· Fachbeitrag · Autokauf/Werkstattrecht
Verbraucherrechte im Kfz-Handel und -Service: Ab 13. Juni 2014 gelten neue Regeln - Teil II
von Rechtsanwalt Patrick Kaiser, LL.M., ZDK, Bonn
| Ab 13. Juni 2014 gelten neue Regeln für die Geschäfte, die Sie bisher als Fernabsatz- und Haustürgeschäfte kennen. Dazu stellt Ihnen der Gesetzgeber unter anderem eine neue Muster-Widerrufsbelehrung zur Verfügung. Ferner werden Ihre Informationspflichten gegenüber Verbrauchern modifiziert und erweitert. Das geht soweit, dass Sie diese künftig auch im stationären Handel, also beim Verkauf vor Ort, anwenden müssen. In der Mai-Ausgabe haben Sie erfahren, was es in punkto Widerruf Neues gibt. Nachfolgend lesen Sie, was in punkto Informationspflichten auf Sie zukommt. |
Der Gesetzgeber sieht Informationspflichten vor und nach Vertragsschluss vor. Die Informationspflichten gelten nicht nur für den klassischen Kaufvertrag, sondern auch für Werkverträge, das heißt auch für Werkverträge wie zum Beispiel Reparaturen (= Dienstleistungen). Dabei ist zu differenzieren:
- Es gibt Informationspflichten, die für alle Vertragsschlüsse gelten, wie zum Beispiel im stationären Handel, und
- solche Pflichten, die beim Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (AGV) zu erfüllen sind.
Allgemeine Informationspflichten im stationären Handel
Die allgemeinen Informationspflichten sind in Art. 246 Abs. 1 EGBGB neue Fassung (n.F.) geregelt: Unternehmer sind, sofern sich diese Informationen nicht aus den Umständen ergeben, nach § 312a Abs. 2 BGB verpflichtet, dem Verbraucher vor Abgabe von dessen Vertragserklärung folgende Informationen in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung zu stellen:
1. | Die wesentlichen Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen in dem für den Datenträger und die Waren oder Dienstleistungen angemessenen Umfang, |
2. | seine Identität, beispielsweise seinen Handelsnamen und die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, sowie seine Telefonnummer, |
3 | den Gesamtpreis der Waren und Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis auf Grund der Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie ggf. alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können, |
4. | ggf. die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet hat, die Waren zu liefern oder die Dienstleistungen zu erbringen sowie das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden, |
5. | das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für die Waren und ggf. das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienstleistungen und Garantien, |
6. | ggf. die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge, |
7. | ggf. die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte, und |
8. | ggf., soweit wesentlich, Beschränkungen der Interoperabilität und der Kompatibilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese Beschränkungen dem Unternehmen bekannt sind oder bekannt sein müssen. |
(Hervorhebungen durch den Verfasser)
PRAXISHINWEISE |
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Besondere Informationspflichten bei AGV und Fernabsatz
Für AGV und Fernabsatzverträge gelten gemäß § 312d BGB n.F. in Verbindung mit Art. 246a EGBGB n.F. besondere vorvertragliche Informationspflichten, die grundsätzlich Bestandteil des Vertrags werden (müssen).
Der Unternehmer muss dem Verbraucher folgende Informationen zur Verfügung stellen:
1. | Die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen in dem für das Kommunikationsmittel und für die Waren und Dienstleistungen angemessenen Umfang, |
2 | seine Identität, beispielsweise seinen Handelsnamen sowie die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, seine Telefonnummer und ggf. seine Telefaxnummer und E-Mail-Adresse sowie ggf. die Anschrift und Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, |
3. | zusätzlich zu den Angaben gemäß Nummer 2 die Geschäftsanschrift des Unternehmers und ggf. die Anschrift des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, an die sich der Verbraucher mit jeder Beschwerde wenden kann, falls diese Anschrift von der Anschrift unter Nummer 2 abweicht, |
4. | den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie ggf. alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten, oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche Kosten anfallen können, |
5. | im Falle eines unbefristeten Vertrags oder eines Abonnement-Vertrags den Gesamtpreis; dieser umfasst die pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten und, wenn für einen solchen Vertrag Festbeträge in Rechnung gestellt werden, ebenfalls die monatlichen Gesamtkosten; wenn die Gesamtkosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, ist die Art der Preisberechnung anzugeben, |
6. | die Kosten für den Einsatz des für den Vertragsabschluss genutzten Fernkommunikationsmittels, sofern dem Verbraucher Kosten berechnet werden, die über die Kosten für die bloße Nutzung des Fernkommunikationsmittels hinausgehen, |
7. | die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, und ggf. das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden, |
8. | das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für die Waren, |
9. | ggf. das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und Garantien, |
10. | ggf. bestehende einschlägige Verhaltenskodizes (Verweise siehe Art. 246a § 1 Ziffer 10 EGBGG-neu), |
11. | ggf. die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge, |
12. | ggf. die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht, |
13. | ggf. die Tatsache, dass der Unternehmer vom Verbraucher die Stellung einer Kaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangen kann, sowie deren Bedingungen, |
14. | ggf. die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte, |
15. | ggf., soweit wesentlich, Beschränkungen der Interoperabilität und der Kompatibilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese Beschränkungen dem Unternehmer bekannt sind oder bekannt sein müssen, und |
16. | ggf., dass der Verbraucher ein außergerichtliches Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, dem der Unternehmer unterworfen ist, nutzen kann, und dessen Zugangsvoraussetzungen. |
(Hervorhebungen durch den Verfasser)
Wichtig |Bei AGV sind die Informationen in klarer und verständlicher Weise auf Papier oder mit Zustimmung des Verbrauchers auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Bei einem Fernabsatzvertrag muss dies in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise erfolgen.
