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  • 17.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130163

    Landgericht Bonn: Urteil vom 05.06.2012 – 18 O 314/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Bonn

    18 O 314/11

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

    Tatbestand

    Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines im Rahmen einer Internetauktion etwaig geschlossenen Kaufvertrags über einen gebrauchten Pkw.

    Der Beklagte stellte am 11.01.2011 einen gebrauchten Pkw B, Modell „# Sportback“, zu einem Startpreis von € 1,00 auf der Auktionsplattform der eBay AG (nachfolgend „eBay“) zur Internetauktion ein. Die Auktionslaufzeit betrug fünf Tage. In der Artikelbeschreibung des Beklagten (Anlage K 1, Bl. # d.A.) hieß es unter anderem:

    „Der Wagen wurde laut Vorbesitzer am Dach und an der Motorhaube wegen einem Hagelschaden nachlackiert, ein Unfall ist mir nicht bekannt.“

    Weitere Hinweise auf eine Nachlackierung des Fahrzeugs enthielt die Artikelbeschreibung nicht. Abweichend von der Beschreibung waren jedoch auch die linke hintere Seitentür, Teile der Kotflügel, Teile der linken Seitenwand sowie Teile der rechten vorderen Tür des streitgegenständlichen Fahrzeugs nachlackiert. Die linke hintere Seitentür wies infolgedessen links neben dem Türgriff eine Lackunregelmäßigkeit, eine so genannte Orangenhaut, auf. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagte bei Angebotseinstellung Kenntnis von der Orangenhaut sowie der Nachlackierung an den vorgenannten Teilen hatte.

    In § 10 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay (nachfolgend „eBay -AGB“) hieß es:

    „Stellt ein Anbieter auf der eBay-Website einen Artikel im Angebotsformat Auktion ein, gibt er ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrags über diesen Artikel ab. Dabei bestimmt der Anbieter einen Startpreis und eine Frist (Angebotsdauer), binnen derer das Angebot per Gebot angenommen werden kann. Der Bieter nimmt das Angebot durch Abgabe eines Gebots über die Bieten-Funktion an. Das Gebot erlischt, wenn ein anderer Bieter während der Angebotsdauer ein höheres Gebot abgibt. Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikel zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen. Nach einer berechtigten Gebotsrücknahme kommt zwischen dem Mitglied, das nach Ablauf der Auktion aufgrund der Gebotsrücknahme wieder Höchstbietender ist und dem Anbieter kein Vertrag zustande.“

    Auf der Website von eBay (Anlage B 3, Bl. ## d.A.) hieß es ferner:

    „Es kann vorkommen, dass Sie ein Angebot vorzeitig beenden müssen; z.B. wenn Sie feststellen, dass der zu verkaufende Artikel nicht funktioniert oder ein Teil fehlt. […]

    Gründe für die vorzeitige Beendigung eines Angebots

    Wenn Sie ein Angebot vorzeitig beenden oder kurz vor dessen Ende Änderungen vornehmen, werden Käufer möglicherweise enttäuscht. Manchmal gibt es jedoch einen triftigen Grund dafür, ein Angebot vorzeitig zu beenden.

    Grund

    Der Artikel ist verloren gegangen, beschädigt oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar.

    Vorgehensweise

    Sobald Sie ein Problem feststellen, sollten Sie versuchen, das Angebot zu beenden.

    […]

    Voraussetzungen

    […]

    Angebot läuft noch länger als 12 Stunden

    Wenn das Angebot noch 12 Stunden oder länger läuft, können Sie es ohne Einschränkungen vorzeitig beenden. Wenn zum Zeitpunkt der Beendung des Angebots Gebote für den Artikel vorliegen, werden Sie gefragt, ob Sie die Gebote streichen oder den Artikel an den Höchstbietenden verkaufen möchten. […]“

    Der Kläger gab am 11.01.2011 um 22.39 Uhr ein Gebot in Höhe von € 8.000,00 in Hinblick auf das Angebot des Beklagten ab. Der Beklagte beendete sein Angebot sodann vorzeitig am 12.01.2011 um 11:03 Uhr. Er ließ die bereits abgegebenen Gebote streichen. Das Gebot des Klägers überstieg in diesem Zeitpunkt die übrigen in Hinblick auf das Angebot des Beklagten abgegebenen Gebote.

