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  • 12.09.2013 · IWW-Abrufnummer 132926

    Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 30.01.2002 – 11 U 71/01

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Köln

    11 U 71/01

    Tenor:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.03.2001 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 299/99 - abgeändert.

    Die Beklagte wird unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 5.668,71 EUR (=11.087,04 DM) Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW F. Fiesta, 1,3 Flair, Fahrgestell-Nr.: ..., Erstzulassung 12/1997, zu zahlen.

    Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorgenannten PKW in Annahmeverzug befindet.

    Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 10% und die Beklagte 90% zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

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    Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

    Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW. Allerdings ist von dem eingeklagten Betrag des Kaufpreises der Wert der Gebrauchsvorteile abzuziehen; insoweit hat die Beklagte die Aufrechnung erklärt.

    1.

    Der Klage muss unter Berücksichtigung der bei der Klägerin entstandenen Gebrauchsvorteile und eventuell in ihrer Besitzzeit entstandener Schäden stattgegeben werden, weil die Beklagte den Wandelungsanspruch mit Schriftsatz vom 13.08.1999 (Bl. 17 f. d.A.) anerkannt hat. Dort heißt es ausdrücklich, als Antrag formuliert, die Beklagte erkenne den zu Ziffer 1 geltend gemachten Anspruch mit der Maßgabe der Anrechnung der Gebrauchsvorteile und eventueller Schäden unter Verwahrung gegen die Kostenlast an. Das darin liegende Anerkenntnis ist eine grundsätzlich unwiderrufliche Prozesshandlung (BGHZ 80, 389 = NJW 1981, 2193; BGHZ 107, 142, 146 f. = NJW 1989, 1934, 1935; Zöller/Vollkommer, 22. Aufl., Vor § 306 Rn. 5 f. mit weiteren Nachweisen).

    Nach Ansicht des Senats kann die Wirksamkeit der Prozesserklärung nicht mit dem Argument verneint werden, am Ende der "Begründung" jenes Schriftsatzes heiße es: "Sofern mithin ein Wandlungsgrund gegeben ist, erkennt die Beklagte diesen an. Sie hat aber keine Möglichkeit zu beurteilen, inwieweit die Behauptungen der Klägerin den Tatsachen entsprechen". Diese Ausführungen stehen unter dem Obersatz "Die Beklagte hat zur Klageerhebung keinen Anlaß gegeben.". Daraus wird nicht ausreichend deutlich, dass die in dem erklärten Anerkenntnis liegende Prozesserklärung wieder in Frage gestellt werden soll. Ein Hinweis auf den vorhandenen Widerspruch und eine Anregung zu sachgerechter Antragstellung seitens des Gerichts war nicht möglich, weil die im schriftlichen Vorverfahren abgegebenen Prozesserklärungen sofort wirksam werden (Zöller/Greger, a.a.O., § 276 Rn. 16).

    Die Wirksamkeit des Anerkenntnisses wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass es Einschränkungen hinsichtlich der Höhe der Klagesumme enthält. Solche Einschränkungen sind möglich und führen dazu, dass, wenn der Kläger seinen Antrag nicht entsprechend anpasst, das Gericht streitmäßig lediglich über die Durchsetzbarkeit des Anspruchs im Hinblick auf die geltend gemachten Einschränkungen entscheidet, wobei das Urteil dann zwar kein Anerkenntnisurteil i. S. von § 307 ZPO ist, wohl aber ein wirksames Anerkenntnis zur Entscheidungsgrundlage hat (vgl. BGHZ 107, 142, 146 f. = NJW 1989, 1934, 1935; Zöller/Vollkommer, a.a.O.; Vor § 306 Rn. 2, § 307 Rn. 7). Soweit der Beklagte an sein Anerkenntnis gebunden ist, hat das Gericht sein Urteil ohne Sachprüfung auf die anerkannte Rechtsfolge zu gründen (BGH, a.a.O.).

