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  • 22.12.2010

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 14.10.2010 – 6 K 1643/08

    Die Angabe des Bestimmungslandes im Verbringungsnachweis des Abnehmers ist ausreichend; die Angabe der Gemeinde, in der der Abnehmer seinen Sitz hat, ist nicht erforderlich (gegen BMF-Schreiben vom 05.05.2010, BStBl I 2010, 508).


    Tatbestand

    Streitig ist die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen.

    Die Klägerin ist Autohändlerin. Sie verkaufte im Dezember 2005 10 gebrauchte PKW Smart für insgesamt 35.000,00 € an die Firma C (Inh. P. R., Anm. d. Neutralisierenden) in Italien, USt-Id.Nr. IT ... . Die Rechnung vom 05.12.2005 erfolgte ohne Ausweis von Umsatzsteuer (Bl. 32 Handakte USt-Sonderprüfung). Sie enthält einen Stempel der Firma und eine nicht leserliche Unterschrift. Der Rechnung beigefügt ist eine Vollmacht ohne Datum in deutscher Sprache für Herrn F, die den Stempel der Firma trägt und eine Unterschrift mit dem Namenszug „P. R.” (Bl. 33 Handakte USt-Sonderprüfung). Außerdem befindet sich in den Unterlagen eine Ausweiskopie der Frau P. R. (Bl. 34 Handakte USt-Sonderprüfung), sowie Bescheinigungen über die steuerliche Erfassung (Bl. 35 Handakte USt-Sonderprüfung) und die Erfassung bei der Handelskammer (Bl. 36 Handakte USt-Sonderprüfung). Die Klägerin hatte beim Bundesamt für Finanzen eine einfache und qualifizierte Abfrage eingeholt (Bl. 28/29 Handakte USt-Sonderprüfung), die nur hinsichtlich der Rechtsform der Firma die Angaben nicht bestätigten. Die Fahrzeuge wurden von F abgeholt und auf einen Fahrzeugtransporter verladen. Der Kaufpreis wurde bar beglichen. Herr F unterschrieb eine Erklärung, dass er die Fahrzeuge direkt nach Italien überführe (Bl. 37 Handakte USt-Sonderprüfung).

    Der Beklagte hatte die Mitteilung erhalten, dass die Firma C weder über einen Sitz, noch einen für die Ausstellung von Fahrzeugen geeigneten Platz verfügte. Frau P. R. selbst hatte nie einen Autohandel betrieben. Herr F, der Sohn von Frau P. R., hatte deren USt-Id.Nr. benutzt, um Mehrwertsteuerbetrug zu begehen.

    Nach den Feststellungen des Beklagten wurden die Fahrzeuge in Deutschland nicht zugelassen (Bl. 53 - 62 Handakte USt-Sonderprüfung).

    Der Beklagte führte sodann bei der Klägerin eine Nachschau durch, bei der er feststellte, dass keine Aufzeichnungen über den Namen und die Anschrift des Fahrzeugabholers geführt wurden, keine Erkundigungen über seine Abholvollmacht eingeholt worden waren und keine Kopien seiner Ausweispapiere gefertigt wurden. Der Prüfer sah deshalb den Buchnachweis nach § 17c Abs. 2 Nr. 2 UStDV als nicht erbracht an. Das Prüfungsergebnis ist im Aktenvermerk vom 29.08.2006 dargestellt (Bl. 64 – 66 Handakte USt-Sonderprüfung).

    Der Beklagte versagte daraufhin mit Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für den Monat Dezember 2006 die Steuerfreiheit dieser Umsätze.

    Die Klägerin legte dagegen Einspruch ein mit der Begründung, die vom Beklagten geforderten Nachweise seien nicht Bestandteil des Buchnachweises gemäß § 17c UStDV.

    Am 08.02.2007 erließ der Beklagte den Umsatzsteuerbescheid für 2005, mit dem er wiederum die Umsätze in Höhe von 35.000 € (brutto) als steuerpflichtig behandelte.

    Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 14.04.2008 als unbegründet zurückgewiesen.

    Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, sie habe sich auch eine Vollmacht mit Namen und Anschrift des Fahrzeugabholers vorlegen lassen. Die Vollmacht sei auch mit dem Ausweis des Herrn F verglichen worden, allerdings sei der Ausweis nicht kopiert worden. Dies sei das einzige, was der Klägerin vorgeworfen werden könne. Allerdings gehe auch der Beklagte von der Identität des Herrn F aus. Zudem bestünden über seine Identität keine Zweifel.

    Die Buch- und Belegnachweise seien somit vollständig.

    Dass sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass Herr F ein Betrüger sei, könne der Klägerin nicht angelastet werden. Dies habe sie nicht erkennen können. Sie genieße insoweit Vertrauensschutz.

