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  • · Fachbeitrag · Elektromobilität

    Aufbau einer Ladeinfrastruktur im Kfz-Betrieb ‒ Antworten auf fünf wichtige Fragen

    von Niklas Hostnik, Referent beim ZDK Bonn

    | Die E-Mobilitätsoffensiven der Hersteller und darauf aufbauende Standards sorgen dafür, dass sich der Automobilhandel und die angeschlossenen Werkstätten zunehmend mit Fragen zur Ladeinfrastruktur beschäftigen müssen. Im Einklang mit den Herstellerstandards setzt das eine fundierte Analyse des eigenen Modellprogramms und der Marktpotenziale voraus. Denn die Investitionsanforderungen variieren stark je nach gewählter Ladetechnologie. Der folgende Beitrag beantwortet fünf wichtige Fragen. |

    Die fünf Fragen im Überblick

    Hinsichtlich der Ladeinfrastruktur im Kfz-Betrieb stellen sich in der Praxis folgende fünf Fragen:

    •  
    • 1. Wechselstrom- oder Gleichstrom-Ladetechnologie?
    • 2. Welche fahrzeugeigenen Ladesysteme haben die Modelle?
    • 3. Passt die hauseigene Stromnetz-Infrastruktur?
    • 4. Wie steht es um den Anschluss an das Versorgungsnetz?
    • 5. Wer bietet die für Ihr Anforderungsprofil besten Lösungen?

    1. Wechselstrom- oder Gleichstrom-Ladetechnologie?

    In vielen Kfz-Betrieben stellt sich die Frage, ob man sich auf die Errichtung von Wechselstrom-Ladeinfrastruktur (Alternating Current, AC) beschränken kann oder die deutlich kostenintensivere Gleichstrom-Technologie (Direct Current, DC) installiert.

     

    • AC-Ladepunkte bewegen sich je nach Funktionsumfang und Ladeleistung in einem preislichen Rahmen von 600 Euro bis 4.000 Euro netto.

     

    • Im DC-Bereich, in dem die Auswahl an Produkten deutlich geringer ist, starten die Produkte bei mittleren Ladeleistungen von 24 kW mit Preisen um die 10.000 Euro netto. Bei stärkeren Ladeleistungen bewegt man sich im DC-Bereich schnell bei deutlichen höheren Kosten.

     

    PRAXISTIPP | Für welche Technologie sich ein Kfz-Betrieb entscheidet, hängt im fabrikatsgebundenen Kfz-Gewerbe in erster Linie von den Vorgaben der Hersteller ab. Es sollte aber auch das im Fahrzeug vorhandene Ladesystem herangezogen werden, da die Wunschlösung der Hersteller und die vom Fahrzeug in der Praxis nutzbare Ladetechnologie teilweise divergieren.

     

    2. Welche fahrzeugeigenen Ladesysteme haben die Modelle?

    Welche fahrzeugeigenen Ladesysteme haben die Modelle, die Sie verkaufen? Für die Antwort auf diese Frage muss man tiefer in die technischen Eigenschaften der fahrzeugeigenen Ladesysteme einsteigen.

     

    Elektrofahrzeuge, sowohl rein elektrische als auch Hybridfahrzeuge, verfügen über einen sog. On-Board-Lader, der den aufgenommenen Wechselstrom für die Speicherung in der Traktionsbatterie, also den für den Fahrstrom genutzten Speicher, in Gleichstrom umwandelt.

     

    Dieser On-Board-Lader weist wie auch ein Ladepunkt eine maximale Ladeleistung auf. D. h., er kann nur eine bestimmte Menge an Strom in einer Stunde umwandeln und zwecks Speicherung an die Traktionsbatterie weiterleiten.

     

    Der On-Board-Lader bildet somit einen wesentlichen Engpassfaktor beim Ladevorgang. Sobald die jeweils in Kilowattstunden (kWh) angegebene Ladeleistung des Ladepunkts die des On-Board-Laders übersteigt, kann das Fahrzeug die zusätzliche Leistung beim AC-Laden nicht aufnehmen.

     

    PRAXISTIPP | Das ist ein wichtiger Faktor bei einer Investitionsentscheidung im Bereich der Ladeinfrastruktur, regelt er doch die Nutzbarkeit der Ladepunkte. Da On-Board-Lader eine sehr teure Komponente für den Fahrzeughersteller darstellen und je nach Anzahl der vorhandenen Phasen und Ladeleistungen den Fahrzeugpreis erheblich in die Höhe treiben können, wird hier oft gespart. Die seitens der Hersteller empfohlenen bzw. vorgegebenen AC-Ladeleistungen des Ladepunktes können dann oft nicht in voller Höhe vom Fahrzeug aufgenommen werden. Der Ladevorgang verlangsamt sich dadurch erheblich. Teilweise kann immerhin noch über kostenpflichtige Zusatzausstattung die Ladeleistung des On-Board Laders erhöht werden.

     

    Hier kann die kostspieligere DC-Technologie Abhilfe schaffen. Da bei dieser Ladeinfrastruktur die Wandlung von AC in DC bereits im Ladepunkt erfolgt, und nicht erst im Fahrzeug, wird der Engpassfaktor On-Board-Lader umgangen.