    Die Annahme, es liege ein bindendes Anerkenntnis vor, scheitert nicht daran, dass die Beklagte zuvor mit Schriftsatz vom 02.08.1999 ihre Verteidigungsbereitschaft erklärt hatte (Bl. 14 d.A.). Die Erklärung ist noch im schriftlichen Vorverfahren (§ 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO) abgegeben worden; das Landgericht hat erst am 14.10.1999 Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt (Bl. 26 d.A.). Ein im schriftlichen Vorverfahren abgegebenes Anerkenntnis behält seine Wirkung auch dann, wenn der Kläger kein Anerkenntnisurteil erwirkt und wenn streitig verhandelt wird (BGH, NJW 1993, 1717, 1718). Die vorherige Erklärung der Verteidigungsbereitschaft ändert nichts daran, dass das im schriftlichen Vorverfahren abgegebene Anerkenntnis diese Wirkungen entfaltet (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 307 Rn. 3a; Bohlander, NJW 1997, 35, 36; a.A. OLG Düsseldorf, OLGR 1992, 181a f.).

    Der Wandlungsanspruch ist danach ohne weitere Sachprüfung als begründet anzusehen.

    2.

    Der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des ihr gezahlten Kaufpreises ist im Umfang der von der Beklagten zu Recht erklärten Aufrechnung erloschen.

    a) Hinsichtlich des Vorbehalts der Beklagten, von der Klägerin verursachte Schäden seien betragsmäßig zu berücksichtigen, liegt allerdings eine Aufrechnung mit einem bestimmten Betrag nicht vor. Insoweit ergibt sich auch aus dem vom Landgericht eingeholten Gutachten, dass eine Verursachung der vorhandenen maßgeblichen Schadensbilder nach der Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin ebenso wenig festgestellt werden kann wie das Gegenteil.

    b) Hinsichtlich der Gebrauchsvorteile hat die Beklagte die - bei der Wandelung erforderliche (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7.Aufl., Rn. 822 mit weiteren Nachweisen) - Aufrechnung mit einem Betrag von 5.708,88 DM erklärt. Dadurch ist die Klageforderung teilweise erloschen.

    aa) Die Klägerin kann der Zulassung dieser Aufrechnung nicht mit Erfolg widersprechen. Der Senat lässt sie, soweit sie begründet ist, zu, weil dies sachdienlich ist (§ 530 Abs. 2 ZPO).

    Bereits mit Schriftsatz vom 09.11.1999 (Bl. 31 d.A.) hat die Beklagte vorgetragen, die Klage könne hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 1.215,93 DM keinen Erfolg haben, weil in diesem Umfang, bezogen auf die damals bekannte Laufleistung von 8.500 km, Gebrauchsvorteile anzurechnen seien. Darin lag die erforderliche Aufrechnungserklärung bezogen auf den genannten Betrag. Da die damals zugrunde gelegte Laufleistung ersichtlich zeitlich überholt war, hat der Senat in dem Termin vom 07.11.2001 darauf hingewiesen, dass eine Abänderung des angefochtenen Urteils beabsichtigt sei und Gelegenheit bestehe, zur zwischenzeitlichen Laufleistung des Fahrzeugs ergänzend vorzutragen. Die Klägerin hat dazu einen Schriftsatz eingereicht, der erst am Tag des zweiten Termins beim Senat eingegangen ist, so dass der Beklagten nachgelassen werden musste, sich dazu zu erklären. Dies hat sie mit dem in der gewährten Frist eingegangenen Schriftsatz, der die Aufrechnung mit einem Betrag von 5.708,88 DM enthält, getan.

    Bei dieser Sachlage ist es ersichtlich sachdienlich, die Aufrechnung zuzulassen, soweit sie die von der Klägerin selbst vorgetragene Laufleistung des Fahrzeugs von 15.858 km betrifft, auf den die Beklagte auch bei der Berechnung des zur Aufrechnung gestellten Betrages abstellt. Nur diese Laufleistung berücksichtigt der Senat bei der nachfolgenden Berechnung. Hinsichtlich einer höheren Laufleistung fehlt es bereits an der Aufrechnung mit einem konkret bezifferten Betrag. Dafür hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte im Übrigen auch weder konkrete Tatsachen vorgetragen noch Beweis angeboten; das Bestreiten mit Nichtwissen reicht nicht aus. Die erforderliche Kenntnis über die Laufleistung hätte sich die Beklagte rechtzeitig durch Inanspruchnahme der Klägerin auf Auskunft beschaffen müssen (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O:, Rn. 800). Es besteht kein Grund die mündliche Verhandlung zu diesem Zweck wieder zu eröffnen, nachdem die Beklagte insoweit während der zweieinhalbjährigen Prozessdauer untätig geblieben ist und auch die durch die Vertagung des ersten Termins vom Senat eingeräumte Gelegenheit zur Klärung der Sachlage nicht genutzt hat.

    bb) Ausgehend von einer Laufleistung von 15.858 km ergibt sich ein zu berücksichtigender Betrag von 1.902,96 DM.