    Wenn der Finanzverwaltung bekannt sei, dass Herr F in Deutschland ein Unternehmen angemeldet habe, könne sie die Umsatzsteuer bei ihm nachfordern. Wenn sie dies unterlasse, dürfe sie sich nicht an die Klägerin halten.

    Die Klägerin beantragt,

    den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 8. Februar 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2008 dahin zu ändern, dass innergemeinschaftliche Umsätze in Höhe von 35.000,00 € steuerfrei belassen werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, auch nach den Grundsätzen der BFH-Urteile vom 23.04.2009 – V R 84/07, vom 12.05.2009 – V R 65/06 und vom 28.05.2009 – V R 23/08 sei die Steuerfreiheit zu versagen.

    Nach Tz. 27 des BMF-Schreibens vom 05.05.2010 sei die Angabe „Italien” in dem Verbringungsnachweis unzureichend, denn es müsse der Bestimmungsort angegeben werden. Somit sei der Buch- und Belegnachweis unzureichend.

    Außerdem sei die Unterschrift der Frau P. R. auf der Vollmacht nicht identisch mit der Unterschrift in ihrem Personalausweis. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass die Unterschrift auf dem Verbringungsnachweis von Herrn F stamme.

    Es sei nicht davon auszugehen, dass die Fahrzeuge tatsächlich nach Italien gelangt seien. Dies sei eher unwahrscheinlich, da Herr F in den Jahren 2005 und 2006 zunächst in M (in Deutschland, Anm. d. Neutralisierenden) und später in O (in Deutschland, Anm. d. Neutralisierenden) einen Gewerbebetrieb angemeldet habe, beim Finanzamt M steuerlich geführt werde und eine deutsche USt-Id.Nr. besitze. Herr F sei deshalb auch kein ausländischer Abnehmer.

    Da die Buch- und Belegnachweise nicht vollständig seien, könne auch kein Vertrauensschutz gewährt werden.

    Im Übrigen stehe der Gewährung von Vertrauensschutz auch entgegen, dass es sich um einen Barverkauf gehandelt habe. Bei Bargeschäften seien an die Nachweispflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen. In diesen Fällen sei es dem Unternehmer auch zumutbar, sich über die Identität des Abnehmers über das qualifizierte Bestätigungsverfahren hinaus zu vergewissern.

    Gründe

    Die Klage ist begründet.

    1.

    1.1.

    Gemäß § 6 a Abs. 1 UStG i. V. m. § 4 Nr. 1 b UStG liegt eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor, wenn

    der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,

    der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat und

    der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt.

    1.2.

    Hierzu hat der EuGH in den Urteilen vom 27.09.2007 entschieden (C-409/04 – Teleos u. a.; C-146/05 – Collée und C-184/05 – Twoh, UR 2007, 774 f., 782 f., und 813 f.), dass Grundlage einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Übergangsbestimmungen in den Art. 28 a und 28 c der Richtlinie 77/388/EWG . 6. EG-Richtlinie – i. f. RL – darstellen. Art. 28 a RL enthält die Voraussetzungen für die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder Erwerb. Danach ist notwendig, dass Veräußerer und Erwerber Unternehmer sind (Art. 28 a Abs. 1 a; Art. 4 RL) und als solche handeln. Weiterhin ist erforderlich, dass die Befähigung, wie ein Eigentümer zu verfügen, vom Veräußerer auf den Erwerber übergeht und der Gegenstand in einen anderen Mitgliedsstaat versendet oder befördert wird als den, in dem er sich zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Beförderung befand, Art. 28 c Teil A Buchst. a) 1.Unterabs. (Rn. 27 Teleos). Notwendig ist hierbei die physische Bewegung des Gegenstandes vom einen in den anderen Mitgliedstaat. Das Merkmal der Beförderung oder Versendung ist noch nicht erfüllt, wenn der Liefergegenstand lediglich dem Empfänger oder seinem Beauftragten im Ausgangsstaat übergeben wird (Rn. 37 bis 42 Teleos; Rn. 23 Twoh).

    Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der sich auf eine Abgabenbefreiung beruft - hier: steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung - die Beweislast für das Vorliegen ihrer Voraussetzungen trägt (Rn. 26 Twoh). Zwar ist das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nur anhand der objektiven Voraussetzungen zu beurteilen, die in Art. 28 a RL genannt sind. Da es aber nach Abschaffung der Grenzkontrollen schwierig ist sich zu vergewissern, ob die Waren den Mitgliedstaat physisch verlassen haben , müssen sich die Finanzbehörden in erster Linie auf die von den Steuerpflichtigen vorgelegten Nachweise und Erklärungen verlassen (Rn. 44 Teleos).

