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  • 07.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121405

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 28.03.2012 – 11 K 2817/11 E


    Tenor:

    Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom 2. Mai 2011 sowie der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011 wird die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von noch 97.731 EUR niedriger festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Einkommensteuerfestsetzung zu errechnen, den Klägern das Ergebnis dieser Berechnung mitzuteilen und den entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben.
    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
    Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
    Tatbestand:
    Die Beteiligten streiten über die Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der Nutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten PKW, insbesondere über die Berücksichtigung von Eigenleistungen des Klägers.
    Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Streitjahr stellte ihm sein Arbeitgeber einen geleasten PKW zur Verfügung, und zwar auch für private Fahrten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Der Kläger hatte allerdings eine Zuzahlung in Höhe von jährlich 2.038,68 EUR zu den Leasingraten zu leisten. Die Ermittlung des geldwerten Vorteils erfolgte für Zwecke des Lohnsteuerabzugs zunächst nach der sog. 1%-Regelung. Versteuert wurde ein Vorteil in Höhe von 16.785,00 EUR. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ermittelte der Kläger den geldwerten Vorteil nach der sog. Fahrtenbuchmethode:
    EUR
    Leasing-Rate mtl. brutto 878,39 EUR 10.540,68
    KfZ Steuer 416,00
    Versicherung 500,00
    Reparaturen 906,41
    Kraftstoff 4.053,53
    Gesamtkosten 16.416,62
    Kosten pro Km 0,40 EUR
    EUR
    Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte 16.484 km á 0,40 EUR 6.593,60
    Privatfahrten lt. Fahrtenbuch 917 km á 0,40 EUR 366,80
    Abzgl. Eigenanteil PKW Kosten 12x169,89 EUR 2.038,68
    Zu versteuernder Anteil 4.921,72
    Bisher versteuert 16.785,00
    Differenz 11.863,28
    Zwar ermittelte auch der Beklagte den geldwerten Vorteil unter Anwendung der sog. Fahrtenbuchmethode. Dabei gelangte er allerdings zu niedrigeren Fahrzeugkosten, da er die von dem Kläger selbst getragenen Kosten in Abzug brachte. Der Beklagte ermittelte den geldwerten Vorteil des Klägers wie folgt:
    EUR
    Leasing-Rate mtl. brutto 878,39 EUR 10.540,68
    KfZ Steuer 416,00
    Versicherung 500,00
    Reparaturen 906,41
    Kraftstoff 4.053,53
    Gesamtkosten 16.416,62
    Abzüglich Zuzahlung Kläger 2.038,68
    Summe 14.377,94
    Kosten pro Km 0,35 EUR
    EUR
    Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte 16.484 km á 0,35 EUR 5.769,40
    Privatfahrten lt. Fahrtenbuch 917 km á 0,35 EUR 320,95
    Zu versteuernder Anteil 6.090,35
    Bisher versteuert 16.785,00
    Differenz 10.694,65
    und setzte die Einkommensteuer 2009 unter Berücksichtigung eines entsprechenden Nutzungsvorteils ausgehend von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von ...... EUR mit Bescheid vom 2. Mai 2011 fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Kläger blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011).
    Zur Begründung ihrer Klage verweisen die Kläger auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (z.B. Urteil vom 18. Oktober 2007 VI R 57/06 –BStBl. II 2009, 199–). Hiernach könnten zwar individuelle Kosten des Arbeitnehmers bei der typisierenden Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der sog. 1%-Regelung nicht berücksichtigt werden. Dies gelte allerdings nicht, wenn – wie im Streitfall – der geldwerte Vorteil nach Maßgabe der sog. Fahrtenbuchmethode ermittelt werde.
    Die Kläger beantragen sinngemäß,
    unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom 2. Mai 2011 und der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von um 1.169,00 EUR geminderten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von noch ...... EUR niedriger festzusetzen,
