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  • · Fachbeitrag · Wettbewerbsrecht

    Abgemahnt: So gehen Sie in der Praxis richtig vor

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Christian Volkmann, merleker mielke Rechtsanwälte * Notare, Berlin

    | Viele Kfz-Händler begegnen Abmahnungen und Unterlassungserklärungen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt, um Aufwand und Kosten zu sparen. Damit verpassen sie die Möglichkeit, sich erfolgreich gegen unseriöse Abmahner zu wehren, und gehen darüber hinaus existenzbedrohende Risiken ein. Lesen Sie daher, was Sie im Abmahnfall tun (und lassen) sollten. |

    Was wird abgemahnt?

    Abgemahnt wird im Kfz-Handel, wenn ein Wettbewerber oder ein Verband der Auffassung ist, dass ein Händler gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstößt, in dem zahlreiche mögliche Verstöße geregelt sind. Im Kfz-Handel stehen an vorderster Front

    • fehlerhafte oder unvollständige Preisangaben (zum Beispiel fehlende Angabe von Überführungskosten, fehlende Angaben zu den Kreditkonditionen bei einer Finanzierung) sowie
    • Verstöße gegen die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) und gegen die allgemeinen und besonderen Informationspflichten bei Werbeanzeigen und Kaufangeboten.

     

    Viele dieser Verstöße sind über das Internet für potenzielle Abmahner leicht herauszufinden. Die Folge ist ein regelrechtes Abmahngeschäft. Auch Verbände wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) oder die Wettbewerbszentrale treten häufig als Abmahner auf.

    Warum überhaupt eine Abmahnung?

    Für den richtigen Umgang mit Abmahnungen ist es wichtig, das Wesen der Abmahnung und den damit verfolgten Zweck zu verstehen.

     

    Wer beispielsweise ein Neufahrzeug bewirbt, ohne die erforderlichen Angaben nach der Pkw-EnVKV zu machen, handelt unlauter und verstößt gegen das UWG. Darauf kann ein Wettbewerber oder ein Verband, der Mitglieder aus dem Bereich des Autohandels hat, ein gerichtliches Verbot erwirken. Dazu muss er beim Landgericht Klage einreichen oder eine einstweilige Verfügung beantragen.

     

    Geschieht dies, ohne dass der Abmahner den Kfz-Händler zuvor auf den Wettbewerbsverstoß hingewiesen hat, kann der Händler - wenn er denn tatsächlich gegen das UWG oder die Pkw-EnVKV verstoßen hat und deshalb den Rechtsstreit verlieren würde - den Anspruch sofort nach Klagezustellung anerkennen. In diesem Fall müsste der Abmahner, und nicht der Händler, der eigentlich im Rechtsstreit unterliegen würde, die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen (§ 93 Zivilprozessordnung).

     

    Um diese Kostenfolge zu vermeiden, wurde die Abmahnung entwickelt. Wurde der Händler vom Abmahner vor Erhebung der Klage abgemahnt und hat er daraufhin keine Unterlassungserklärung abgegeben, muss er die Kosten tragen, selbst wenn er den Anspruch sofort nach der Zustellung der Klage anerkannt hat.

     

    Weil die (berechtigte) Abmahnung aber auch dazu dient, einen Rechtsstreit zu vermeiden, ging die Rechtsprechung immer schon davon aus, dass sie eigentlich im Interesse des Abgemahnten ausgesprochen wird. Dies führt dazu, dass der abgemahnte Händler die Kosten der Abmahnung tragen muss, wenn die Abmahnung zurecht erfolgt ist, weil ein Wettbewerbsverstoß vorliegt. Dies hat sich mittlerweile in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG niedergeschlagen.

     

    Kosten der Abmahnung

    Die Kosten der Abmahnung sind die Kosten, die der Abmahner aufwenden muss, um die Abmahnung auszusprechen:

     

    • Verbände haben zum Beispiel bestimmte Recherche- und Unkostenaufwendungen ermittelt, die oft zwischen 160 Euro und 300 Euro liegen.
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    • Wettbewerber beauftragen für eine Abmahnung in der Regel einen Rechtsanwalt, dessen Kosten der Abgemahnte erstatten muss. Die Kosten des Anwalts berechnen sich nach dem sogenannten Gegenstandswert der Angelegenheit. Dieser liegt in Wettbewerbsauseinandersetzungen meist zwischen 10.000 Euro und 25.000 Euro. Er kann aber bei schweren Verstößen auch deutlich darüber liegen. Die Kosten des Anwalts belaufen sich bei diesen Gegenstandswerten auf zirka 750 Euro bis 1.100 Euro.