    Deshalb gesteht Art. 28 c Teil A RL den Mitgliedstaaten das Recht, zu die Voraussetzungen für die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung festzulegen. Bei der Ausübung ihrer Befugnisse müssen die Mitgliedstaaten jedoch die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung sind und zu denen u. a. die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit gehören, beachten (Rn. 45 Teleos; Rn. 25 Twoh).

    Ferner geht aus der Rechtsprechung des EuGH hervor, dass die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten erlassen können, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht so eingesetzt werden dürfen, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen (Rn. 46, 59 f. Teleos). Es verstieße gegen dieses Gebot der Neutralität, wenn bei innergemeinschaftlichen Umsätzen eine einseitige und endgültige Belastung des Lieferanten entstünde, der von dem Steuerbetrug nicht weiß oder diesen nicht kennen musste. Denn bei innerstaatlichen Umsätzen wird der Lieferant in einem gleich gelagerten Sachverhalt nicht belastet. Die einseitige Belastung des Lieferanten würde zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung des innergemeinschaftlichen Umsatzes im Verhältnis zum innerstaatlichen Umsatz führen (Rn. 60 Teleos).

    Zusätzlich ist bei der Beantwortung der Frage, wie der Nachweis über das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung zu führen ist, die Grundfreiheit des Warenverkehrs zu beachten. Hierbei sind die Mitgliedstaaten aufgrund Art 22 Abs. 8 RL berechtigt, die erforderlichen Pflichten zur Vermeidung der Steuerhinterziehung und zu Sicherstellung der genauen Erhebung der Steuern festsetzen. Vom Lieferanten ist zu fordern, dass er alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu einer Steuerhinterziehung führt. Eine Lieferung i.S.d. Art. 5 RL liegt nicht vor, wenn der Steuerpflichtige selbst an der Hinterziehung beteiligt ist (Rn. 63 – 65 Teleos, Kittel und Recolta C-439/04 Rn. 51, 53; FTI C-384/04, Rn. 33; BFH-Urteil vom 19.04.2007 V R 48/04, DStR 2007, 1524, www.bundesfinanzhof.de, unter C. 2. a) der Gründe). Das Gericht versteht diese Äußerung des EuGH dahin, dass eine Regelung über den Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung zulässig ist, wenn darin die oben genannten Maßnahmen verlangt werden und die Maßnahmen objektiv geeignet sind, eine Steuerhinterziehung zu vermeiden.

    1.3.

    Die Bundesrepublik Deutschland hat von der Ermächtigung in Art. 28 c Teil A Buchst a 1. Unterabs. RL wie folgt Gebrauch gemacht:

    Nach § 6 a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6 a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Durch Rechtsverordnung wird bestimmt, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat (§ 6 a Abs. 3 Satz 2 UStG). Dazu ist in § 17 a Abs. 1 UStDV geregelt worden, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis). Welche Nachweise geführt werden sollen, ist in Abs. 2 hinsichtlich der Beförderung und in Abs. 4 hinsichtlich der Versendung im Einzelnen geregelt. § 17a UStDV überschreitet nicht die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage in § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG (BFH Urteil vom 12.05.2009 – V R 65/06).

    Der Belegnachweis kann noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachgeholt werden (EuGH C-146/05 – Collée, BFH-Urteil vom 30.03.2006 - V R 47/03, UR 2006, 397).

    Ferner bestimmt § 17 c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen muss; die Voraussetzungen müssen gemäß § 17 c Abs. 1 Satz 2 UStDV „eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen” sein (sog. Buchnachweis). Nach Abs. 2 dieser Regelung soll der Unternehmer unter anderem regelmäßig Folgendes aufzeichnen: den Namen und die Anschrift des Abnehmers und des Beauftragten des Abnehmers, den Tag der Lieferung, die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet, den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet (§ 17 c Abs. 2 Nr. 1, 2, 5, 8, 9 UStDV).

    Unter einem Buchnachweis ist nach der Rechtsprechung des BFH ein Nachweis durch Bücher oder Aufzeichnungen in Verbindung mit Belegen zu verstehen. Der Buchnachweis verlangt deshalb stets mehr als den bloßen Nachweis durch Aufzeichnungen oder Belege. Belege werden erst durch die entsprechenden und erforderlichen Hinweise und Bezugnahmen in den stets notwendigen Aufzeichnungen Bestandteil der Buchführung und damit des Buchnachweises, so dass beide eine Einheit bilden (Vorlagebeschluss vom 10.02.2005 zum Rechtsstreit Collée, V R 59/03 , BStBl II 2005, 537, m.w.N.)

