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· OFD NRW

Werbungskostenabzug im Homeoffice ‒ Homeoffice-Pauschale oder doch Arbeitszimmer?

| Ab Veranlagungszeitraum 2020 werden Steuerpflichtige vermehrt die Homeoffice-Pauschale in der Steuererklärung ansetzen. In manchen Fällen kann aber auch der Ansatz eines häuslichen Arbeitszimmers möglich sein. Wie die Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind, klärt dieser Beitrag auf Grundlage eines Arbeitspapiers der OFD Nordrhein-Westfalen ‒ als Zusammenfassung. |

 

Der Grundsatz steht: Ein häusliches Arbeitszimmer ist nur ansetzbar, wenn es den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet oder wenn für eine Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die neue Homeofficepauschale für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 dagegen können Sie leichter ansetzen. Sie wurde wegen der Pandemie mit dem Jahressteuergesetz 2020 (BGBl I 2020, S. 3096) ermöglicht (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 4 EStG)

1. Homeoffice-Pauschale

Der Steuerpflichtige kann für jeden Kalendertag, an dem er zu Hause arbeitet, einen Betrag von 5 Euro abziehen, höchstens jedoch 600 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr. Somit können höchstens 120 Arbeitstage berücksichtigt werden. Die Pauschale wird nicht zusätzlich zum Arbeitnehmerpauschbetrag berücksichtigt.

 

 

Die Berücksichtigung der Homeoffice-Pauschale kommt für folgende Kalendertage in Betracht:

  • Ausübung der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung und
  • kein Aufsuchen einer außerhalb der häuslichen Wohnung belegenen Betätigungsstätte. Dies bedeutet, dass die Homeoffice-Pauschale für Kalendertagen nicht berücksichtigt werden kann, an denen der Steuerpflichtige z. B:
    • eine erste Tätigkeitsstätte oder betriebliche Einrichtung,
    • eine Auswärtstätigkeit oder
    • ein Sammelpunkt oder weiträumiges Tätigkeitsgebiet aufsucht.

 

TIPP | Ein Nebeneinander der Homeoffice-Pauschale und der Entfernungspauschale bzw. ein Abzug tatsächlicher Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen für denselben Kalendertag ist somit nicht möglich. An weitere Voraussetzungen ist die Homeoffice-Pauschale nicht geknüpft. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Vorlage einer Bescheinigung den Arbeitgebers zur Berücksichtigung der Homeoffice-Pauschale.

 
  • Beispiel 1 (OFD NRW)

Frau D. arbeitet im Veranlagungszeitraum 2020 an 100 Arbeitstagen an einer Arbeitsecke im Homeoffice. An 20 Arbeitstagen fährt sie zusätzlich zu ihrer ersten Tätigkeitsstätte, um Unterlagen abzuholen.

 

Lösung: D. kann die Homeoffice-Pauschale für 80 Tage beantragen, da sie an diesen Tagen ausschließlich am häuslichen Arbeitsplatz tätig wurde (80 x 5 € = 400 €). An den 20 Arbeitstagen, an denen D. neben ihrer Tätigkeit am häuslichen Arbeitsplatz ‒ wenn auch nur kurzzeitig ‒ die erste Tätigkeitsstätte aufgesucht hat, kann die Homeoffice-Pauschale nicht berücksichtigt werden. Für diese 20 Arbeitstage kommt grundsätzlich eine Berücksichtigung der Entfernungspauschale in Betracht.

 

Wenn Steuerpflichtige auch ein Arbeitszimmer absetzen können, so besteht ein Wahlrecht, ob die Homeoffice-Pauschale oder die tatsächlichen Aufwendungen (Arbeitszimmer) berücksichtigt werden.

 

Beachten Sie | Eintragungen zur Homeoffice-Pauschale auf der Anlage N

Die Pauschale soll im Bereich der sonstigen Werbungskosten erfasst werden.

2. Arbeitszimmer: ja oder nein ‒ die Prüfschritte der OFD

Prüfen Sie nach dem Schema der OFD NRW, die Voraussetzungen für eine steuerliche Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers:

 

2a. Räumliche Voraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer

Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder ‒ organisatorischer Arbeiten dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird (BMF-Schreiben vom 06.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 3).

 

TIPP | Prüfen Sie, ob ein abgeschlossener Raum vorliegt, der so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird. Eine Trennung des häuslichen Arbeitszimmers von den übrigen zur privaten Sphäre des Steuerpflichtigen zählenden Räumen ist somit zwingend erforderlich. Eine private Mitbenutzung bis 10 % ist regelmäßig unschädlich.