Zusätzliche Informationspflichten bei Vorliegen eines Widerrufsrechts
Steht dem Verbraucher bei AGV und Fernabsatzverträgen ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, hat der Unternehmer zusätzliche Informationspflichten. Er muss zum Beispiel über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren sowie darüber, ob der Verbraucher die Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen hat.
PRAXISHINWEIS | Um dieser Pflicht nachzukommen, kann der Unternehmer die in ASR 5/2014 (Seite 15 bis 17) vorgestellte neue Widerrufsbelehrung verwenden und in Textform übermitteln. |
Erleichterte Informationspflichten bei AGV und Fernabsatzverträgen
Für bestimmte Verträge über Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, gelten erleichterte Informationsanforderungen. Die Voraussetzungen hierfür sind, dass
- der Verbraucher die Dienste des Unternehmers ausdrücklich angefordert hat,
- die vertraglichen Leistungen sofort erfüllt werden und
- die vom Verbraucher zu leistende Vergütung nicht mehr als 200 Euro beträgt.
Die zu erteilenden Informationen beschränken sich in diesen Fällen auf die Kontaktdaten sowie auf Angaben zu den wesentlichen Eigenschaften der Ware/Dienstleistung, zum Gesamtpreis und gegebenenfalls zum Widerrufsrecht des Verbrauchers (Art. 246a § 2 EGBGB n.F.).
Eine weitere Erleichterung der Informationspflichten sieht Art. 246a § 3 EGBGB n.F. für Fernabsatzverträge vor, die mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen werden, auf dem für die Darstellung der zu erteilenden Informationen nur begrenzter Raum oder eine begrenzte Zeit zur Verfügung stehen. Damit wird den technischen Beschränkungen, denen bestimmte Medien unterworfen sind, Rechnung getragen, wie zum Beispiel der beschränkten Anzahl der Zeichen auf bestimmten Displays.
Informationspflichten nach Vertragsschluss bei AGV und Fernabsatz
- Bei AGV sind Unternehmen verpflichtet, dem Verbraucher sowohl eine Kopie des Vertragsdokuments, das von den Vertragsschließenden so unterzeichnet wurde, dass auf ihre Identität hingewiesen wird, oder eine Vertragsbestätigung, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, in Papierform auszuhändigen.
- Beachten Sie | Mit Zustimmung des Verbrauchers kann von der Papierform abgewichen und stattdessen ein anderer dauerhafter Datenträger (zum Beispiel: E-Mail, USB-Stick, CD-ROM, DVD) als Medium gewählt werden (§ 126b BGB). Zusätzlich müssen in der Bestätigung sämtliche in Art. 246a EGBGB n.F. genannten Angaben enthalten sein, sofern diese dem Verbraucher nicht bereits vor Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt wurden (§ 312f Abs. 1 BGB n.F.).
- Bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher eine Vertragsbestätigung, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bei der Lieferung der Ware oder bevor mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich müssen in der Bestätigung sämtliche in Art. 246a EGBGB n.F. genannten Angaben enthalten sein, sofern diese dem Verbraucher nicht bereits vor Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt wurden (§ 312f Abs. 2 BGB n.F.).
Weiteführende Hinweise
- Beitrag „Verbraucherrechte im Kfz-Handel und -service: Ab 13. Juni 2014 gelten neue Regeln - Teil I“, ASR 5/2014, Seite 13
- Sie finden das Musterschreiben „Widerrufsbelehrung bei AGV und Fernabsatz“ samt Gestaltungshinweisen und das Musterschreiben „Widerrufsbelehrung“ auf asr.iww.de unter Downloads → Musterverträge/-formulierungen → Unternehmensführung.
- Beitrag „Sicher und erfolgreich via Internet handeln - Teil IV“, ASR 10/2011, Seite 11