    Der Buchnachweis muss bis zu dem Zeitpunkt geführt werden, in dem die Voranmeldung abzugeben ist. Er kann jedoch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ergänzt oder berichtigt werden (BFH Urteil vom 28.05.2009 – V R 23/08).

    Wird der Buchnachweis nicht rechtzeitig geführt, so kann die Lieferung gleichwohl steuerfrei sein, wenn die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG objektiv feststehen (BFH Urteil vom 28.05.2009 – V R 23/08).

    1.4.

    Der EuGH hat hinsichtlich der erforderlichen Nachweispflichten festgestellt, dass eine Regelung, die das Recht auf Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Wesentlichen von der Einhaltung formeller Pflichten abhängig macht, ohne die materiellen Anforderungen zu berücksichtigen und ohne in Betracht zu ziehen, ob diese erfüllt sind, über das hinausgeht, was erforderlich ist, um eine genaue Erhebung der Steuer zu berücksichtigen (Rn. 29 Collée). Die Umsätze sind nämlich anhand ihrer objektiven Merkmale zu besteuern. Diese ergeben sich aus Art. 28 a Abs. 1 a RL iVm. Art 28 c Teil A Buchst. a 1. Unterabs. RL und setzen lediglich voraus, dass ein Gegenstand von einem Unternehmer an einen im anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmer versandt oder befördert wird und der Gegenstand physisch in den anderen Mitgliedstaat gelangt. Sind die materiellen Anforderungen an eine innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt, so ist die Befreiung zu gewähren, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat. Anders verhält es sich freilich, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen gerade den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind. (Rn. 30-32 Collée).

    1.5.

    Die Bestimmungen der §§ 17 a und 17 c UStDV entsprechen den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben.

    Der BFH hat mit Urteil vom 08.11.2007 – V R 71/05 festgestellt, dass die als Soll-Vorschrift ausgestalteten Nachweispflichten des § 17 a UStDV mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind:

    Zwar führt das Fehlen der in § 17 a Abs. 2 UStDV aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung. Dies gilt jedoch nur, wenn die geforderten Nachweise durch andere Belege als erbracht anzusehen sind:

    Nach Art. 28 c Teil A erster Satz RL ist die Festlegung der Bedingungen in die Kompetenz der Mitgliedstaaten gestellt (BFH-Urteil vom 01.02.2007 - V R 41/04, BStBl. II 2007,1059). Die Entscheidung des EuGH C-146/04 Collée – verwarf diese Vorschriften der UStDV nicht; er hatte hierüber auch nicht zu entscheiden (Rn. 28 Collée). Aus den Ausführungen des EuGH ist vielmehr allgemein zu entnehmen, dass die Steuerbefreiung nicht wegen eines formellen Verstoßes gegen Aufzeichnungspflichten scheitern darf, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, es sei denn, gerade der Verstoß gegen die formellen Voraussetzungen verhindert den Nachweis der materiellen Anforderungen (Rn. 31 Collée).

    Zweck des § 17 a UStDV ist die Festlegung der Belegnachweisvoraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Die dort genannten Nachweise ermöglichen dem Lieferanten zu erkennen, welche Anforderungen an ihn gestellt werden. Sie dienen damit der Rechtssicherheit. Sie sind auch darauf ausgerichtet, der Finanzverwaltung die Überprüfung zu ermöglichen, ob die Waren tatsächlich den Ausgangsstaat physisch verlassen haben, da nicht nur die Benennung der Vertragsparteien und ihre Unternehmereigenschaft, sondern auch Nachweise über den Grenzübertritt erbringen sind, wie z.B. durch den Beleg über den Bestimmungsort (§ 17 a Abs. 2 Nr. 2 UStDV) oder die Belege nach § 10 UStDV (§ 17 a Abs. 4 UStDV). Aus diesem Grunde ist es notwendig, dass die in § 17 a Abs. 2 bzw. Abs. 4 UStDV genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Zwar sind § 17 a Abs. 2 und Abs. 4 jeweils eine Sollvorschrift; dies bedeutet jedoch nur, dass das Fehlen einer der aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung führt und der bezeichnete Nachweis auch durch andere Belege erbracht werden kann (s. a. BFH-Urteil vom 01.02.2007 - V R 41/04 unter 2.b) der Gründe; BFH-Urteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFH/NV 2007, 634 unter 2 c) der Gründe). Diese Auslegung des BFH entspricht auch den Vorgaben der EuGH-Entscheidungen Teleos und Collée. Denn Art 22 Abs. 8 RL bzw. Art. 28 c Teil A Buchst. a 1. Unterabs. RL gestatten den Mitgliedstaaten, den Steuerpflichtigen bei der Durchführung innergemeinschaftlicher Umsätze Pflichten aufzuerlegen, um die genaue Erhebung der Steuern sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden. Das Verlangen nach Nachweisen in der in § 17 a UStDV genannten Form verstößt hierbei weder gegen das Gebot der Neutralität, der Verhältnismäßigkeit oder das Recht auf freien Warenverkehr, weil sie Pflichten normieren, die für den Lieferanten vor der innergemeinschaftlichen Lieferung klar erkennbar sind und auch keine Verschlechterung gegenüber dem Zustand vor Schaffung des Binnenmarktes darstellen. Hinzu tritt, dass nach der Rechtsprechung des BFH der Nachweis auch durch „andere” geeignete Belege geführt werden kann. Dadurch ist sichergestellt, dass bei Vorliegen der materiellen Anforderungen die Steuerbefreiung nicht nur aus formellen Gründen scheitert.Die Belege gemäß § 17a UStDV müssen – ggf. i.V.m. anderen Unterlagen – die Identität des Ausstellers erkennen lassen. Die Belegnachweise unterliegen der Nachprüfung durch das Finanzamt und ggf. das Finanzgericht. Werden begründete Zweifel an der Richtigkeit der dort gemachten Angaben nicht ausgeräumt, so hat dies zur Folge, dass die Lieferung steuerpflichtig ist. Das Erfordernis der Erkennbarkeit des Namens und der Anschrift des Ausstellers des Belegs ergibt sich daraus, dass die Richtigkeit seiner Angaben durch eine Anfrage bei ihm überprüfbar sein muss (BFH Urteile vom 12.05.2009 – V R 65/06 und vom 23.04.2009 – V R 84/07).