     

    Abmahnung und die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung

    Der Abmahnung ist in der Regel eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (UVE) beigefügt. In dieser Erklärung soll sich der Abgemahnte gegenüber dem Abmahner verpflichten, das unlautere Verhalten zu unterlassen, und darüber hinaus eine Vertragsstrafe für den Fall versprechen, dass er in Zukunft das unlautere Verhalten nicht unterlässt.

     

    Eine solche UVE muss vom Abgemahnten unterschrieben werden. Dies gilt auch dann, wenn die Werbung gar nicht mehr geschaltet wird. Denn die Rechtsprechung nimmt grundsätzlich an, dass ein Werbender, der einmal unlauter gehandelt hat, dies wieder tun wird. Es besteht dann „Wiederholungsgefahr“. Diese besteht erst dann nicht mehr, wenn eine UVE abgegeben wird und der Abgemahnte darin eine ausreichende Vertragsstrafe für den Fall verspricht, dass er die monierte Handlung erneut begeht.

     

    PRAXISHINWEIS | Das in der UVE enthaltene Verbot wurde vom Abmahner bzw. von dessen Anwalt verfasst. Dieser hat ein Interesse daran, das Verbot möglichst weit zu fassen. Lassen Sie sich daher vor Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung rechtlich beraten, inwieweit das Verbot eingeschränkt werden kann. Hier können schon kleine Änderungen in der Erklärung erhebliche Auswirkungen haben.

     

    Folgen der Abgabe der UVE

    Gibt der Abgemahnte eine UVE mit einer ausreichenden Vertragsstrafe ab, ist die Angelegenheit erledigt. Der Abmahner kann in diesem Fall einen Rechtsstreit gegen den Abgemahnten nicht mehr gewinnen, weil die für ein gerichtliches Verbot erforderliche „Wiederholungsgefahr“ nicht mehr besteht. Seine Klage würde wegen der UVE abgewiesen werden.

     

    Wichtig | Mit der Abgabe einer UVE kommt mit dem Abmahner ein Vertrag zustande. Von diesem kann sich der Abgemahnte nicht mehr ohne weiteres lösen. Er bleibt daher auf unbestimmte Zeit in der Verpflichtung gegenüber dem Abmahner. Lediglich wenn der BGH zum Beispiel in einem ähnlichen Fall entscheidet, dass das monierte Verhalten nicht wettbewerbswidrig ist, kann der Unterlassungs- und Verpflichtungsvertrag gekündigt werden.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Gibt der Abgemahnte nicht die vom Abmahner vorformulierte UVE ab, sondern eine eingeschränkte Erklärung, muss diese - wenn sie denn ausreichend ist - vom Abmahner noch angenommen werden, damit der Vertrag zustande kommt.
    • Vom Vertrag erfasst ist nicht nur ein identischer Verstoß, sondern auch Verstöße, die dem monierten Verstoß im Kern ähnlich sind. Die Rechtsprechung spricht dabei von „kerngleichen Verstößen“.
     

    In der UVE enthalten ist auch die Verpflichtung zur Zahlung der versprochenen Vertragsstrafe für spätere Verstöße. Kommt es zu mehreren Einzelverstößen, fällt die Vertragsstrafe entsprechend mehrfach an.

     

    Beachten Sie | Dabei muss der Abgemahnte auch für seine Erfüllungsgehilfen, also insbesondere auch für seine Angestellten, Auszubildenden oder seine Dienstleister einstehen. Die Haftung ist nur dann ausgeschlossen, wenn den Abgemahnten kein Verschulden an dem Verstoß trifft. Für das Verschulden genügt allerdings bereits die leichteste Fahrlässigkeit des Abgemahnten selbst oder eines seiner Erfüllungsgehilfen.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Vertragsstrafe kann selbst dann anfallen, wenn der Abgemahnte nach Abgabe der UVE die unlautere Werbung nicht vollständig aus dem Internet entfernt. Dies kann mit hohem Aufwand verbunden sein, etwa wenn ein unlauteres Fahrzeugangebot über eine Vielzahl von Automobilbörsen geschaltet wurde.