    Mit elektronischer Nachricht vom 04.02.2011 (Anlage K 7, Bl. ## d.A.) forderte der Kläger den Beklagten auf, ihm innerhalb von 14 Tagen einen Termin zur Aushändigung des Fahrzeugbriefs und Übergabe des Fahrzeugs gegen Zahlung zu nennen. Mit elektronischer Nachricht vom 05.02.2011 (Anlage K 12, Bl. ## d.A.) teilte der Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass er den Wagen gegen einen Baum gefahren habe und kein Kaufvertrag zustande gekommen sei.

    Mit Anwaltsschreiben vom 03.03.2011 (Anlage K 8, Bl. ## d.A.) forderte der Kläger den Beklagten anschließend letztmalig unter Fristsetzung bis zum 16.03.2011 auf, das Fahrzeug zu übergeben. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach.

    Der Kläger ist der Ansicht, dass zwischen ihm und dem Beklagten ein Kaufvertrag über den Pkw B zustande gekommen sei. Er behauptet, dass der Kaufpreis für das Fahrzeug im Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung des Angebots durch den Beklagten aufgrund des automatischen Bietersystems von eBay € 3.466,00 betragen habe, da sich das zweithöchste Gebot in diesem Zeitpunkt auf € 3.456,00 belaufen habe. Ferner behauptet er, dass für ein vergleichbares Fahrzeug auf dem freien Markt mindestens ein Betrag in Höhe von € 16.000,00 zu zahlen sei. Mithin belaufe sich sein Schaden auf € 16.000,00 abzüglich des Kaufpreises in Höhe von € 3.466,00, also im Ergebnis auf € 12.534,00.

    Der Kläger beantragt,

    1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 12.534,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

    2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn vorprozessual entstandene Anwaltskosten in Höhe von € 837,52 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er ist der Ansicht, dass er zu der vorzeitigen Beendigung seines Angebots berechtigt gewesen sei und zwischen ihm und dem Kläger kein Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug zustande gekommen sei. Der Beklagte behauptet, dass ihm im Zeitpunkt der Angebotseinstellung nicht bekannt gewesen sei, dass auch die linke hintere Seitentür, Teile der Kotflügel, Teile der linken Seitenwand sowie Teile der rechten vorderen Tür nachlackiert gewesen seien. Er habe das streitgegenständliche Fahrzeug am Morgen des 12.01.2011 bei sich zuhause zum ersten Mal per Hand gewaschen. Dabei sei ihm erstmals die Orangenhaut an der linken hinteren Seitentür aufgefallen, die mit bloßem Auge kaum zu erkennen gewesen sei. Daraufhin habe er sofort den Zeugen C zu Rate gezogen, der sein Nachbar und Kfz-Lackierer sei. Der Zeuge C habe ihm gegenüber nach einer Besichtigung des Fahrzeugs angegeben, dass die linke hintere Seitentür nachlackiert worden sei und dies darauf hindeute, dass es sich um einen Unfallwagen handele. Der Beklagte behauptet, dass er daraufhin sogleich die Internetauktion bei eBay beendet habe. Von diesen Ereignissen habe er seinem nebenan wohnenden Schwiegervater, dem Zeugen K, noch am selben Tag berichtet, als dieser gegen 16:00 Uhr von der Arbeit nach Hause gekommen sei.

    Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll über die mündlichen Verhandlungen am 24.02.2012 (Bl. ## ff. d.A.) und 08.05.2012 (Bl. ### ff. d.A.) verwiesen. Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss vom 09.03.2012 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C und K. Insoweit wird ebenfalls auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 08.05.2012 verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung von € 12.534,00 ist nicht ersichtlich.

    Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB oder, soweit es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um einen Unfallwagen handeln sollte, aus § 311a Abs. 2 BGB. Es fehlt an einem Schuldverhältnis zwischen den Parteien.

    Zwischen den Parteien ist kein Kaufvertrag über den Pkw B gem. §§ 145 ff. BGB zustande gekommen. Der Beklagte war gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay -AGB zur Rücknahme seines Angebots und Streichung der Gebote berechtigt.

    Ein Kaufvertrag kommt im Rahmen einer bei eBay durchgeführten Internetauktion durch Willenserklärungen der Parteien – Angebot und Annahme – gem. §§ 145 ff. BGB zustande. Dabei richtet sich der Erklärungsinhalt der Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) auch nach den Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen die Parteien vor der Teilnahme an der Internetauktion zugestimmt haben (BGH, Urt. v. 8.6.2011 – VIII ZR 305/10, Rz. 15).