    Allerdings gehört die Vollmacht des Abholers nicht zu den in § 17a UStDV geforderten Belegen. Fehlt sie, kann also nicht allein deshalb die Lieferung als steuerpflichtig behandelt werden. Bestehen jedoch Zweifel an der Abholberechtigung, so muss der Unternehmer diese ausräumen oder nachweisen, dass der gelieferte Gegenstand tatsächlich physisch in den anderen Mitgliedsstaat verbracht worden ist (BFH Urteil vom 12.05.2009 – V R 65/06 und vom 23.04.2009 – V R 84/07).

    Ein CMR-Frachtbrief ist auch dann als Versendungsbeleg anzuerkennen, wenn die Empfängerbestätigung in Feld 24 nicht ausgefüllt ist. Auch hier gilt allerdings, dass bei begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben im Frachtbrief die Lieferung nur dann steuerfrei ist, wenn der Unternehmer diese Zweifel ausräumt oder objektiv feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen (BFH Urteil vom 12.05.2009 – V R 65/06).

    1.6.

    Hieraus folgt:

    Sind Buch- und Belegnachweise vollständig erbracht, ist grundsätzlich von der Steuerfreiheit der Lieferung auszugehen.

    Bestehen allerdings begründete Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der darin gemachten Angaben, so muss der Unternehmer diese Zweifel nach den allgemeinen Beweisregeln ausräumen. Gelingt dies nicht, so ist die Lieferung grundsätzlich als steuerpflichtig zu behandeln.

    Das Gleiche gilt, wenn Buch- und Belegnachweise unvollständig sind.

    Steht trotz der Unvollständigkeit der Nachweise oder Zweifeln an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben fest, dass der gelieferte Gegenstand tatsächlich an den Abnehmer in dem anderen Staat im Gemeinschaftsgebiet gelangt ist, dann ist die Lieferung trotz der Mängel des Nachweises steuerfrei. Dass der Abnehmer die Erwerbsbesteuerung durchgeführt hat, ist nicht Voraussetzung für die Steuerfreiheit.

    Kann der Nachweis der tatsächlichen physischen Verbringung ins übrige Gemeinschaftsgebiet nicht erbracht werden, so kann die Lieferung unter den Voraussetzungen des § 6a Abs. 4 UStG gleichwohl als steuerfrei behandelt werden, wenn der Unternehmer die Buch- und Belegnachweise vollständig erbracht hat und die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (Gutglaubensschutz).

    2.

    Nach diesen Grundsätzen ist der Klage stattzugeben.

    2.1.

    Die Buch- und Belegnachweise (§§ 17a und 17c UStDV) liegen vor.

    2.1.1.

    Die Vollmacht für den Abholer ist nicht Bestandteil der Belegnachweise (BFH, Beschluss vom 3. Mai 2010 XI B 51/09, BFH/NV 2010, 1872).

    Gleichwohl ist aufgrund der Vollmacht der Frau P. R. anzunehmen, dass F als deren Vertreter gehandelt hat. Somit ist die Firma C Vertragspartner des Klägers.

