07.12.2009 · IWW-Abrufnummer 093859
Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 06.05.2009 – 2 K 442/02
Eine Besteuerung einer Privatnutzung eines auf den Gesellschafter einer GbR zugelassenen Fahrzeugs (hier: Porsche 911) kommt nur für den Teil des Jahres, in dem das Fahrzeug zugelassen war, und nur insoweit in Betracht, als dem Gesellschafter und seiner Ehefrau in dieser Zeit im Privatvermögen nicht in etwa gleichwertige Fahrzeuge für Privatfahrten zur Verfügung gestanden haben (im Streitfall: Widerlegung der Vermutung einer auch privaten Nutzung des Porsche 911, wenn dem Gesellschafter und seiner Ehefrau im Privatvermögen ein Porsche 928 sowie ein Volvo zur Verfügung gestanden haben und wegen der Minderjährigkeit der Kinder auch keine Nutzung dieser Fahrzeuge durch andere Haushaltsmitglieder vorgelegen hat).
FG des Landes Sachsen-Anhalt v. 06.05.2009
2 K 442/02
Tatbestand
Die Beteiligten streiten nur noch über die Frage, ob für ein auf den GbR-Gesellschafter M. G. zugelassenes Fahrzeug (Porsche 911, amtliches Kennzeichen …) im Streitjahr ein privater Nutzungsanteil zu berücksichtigen ist.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu der sich im Streitjahr die Rechtsanwälte P. G. und M. G. zusammengeschlossen hatten, um im Rahmen dieser Gesellschaft ihre Anwaltstätigkeit auszuüben. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG).
Mit Bescheid vom 16. August 2001 setzte der Beklagte (FA) den von der Klägerin im Streitjahr erzielten Gewinn auf 236.286 DM fest. Darin enthalten war u.a. ein privater Nutzungsanteil für den erwähnten PKW Porsche 911 in Höhe von 21.166 DM sowie Umsatzsteuer auf diesen Betrag in Höhe von 2.709,24 DM; außerdem war bei der Gewinnfeststellung eine Reduzierung des von der Klägerin geltend gemachten Betriebsausgabenabzugs für gezahlte Umsatzsteuer um 7.121,60 DM berücksichtigt. Daneben erhöhte das FA die von der Klägerin für das Streitjahr erklärte Umsatzsteuer mit Bescheid vom 29. August 2001 unter Zugrundelegung eines Eigenverbrauchs für den Porsche 911 in Höhe von 16.932 DM. Das FA war in den erwähnten Steuerbescheiden jeweils davon ausgegangen, dass die Zulassung des PKW Porsche 911 auf den Gesellschafter M. G. während des gesamten Kalenderjahres bestanden hatte. Die von der Klägerin gegen diese Steuerbescheide jeweils eingelegten Einsprüche blieben erfolglos.
Dagegen richtet sich die vorliegende Klage. Ausweislich während des Klageverfahrens von der Klägerin vorgelegter Unterlagen war der Porsche 911 im Streitjahr nur während der Zeit vom 22. April bis zum 4. November 1999 auf den Gesellschafter M. G. zugelassen. Im Übrigen war auf den Gesellschafter M. G. während des gesamten Streitjahres nach seinen Angaben ein in seinem Privatvermögen befindlicher Porsche 928 (amtliches Kennzeichen …) zugelassen. Daneben war in der Zeit vom 22. Juli bis zum 31. Dezember 1999 auf den Gesellschafter M. G. ein ebenfalls im Privatvermögen gehaltenes Fahrzeug Volvo (amtliches Kennzeichen …) zugelassen; daneben war auf die Ehefrau des Gesellschafters M. G., Frau K. G., in der Zeit vom 1. Januar bis April 1999 ein Mercedes-Geländewagen (amtliches Kennzeichen …) zugelassen; schließlich war nach den Angaben der Klägerin auf Frau K. G. in der Zeit von April bis 31. Dezember 1999 ein Chrysler Wrangler (amtliches Kennzeichen unbekannt) zugelassen. Die 5 zum Haushalt des Gesellschafters M. G. und seiner Ehefrau gehörenden Kinder waren im Streitjahr alle minderjährig.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin hinsichtlich der vom FA angenommenen Eigennutzung des PKW Porsche 911 im Wesentlichen vor: Die Berücksichtigung eines privaten Nutzungsanteils bzw. eines Eigenverbrauchs für das Fahrzeug Porsche 911 komme nicht in Betracht, da während der Zeit, für welche das Fahrzeug im Streitjahr zugelassen gewesen sei (22. April bis 4. November 1999) ständig sowohl für den Gesellschafter M. G. als auch für dessen Ehefrau K. G. jeweils ein gleichwertiges im Privatvermögen gehaltenes Fahrzeug vorhanden gewesen sei. Der Anscheinsbeweis der Privatnutzung des betrieblichen Fahrzeugs sei damit entkräftet.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung 1999 vom 16. August 2001 und des Einspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 den festgestellten Gewinn um 15.848,43 EUR (entspricht 30.996,84 DM) herabzusetzen;
unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 1999 vom 29. August 2001 und des Einspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 die Umsatzsteuer unter Ansatz einer um 8.657,19 EUR (entspricht 16.932 DM) verringerten Bemessungsgrundlage herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA trägt vor, dass es ihm im Rahmen seiner Nachforschungen nicht gelungen sei, das Vorhandensein des Fahrzeugs Porsche 928 (amtliches Kennzeichen …) festzustellen. Im Übrigen sei durch das Vorhandensein der hier in Rede stehenden Privatfahrzeuge der Anscheinsbeweis der privaten Nutzung nicht widerlegt.