    Indem der Beklagte am 11.01.2011 den gebrauchten Pkw B zu einem Startpreis von € 1,00 auf der Auktionsplattform von ebay zur Internetauktion einstellte, gab er ein verbindliches Verkaufsangebot ab, das sich an denjenigen richtete, der innerhalb der auf fünf Tage angesetzten Auktionslaufzeit das höchste Angebot abgibt (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.2011 – VIII ZR 305/10, Rz. 16). Wegen der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB ist das Verkaufsangebot des Beklagten aus Sicht der an der Auktion teilnehmenden Bieter (§§ 133, 157 BGB) allerdings dahin zu verstehen, dass es unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme steht (BGH, Urt. v. 8.6.2011 – VIII ZR 305/10, Rz. 17; AG Nürtingen, Urt. v. 16.1.2012 – 11 C 1881/11). Denn § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB räumt dem Anbietenden unter der dort genannten Voraussetzung das Recht ein, sein Angebot vor Ablauf der festgesetzten Auktionszeit zurückzunehmen. Ferner regelt § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB, dass bei einer berechtigten Angebotsrücknahme kein Vertrag zustande kommt. Die Abgabe eines Verkaufsangebots unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme verstößt auch nicht gegen die Grundsätze über die Bindungswirkung eines Angebots (§§ 145, 148 BGB), da der Antragende gemäß § 145 BGB die Bindungswirkung seines Angebots ausschließen kann. Auch kann der Antragende die Bindungswirkung seines Angebots einschränken, indem er sich den Widerruf vorbehält (BGH, Urt. v. 8.6.2011 – VIII ZR 305/10, Rz. 17; AG Nürtingen, Urt. v. 16.1.2012 – 11 C 1881/11).

    Der Beklagte war gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB dazu berechtigt, sein Verkaufsangebot vor Ablauf der Auktionszeit zurückzunehmen mit der Folge, dass aufgrund der berechtigten Angebotsrücknahme ein Kaufvertrag mit dem Kläger als dem im Zeitpunkt der Auktionsbeendigung Höchstbietenden nicht zustande gekommen ist. Denn es steht aufgrund der persönlichen Anhörung des Beklagten sowie der Vernehmung der Zeugen C und K fest, dass der Beklagte die Orangenhaut an der linken hinteren Seitentür links neben dem Türgriff ohne Verschulden erstmals am 12.01.2011, d.h. einen Tag, nachdem er sein Verkaufsangebot abgegeben hatte, bemerkte. Weiterhin steht fest, dass der Beklagte ohne Verschulden erst infolgedessen feststellte, dass die linke hintere Seitentür, Teile der Kotflügel, Teile der linken Seitenwand sowie Teile der rechten vorderen Tür des streitgegenständlichen Fahrzeugs nachlackiert waren. Im Einzelnen:

    Der Beklagte hat nachgewiesen, dass die Orangenhaut an der linken hinteren Seitentür links neben dem Türgriff nur schwer erkennbar war. Zwar sind die Lackunregelmäßigkeiten auf dem zweiten der als Anlage B 1 eingereichten Fotos (Bl. ## d.A.) sichtbar. Bei diesem Foto handelt es sich jedoch um eine Nahaufnahme von dem Bereich links neben dem Türgriff.

    Der Zeuge C, der nach eigenen Angaben von Beruf Kfz-Lackierer ist, hat ausgesagt, dass er die Orangenhaut als Fachmann habe sehen können. Ferner habe er von einem bestimmten Winkel aus eine Lackgrenze sehen können, weil die Nachlackierung schlecht ausgeführt gewesen sei. Nach der Aussage des Zeugen C konnte ein normaler Autonutzer die Orangenhaut jedoch nicht sehen. Die Aussage des Zeugen C ist insgesamt glaubhaft, da sie widerspruchsfrei und plausibel ist. Ferner hat der Zeuge C im Rahmen seiner Aussage viele Details geschildert. So erwähnte er beispielsweise, dass seine Ehefrau ebenfalls zuhause war, als der Beklagte bei ihm klingelte. Zugleich gab er Erinnerungslücken an. Beispielsweise hat der Zeuge C nicht sagen können, an welchem Tag genau der Beklagte zu ihm kam und ihn bat, sich das streitgegenständliche Fahrzeug anzusehen.

    Zudem hat der Zeuge K ausgesagt, dass der Beklagte ihn mit der Nase auf die fragliche Stelle habe stoßen müssen, als sie sich am Nachmittag gemeinsam das streitgegenständliche Fahrzeug angesehen haben. Die Aussage des Zeugen K ist ebenfalls glaubhaft. Er hat das Gespräch, welches er mit dem Beklagten anlässlich der festgestellten Nachlackierungen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug führte, lebhaft wiedergegeben.