    Soweit der Beklagte moniert, dass die Unterschrift nicht mit der des Personalausweises identisch sei, kann das Gericht dem nicht folgen. Die Unterschriften weichen nicht so signifikant ab, dass der Verdacht, es handele sich um eine andere Person, aufkommen müsste. Im Gegenteil ist bei laienhafter Betrachtung eher von Übereinstimmung auszugehen (insbesondere aufgrund der Übereinstimmung beim „x” und beim „R”). Zudem kann von einem Unternehmer nicht mehr als eine laienhafte Prüfung der Unterschriften verlangt werden, so dass eine Abweichung schon ins Auge springen muss, um Zweifel zu wecken.

    Zwar bestehen im Streitfall Zweifel, ob Frau P. R. der deutschen Sprache so weit mächtig war, um den Inhalt der – in schlechtem Deutsch wohl von Herrn F selbst verfassten – Vollmacht zu verstehen. Doch auch wenn der Klägerin sich diese Zweifel auch aufdrängen mussten, kann dies nicht dazu führen, dass die Buch- und Belegnachweise als nicht erbracht anzusehen sind, da die Vollmacht ja gerade nicht Bestandteil derselben ist. Außerdem erklärt sich die Abfassung in Deutsch dadurch, dass die Finanzverwaltung Dokumente in deutscher Sprache fordert. Die Klägerin durfte auch darauf vertrauen, dass Herr F ggf. Frau P. R. den Inhalt des zu unterschreibenden Dokuments mündlich erläuterte.

    Der Unternehmer muss grundsätzlich nicht prüfen, ob der ausländische Vollmachtgeber den Inhalt einer in Deutsch verfassten Vollmacht verstanden hat. Vielmehr kann der Unternehmer erwarten, dass ein ausländischer Unternehmer, der mit deutschen Unternehmern Geschäfte macht, sich selbst vergewissert, was für Dokumente er unterschreibt.

    Zu dem Ergebnis, dass der Unternehmer, dessen USt-Id.Nr. verwendet wurde, Vertragspartner und damit Abnehmer der Fahrzeuge ist, kommt in einem vergleichbaren Fall auch das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil v. 20.05.2010 – 12 K 247/06, EFG 2010, S. 1537).

    Das Gericht geht davon aus, dass die nicht leserlichen identischen Unterschriften auf der Rechnung und dem Verbringungsnachweis von Herrn F stammen. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin, dass Herr F persönlich bei der Abholung der Fahrzeuge anwesend war und die Unterschriften im Beisein der Klägerin geleistet hat, ist glaubhaft. Die Identität des Herrn F ist im Übrigen auch nicht streitig. Die Klägerin war nach der Einsicht in den Personalausweis nicht verpflichtet, eine Kopie des Ausweises des Herrn F zu seinen Unterlagen zu nehmen, auch wenn dies in ihrem eigenen Interesse wohl zweckmäßig gewesen wäre.

    2.1.2.

    Die Klägerin hat auch nicht im Hinblick auf die qualifizierte Abfrage, die eine Abweichung bei der Rechtsform ergeben hat, ihre Sorgfaltspflichten verletzt. Sie hat vielmehr sich einen Auszug aus dem Register der italienischen Handelskammer vorlegen lassen, aus dem sich ergibt, dass es sich bei der Firma C um ein Einzelunternehmen handelt (Bl. 29 Prüfer-Handakte). Nachdem damit klar war, dass es sich um ein existierendes Unternehmen handelte, war sie zu weiteren Nachforschungen nicht verpflichtet.

    2.1.3.

    Das Gericht sieht entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung den Belegnachweis auch nicht aufgrund dessen, dass im Verbringungsnachweis nicht der Bestimmungsort im Sinne der Gemeinde, sondern lediglich „Italien” genannt ist, als nicht erbracht an.

    Das BMF-Schreiben vom 05.05.2010 (Rz. 27) führt hierzu aus:

    „Der Begriff „Bestimmungsort” in § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV ist dahingehend zu verstehen, dass aus den Belegen der jeweilige EU-Mitgliedstaat, in den der gelieferte Gegenstand befördert werden soll oder befördert wird, und der dort belegene Bestimmungsort des Liefergegenstands (z. B. Stadt, Gemeinde) hervorgehen. Eine Angabe wie z. B. „Aus Deutschland ausgeführt und nach Österreich verbracht” ist unzureichend, wenn der Bestimmungsort in dem anderen Mitgliedstaat nicht genannt ist.”