     

    Allerdings setzt diese Alternative die DC-Ladefähigkeit des Fahrzeugs voraus. Das E-Fahrzeug sollte also

    • den europäischen Combined Charging System-Standard (CCS) erfüllen oder
    • alternativ das japanische ChaDeMo-System bedienen.

     

    Das ist bei vielen Hybridfahrzeugen nicht der Fall. Und auch bei einigen rein batterieelektrischen Fahrzeugen muss die CCS-Ladedose als Zusatzausstattung hinzugebucht werden.

     

    Wichtig | Selbst wenn beim DC-Laden der Engpassfaktor On-Board-Lader entfällt, kann das Fahrzeug nicht immer die volle Ladeleistung des DC-Ladepunkts aufnehmen. Das mit der Ladesäule kommunizierende Batteriemanagementsystem des Fahrzeugs greift, z. B. bei zu hoher Hitzeentwicklung, zum Schutz der Batterie ein und reguliert die Ladeleistung.

     

    PRAXISTIPP | Die Frage, ob AC- oder DC-Ladeinfrastruktur, bedarf zunächst also einer genauen Prüfung der ladetechnischen Spezifikation des eigenen Modellportfolios. Hinzu kommt bei dieser Fragestellung auch der perspektivische Charakter einer heutigen Investition. Auch wenn das Modellportfolio zum Zeitpunkt der Investition größtenteils On-Board-Lader mit niedrigen Ladeleistungen unter 11 kW aufweist, ist der aktuellen Marktentwicklung folgend eine zukünftige Steigerung der Ladeleistungen anzunehmen. Eine Errichtung von Ladepunkten, die die Ladeleistung aktueller Fahrzeuggenerationen übersteigen, kann aus strategischen Gesichtspunkten also durchaus sinnvoll sein. Denn im AC-Bereich ist die preisliche Variation zwischen den Ladeleistungsstufen überschaubar, und höher dimensionierte Ladepunkte lassen sich vorübergehend oftmals auf aktuelle Anforderungen herunterregeln.

     

    Wichtig | Bei einigen Fabrikaten werden die Betriebe auch heute schon nicht um eine DC-Ladeinfrastruktur herumkommen. Sind die vorhandenen E-Fahrzeuge beispielsweise mit Batteriekapazitäten von mehr als 60 kW versehen und gleichzeitig On-Board-Lader mit niedrigen Ladeleistungen verbaut, ist zur Sicherstellung der Vorführwagenstandards eine Schnelllademöglichkeit unausweichlich. Sonst würde sich der Ladeprozess über Stunden hinziehen, und das Fahrzeug wäre in dieser Zeit nicht für Probefahrten nutzbar.

    3. Passt die hauseigene Stromnetz-Infrastruktur?

    Ein weiterer wichtiger Aspekt, den ein Kfz-Betrieb bei der Investitionsentscheidung beachten muss, ist die hauseigene Netzinfrastruktur:

     

    • Um die Nutzbarkeit der hauseigenen Anlagen zu überprüfen, liegt es nahe, mit dem Elektromeister des Vertrauens Kontakt aufzunehmen. Er kennt die Leistungsfähigkeit der autohauseigenen Infrastruktur und kann qualifiziert beraten.

     

    • Optional kann auch auf die Fachbetriebssuche des Elektrohandwerks (www.zveh.de) zurückgegriffen werden. Dort sind zertifizierte E-Mobilitätsfachbetriebe zu finden, die auf die Errichtung von Ladeinfrastruktur spezialisiert sind.
      •  
    • Auch Anbieter von Ladestationen bieten teilweise Leistungspakete, die eine entgeltliche Besichtigung der Autohaus-Netzinfrastruktur und umsetzungstechnische Beratung einschließen.
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    • Alternativ kann auch ein unabhängiger Berater hinzugezogen werden.

    4. Wie steht es um den Anschluss an das Versorgungsnetz?

    Ist die Nutzbarkeit der hauseigenen Netzinfrastruktur geklärt, muss der Anschluss an das regionale Versorgungsnetz geprüft werden. Dafür sollte der mit der Beratung und Installation der geplanten Ladeinfrastruktur vertraute Partner des Autohauses oder das Autohaus selbst den Kontakt mit dem regionalen Netzbetreiber suchen.

     

    Vom Netzbetreiber erhält man dann die Auskunft, ob der bestehende Netzanschluss für die geplanten Ladeleistungen ausgelegt ist oder eine Ertüchtigung des Anschlusses erforderlich wird. Letzteres kann unter Umständen durch ein intelligentes Lastmanagement umgangen werden.

     

    Wichtig | Besteht der regionale Netzbetreiber auf einer Aufrüstung des Anschlusses, kann es für das Autohaus kostspielig werden. Grundsätzlich muss der Netzbetreiber als zuständiges Unternehmen für die Funktionalität des Netzes sorgen (§ 8 Niederspannungsanschlussverordnung [NAV]) und wird über die Netzentgelte dafür entschädigt.