    Es steht ferner fest, dass der Beklagte die nur schwer erkennbare Orangenhaut erstmals am Morgen des 12.01.2011 bemerkte, als er das streitgegenständliche Fahrzeug zum ersten Mal per Hand wusch.

    Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 24.02.2012 nachvollziehbar erklärt, dass er das streitgegenständliche Fahrzeug an diesem Tag morgens bei sich zuhause erstmals per Hand gewaschen habe, da er Urlaub gehabt habe und das Fahrzeug in Hinblick auf den anstehenden Verkauf sauber machen wollte. Da die Orangenhaut nur schwer erkennbar war und der Beklagte als Fahrer grundsätzlich die linke vordere Seitentür nutzt, ist auch die Einlassung des Beklagten plausibel, dass er die Lackunregelmäßigkeiten erst beim Waschen des Fahrzeugs entdeckt habe und diese ihm vorher nie aufgefallen seien.

    Der Zeuge C hat überdies ausgesagt, dass der Beklagte zu ihm gekommen sei und ihm gesagt habe, dass er die Lackunregelmäßigkeiten an demselben Tag bemerkt habe. Zwar hat der Zeuge C nicht das genaue Datum des Tages angeben können, an dem der Beklagte ihn bat, sich das streitgegenständliche Fahrzeug anzusehen. Die Aussage des Zeugen C deckt sich jedoch mit der Einlassung des Beklagten zu dem zeitlichen Ablauf des 12.01.2011. So hat der Zeuge C ausgesagt, dass der Beklagte ihn vormittags gegen 10:00, 11:00 Uhr aufgesucht habe. Der Beklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass er sein Verkaufsangebot sofort beendet habe, nachdem der Zeuge C festgestellt habe, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nachlackiert worden sei. Der Beklagte beendete das Angebot am 12.01.2011 um 11:03 Uhr. Dies stimmt mit den zeitlichen Angaben des Zeugen C überein. Desweiteren spricht die von dem Zeugen C beschriebene Reaktion des Beklagten auf seine Feststellungen dafür, dass der Beklagte erstmals am 12.01.2011 von den Lackunregelmäßigkeiten und der Nachlackierung weiterer Teile Kenntnis erlangte. Denn der Zeuge C hat ausgesagt, dass die von ihm festgestellte Nachlackierung ein Problem für den Beklagten gewesen sei, weil dieser das Fahrzeug habe verkaufen wollen. Laut dem Zeugen C wusste der Beklagte deshalb nicht, was er machen sollte.

    Ferner hat der Zeuge K ausgesagt, dass der Beklagte ihm nachmittags gegen 16:00 Uhr erzählt habe, dass er am Morgen desselben Tages entdeckt habe, dass sein Fahrzeug nachlackiert worden sei. Zwar hat auch der Zeuge K kein genaues Datum nennen können. Die Aussage des Zeugen K bestätigt jedoch die Angaben des Beklagten zu dem zeitlichen Ablauf des Nachmittags des 12.01.2011.

    Schließlich hat der Beklagte auch nachgewiesen, dass er erst infolge der Feststellung der Orangenhaut Kenntnis davon erlangte, dass die linke hintere Seitentür, Teile der Kotflügel, Teile der linken Seitenwand sowie Teile der rechten vorderen Tür des streitgegenständlichen Fahrzeugs nachlackiert waren. Der Zeuge C hat ausgesagt, dass er bei der Besichtigung des Fahrzeugs als Fachmann habe feststellen können, dass mehrere Teile nachlackiert gewesen seien. Da die Nachlackierung schlecht ausgeführt worden sei, habe er von einem bestimmten Winkel aus eine Lackgrenze sehen können. Darüber hinaus hat der Beklagte als Anlage B 3 (Bl. ## d.A.) das Ergebnis von einer Messung der Lackschichten an dem streitgegenständlichen Fahrzeug vorgelegt, die der Privatgutachter Q in seinem Auftrag am 08.06.2011 durchgeführt hat. Hieraus ergibt sich, dass die linke hintere Seitentür, Teile der Kotflügel, Teile der linken Seitenwand sowie Teile der rechten vorderen Tür des streitgegenständlichen Fahrzeugs nachlackiert waren.

