· Fachbeitrag · Bilanz
Rückstellungen für Transportkosten bei Nachbesserung im Rahmen der Sachmängelhaftung
von Steuerberater Stefan Vonhof, M. Sc., Prüfungs- und Treuhand GmbH, Frankfurt/Main
| Tritt nach einem Fahrzeugverkauf ein Sachmangel am Fahrzeug auf, kann der Käufer von Ihnen als Verkäufer verlangen, dass Sie den Mangel beseitigen (Nachbesserung nach § 439 Abs. 1 BGB). Dazu gehört auch, dass Sie ihm ggf. die Transportkosten zahlen, damit er das Fahrzeug zu Ihnen in die Werkstatt bringen kann. Für Sie stellt sich nun die Frage, ob und wenn ja, in welcher Höhe diese Transportkosten im Rahmen der bestehenden Gewährleistungsrückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz steuermindernd zu berücksichtigen sind. Lesen Sie nachfolgend die Antwort. |
Anspruch auf Transportkostenvorschuss seit 2018 im Gesetz
Der Anspruch Ihres Kunden ergibt sich aus § 439 Abs. 2 BGB. Danach müssen Sie als Verkäufer die für die Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere auch die anfallenden Transportkosten tragen. Handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf, d. h. tritt als Käufer ein Verbraucher (Nicht-Unternehmer) auf, so kann dieser seit dem 01.01.2018 vorab die Zahlung eines Transportkostenvorschusses verlangen (§ 475 Abs. 6 BGB). Schon vor dieser gesetzlichen Neuregelung hat der BGH die Vorschusspflicht des Verkäufers festgestellt (BGH, Urteil vom 19.07.2017, Az. VIII ZR 278/16, Abruf-Nr. 195564).
Rückstellungen in Handels- und Steuerbilanz?
Grundsätzlich müssen Sie sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden (§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB). Voraussetzungen hierfür sind, dass
- es sich um eine Verpflichtung gegenüber einem anderen handelt,
- die Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht ist,
- mit einer Inanspruchnahme nach dem Stichtag ernsthaft zu rechnen ist und
- die Aufwendungen in künftigen Wirtschaftsjahren nicht zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut führen (R 5.7 Abs. 2 EStR).
Diese Voraussetzungen sind bei Gewährleistungsverpflichtungen gegeben, die im Zusammenhang mit dem Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen stehen. Dabei können nicht nur Rückstellungen für Risiken gebildet werden, die sich aus den gesetzlichen Gewährleistungspflichten ergeben, sondern auch aus eigenen Garantie- oder freiwilligen Kulanzzusagen (§ 249 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 HGB). In Betracht kommen Einzel- oder Pauschalrückstellungen:
Einzelrückstellungen
Einzelrückstellungen müssen Sie für jeden einzelnen Gewährleistungsfall bilden, der Ihnen bis zur Bilanzaufstellung bekannt geworden ist. Die Rückstellung umfasst die tatsächlich zu erwartenden Kosten.
Pauschalrückstellungen
Für die Bildung von Pauschalrückstellungen wird vorausgesetzt,
- dass Sie aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einer Inanspruchnahme rechnen müssen oder
- dass sich aus der branchenmäßigen Erfahrung die Wahrscheinlichkeit ergibt, Garantieleistungen erbringen zu müssen (H 5.7 Abs. 5 Einkommensteuer-Hinweise, Stichwort „Garantierückstellungen“).
Wichtig | Nach Ansicht der Finanzverwaltung sind Grundlagen für die Berechnung einer Pauschalrückstellung die genauen Aufzeichnungen der Inanspruchnahmen des Betriebs in der Vergangenheit sowie die daraus resultierenden Kosten. Sie tragen dafür die Nachweispflicht.
In der Praxis haben sich drei Verfahren herausgebildet, wie Sie die Höhe der Rückstellung ermitteln können:
- 1. Sie bilden die Rückstellung für Garantie, Gewährleistungen und Kulanz als Prozentsatz des gebuchten Jahresaufwands an Garantie und Gewährleistungen. Dann müssen Sie den zusätzlichen Aufwand für Transportkosten (im ersten Jahr) schätzen und zu den zugrunde gelegten tatsächlichen Aufwendungen hinzurechnen. In den Folgejahren sind diese Transportkosten in den gebuchten Aufwendungen bereits enthalten.
- 2. Sie bilden die Rückstellung bisher mit einem festen Betrag von z. B. 250 Euro pro garantiebehaftetem Fahrzeug. Dann müssen Sie den zusätzlichen Aufwand für die Transportkosten ermitteln und auf die Anzahl der in dem Zeitraum ausgelieferten Fahrzeuge verteilen. Um den so ermittelten Betrag erhöhen Sie den Festbetrag.
- 3. Sie ermitteln die Garantie- und Kulanzrückstellung pauschal z. B. mit 0,25 Prozent oder 0,5 Prozent vom Gebrauchtfahrzeugumsatz des letzten Jahres. Dann könnten Sie über eine Erhöhung des Prozentsatzes nachdenken. Anhaltspunkte für eine angemessene Erhöhung ließen sich z. B. analog zum Verfahren 1 ermitteln. Allerdings dürfte in diesem Fall eine explizite Berücksichtigung der Transportkosten in der Praxis schwer fallen. Denn die pauschale Rückstellung umfasst ja gerade ihrem Inhalt nach schon alle anfallenden Kosten.
PRAXISHINWEISE |
|