    hilfsweise,
    die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er ist der Auffassung, dass die Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 18. Oktober 2007 über den Einzelfall hinaus nicht anwendbar sei (BMF IV C 5-S 2334/08/10003,2009/0046712 vom 6. Februar 2009, BStBl. I 2009, 412). Die von dem Arbeitnehmer getragenen Kosten seien nicht in die Gesamtkosten einzubeziehen, weil der Arbeitnehmer in Höhe dieser Kosten nicht bereichert worden sei. Die selbst getragenen Kosten erhöhten daher nicht den individuell ermittelten geldwerten Vorteil.
    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe:
    Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
    Die Klage ist begründet. Die streitige Einkommensteuerfestsetzung verletzt die Kläger in ihren Rechten, denn der Beklagte hat die Höhe des geldwerten Vorteils aus der PKW-Nutzung unzutreffend ermittelt.
    Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören auch Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung. Der hieraus resultierende Vorteil ist nach § 8 Abs. 2 Satz 2 ff. EStG entweder pauschal nach der sog. 1 %-Regelung oder individuell nach der sog. Fahrtenbuchmethode zu bewerten (vgl. z.B. BFH vom 7. November 2006 VI R 95/04, BStBl. II 2007, 269 m.w.N.). Nach der Fahrtenbuchmethode kann der Vorteil mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG).
    Im Streitfall ist der Vorteil aus der Fahrzeugüberlassung nach der sog. Fahrtenbuchmethode zu ermitteln. Der Kläger hat – hierüber besteht auch zwischen den Beteiligten kein Streit – ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt und die durch das Fahrzeug entstandenen Aufwendungen nachgewiesen.
    Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die Ermittlung nach der Fahrtenbuchmethode im Streitfall jedoch zu Fahrzeugkosten pro Kilometer in Höhe von 0,40 EUR, denn der Eigenanteil des Klägers mindert die Fahrzeugkosten nicht.
    Wie sich aus der Formulierung "die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen" in § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ergibt, gehen bei der Fahrtenbuchmethode in die Vorteilsermittlung auch solche Kraftfahrzeugkosten ein, die nicht der Arbeitgeber getragen hat. Damit bleiben Zuzahlungen des Arbeitnehmers bei der Ermittlung der Kosten pro gefahrenem Kilometer außer Ansatz. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes an (BFH Urteil vom 18. Oktober 2007 VI R 57/06, BStBl. II 2009, 199).
    Die dem entgegenstehende Auffassung der Finanzverwaltung übersieht den klaren Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG, der verdeutlicht, dass im Rahmen der individuellen Ermittlung des Nutzungsvorteils nach Maßgabe der Fahrtenbuchmethode allein auf die durch das Kraftfahrzeug entstehenden Aufwendungen abzustellen ist, und zwar unabhängig davon, wer diese trägt.
    Folgerichtig hat der Kläger die von ihm selbst getragenen Kraftfahrzeugkosten, d.h. die Zuzahlungen zu den Leasingkosten, bei der Ermittlung der Fahrzeugkosten nicht berücksichtigt und die Kosten pro gefahrenem Kilometer mit 0,40 EUR ermittelt.
    Die Zuzahlungen des Klägers zu den Leasingkosten sind – auch insoweit folgt der Senat der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – Aufwendungen zur Erwerbung des Nutzungsvorteils i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG (vgl. BFH in BStBl. II 2009, 199).
    Somit hat der Kläger diese Aufwendungen zutreffend von dem gem. § 8 Abs. 2 EStG ermittelten Vorteil in Höhe von 6.960,40 EUR in Abzug gebracht. Die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit waren daher antragsgemäß um 1.168,30 EUR (gerundet: 1.169,00 EUR) niedriger und damit lediglich in Höhe von ...... EUR bei der Festsetzung der Einkommensteuer zu berücksichtigen.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 151 Abs. 3, § 155 FGO, § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.
    Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 115 FGO waren nicht ersichtlich.