· Arbeitgeberrecht
Arbeitnehmer in Quarantäne: So vermeiden Sie die Lohnfortzahlung oder holen das Geld zurück
von Jörg Thole, Chefredakteur, IWW Institut
| Mitarbeiter, die in Corona-Risikogebieten Urlaub machen, sind verpflichtet, sich nach der Rückkehr unverzüglich und unaufgefordert in Quarantäne zu begeben ‒ 14 Tage. Doch wie steht es um die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber bei Quarantäneanordnung? CE Chef easy analysiert drei Fallvarianten ‒ und gibt Ihnen Tipps, wie Sie die Lohnfortzahlung sicher ausschließen oder sich das Geld vom Amt zurückholen können. |
Kennen Sie alle Risikogebiete?
Wenn Sie aktuell Urlaube genehmigen, sollten Sie in Zeiten der Corona-Pandemie immer auch die konkreten Reiseziele der Kollegen erfragen. Datenschutz hin oder her. Denn wenn sich ein Kollege in ein Risikogebiet oder ein Land mit Covid-19-Reisewarnung begibt, ist er verpflichtet, sich danach 14 Tage in Quarantäne zu begeben. Darüber hinaus muss er das Gesundheitsamt informieren.
In der Praxis passiert das allerdings nur unzureichend. Deshalb sollten Sie als Arbeitgeber hier vorsorglich handeln.
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Aktuell wird diskutiert, ob es bei Rückkehr aus Risikogebieten ausreicht, sich künftig auf das Coronavirus testen lassen. Dazu sollen u.a. an deutschen Flughäfen entsprechende Stellen eingerichtet werden, lautet die Empfehlung der Gesundheitsminister. Die Tests sollen verpflichtend sein. Jetzt sind erneute Beratungen geplant, um Details zum Umgang mit Reiserückkehrern zu besprechen. So ist es momentan nur eine Absichtserklärung, dass der Bund die Kosten für die Tests trägt. Auch die Zuständigkeit bei der Durchführung ist noch nicht geregelt. |
Sicher sind diese Länder (aktuell bis 31.08.2020)
- EU-Staaten: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Niederlande, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien (einige Gebiete sind aber Risikogebiet, Tschechien, Ungarn, Republik Zypern),
- Schengen-Staaten: Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz
- Großbritannien und Nordirland, Andorra, Monaco, San Marino und in den Vatikanstaat
1. Fall: Wer in Risikogebiet fährt, riskiert Lohnfortzahlung
Der Hintergrund zu Reisen in Risikogebiete ist vereinfacht so zu beschreiben: Wenn ein Arbeitnehmer selbst die Verantwortung für seine Arbeitsverhinderung trägt ‒ weil er sie auch hätte vermeiden können, kann er keinen Anspruch auf die Lohnfortzahlung geltend machen.
Bei Reisen in ein als Risikogebiet qualifiziertes Land (oder eine Region) ist die Schuldfrage eindeutig: Der Arbeitnehmer nimmt dann seine Arbeitsunfähigkeit billigend in Kauf! Sie schulden dem Arbeitnehmer folglich keine quarantänebedingte Lohnfortzahlung.
TIPPS |
Damit schaffen Sie sich als Arbeitgeber Sicherheit: Denn eine Lohnfortzahlung in der Quarantäne scheidet aus, soweit der Mitarbeiter wissentlich in eine dort gelistete Region fährt. |
Datenschutz-Hinweise
Als Arbeitgeber dürfen Sie Ihre Beschäftigten grundsätzlich befragen, ob diese
- mit dem Corona-Virus infiziert sind,
- Kontakt mit einer infizierten Person hatten,
- sich in einem vom RKI als Risikogebiet eingestuften Gebiet befunden haben.
Dazu können Sie in Ihrem Intranet einen elektronischen Fragebogen bereitstellen, den sie bis zur Wiederkehr des Mitarbeiters dokumentieren und verwahren.
Weitergehende Informationen zu Reisen in Länder, die nicht offiziell als Risikogebiet eingestuft sind darf der Arbeitgeber nur in Grenzen erheben. Doch ausgeschlossen ist das nicht. Im Rahmen des neuen Arbeitsschutzstandards haben Sie erweiterte Möglichkeiten.
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Beachten Sie | Es ist kontraproduktiv für die Befragung eine Einwilligung der Beschäftigten einzuholen ‒ das führt nur zu Diskussionen! Aber: Beachten Sie das Transparenzgebot. Nach den Artikeln 13 und 14 DSGVO müssen Sie z. B. die voraussichtliche Dauer der Speicherung der Daten und die Datenverwaltung transparent halten. Die Corona-bedingte Verarbeitung von personenbezogenen (Gesundheits-)Daten ist gesetzeskonform. Rechtsgrundlage ist u.a. § 26 Abs. 1, 3 BDSG, Artikel 9 Abs. 2 lit. b DSGVO.