    Bei der Berechnung (vgl. dazu Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 803 ff., 2031 ff.) setzt der Senat zunächst 0,67 % des Kaufpreises pro gefahrene 1000 km abstellend auf den Neupreis (21.650,00 DM gemäß Schriftsatz der Beklagten vom 09.11.1999, Bl. 31 d.A.) bei einer zu erwartenden Laufleistung des Fahrzeugs von 150.000 km an; dies ergibt 2.300,29 DM. Allerdings ist bei gebrauchten Fahrzeugen regelmäßig auf den tatsächlich gezahlten Preis unter Berücksichtigung der zu erwartenden Restlaufleistung abzustellen (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 2033). Nach Ansicht des Senats führt diese Berechnungsmethode im Streitfall indes zu zu niedrigen Beträgen. Das Fahrzeug wurde von der Klägerin nach ihrem Vortrag mit der nur geringen Laufleistung von 10.100 km übernommen und war zu diesem Zeitpunkt erst ca. ein Jahr und 2 Monate zugelassen. Gleichwohl betrug der gezahlte Kaufpreis nur 12.990,00 DM, also ca. 60% des Neuwagenpreises. Daraus ergäben sich ein Kilometersatz von 0,09 DM und ein Gesamtbetrag von 1.427,22 DM. Die erstgenannte Berechnungsmethode führt dagegen zu einen Kilometersatz von 0,15 DM. Es erscheint angemessen, hier einen Kilometersatz von 0,12 DM zugrunde zu legen, so dass die Gebrauchsvorteile insgesamt mit 1.902,96 DM zu bewerten sind (§ 287 ZPO). Der von der Beklagten angesetzte Kilometersatz von 0,36 DM pro Kilometer ist ersichtlich überhöht und lässt sich mit keiner der gängigen Berechnungsmethoden rechtfertigen.

    cc) Die so errechneten Gebrauchsvorteile sind - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht im Hinblick auf die vorhandenen Fahrzeugmängel zu kürzen. Eine solche Kürzung kommt nach Ansicht des Senats nur dann in Betracht, wenn es sich um Mängel handelt, die die Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs oder den Fahrkomfort einschränken (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 813 f. mit weiteren Nachweisen). Festgestellt sind im Streitfall lediglich Lack- und Blechschäden, die für die Nutzung des Fahrzeugs ohne Bedeutung sind.

    dd) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist unerheblich, ob die Klägerin das Fahrzeug in größerem Umfang hätte nutzen können. Eine Verpflichtung des zur Wandlung berechtigten Käufers, dem Verkäufer für nicht gezogene Nutzungen Ersatz zu leisten, besteht nach geltendem Recht nicht (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 802 mit weiteren Nachweisen). Die Beklagte stellt insoweit auch keinen konkreten Betrag zur Aufrechnung. Auf ihre Überlegungen in dem Schriftsatz vom 27.12.2001 zur Höhe des Tagessatzes bei Nutzungsausfall und zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (NJW 1999, 3507) kommt es deshalb nicht an.

    3.

    Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ist begründet, da die Beklagte durch die Prozessführung deutlich gemacht hat, dass sie zur Rücknahme des Fahrzeugs nicht bereit ist (§ 295 Satz 1, 1. Alt. BGB).

    4.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    Die Beschwer der Beklagten übersteigt nicht 60.000,00 DM.

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    Berufungsstreitwert: 9.560,59 EUR =18.698,88 DM (12.990,00 DM + 5.708,88 DM gemäß § 19 Abs. 3 GKG; der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Betrag von 5.708,88 DM ist in vollem Umfang anzusetzen, da er unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgetragenen Laufleistung berechnet, insoweit aber fälschlich ein Kilometersatz von 0,36 DM zugrunde gelegt ist).