· Fachbeitrag · Kfz-Handel über die Grenzen
Praxisfall 47.1: Verkauf eines Ersatzteils an EU-Privatkunden ‒ Transportfall seit 01.07.2021
von Diplom-Finanzwirt Rüdiger Weimann, Dozent, Lehrbeauftragter und freier Gutachter in Umsatzsteuerfragen, Dortmund
| Erfahren Sie anhand eines Praxisfalls, welche Belege, Buchungen und Prüfungen erforderlich sind, um ab dem 01.07.2021 Ersatzteile an einen Privatkunden im EU-Ausland zu liefern. Und zwar für den Fall, dass die Transportverantwortung bei Ihnen selbst liegt und Sie die neue 10.000-Euro-Grenze überschreiten. |
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Ihr Autohaus mit Sitz in Dortmund übernimmt für einen asiatischen Hersteller die Ersatzteilversorgung für Westeuropa. Ein niederländischer Privatkunde bestellt bei Ihnen einen Ölfilter zu einem Netto-Stückpreis in Höhe von 22 Euro und einen Pollenfilter zu einem Netto-Stückpreis in Höhe von 47 Euro. Die Gesamtbestellung beläuft sich daher netto auf 69 Euro. Sie sollen die Ware in Amsterdam ausliefern und tragen die Transportverantwortung. |
Wichtig | Sie tragen Transportverantwortung, wenn Sie nach dem Kaufvertrag auch den Transport des Fahrzeugs zum Kunden schulden. Wie Sie den Transport tatsächlich durchführen, ist ohne Bedeutung.
Umsatzsteuerliche Folgen
Grundsatz
Für EU-Verkäufe von Ersatzteilen an Privatkunden gilt das „Ursprungslandprinzip“. Verkäufe an Privat sind damit wie ein Inlandsgeschäft „ganz normal“ brutto mit deutscher Umsatzsteuer abzurechnen.
Ausnahme seit Juli 2021: Der neue „Fernverkauf“
Seit Juli 2021 tritt an die Stelle des bisherigen Versandhandels (Praxisfall 47, ASR 2/2021, Seite 5 → Abruf-Nr. 47062834) der neue Fernhandel (§ 3c UStG). Immer dann, wenn
- an EU-Privatkunden
- im Transportfall
- Ersatzteilverkäufe oder andere Umsätze
- für insgesamt mehr als 10.000 Euro
- im vorangegangen Kalenderjahr und im laufenden Kalenderjahr
erfolgen, ist zu prüfen, ob die Fernverkaufsregelung angewendet wird.
Folge der Fernverkaufsregelung ist es, dass Sie als deutsches Autohaus
- den im Bestimmungsland (im Praxisfall: Niederlande) geltenden Umsatzsteuersatz anwenden und
- sich für diesen Umsatz/diese Umsätze im EU-Bestimmungsland registrieren lassen müssen oder
- alternativ das (neue) besondere Besteuerungsverfahren im Sinne des § 18j UStG in Anspruch nehmen und den Umsatz darüber erklären (vgl. dazu im Einzelnen ASR 9/2021, Seite 3).
Berechnung der neuen 10.000-Euro-Grenze
Für die Überprüfung der Umsatzschwelle ist nur auf die Umsätze im Sinne von § 3c UStG abzustellen. Die Höhe der anderen Umsätze im Bestimmungsland ist ohne Bedeutung. Maßgeblich sind die Entgelte der zu berücksichtigenden Umsätze, d. h. die Nettobeträge ohne Umsatzsteuer.
Der „Königsweg“ für das Autohaus: der Abholfall
Als Autohaus umgehen Sie die neue Problematik „Fernverkauf“, wenn die Transportverantwortung in derartigen Fällen beim Kunden liegt. Vereinbaren Sie dazu also möglichst den Abholfall (Praxisfall 48, ASR 3/2021, Seite 6).
Das müssen Sie beachten, prüfen und belegen
Checkliste / EU-Gebrauchtwagenverkauf an Nicht-Unternehmer | |||
erledigt | Datum | Namenszeichen | |
Transportverantwortung beim Autohaus, daher
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So rechnen Sie richtig ab
Sie fakturieren
- ein (ganz normales) Inlandsgeschäft mit deutscher Umsatzsteuer, wenn Ihr Autohaus die 10.000-Euro-Grenze nicht überschritten hat (§ 3c Abs. 4 S. 1 UStG), ergo: 69 Euro + 13,11 Euro (19 % deutsche USt) = 82,11 Euro,
- einen Fernverkauf mit der Umsatzsteuer der Niederlande (= Bestimmungsland), wenn Ihr Autohaus die 10.000-Euro-Grenze überschritten hat oder auf die Anwendung der Grenze verzichtet hat (§ 3c Abs. 4 S. 2 f. UStG), ergo: 69 Euro + 14,49 Euro (21 % niederländische USt) = 83,49 Euro
So buchen Sie den Umsatz richtig
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Bestandskonto* 82,11 Euro
* = Bank, Forderungen o. dgl. | an | Teileverkauf Umsatzsteuer | 69 Euro 13,11 Euro |
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Bestandskonto* 83,49 Euro
* = Bank, Forderungen o. dgl. | an | Fahrzeugverkauf Umsatzsteuer (NL) | 69 Euro 14,49 Euro |
Das müssen Sie erklären und melden
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Wichtig | Zusätzlich müssen Sie die Umsätze als Fernverkäufe im neuen besonderen Besteuerungsverfahren im Sinne des § 18j UStG erklären. Eine Zusammenfassende Meldung ist nicht erforderlich.