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· Kündigungsrecht

Ist Kündigung eines dienstlich verpflichteten Vielfahrers bei Führerscheinentzug rechtens?

Bild: ambrozinio - Fotolia

| Wenn ein Mitarbeiter dienstlich verpflichtet ist, häufig mit dem Auto zu fahren, kann ein Fahrerlaubnis-Entzug wegen Trunkenheit am Steuer (auch bei einer Privatfahrt) dazu führen, dass ihm gekündigt wird. Allerdings muss die Kündigung nicht in jedem Fall die richtige Reaktion des Arbeitgebers sein. Zu diesem Ergebnis kommt das Landesarbeitsgericht ( LAG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 06.09.2021, Az. 1 Sa 299/20 ), das im verhandelten Fall eine Abmahnung nicht als entbehrlich ansah. |

 

Alkoholbedingter Unfall mit dem Dienstwagen auf einer Privatfahrt

Der gegen seine Kündigung klagende Arbeitnehmer war als Key-Account-Manager bei einem Chemieunternehmen beschäftigt. Für Kundenbesuche benötigte er sein Dienstfahrzeug. Mit diesem kam auf einer Privatfahrt mit überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab. Die Polizei nahm den Unfall auf und stellte einen erheblich erhöhten Alkoholpegel fest. Noch vor Zugang seiner Kündigung hatte der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber angeboten, die Zeit bis zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis durch Beschäftigung eines Fahrers auf eigene Kosten und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu überbrücken.

 

LAG hielt im Urteilsfall eine Abmahnung nicht für entbehrlich

Nach Auffassung des LAG war dieses Angebot für den Arbeitgeber zumutbar. Diese Möglichkeit komme als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung in Betracht. Unter Würdigung der Gesamtumstände kam das LAG zu folgendem Ergebnis: „Verstößt ein langjährig beschäftigter Arbeitnehmer durch eine Trunkenheitsfahrt außerhalb der Arbeitszeit schuldhaft gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten und erscheint eine Wiederholung als wenig wahrscheinlich, ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Abmahnung nicht von vorneherein entbehrlich.“

 

FAZIT | Das Urteil des LAG zeigt auf, dass eine Trunkenheitsfahrt, die zum Verlust des Führerscheins führt, auch bei Arbeitnehmern, die für die Ausübung ihrer Tätigkeit ein KFZ benötigen, nicht automatisch eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt. Das kann unverhältnismäßig sein. Die Betonung liegt auf „kann“: In seinen Urteilsgründen macht das LAG unmissverständlich deutlich: „Die Entziehung der Fahrerlaubnis stellt einen Umstand dar, der an sich geeignet sein kann, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung aus personenbedingten Gründen abzugeben.“

 

 

 

 

(Ke)

 

Quellen

  • LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 06.09.2021, Az. 1 Sa 299/20)

 

Quelle: ID 47759978