     

    Bei Änderungen, die durch den Kfz-Betrieb als Anschlussnehmer erforderlich werden, kann der Netzbetreiber aber eine Erstattung der angefallenen Kosten verlangen (§ 9 Abs. 1 S. 2 NAV). In bestimmten Fällen ist es sogar möglich, dass der Netzbetreiber Vorauszahlungen vom Anschlussnehmer verlangt.

     

    Zahlen, die aus der Kfz-Branche für die Aufrüstung des Netzanschlusses zu vernehmen sind, variieren stark, können sich aber durchaus bis in den sechsstelligen Bereich bewegen.

     

    Der Investitionsaufwand kann sich durch notwendige Aufwendungen an den örtlichen Verteileranlagen (umgangssprachlich gerne als Trafo beschrieben) erhöhen. Der Netzbetreiber kann vom Anschlussnehmer einen angemessenen Baukostenzuschuss für die Erstellung oder Aufrüstung der örtlichen Verteileranlagen verlangen (§ 11 NAV). Und der kann ‒ so ist aus der Kfz-Branche zu hören ‒ erheblich sein.

    5. Wer bietet die für Ihr Anforderungsprofil besten Lösungen?

    Letztendlich muss der passende Hardware-Anbieter ausgewählt werden. Entscheidend ist dabei das Leistungsspektrum, das der Kfz-Betrieb sofort oder perspektivisch mit dem Ladepunkt abbilden möchte. Insbesondere sind die folgenden Fragen zu beantworten:

     

    • Soll der Ladepunkt öffentlich zugänglich sein? Dann kommt die Ladesäulenverordnung ins Spiel.
    • Soll die Stromabgabe entgeltlich erfolgen? Dann muss der Ladepunkt konform mit Preisangabenverordnung und Eichrecht sein.
    • Soll der Ladepunkt nur für Mitarbeiter und Vorführwagen genutzt werden? Dann ist vielleicht doch eine Nachvollziehbarkeit der abgegebenen Strommengen gewünscht.

     

    Die Dienstleistungsangebote der Hardwareanbieter sind zudem sehr unterschiedlich:

     

    • Einige Angebote beschränken sich weitestgehend auf das Produkt und ggf. noch die Installation.
    • Andere bieten ganzheitliche Ansätze. Diese umfassen neben der Planung, Installation und Wartung auch den Betrieb und die Abrechnung von Ladevorgängen.

     

    PRAXISTIPPS |

    • Der ganzheitliche Ansatz ist insbesondere dann interessant, wenn der Ladepunkt einer breiten Masse von E-Autofahrern zugänglich gemacht werden soll. Die dafür erforderliche und komplexe Verhandlung sowie Abrechnung mit einzelnen Elektromobilitätsprovidern bzw. Fahrstromanbietern übernimmt bei den beschriebenen Ansätzen der Hardwareanbieter. Der Aufwand für den Kfz-Betrieb beschränkt sich auf eine monatliche Dienstleistungspauschale. Um diese Leistungen abbilden zu können, muss der Ladepunkt allerdings gewisse technische Voraussetzungen erfüllen.
    • Der Kfz-Betrieb sollte also bei Kaufentscheidung bereits wissen, welche Möglichkeiten er mit dem Ladepunkt abbilden möchte. Eine nachträgliche Aufrüstung der Ladeinfrastruktur ist meist sehr aufwändig und mit entsprechenden Kosten verbunden.
     

    Ein Kostentreiber bei der Ladeinfrastruktur kann auch ein fehlender Fehlerstromschutzschalter (Residual Current Device) sein, im deutschen besser bekannt als FI-Schalter.

     

    Während FI-Schalter des Typs A in vielen Ladehardwareprodukten serienmäßig vorhanden sind, ist der deutlich teurere Typ B, der sowohl gegen Wechsel- als auch Gleichfehlerströme absichert, noch zusätzlich anzuschaffen.

     

    Wichtig | Auch wenn es einen mit elektrischen Anlagen erfahrenen Mitarbeiter im Kfz-Betrieb gibt, ist eine Eigeninstallation in keinem Fall zulässig. Eine Installation darf nur durch einen nach dieser Verordnung zugelassenen Netzbetreiber oder Elektroinstallationsbetrieb erfolgen (§ 13 Abs. 2 S. 2 NAV). Die Installation eines Ladepunkts ist auch zwingend an den Netzbetreiber zu melden.

     

    FAZIT | Elektromobilität und Ladeinfrastruktur bringen komplexe Entscheidungsfindungsprozesse mit sich. Die dafür notwendige Zeit sollten sich die Kfz-Betriebe unbedingt nehmen. Auch den meisten Herstellern ist bewusst, dass eine Umsetzung nicht von heute auf morgen erfolgen kann, und sie räumen entsprechende Zeiträume ein. Die bei vielen Fabrikaten in Aussicht gestellten Ladestandards sollten dennoch kritisch betrachtet und auf ihre Notwendigkeit für den einzelnen Betrieb untersucht werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Sonderausgabe Elektromobilität: Von lohnsteuerlichen Vergünstigungen profitieren → Abruf-Nr. 46008908
    Quelle: Ausgabe 10 / 2019 | Seite 16 | ID 46091961