    Soweit das BMF-Schreiben vom 05.05.2010 die Angabe des Bestimmungsorts im Verbringungsnachweis verlangt, wird dies zu Recht kritisiert (z.B. Prätzler in JurisPR 29/2010), da dieses Erfordernis mit den Bedürfnissen der Geschäftsleute bei Reihengeschäften nicht vereinbar ist. Ansonsten würde der Abnehmer so verfahren, dass er im Verbringungsnachweis einen anderen Bestimmungsort als den tatsächlichen einträgt, da der Verkäufer diesen ja nicht erfahren soll. Dann würde in jedem Fall einer falschen Eintragung der Buch- und Belegnachweis verneint und der Verkäufer könnte allenfalls aufgrund Vertrauensschutz seine Steuerfreiheit retten.

    Soweit die Finanzverwaltung weiterhin der Auffassung ist, dass die bloße Angabe des Bestimmungslandes nicht ausreichend ist, sondern mindestens der Ort (z.B. Stadt, Gemeinde) aufgezeichnet werden soll (vgl. Rn. 27 des BMF-Schreibens 05.05.2010), vermag das Gericht dem nicht zu folgen, da gerade im Fall von Reihengeschäften dies unmöglich ist (siehe hierzu z.B. Prätzler, Anmerkung zum BMF-Schreiben vom 05.05.2010 in JurisPR Steuerrecht 29/2010 vom 19.07.2010). Dass im Streitfall keine Hinweise auf das Vorliegen eines Reihengeschäfts vorhanden sind, kann in diesem Zusammenhang nicht entscheidend sein, da der Lieferer regelmäßig nicht wissen soll, ob es sich um ein Reihengeschäft handelt oder nicht.

    § 17a UStDV verlangt die Angabe des Bestimmungsorts ausdrücklich nur in Abs. 2 Nr. 2, nicht jedoch Nr. 4, welche die Angaben im Verbringungsnachweis regelt. Dort wird nur die Versicherung des Abnehmers, den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu verbringen, verlangt.

    Auch das BMF-Schreiben vom 05.05.2010 nimmt nur Bezug auf § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV, obwohl der Verbringungsnachweis in Nr. 4 geregelt ist.

    Auch dem FG Baden-Württemberg (Urteil vom 20.05.2010 a.a.O.) genügt es in diesem Zusammenhang, dass sich der Bestimmungsort aus der in der Rechnung angegebenen Adresse des Abnehmers ergibt (unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 08.11.2007 – V R 72/05).

    2.2.

    Dass es sich bei der Firma C, die Vertragspartner der Klägerin ist, möglicherweise um ein wirtschaftlich inaktives Unternehmen handelt, bedeutet noch nicht, dass sie auch umsatzsteuerlich nicht als Unternehmer anzusehen ist. Allein aufgrund der Umsätze mit der Klägerin und Herrn E. (6 K 1644/08) ist sie bereits als Steuerpflichtiger i.S. des Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL anzusehen.Da die Firma C und nicht Herr F Vertragspartner der Klägerin war, spielt es keine Rolle, dass Herr F auch in Deutschland als Unternehmer tätig war. Herr F war nicht in seiner Eigenschaft als deutscher Unternehmer Abnehmer der Fahrzeuge, sondern hat ausschließlich als Bevollmächtigter des italienischen Abnehmers C unter Verwendung von dessen italienischer USt-Id.Nr. gehandelt.

    2.3.

    Im Streitfall bestehen allerdings Zweifel daran, dass die Fahrzeuge tatsächlich nach Italien verbracht wurden.

    Nach den Feststellungen der Finanzverwaltung handelt es sich bei Herrn F um einen Betrüger, der unter dem Namen der Firma C eigene Geschäfte betrieben hat. Herr F hat zudem auch ein Unternehmen in Deutschland. Auch aus diesem Grund bestehen Zweifel daran, dass die Fahrzeuge tatsächlich nach Italien verbracht wurden. Zudem war zumindest eines der zeitgleich von Herrn E. an die Firma C verkauften Fahrzeuge im Zeitpunkt des Verkaufs in Deutschland zugelassen und ist für einen danach liegenden Zeitraum befristet vorübergehend stillgelegt worden (Verfahren 6 K 1644/08, dort Bl. 52 Prüfer-Handakte). Ein weiteres Fahrzeug hatte am 24.11.2005 eine Tageszulassung und ein für die Ausfuhr in ein Drittland verwendetes Kennzeichen (Verfahren 6 K 1644/08, dort Bl. 53 Prüfer-Handakte). Die übrigen Fahrzeuge wurden nicht in Deutschland zugelassen (Verfahren 6 K 1644/08, dort Bl. 45 – 51 und Bl. 54 – 57 Prüfer-Handakte); das gleiche gilt für die von der Klägerin verkauften Fahrzeuge.