Das FA hat im Laufe der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2009 den angefochtenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung 1999 vom 16. August 2001 dahingehend geändert, dass der dort festgestellte Gewinn um 4.212 DM gemindert wird; diese Gewinnminderung beruhte auf einem entsprechend erhöhten Ansatz von Betriebsausgaben (gezahlte Umsatzsteuer); die Klägerin hat daraufhin erklärt, dass sie den darüber hinaus von ihr begehrten Betriebsausgabenabzug wegen gezahlter Umsatzsteuer in Höhe von weiteren 2.909,60 DM nicht mehr weiter geltend mache, sodass sich der Streit auf die Frage der Privatnutzung des PKW Porsche 911 reduziere.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist insoweit begründet, als das FA für die Zeit vom 1. Januar bis zum 21. April 1999 sowie für die Zeit vom 22. Juli bis zum 31. Dezember 1999 einen privaten Nutzungsanteil bzw. einen umsatzsteuerlichen Eigenverbrauch für den betrieblichen PKW Porsche 911 angesetzt hat; soweit das FA den privaten Nutzungsanteil bzw. den Eigenverbrauch für die Zeit vom 22. April bis zum 21. Juli 1999 angesetzt hat ist die Klage demgegenüber unbegründet. Dabei legt der Senat die Erklärung der Klägerin zu Protokoll der mündlichen Verhandlung, sie verfolge in der Gewinnfeststellungssache nur noch den Streitpunkt Privatnutzung des betrieblichen PKW in Höhe von 24.375,24 DM, dahin aus, dass die Klägerin damit diesen Streitpunkt in Höhe des tatsächlich streitigen Betrages in Höhe von 23.875,24 DM meinte. Die Angabe des höheren Betrages erfolgte offenbar nur irrtümlich unter Zugrundelegung des im Klageschriftsatz vom 14. November 2002 erwähnten Ansatzes für die Privatnutzung in Höhe von 21. 666 DM (zuzüglich 2.709,24 DM Umsatzsteuer), während der vom FA vorgenommene Ansatz für die Privatnutzung tatsächlich nur 21.166 DM (zuzüglich 2.709,24 DM Umsatzsteuer) betrug; auf den vorerwähnten zutreffenden Zahl beruht im Übrigen auch der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag. Im Einzelnen:
In den angefochtenen Bescheiden ist das FA davon ausgegangen, dass der betriebliche PKW Porsche 911 während des gesamten Streitjahres auf den Gesellschafter M. G. zugelassen war. Nunmehr hat sich herausgestellt, dass dies nicht zutraf, sondern dass der PKW Porsche 911 im Streitjahr lediglich während der Zeit vom 22. April bis zum 4. November 1999 auf den Gesellschafter M. G. zugelassen war. Damit scheiden die Zeitr äume vom 1. Januar bis zum 21. April 1999 sowie vom 5. November bis zum 31. Dezember 1999 als Zeiträume einer Privatnutzung des betrieblichen PKW bzw. eines entsprechenden Eigenverbrauchs von vornherein aus.
