pro Jahr. Schöpft ein Geschädigter diese Nutzungsmöglichkeit nicht aus, indem er das Fahrzeug so wenig fährt, dass sich bei der Berechnung des Nutzungsersatzes auf Kilometerbasis ein Betrag ergibt, der unter dem Betrag liegt, der sich ergeben würde, wenn man pro Jahr, in dem das Fahrzeug dem Kläger zur Verfügung stand, einen Betrag von 5 % des ursprünglichen Kaufpreises in Ansatz bringen würde, ist dieser letztgenannte Betrag als Mindestnutzungsersatz abzuziehen.
Hier stand das Fahrzeug dem Kläger vom 05.12.2011 (Erwerbszeitpunkt) bis zum 16.03.2020 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung) zur Verfügung, also für einen Zeitraum von 8 Jahren, 3 Monaten und 11 Tagen. Dies führt - berechnet auf Zeitbasis - zu einem Nutzungsersatz von 41,4 % des ursprünglichen Kaufpreises, so dass sich ein abzuziehender Betrag von 8.865,81 € ergibt (21.415 € x 41,4 % = 8.865,81 €). Dies bedeutet, dass der Kläger hier den Wert der reinen Gebrauchsmöglichkeit nicht voll ausgeschöpft hat und keine darüberhinausgehenden Nutzungen gezogen hat, so dass bei ihm dieser zeitabhängige Mindestnutzungsersatz von 8.865,81 € als Abzugsbetrag zu berücksichtigen ist und sich somit ein ersatzfähiger Schadensbetrag von 12.549,19 € (= 21.415 € - 8.865,81 €) ergibt.
Entgegen der Annahme des Landgerichts befindet sich die Beklagte allerdings mit der Rücknahme des Pkw nicht in Annahmeverzug. Die von dem Kläger insoweit begehrte Feststellung konnte nicht ausgesprochen werden.
Annahmeverzug setzt voraus, dass der Gläubiger dem Schuldner die Leistung, so wie sie geschuldet wird, anbietet (Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 293 Rdnr. 9). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger den aktuellen Kilometerstand des Fahrzeuges zwar mitgeteilt. Der Eintritt des Annahmeverzuges scheitert jedoch daran, dass der Kläger auch in der Berufungsinstanz eine weitaus höhere Zahlung als geschuldet begehrt. Eine solche Zuvielforderung hindert den Eintritt des Annahmeverzuges (BGH VIII ZR 275/04, Urteil vom 20.07.2005; OLG Koblenz, 6 U 1424/07, Urteil vom 19.07.2008, juris; OLG Karlsruhe, 7 U 169/06, Urteil vom 12.09.2007, juris). Die potentiell weitreichenden Folgen des Annahmeverzuges (§§ 300 ff. BGB) können dem Gläubiger billigerweise dann nicht aufgebürdet werden, wenn sich der Schuldner zur Herausgabe selbst gegen Erhalt der ihm seinerseits zustehenden Leistung nicht bereiterklärt.
Schließlich war auf die Berufung der Beklagten auch eine Reduzierung der dem Kläger erstinstanzlich zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten vorzunehmen. Sein Schadensersatzanspruch hat sich als grundsätzlich begründet erwiesen. Allerdings vermag der Senat keine Gründe für ein Überschreiten der Schwellengebühr nach Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG zu sehen. Die Sache ist weder mit besonderen Schwierigkeiten versehen oder - trotz der umfangreichen Schriftsätze - besonders umfangreich. Wie dem Senat aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt ist, hebt sich das vorliegende Verfahren, was Umfang und Schwierigkeit angeht, nicht vom Grunde der im Zusammenhang mit der Dieselthematik geführten Verfahren ab. Der Senat sieht deshalb nur eine 1,3 Geschäftsgebühr als notwendig und damit erstattungsfähig an.
Für die außergerichtliche Tätigkeit ist der Gegenstandswert zum Zeitpunkt des außergerichtlichen Tätigwerdens des Rechtsanwalts zugrundezulegen, da der Rechtsanwalt die zu vergütende Leistung zu diesem Zeitpunkt erbracht hat. Der Umstand, dass die berechtigte Forderung des Klägers sich nachfolgend durch die Weiternutzung des Fahrzeugs verringert hat, vermag daran nichts zu ändern. Für den Zeitpunkt des vorgerichtlichen Tätigwerdens der Rechtsanwälte des Klägers ist daher noch von einem Gegenstandswert von bis zu 16.000 € auszugehen. Damit ergibt sich ein Gebührenanspruch von 1.029,35 €.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO zugelassen. Die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage einer Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB hat im Hinblick auf die enorme Anzahl der bundesweit gegen die Beklagte anhängigen Klagen grundsätzlich Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Ferner wird eine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (bejahend OLG Koblenz, 5 U 1318/18, Urteil vom 12.06.2019, juris; OLG Karlsruhe, 17 U 160/18, Urteil vom 18.07.2019, juris; verneinend OLG Braunschweig, 7 U 134/17, Urteil vom 19.02.2019, juris).
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.468,10 € festgesetzt.