    Etwas anderes gilt auch nicht unter Berücksichtigung der elektronischen Nachricht, die der Beklagte dem Kläger am 05.02.2011 als Reaktion auf die elektronische Nachricht des Klägers vom 04.02.2011 schrieb. Zwar teilte der Beklagte dem Kläger darin mit, dass er das streitgegenständliche Fahrzeug gegen einen Baum gefahren habe. Eine Orangenhaut oder Nachlackierungen erwähnte der Beklagte in dieser Nachricht mit keinem Wort. In der mündlichen Verhandlung am 24.02.2012 hat sich der Beklagte jedoch nachvollziehbar dahingehend eingelassen, dass er aufgrund der Nachricht des Klägers vom 04.02.2011 nicht gewusst habe, wie ihm geschehe. Am 05.02.2011 habe er zudem Stress bei der Arbeit gehabt und sei sehr verärgert gewesen. Einer solchen Stimmung entspricht die Wortwahl des Beklagten in seiner Nachricht vom 05.02.2011. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte im Gegensatz dazu einen insgesamt ruhigen Eindruck gemacht.

    Schließlich deutet entgegen der Ansicht des Klägers auch nichts darauf hin, dass der Beklagte das Verkaufsangebot beendete, weil ihm die Gebote zu niedrig gewesen seien. Denn der Beklagte beendete das Angebot bereits einen Tag, nachdem er es auf der Auktionsplattform von eBay eingestellt hatte. Ohne die vorzeitige Beendigung des Verkaufsangebots hätte die Auktionszeit erst drei bis vier Tage später geendet. Erfahrungsgemäß kommt es bei einer Internetauktion allerdings regelmäßig noch kurz vor Ablauf der Auktionszeit, d.h. teilweise noch in den letzten Sekunden, zu Preissteigerungen, die erheblich sein können. Vor diesem Hintergrund ließ die Höhe des Kaufpreises am 12.01.2012 keinen Rückschluss auf den zu erwartenden Kaufpreis bei Ablauf der Auktionszeit zu. Der Beklagte konnte im Zeitpunkt der Beendigung des Verkaufsangebots vielmehr davon ausgehen, dass noch weitere Gebote erfolgen würden und der Kaufpreis noch steigen würde.

    Die Umstand, dass der Beklagte einen Tag, nachdem er sein Verkaufsangebot eingestellt hatte, erstmals die schwer erkennbare Orangenhaut an der linken hinteren Seitentür links neben dem Türgriff bemerkte und erst infolgedessen die Nachlackierung weiterer Teile des streitgegenständlichen Fahrzeugs feststellte, berechtigte den Beklagten dazu, sein Verkaufsangebot gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB vor Ablauf der Auktionszeit zurückzunehmen.

    In welchen Fällen der Anbieter gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB „gesetzlich“ zu einer Angebotsrücknahme berechtigt ist, ist im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unter Einbeziehung der auf der Website von eBay gegebenen Hinweise zu der vorzeitigen Beendigung eines Angebots zu ermitteln. Denn diese Erläuterungen über die „Spielregeln“ der Auktion, die jedem Auktionsteilnehmer zugänglich sind, beeinflussen das wechselseitige Verständnis der Willenserklärungen der Auktionsteilnehmer und sind deshalb auch maßgebend für den Erklärungsinhalt des Vorbehalts einer berechtigten Angebotsrücknahme, unter dem jedes Verkaufsangebot gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB steht. Unter Berücksichtigung dieser Hinweise ist die Bezugnahme in § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB auf eine „gesetzliche“ Berechtigung zur Angebotsbeendigung nicht im engen Sinn einer Verweisung nur auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Anfechtung von Willenserklärungen (§§ 119 ff. BGB) zu verstehen. § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB ist insoweit unscharf formuliert (BGH, Urt. v. 8.6.2011 – VIII ZR 305/10, Rz. 20 ff.; AG Nürtingen, Urt. v. 16.1.2012 – 11 C 1881/11). Denn in den Hinweisen auf der Internetseite von eBay werden als Gründe für eine vorzeitige Beendigung des Angebots auch genannt, dass der Artikel verloren gegangen, beschädigt oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar ist. So begründet beispielsweise die Beschädigung eines eingestellten Artikels nicht ohne weiteres ein Anfechtungsrecht wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft gemäß § 119 Abs. 2 BGB (vgl. OLG Oldenburg, NJW 2005, 2556, 2557, für den Fall eines Ölverlusts des Getriebes des eingestellten gebrauchten Pkw; a.A. im Allgemeinen wohl Arens, MMR-Aktuell 2011, 324839). Darüber hinaus ist das Anfechtungsrecht des Verkäufers gemäß § 119 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wenn er sich hierdurch der Mängelhaftung entziehen könnte (vgl. OLG Oldenburg, NJW 2005, 2556, 2557; Palandt/Ellenberger, 68. Aufl. 2009, § 119 Rn. 28; MünchKommBGB/Armbrüster, 6. Aufl. 2012, § 119 Rn. 31).

    Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Hinweise von eBay nicht dahingehend zu verstehen, dass lediglich eine nachträgliche Beschädigung des Artikels, d.h. eine nach der Angebotseinstellung eingetretene Beschädigung zu einer vorzeitigen Beendigung des Angebots berechtigt. Denn einleitend hieß es in den Hinweisen von eBay:

    „Es kann vorkommen, dass Sie ein Angebot vorzeitig beenden müssen; z.B. wenn Sie feststellen, dass der zu verkaufende Artikel nicht funktioniert oder ein Teil fehlt. […]“

    Unter dem Stichwort „Vorgehensweise“ hieß es sodann:

    „Sobald Sie ein Problem feststellen, sollten Sie versuchen, das Angebot zu beenden.“

    Aus diesen Formulierungen ergibt sich vielmehr, dass der Anbieter auch in denjenigen Fällen zu einer vorzeitigen Angebotsrücknahme berechtigt ist, in denen er eine bereits bei Angebotseinstellung vorhandene Beschädigung ohne Verschulden (vgl. AG Nürtingen, Urt. v. 16.1.2012 – 11 C 1881/11) erst nach der Angebotseinstellung feststellt.

    Die Erläuterungen von eBay zeigen ferner, dass der Anbieter nicht nur im Falle einer Beschädigung im Sinne einer Substanzbeeinträchtigung zur Angebotsrücknahme berechtigt ist. So werden im Einleitungssatz auch diejenigen Fälle als Beispiel für die Notwendigkeit einer vorzeitigen Beendigung des Angebots genannt, in denen ein Artikel nicht funktioniert oder ein Teil fehlt. Die Nennung dieser verschiedenen Beispielsfälle ist dahingehend zu verstehen, dass dem Anbieter in vergleichbaren Fällen ebenfalls ein Recht zur Angebotsrücknahme zusteht. Den Fällen, in denen ein Artikel beschädigt ist, nicht funktioniert oder ein Teil fehlt, ist gemein, dass eine Abweichung von der Beschaffenheit vorliegt, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (vgl. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

    Unter Einbeziehung der Hinweise von eBay zu der vorzeitigen Beendigung eines Angebots war der Beklagte demnach wegen der von ihm am 12.01.2012 festgestellten Orangenhaut und Nachlackierung an dem streitgegenständlichen Fahrzeug gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB berechtigt, sein Angebot vorzeitig zurückzunehmen (vgl. hierzu auch AG Neuwied, Urt. v. 19.4.2011 – 42 C 30/11 in einem ähnlich gelagerten Fall). Der Beklagte hat die Orangenhaut sowie die Nachlackierung ohne Verschulden erst einen Tag nach der Angebotseinstellung festgestellt. Die Orangenhaut an der linken hinteren Seitentür war nur schwer erkennbar. Die Nachlackierung stellte der Zeuge C als Fachmann fest. Der Beklagte war als privater Verkäufer nicht dazu verpflichtet, das streitgegenständliche Fahrzeug vor Angebotseinstellung zu untersuchen (vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 433 Rn. 103). Die nachträgliche Feststellung der Nachlackierung ist mit denjenigen Fällen vergleichbar, in denen der Anbieter nachträglich feststellt, dass der Artikel beschädigt ist, nicht funktioniert oder ein Teil fehlt. Denn die Nachlackierung stellt eine Abweichung von der Beschaffenheit dar, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Auch bei einem Gebrauchtwagen muss ein Käufer nicht mit einer derartigen Nachlackierung rechnen, die zudem den Verdacht begründet, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um einen Unfallwagen handelt.

    Mangels Hauptforderung besteht auch kein Zinsanspruch. Ein Anspruch auf Ersatz der vorprozessual entstandenen Anwaltskosten nebst Zinsen scheidet mangels Hauptforderung ebenfalls aus.

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 ZPO.

    Streitwert: € 12.534,00

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 119 Abs. 2 BGB § 133 BGB § 145 BGB § 148 BGB § 157 BGB