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· Internet-Bewertungen

Google muss negative Bewertung löschen

Bild: © phoenix021 - stock.adobe.com

von Martin Rätze, Trusted Shops GmbH, Köln

| Unternehmer sehen sich immer wieder mit negativen Bewertungen konfrontiert. Besonders ärgerlich sind diese, wenn der Unternehmer eine Bewertung erhält, die gar nicht von einem Kunden stammt. Google wurde jetzt dazu verurteilt, eine solche Bewertung zu entfernen (LG Hamburg 12.1.18, 324 O 63/17). |

Restaurant wird schlecht bewertet

Nutzer mit einem Google-Profil können über die Seite von Google auch Unternehmen bewerten. So erging es auch einem Betreiber eines Gasthauses. Er erhielt eine schlechte Bewertung mit nur einem Stern über Google. Die Nutzerin, die die Bewertung abgab, verfasste allerdings keinen Kommentar dazu.

 

Der Unternehmer sah in der negativen Bewertung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Diese folge daraus, dass der Bewertung keine tatsächlichen Anknüpfungspunkte zugrunde lagen. Zwar sei die Bewertung mit nur einem Stern eine grundsätzlich zulässige Meinungsäußerung, im vorliegenden Fall allerdings unzulässig, argumentierte der Unternehmer. Er bestritt, dass die Bewertende eine Kundin seines Gasthauses gewesen sei. Anhand des (Fantasie-)Profilnamens konnte er keine Kundin in seinen Unterlagen ermitteln. Dazu habe er die Rechnungen der letzten Jahre durchgesehen. Er vermutete daher, dass die Bewertung von einem Konkurrenten oder einer Person ohne Kundenkontakt stammte.

 

Google war der Meinung, dass die Bewertung mit einem Stern eine zulässige Meinungsäußerung darstellte. Die Bewertende müsse auch nicht zwingend Kundin in dem Gasthaus gewesen sein. Es würde vielmehr ausreichen, dass sie beim Spazierengehen das Gebäude entdeckt und ihr dieses missfallen hat. Vielleicht habe sie sich aber auch am Namen des Gasthauses gestört. Die genauen Hintergründe einer Bewertung ohne Freitextfeld ließen sich dieser nicht entnehmen. Die Bewertung sei daher von der Meinungsfreiheit gedeckt und ein Anspruch auf Löschung bestehe nicht.

Meinungsfreiheit versus schutzwürdige Interessen

Das LG Hamburg folgte dem Antrag des klagenden Unternehmers und verurteilte Google zur Löschung der Bewertung. Bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit sei das Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs-)Ehre mit der Meinungsfreiheit der Bewertenden abzuwägen.

 

Der durchschnittliche Leser der Bewertung gehe davon aus, dass die Bewertende eine konkrete Erfahrung mit dem Gasthaus bewertet habe, sie dort also Gast war. Denkbar sei auch noch, dass die Bewertende vielleicht nicht Gast war, aber in sonstiger Weise Kontakt mit dem Gasthaus hatte, z. B. eine telefonische Reservierung aufgeben wollte. Der Leser gehe aber nicht davon aus, dass die Bewertende überhaupt keinen Kontakt zu dem Gasthaus hatte. Die grundsätzlich zulässige Meinungsäußerung in Form einer Bewertung mit nur einem Stern ohne Begleittext finde dort ihre Grenzen, wo es der Bewertung an tatsächlichen Anhaltspunkten fehlt. Fehlen also tatsächliche Bezugspunkte oder sind diese unwahr, tritt die Meinungsfreiheit hinter die schutzwürdigen Interessen des Unternehmers zurück. Das Gericht ging davon aus, dass die Bewertende keinen Kontakt zu dem Gasthaus hatte.

Risiko, aber auch Chance für Unternehmer

Bewertungen im Internet spielen schon heute eine große Rolle bei der Entscheidungsfindung der Verbraucher. Verbraucher achten bei der Suche insbesondere nach Restaurants, Onlineshops oder auch Ärzten vermehrt auf Bewertungen von anderen Nutzern. Positive Bewertungen stellen dabei eine sehr gute Werbung für das Unternehmen dar, negative können das Gegenteil bedeuten. Daher ist es wichtig, dass Unternehmer mit (negativen) Bewertungen richtig umgehen. Dazu müssen sie aber wissen, dass es überhaupt Bewertungen über sie im Internet gibt. Und hier liegt das Risiko für Unternehmer bei den freien Bewertungsportalen, bei denen nicht von vornherein sichergestellt ist, dass nur Personen eine Bewertung abgegeben haben, die auch tatsächlich in einem (geschäftlichen) Kontakt mit dem Unternehmen standen. Als Unternehmer wird man bei freien Bewertungsportalen zum einen nicht darüber informiert, dass man dort überhaupt bewertet werden kann. Zum anderen fehlt die weitere Information über neu eingegangene Bewertungen.

Zulässigkeit von freien Bewertungsportalen

Der BGH (23.9.14, VI ZR 358/13) hat in seiner Jameda-Entscheidung die Zulässigkeit freier Bewertungsportale grundsätzlich bejaht. Unternehmer können sich also grundsätzlich nicht dagegen wehren, dass sie im Internet bewertet werden, selbst wenn sie dies gar nicht wollen. Hier überwiegt das grundgesetzlich geschützte Recht auf Meinungsäußerung der Bewertenden das Interesse der Unternehmer. Lediglich in bestimmten Ausgestaltungen dieser freien Bewertungsportale können Unternehmer die komplette Löschung des eigenen Profils verlangen ‒ etwa wenn auf der Profilseite Werbeangebote für Mitbewerber geschaltet werden.

Praxishinweise

Unternehmer sollten regelmäßig in Suchmaschinen nach dem eigenen Unternehmen suchen, um festzustellen, ob es Bewertungen gibt. Auf negative Bewertungen sollte unbedingt reagiert werden. So kann eine Antwort auf eine negative Bewertung, etwa in Form einer Entschuldigung oder eines ehrlichen Angebots zur Klärung, das Bild beim Leser gleich wieder verbessern.

 

Wenn man ‒ wie im Fall des LG Hamburg ‒ keinerlei Anhaltspunkte dafür findet, dass der Bewertende überhaupt in einem geschäftlichen Kontakt zum eigenen Unternehmen stand, sollte man die Möglichkeit ergreifen und sich gegen solche Bewertungen wehren. Das Gericht hat hier klargestellt, dass in solchen Fällen ausnahmsweise auch ein Löschungsanspruch bestehen kann und die Meinungsfreiheit des Bewertenden dahinter zurücktritt.

Quelle: ID 45210618