· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Schadenabwicklung: Pflicht zur Zahlung der Mehrwertsteuer und Vorsteuerabzug
| Zwei Leser haben sich mit verschiedenen Fragen zu einem Thema an die Redaktion gewandt: die Schadenabwicklung bei zum Vorsteuerabzug berechtigten Kunden. Dabei geht es zum einen darum, wie man dem Kunden erklärt, warum er den Mehrwertsteueranteil aus der Rechnung selbst zahlen muss, und zum anderen, wie man dabei am besten vorgeht, weil die Höhe dieses Anteils oft erst nach Jahren endgültig feststeht. Für beide Fälle haben wir mit unseren Experten Rechtsanwalt Joachim Otting aus Hünxe und Steuerberater Hans-Georg Janzen aus Borken Lösungen entwickelt. |
Praxisfrage eins
Unsere zum Vorsteuerabzug berechtigen Kunden müssen bei der Schadenabwicklung mit der Versicherung die Mehrwertsteueranteile aus der Rechnung bekanntlich selbst bezahlen. Wir haben immer wieder Schwierigkeiten, dies unseren Kunden zu erklären. Können Sie helfen?
UNSERE ANTWORT | Schaden ist nur der Betrag, der den Geschädigten oder bei Kaskofällen den Versicherungsnehmer endgültig belastet. Den von ihm zu zahlenden Mehrwertsteueranteil aus der Reparatur-, Mietwagen-, Abschlepp- oder Gutachtenrechnung bekommt er bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung vom Fiskus - meist per Verrechnung, gegebenenfalls per Auszahlung - erstattet. Damit belastet ihn dieser Teil Ihrer Rechnung nicht dauerhaft.
Im Wege des Vorteilsausgleichs kann der Versicherer den Mehrwertsteueranteil also vom Schadenersatz ausnehmen. In Kaskofällen ist das Teil der kaskovertraglichen Regelung zwischen dem Versicherer und Ihrem Kunden.
Bei größeren Firmen als Kunden ist das nur eine Abwicklungsformalität. Der Liquiditätsentzug hält sich wegen des monatlichen Rhythmus der Vorsteueranmeldung in Grenzen. Bei kleinen Firmen, die quartalsweise oder in noch längeren Zyklen die Umsatzsteuer abrechnen, ist die Belastung schon längerfristig. Jedoch steht dem ja auch - jedenfalls bei laufendem Geschäftsbetrieb - die eingenommene und noch nicht abgeführte Umsatzsteuer gegenüber. Das gleicht sich aus.
Uns ist keine Rechtsprechung bekannt, die darauf Rücksicht nimmt und den Versicherer zur Auszahlung der Mehrwertsteuer unter Rückforderungsvorbehalt verpflichtet, damit der Geschädigte erst nach dem Steuerausgleich mit dem dann an den Versicherer zurückzugebenden Steueranteil belastet wird.
Mit dem folgenden Musterschreiben können Sie Ihrem Kunden die Zusammenhänge einfach erklären und den Steueranteil einfordern:
Musterschreiben / Aufforderung zur Zahlung der Mehrwertsteuer |
Sehr geehrte Damen und Herren, in der Anlage übersenden wir die Rechnung vom xx.xx.xxxx, die wir mit heutigem Datum auch an die eintrittspflichtige Versicherung übersandt haben. Da Sie zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wird die Versicherung den Regeln des Schadenrechtes bzw. Ihres Versicherungsvertrags folgend nur den Nettobetrag erstatten. Wir bitten Sie daher, die aus der Rechnung hervorgehende Mehrwertsteuer an uns (Bankverbindung: ...) zu überweisen. Sie können diese gezahlte Mehrwertsteuer wie üblich bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung verrechnen. Den Zahlungseingang erwarten wir bis … . |
Praxisfrage zwei
Unser Autohaus hat eine kleine Schwestergesellschaft, die Autos vermietet. Diese bestückt Unfallgeschädigte bei Bedarf mit einem Mietwagen. Handelt es sich bei dem Geschädigten um einen Unternehmer, wird die Mehrwertsteuer vom Kunden erst eingefordert, wenn die Versicherungsangelegenheit auf dem Mietwagensektor endgültig abgeschlossen ist. Das kann Jahre dauern, und 100 Prozent der Mietwagenkosten erhalten wir auch nur in 10 bis 20 Prozent aller Fälle erstattet. Ist unsere Vorgehensweise richtig? Oder solten wir die Mehrwertsteuer gleich einfordern? Was passiert bei Teilzahlungen durch die Versicherung? Wie sollten wir hier am besten vorgehen?
UNSERE ANTWORT | Die Umsatzsteuer aus dem Vermietgeschäft entsteht, wenn die Vermietung ausgeführt wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG). Deshalb sollten Sie die Umsatzsteuer auch sofort von Ihrem Kunden einfordern.
Zahlt die Versicherung dann beispielsweise nur 50 Prozent der Mietwagenkosten, zahlen Sie dem Kunden die Hälfte der Mehrwertsteuer zurück. In der Folge müssen Sie Ihre Umsatzsteuer und Ihr Kunde seine Vorsteuer korrigieren (§ 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG). Die Rückzahlung kann ohne Belegaustausch erfolgen, weil ein Fall des § 17 UStG vorliegt. Gleichwohl empfiehlt es sich, dem Kunden den Grund der Rückzahlung schriftlich mitzuteilen und auf eine entsprechende Vorsteuerkorrektur hinzuweisen.
Kommt es (Monate oder gar Jahre später) über die Höhe der Erstattung zum Streit mit der Versicherung und endet dieser mit einem Vergleich oder einem Urteil zum Beispiel mit dem Tenor, dass die Versicherung weitere 30 Prozent der Schadensumme erstatten muss, geht das Spiel von vorne los: Sie fordern von Ihrem Kunden die Mehrwertsteuer auf die 30 Prozent, korrigieren Ihre Umsatzsteuer, und Ihr Kunde korrigiert seine Vorsteuer.
Weiterführender Hinweis
- Aufforderung an vorsteuerabzugsberechtigte Kunden zur Zahlung der Mehrwertsteuer bei Schadenabwicklung“ in „myIWW“ unter Online-Service/Downloads in der Rubrik „Musterverträge/-formulierungen“unter der Überschrift „Unternehmensführung“