    Da zumindest bei einem im Zuge der gemeinsam mit Herrn E. vorgenommenen Geschäfte verkauften Fahrzeug (Verfahren 6 K 1644/08, dort Bl. 52 Prüfer-Handakte) erhebliche Zweifel an der Verbringung nach Italien bestehen, ist der Wahrheitsgehalt der Erklärung des Herrn F, die Fahrzeuge nach Italien zu verbringen, insgesamt zweifelhaft.

    2.4.

    Die physische Verbringung nach Italien ist im Streitfall nicht erwiesen (im Unterschied zu dem dem Urteil des FG Baden-Württemberg v. 20.05.2010 zugrunde liegenden Fall; dort hatte dem FG die Empfangsbestätigung zum Nachweis der physischen Verbringung genügt). Im Streitfall liegt zwar eine Empfangsbestätigung vor (Bl. 34 Prüfer-Handakte), die allerdings aufgrund der Versicherung, die Fahrzeuge nach Italien zu verbringen darauf schließen lässt, dass die Übergabe in Deutschland erfolgte; dies entspricht auch den unstreitigen Sachverhaltsfeststellungen. Die Empfangsbestätigung genügt im Streitfall somit nicht zum Nachweis der Verbringung nach Italien. Weitere Nachweise liegen nicht vor.

    2.5.

    Auf die tatsächliche Verbringung in das übrige Gemeinschaftsgebiet kommt es für die Steuerfreiheit aber dann nicht an, wenn die Klägerin Vertrauensschutz (§ 6a Abs. 4 UStG) genießt.

    Dies ist zu bejahen.

    Die Buch- und Belegnachweise sind vollständig (siehe Ziffer 2.1.).

    Die Klägerin konnte – wenn dem tatsächlich so gewesen sein sollte – nicht erkennen, dass Herr F tatsächlich nicht als Vertreter der Firma C, sondern selbst als Unternehmer – und zwar möglicherweise als inländischer – gehandelt hat.

    Da an der Identität des Herrn F keine Zweifel bestanden, war dessen Ausweiskopie nicht erforderlich. Wäre diese in den Unterlagen gewesen, hätte sich am Sachverhalt nichts geändert.

    Die Klägerin konnte auch nicht erkennen, ob die Versicherung, die Fahrzeuge nach Italien zu verbringen, unwahr war.

    Die Klägerin hat keine Sorgfaltspflichten verletzt.

    Aus dem Umstand, dass es sich um einen Barverkauf handelte, folgt nicht, dass die Klägerin über die qualifizierte Abfrage hinaus Erkundigungen über die Unternehmereigenschaft seines Vertragspartners einholen muss. Dies würde die Anforderungen an den Unternehmer überspannen. Zu berücksichtigen ist auch, dass bei Auslandsverkäufen von Fahrzeugen die Abwicklung in bar oft die einzig praktikable Methode ist, um beide Seiten abzusichern und dass deshalb Barverkäufe auch bei hochpreisigen Fahrzeugen üblich sind. Es kann nicht Aufgabe des Unternehmers sein, festzustellen, ob es sich bei seinem Vertragspartner möglicherweise um eine Scheinfirma oder einen „missing trader” handelt, wenn dafür keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich sind.

    Die Abweichung der qualifizierten Abfrage bei der Rechtsform erfordert möglicherweise weitere Nachforschungen, die die Klägerin auch vorgenommen hat.

    2.5.

    Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Klägerin von dem Steuerbetrug des Abnehmers wusste oder gar an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung mitgewirkt hat (vgl. Vorlagebeschluss des BGH an den EuGH vom 07.07.2009 - 1 StR 41/09).

    Vielmehr aus der Sicht der Klägerin Lieferung im Rahmen eines normalen Handelsgeschäfts und nicht zu dem Zweck, missbräuchlich in den Genuss von gemeinschaftsrechtlich nicht vorgesehenen Steuervorteilen zu kommen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten, sofern nicht der Kläger in gleicher Höhe Sicherheit leistet (§ 711 ZPO i.V.m. § 155 FGO).

    Die Revision wurde im Hinblick darauf zugelassen, ob die Angabe „Italien” in der Versicherung des Abnehmers gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV, den Gegenstand in das übrigen Gemeinschaftsgebiet zu befördern, ausreichend ist oder ob – wie die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 05.05.2010 fordert – der Sitz des Abnehmers anzugeben ist. Diese Frage ist für eine Vielzahl von Fällen relevant und bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt.

    Anmerkung

    Revision eingelegt (BFH XI R 42/10)

    VorschriftenUStG § 6a Abs. 1; UStG § 6a Abs. 4, UStDV § 17a; UStDV § 17c