     

    Gerichtliche Auseinandersetzung als Alternative zur UVE

    Gibt der Abgemahnte die UVE nicht ab, muss er damit rechnen, dass der Abmahner Klage erhebt oder eine einstweilige Verfügung gegen ihn beantragt.

     

    Bekommt der Abmahner vor Gericht Recht, wird der Abgemahnte zur Unterlassung des monierten Verhaltens verurteilt: Das Verhalten wird ihm verboten. Verstößt er gegen dieses Verbot, muss er keine Vertragsstrafe zahlen.

     

    Ordnungsgeld statt Vertragsstrafe

    Folgenlos bleibt sein Verhalten aber nicht. Denn wer gegen ein gerichtliches Verbot verstößt, muss ein Ordnungsgeld zahlen. Dieses fließt allerdings der Justizkasse zu, und nicht dem Abmahner bzw. Kläger.

     

    Die Höhe des Ordnungsgelds ist im Urteil noch nicht festgelegt. Das Ordnungsgeld wird erst bestimmt, wenn seine Festsetzung beantragt wird. Dies geschieht regelmäßig auf Veranlassung des Abmahnenden bzw. ehemaligen Klägers. Das Gericht stellt keine eigenen Nachforschungen an, ob das Verbot beachtet wird oder nicht.

     

    Das Gericht hat bei der Festsetzung des Ordnungsgeldes einen erheblichen Spielraum. Es kann daher abhängig von der Schwere des Verstoßes und von den wirtschaftlichen Verhältnissen des verurteilten Abgemahnten ein Ordnungsgeld festsetzen, das unter dem üblichen Betrag einer Vertragsstrafe von 4.000 Euro bis 5.000 Euro liegt.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Der Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgelds bringt dem Abmahner keinen wirtschaftlichen Vorteil. Sein Interesse daran, spätere Verstöße zu verfolgen, ist daher häufig geringer als bei der Abgabe einer UVE.
    • Lassen Sie sich im Fall einer Abmahnung umfassend beraten, welche Folgen mit der Abgabe der UVE verbunden sind. Lassen Sie sich auch beraten, welche (Mehr-)Kosten entstehen, wenn Sie keine UVE abgegeben möchten, sondern ein gerichtliches Verbot bevorzugen. Hier gibt es prozessuale Möglichkeiten, wie Sie bei verhältnismäßig geringen (Mehr-)Kosten die Abgabe einer UVE mit deren nachteiligen Folgen vermeiden können. So kann ein Gerichtsverfahren bei einem klaren Verstoß beispielsweise kostengünstig durch ein Anerkenntnis beendet werden. Im Fall eines Folgeverstoßes wäre dann ein Ordnungsgeldverfahren durchzuführen; eine Vertragsstrafe würde nicht anfallen.
     

    Gegen unseriöse Abmahnungen richtig vorgehen

    Nahezu jeder Kfz-Händler hat schon einmal erfahren müssen: Abmahnungen werden nicht immer von seriösen Verbänden oder Wettbewerbern ausgesprochen, denen es ausschließlich um die Lauterkeit des Wettbewerbs geht. Häufig werden Abmahnungen wegen Nichtigkeiten ausgesprochen, dies dann aber zum Teil von einigen Abmahnern massenhaft.

     

    Auf diese Weise werden ganz erhebliche Gebühren für den Anwalt generiert, der den Abmahner vertritt. Unterschreibt nur eine geringe Anzahl der Abgemahnten eine UVE und verstößt in der Folgezeit der eine oder andere der dann zur Vertragsstrafe Verpflichteten gegen die UVE, wird dies für Anwalt und Abmahner zum lohnenden Geschäft.

     

    PRAXISHINWEIS | Ein solches Vorgehen ist rechtsmissbräuchlich. Die Geltendmachung der Ansprüche ist unzulässig. In diesen Fällen sollten Sie in Abstimmung mit einem wettbewerbsrechtlich versierten Rechtsanwalt erwägen, es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen zu lassen.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2015 | Seite 17 | ID 43141621