Darüber hinaus kommt nach Auffassung des Senats zudem während des Zeitraums vom 22. Juli bis zum 4. November 1999 der Ansatz einer Privatnutzung bzw. eines entsprechenden Eigenverbrauchs nicht in Betracht. Denn während dieses Zeitraums stand dem Gesellschafter M. G. und seiner Ehefrau nach Überzeugung des Senats jeweils ein etwa gleichwertiges, im Privatvermögen gehaltenes Fahrzeug zur Verfügung. Für den Gesellschafter M. G. war dies der PKW Porsche 928 mit dem amtlichen Kennzeichen … Zwar hat das FA insoweit erklärt, es sei ihm nicht gelungen, im Rahmen von Nachforschungen die Existenz des PKW Porsche 928 festzustellen. Dieser Vortrag ist jedoch nicht geeignet, beim Senat irgendwelche Zweifel an der Existenz des erwähnten PKW Porsche 928 aufkommen zu lassen, zumal die Klägerin diesen PKW nicht nur mit dem amtlichen Kennzeichen, sondern zusätzlich mit der Angabe der Fahrzeugkennnummer sowie dem Datum der Anmeldung (21. September 1994) und Abmeldung (21. Juli 2004) bezeichnet hat (Schriftsatz der Klägerin vom 7. Januar 2008). Vor diesem Hintergrund bleibt völlig unklar, was das FA mit der vagen Angabe, es sei ihm nicht gelungen, das Vorhandensein des Fahrzeugs festzustellen, gemeint hat. Zur Überzeugung des Senats steht im Übrigen fest, dass der Ehefrau des Gesellschafters M. G. während des hier in Rede stehenden Zeitraums (22. Juli bis 4. November 1999) ebenfalls ein etwa vergleichbares privates Fahrzeug zur Verfügung gestanden hat (Fahrzeug Volvo, amtliches Kennzeichen …).
Vor diesem Hindergrund sieht der Senat für den Zeitraum vom 22. Juli bis zum 4. November 1999 die Vermutung der Privatnutzung des betrieblichen PKW Porsche 911 als erschüttert an, denn nach Auffassung des Senats wäre das Halten der beiden (etwa vergleichbaren) privaten Fahrzeuge wirtschaftlich völlig unvernünftig, wenn die Kläger stattdessen das betriebliche Fahrzeug für private Zwecke genutzt hätten.
Das vorstehende Ergebnis widerspricht insbesondere auch nicht den vom FA im Schriftsatz vom 22. Juli 2008 angeführten Entscheidungen des BFH. Denn in diesen Entscheidungen haben sich die jeweiligen Kläger entweder lediglich pauschal dahingehend eingelassen, für Privatfahrten hätten „Privatfahrzeuge” zur Verfügung gestanden (BFH-Beschluss vom 13. April 2005 VI B 59/04 sowie BFH-Beschluss vom 11.07.2005 X B 11/05) oder es war davon auszugehen, dass das (einzige) privat vorhandene Fahrzeug von der Ehefrau des Nutzers des betrieblichen Fahrzeugs genutzt wurde (BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2005 VI B 43/05). Insofern unterscheiden sich die den angeführten BFH-Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte deutlich von dem vorliegenden Sachverhalt. Denn vorliegend ist nicht nur vorgetragen worden, Privatfahrten seien mit Privatfahrzeugen vorgenommen worden; vielmehr ist präzise vorgetragen, welche (etwa gleichwertigen) Privatfahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten. Darüber hinaus ist – jedenfalls für den Zeitraum, für welchen der Senat die Klage als begründet angesehen hat – nachvollziehbar dargelegt, dass zwei Privatfahrzeuge – nämlich für den Gesellschafter M. G. sowie für dessen Ehefrau – zur Verfügung gestanden hätten; insoweit erscheint die Vermutung, das Privatfahrzeug sei von der Ehefrau des Nutzers des betrieblichen Fahrzeugs genutzt worden, nicht einschlägig.
Im Übrigen (das heißt für den Zeitraum vom 22. April bis zum 21. Juli 1999) ist die Privatnutzung bzw. der Eigenverbrauch für den PKW Porsche 911 dagegen nach Auffassung des Senats zu Recht angesetzt worden. Denn während dieses Zeitraums hat die Klägerin für den Gesellschafter M. G. und dessen Ehefrau nicht das Vorhandensein von zwei privaten PKW, sondern lediglich das Vorhandensein eines privaten PKW (Porsche 928, amtliches Kennzeichen …) belegt. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, dass in der Zeit von April bis 31. Dezember 1999 für die Ehefrau K. G. ein Fahrzeug des Typs Chrysler Wrangler zur Verfügung gestanden habe; dieser Vortrag ist jedoch nach Auffassung des Senats nicht nachvollziehbar, da die Klägerin insoweit nicht in der Lage war, das amtliche Kennzeichen dieses Fahrzeugs zu benennen, sodass insoweit eine Überprüfung der Angaben der Klägerin nicht möglich war.
Die vom FA vorgenommene Ermittlung der Höhe des Ansatzes der Privatnutzung bzw. des Eigenverbrauchs war im Übrigen nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat insoweit auch keine Einwendungen erhoben.
Die Berechnung des festzustellenden Gewinns und der Umsatzsteuer nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen überträgt der Senat gem. § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.