Dass Sie ein berechtigtes Interesse an der Erhebung solcher Daten haben, können Sie aus der allgemeinen Schutzpflicht herleiten. Als Arbeitgeber sind Sie in der Pflicht, zu überwachen, dass sich die Arbeitnehmer nach ihrer Urlaubsrückkehr nicht über das Quarantänegebot hinwegsetzen und andere Kollegen gesundheitlich gefährden.
2. Fall: Das Reiseziel wird erst später ein Risikogebiet
Es gibt immer wieder neue Corona-Hotspots im In- und Ausland. So könnten beispielsweise die Balearen gefährdet sein, dass sich das Virus schlagartig erneut ausbreitet. Wird das Urlaubsziel des Arbeitnehmers also erst während seiner Reise zum Risikogebiet erklärt, müssen Sie die Lohnfortzahlung im Grundsatz übernehmen. Denn dann hat der Arbeitnehmer seine quarantäne-bedingte Arbeitsunfähigkeit nicht billigend in Kauf genommen. Prüfen Sie daher genau die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes. Unter Umständen war das drohende Risiko auch schon hinreichend beschrieben.
So holen Sie sich das Geld vom Amt zurück
Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anordnung in Quarantäne gehen muss und Ihre grundsätzliche Lohnfortzahlungspflicht besteht, können Sie sich als Arbeitgeber das Geld von der Behörde zurückholen. Das Landesrecht regelt, welche Behörde zahlen muss ‒ in der Regel sind es die Gesundheitsämter.
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Diese Nachweise brauchen Sie als uploadfähige Dateien (PDF oder Bildformat):
Beachten Sie | Stellen Sie den Antrag auch dann, wenn Ihnen z.B. das behördliche Tätigkeitsverbot noch nicht vorliegt. Die zuständigen Stellen werden notfalls fehlende Dokumente nachträglich anfordern!
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Beachten Sie | Nach Beendigung der Quarantäne haben Sie noch drei Monate lang Zeit, den Anspruch geltend zu machen. Auf Antrag können Arbeitgeber auch einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrags verlangen.
Arbeitnehmer, die sich nicht an die Quarantäne halten, drohen empfindliche Geldbußen.
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Verstoß gegen ... | Adressat | Bußgeldrahmen (Euro) |
Häusliche Absonderung (§ 1 Abs. 1 S. 1 Quarantäne-VO) | Ein- und Rückreisende | 500-10.000 |
Besuchsverbot (§ 1 Abs. 1 S. 2 Quarantäne-VO) | Ein- und Rückreisende | 300-5.000 |
Direkte Fahrt zu Wohnung oder Unterkunft (§ 1 Abs. 1 S. 1 Quarantäne-VO) | Ein- und Rückreisende | 150-3.000 |
Verlassen des Landes- /Bundesgebiets auf direktem Weg (§ 3 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 Quarantäne-VO) | Ein- und Rückreisende | 150-3.000 |
Kontaktaufnahme mit Behörde nach Einreise (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Quarantäne- VO) | Ein- und Rückreisende | 150-2.000 |
Kontaktaufnahme mit Behörde bei Symptomen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Quarantäne- VO) | Ein- und Rückreisende | 300-3.000 |
Tätigkeitsverbot (§ 2 Quarantäne-VO) | Ein- und Rückreisende | 500-25.000 |
Unrichtige Bescheinigung durch Dienstherrn/Arbeitgeber (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Hs. 2 QuarantäneVO) | Dienstherr/Arbeitgeber | 2.000-25.000 |
Kontaktaufnahme mit Behörde bei Saisonarbeit (§ 3 Abs. 2 S. 2 Quarantäne VO) | Arbeitgeber | 5.000-25.000 |
Fall 3: Der Arbeitnehmer ist erkrankt
Ist ein Arbeitnehmer nach Rückkehr aus seinem Erholungsurlaub arbeitsunfähig erkrankt, hat er einen grundsätzlichen Anspruch auf Lohnfortzahlung (§ 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz). Der Lohnfortzahlungsanspruch ergibt sich dann ganz normal aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Das fordert, dass die Krankheit die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung ist (sog. „Monokausalität“).
MERKE | Bei dem in Fall 1 beschriebenen Urlaub im Risikogebiet und der anschließenden 14-tägigen Quarantänepflicht kann nicht von einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung ausgegangen werden. Juristen sprechen hier von „Monokausalität“. Die krankheitsbedingte Verhinderung ist nicht gegeben, weil es ein behördliches Verbot gibt. |
Rechtsgrundlagen: Beschäftigungsverbot, Quarantäne
- § 31 Infektionsschutzgesetz: Danach kann Kranken, Krankheitsverdächtigen und Ansteckungsverdächtigen die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagt werden.
- § 30 IfSG: An Corona erkranke oder verdächtige Personen können „abgesondert“ werden (meint Quarantäne).
- § 56 Abs. 1 S. 1 IfSG regelt den Anspruch auf Entschädigung bei Verdienstausfall.
- § 56 Abs. 5 IfSG besagt, das dieser sechs Wochen vom Arbeitgeber gezahlt werden muss, wobei diese auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet wird (Fall 2).