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· Arbeitsverträge

Sachgrundlose Ketten-Befristung verboten: Bundesarbeitsgericht reagiert auf Vorgabe der Verfassungsrichter

Düstere Wolken ziehen auf: Kettenbefristungen sind Geschichte. Flexibilisierung geht verloren.
Bild: © Calado - stock.adobe.com

| Wenn Sie sachgrundlos befristete Arbeitsverträge mehrfach verlängern, wird der betroffene Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erstreiten können. Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 06.06.2018 die Arbeitsgerichte ermahnt hat, ihre Rechtsprechung anzupassen, reagierte jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einem ersten Urteil auf die Vorgabe: Kettenbefristungen sind nun grundsätzlich verboten ‒ und acht Jahre Abstand zur Vorbeschäftigung sind „kein“ langer Zeitraum, so das BAG (Urteil vom 23.01.19, Az. 7 AZR 733/16). |

 

 

 

„Die Verhinderung von Kettenbefristungen und die Sicherung der unbefristeten Dauerbeschäftigung als Regelbeschäftigungsform trägt der Pflicht des Staates zum Schutz der strukturell unterlegenen Beschäftigten im Arbeitsverhältnis und auch dem Sozialstaatsprinzip Rechnung“, gab das Bundesverfassungsgericht am 06.06.2018 (Az. 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) klar vor.

 

Ausnahmen sind nur in diesen Fällen möglich:

  • Es besteht keine Gefahr einer Kettenbefristung beim selben Arbeitgeber (z.B. erneute Einstellung)
  • Eine Vorbeschäftigung liegt sehr lange zurück
  • Eine Vorbeschäftigung war nur von kurzer Dauer

 

Beispiele: Beschäftigung während der Schul,- Studien- oder Familienzeit oder als Werksstudent. Die Fachgerichte können und müssen in solchen Fällen den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken.

Verfassungsrichter ermahnte das Bundesarbeitsgericht

Die Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG durch das BAG sei mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht zu vereinbaren. Für das BAG war eine sachgrundlose Befristung von 2011 bis Juni 2018 dann zulässig, wenn eine Vorbeschäftigung mehr als 3 Jahre zurückliegt. Die Auslegung der Gesetze soll nun aber die Grundentscheidung der Regierung respektieren ‒ und das BAG handelte ... mit dieser Entscheidung vom 23.1.19, Az. 7 AZR 733/16):

Der verhandelte Fall

  • Der befristet angestellte Kläger war vom 19.03.04 bis 30.09.05 beim beklagten Arbeitgeber beschäftigt.
  • Am 19.08.13 stellte der Arbeitgeber den Mitarbeiter erneut „sachgrundlos befristet“ bis 28.2.14 ein.
  • In der Folge wurde die Vertragslaufzeit mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 18.8.15.

 

Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Der alte Grundsatz des Bundesarbeitsgerichts von 2011 zählte nicht mehr. Danach hätte § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG keine Vorbeschäftigungen erfasst, die länger als drei Jahre zurückliegen.

 

Acht Jahre Abstand zur Vorbeschäftigung sind kein langer Zeitraum!

Obwohl das das vorangegangene Arbeitsverhältnis acht Jahre zurücklag, bewertete das BAG diesen Zeitraum als: „Nicht sehr lang“. Auch der Versuch des Arbeitgebers, sich auf den Grundsatz von 2011 zu berufen, griff nicht mehr. Der Arbeitgeber hätte bei Abschluss der Verträge mit dem Kläger die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass die vom BAG vorgenommene verfassungskonforme Auslegung der Norm vor dem BVerfG keinen Bestand haben könnte, so der trockene Kommentar des BAG.

 

Der politische Wille

Der Gesetzentwurf zur Befristung von Arbeitsverhältnissen ‒ der unverändert verabschiedet worden ist ‒ wird also jetzt strikt beachtet. Dieser geht auf den Koalitionsvertrag zurück.

 

Wir wollen den Missbrauch bei den Befristungen abschaffen. Deshalb dürfen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen. Bei Überschreiten dieser Quote gilt jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen. Die Quote ist jeweils auf den Zeitpunkt der letzten Einstellung ohne Sachgrund zu beziehen.

 

Die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist nur noch für die Dauer von 18 statt bislang von 24 Monaten zulässig, bis zu dieser Gesamtdauer ist auch nur noch eine einmalige statt einer dreimaligen Verlängerung möglich.

 

Wir wollen nicht länger unendlich lange Ketten von befristeten Arbeitsverhältnissen hinnehmen. Eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist dann nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben. Wir sind uns darüber einig, dass eine Ausnahmeregelung für den Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz wegen der Eigenart des Arbeitsverhältnisses (Künstler, Fußballer) zu treffen ist.

 

Auf die Höchstdauer von fünf Jahren wird bzw. werden auch eine oder mehrere vorherige Entleihung(en) des nunmehr befristet eingestellten Arbeitnehmers durch ein oder mehrere Verleihunternehmen angerechnet. Ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber ist erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren möglich.

 

 

Eine sachgrundlose Befristung zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien soll grundsätzlich nur einmal und nur bei der erstmaligen Einstellung zulässig sein. „Das damit klar erkennbare gesetzliche Regelungskonzept darf von den Fachgerichten nicht übergangen und durch ein eigenes Konzept ersetzt werden“, mahnte das BVerfG im Juni 2018.

(JT)

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Quelle: ID 45352009