 

Daraus folgt: Wird die Tätigkeit am Küchentisch / im Wohnzimmer ausgeübt, kann kein Arbeitszimmer angesetzt werden (schädliche private Mitbenutzung). Auch eine anteilige Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen scheidet in diesen Fällen aus (BFH, 27.07.2015, GrS 1/14, BStBl II 2016, 265).

 

2b. Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, ist der Abzug der Aufwendungen in unbegrenzter Höhe möglich (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 2. HS EStG).

 

Hintergrund: Die historische Rechtsentwicklung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG sowie der Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2010 ‒ und nicht zuletzt mit BMF-Schreiben vom 06.10.2017 (BStBl I S. 1320, Rz. 1) konkretisieren den Gesetzeswortlaut:

 

„Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden (§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 3, 2. Halbsatz EStG); dies gilt auch, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.“

 

Das heißt: Es ist auf den inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Betätigung des Steuerpflichtigen abzustellen. Der zeitliche (quantitativen) Umfang ist nur ein Indiz.

 

  • Beispiel 2 (OFD NRW)

Herr S. war ausschließlich im Büro seines Arbeitgebers tätig. Aufgrund der Corona-Krise ordnet der Arbeitgeber für alle an, dass sie ab 16.03.2020 nur noch im Homeoffice tätig werden sollen. S. erbringt daher ab dem 16.03.2020 sämtliche bislang im Büro des Arbeitgebers erbrachte Tätigkeiten in seinem häuslichen Arbeitszimmer (räumliche Voraussetzungen liegen vor).

 

Lösung: Da S. ausschließlich im Homeoffice tätig wird und dort die für seinen Beruf wesentlichen Leistungen erbringt (qualitativer Schwerpunkt), befindet sich der Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit ab dem 16.03.2020 in seinem häuslichen Arbeitszimmer.

 

Demzufolge kommt für S. ab dem 16.03.2020 ein unbegrenzter Werbungskostenabzug für sein häusliches Arbeitszimmer in Betracht (alternatives Wahlrecht: Homeoffice-Pauschale).

 

2c. Für den Job steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung

Dies ist zu prüfen, wenn sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit nicht bereits im häuslichen Arbeitszimmer befindet (vgl. Ausführungen zu 2b).

 

Ein Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer kommt in Betracht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2 und 3 1. HS EStG). In diesem Fall kommt ein auf 1.250 € im Veranlagungszeitraum begrenzter Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Betracht. Der Betrag von 1.250 € ist ein Jahresbetrag, eine anteilige Kürzung ist nicht vorzunehmen.

 

Voraussetzung ist also: Der Steuerpflichtige muss auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen sein.

 

  • Fortsetzung Beispiel 2 (OFD NRW):

Der Arbeitgeber beschließt, seine Arbeitnehmer ab dem 17.08.2020 zurück in das Büro des Arbeitgebers zu beordern. Den Arbeitnehmern wird aber ermöglicht, weiterhin einen Tag pro Woche im Homeoffice zu arbeiten. Diese Option nutzt S regelmäßig und arbeitet ab dem 17.08.2020 einen Tag pro Woche in seinem häuslichen Arbeitszimmer; ansonsten im Büro. Inhaltlich gibt es keinen Unterschied, ob er im Büro oder zu Hause arbeitet.

 

Lösung: S. erbringt qualitativ gleichwertige Tätigkeiten sowohl im Büro des Arbeitgebers als auch im häuslichen Arbeitszimmer. Daher ist für die Prüfung des Mittelpunkts seiner Tätigkeit auf den zeitlichen (quantitativen) Umfang abzustellen (BMF-Schreiben vom 06.10.2017, BStBl I S. 1320, Rz. 11).

 

Da S. ab dem 17.08.2020 überwiegend im Büro des Arbeitgebers tätig wird, befindet sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit nicht mehr im häuslichen Arbeitszimmer. Ein unbegrenzter Abzug kommt daher nicht mehr in Betracht.

 

Auch eine begrenzte Berücksichtigung bis 1.250 € der Aufwendungen kommt ab dem 17.08.2020 nicht in Betracht, da S. ein anderer Arbeitsplatz im Büro des Arbeitgebers zur Verfügung steht.

 

Im Ergebnis kann S. daher für fünf Monate (16.03.2020 bis 16.08.2020) die anteiligen Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer im Veranlagungszeitraum 2020 in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten geltend machen (alternatives Wahlrecht: Homeoffice-Pauschale). Für den Zeitraum ab dem 17.08.2020 kann S. die Homeoffice-Pauschale beanspruchen, sofern er kalendertäglich ausschließlich in seiner häuslichen Wohnung tätig wurde.

 
  • Beispiel 3, Abwandlung von Beispiel 2 (OFD NRW):

In Abwandlung zu Beispiel 2 (Fortsetzung) besagt die Vereinbarung, dass die Arbeitnehmer ab 17.08.2020 an drei Tagen pro Woche im Homeoffice arbeiten können. Von dieser Möglichkeit macht S auch Gebrauch.

 

Lösung: S. steht zwar ab dem 17.08.2020 ein Arbeitsplatz im Büro des Arbeitgebers zur Verfügung, allerdings befindet sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit weiterhin im häuslichen Arbeitszimmer. Da S. sowohl im Büro des Arbeitgebers als auch in seinem häuslichen Arbeitszimmer qualitativ gleichwertige Tätigkeiten erbringt, ist für die Beurteilung des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit auf den zeitlichen (quantitativen) Aspekt abzustellen. Da S. an drei von fünf Arbeitstagen im häuslichen Arbeitszimmer tätig wird, befindet sich der Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit weiterhin im häuslichen Arbeitszimmer.

 

S. kann daher auch über den Zeitraum vom 16.03.2020 bis zum 16.08.2020 hinaus die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten geltend machen (alternatives Wahlrecht: Homeoffice-Pauschale).

 

Sofern der Arbeitgeber aus Gründen des Infektionsschutzes den Arbeitnehmern untersagt, das Büro aufzusuchen, steht den Arbeitnehmern für diesen Zeitraum kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Dürfen die Arbeitnehmer das Büro beispielsweise nur an zwei bestimmten Wochentagen aufsuchen, um ein Zusammentreffen mit anderen Arbeitskollegen wegen Gesundheits- / Ansteckungsgefahren zu vermeiden (rollierendes-System), steht den Arbeitnehmern für die übrigen Tage kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. In diesen Fällen kommt regelmäßig zumindest ein auf 1.250 € begrenzter Abzug der Aufwendungen des häuslichen Arbeitszimmers in Betracht (alternatives Wahlrecht: Homeoffice-Pauschale).

 

Bild: OFD NRW

3. Aufwendungen für die Ausstattung des Arbeitszimmers

Neben den laufenden Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer oder neben der Homeoffice-Pauschale kann der Steuerpflichtige Aufwendungen für die Ausstattung eines Arbeitszimmers oder seiner „Arbeitsecke“ als Arbeitsmittel geltend machen. Diese sind von der Prüfung der Voraussetzungen zum Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers nicht berührt. Auch die Homeoffice-Pauschale entfaltet für diese Aufwendungen keine Abgeltungswirkung.

 

Eine Berücksichtigung von Ausstattung / Arbeitsmitteln ist möglich, wenn der Steuerpflichtige einen Bürostuhl für seine Arbeitsecke für 500 € erwirbt und diesen ausschließlich für berufliche Zwecke nutzt. In diesem Fall sind zwar keine tatsächlichen laufenden Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (räumliche Voraussetzungen nicht erfüllt) abzugsfähig, der Bürostuhl ist allerdings als Arbeitsmittel (GWG) dem Grunde nach als Werbungskosten abzugsfähig (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG). Der Bürostuhl kann neben einer gegebenenfalls zu berücksichtigenden Homeoffice-Pauschale als Werbungskosten abgezogen werden.

4. Auswirkungen auf die zu berücksichtigende Entfernungspauschale

Nur die tatsächlichen Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte sind anzusetzen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG). Aus diesem Grund wurde die bisherige Abfrage zu den Urlaubs- und Krankheitstagen oberhalb der Zeile 31 auf der Anlage N ab dem Veranlagungszeitraum 2020 um die Abfrage von Heimarbeits- und Dienstreisetagen erweitert.

 

Sofern ein Steuerpflichtiger im Veranlagungszeitraum 2020 erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer oder die Homeoffice-Pauschale als Werbungskosten beantragt, ist unabhängig von der steuerlichen Berücksichtigung davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige im Vergleich zu den Vorjahren eine geringere Anzahl von Fahrten zu seiner ersten Tätigkeitsstätte durchgeführt hat.

 

Ein Wahlrecht, zur Berücksichtigung von tatsächlichen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer oder der gegebenenfalls höheren Entfernungspauschale unter Einbeziehung von nicht durchgeführten Fahrten, besteht nicht.

 

(JT, bearbeitetes Exzerpt)

 

Quelle | OFD NRW: Arbeitspapier zum Werbungskostenabzug bei Homeofficetätigkeiten (16.02.2021)

Quelle: ID 47532458