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· Arbeitsrecht | GroKo-Experimente

Der rote Koalitionsvertrag: Noch mehr Schutz für Arbeitnehmer

Wieviel Schutz benötigen Arbeitnehmer noch? Die GroKo plant weitere Verschärfungen, die Sie als Arbeitgeber kaum freuen dürften.
Bild: ©Imillian - stock.adobe.com

von Jörg Thole, Chefredakteur, IWW Institut

| Der vorliegende Koalitionsvertrag ist ‒ arbeitsrechtlich gesehen ‒ ein Tribut an die Sozialdemokraten: alles sehr arbeitnehmerfreundlich. Die Gesetze sind noch nicht formuliert. Aber CE Chef easy zeigt nachfolgend, was da auf Arbeitgeber zukommen soll. |

 

Zur geplanten Eindämmung der sachgrundlosen Befristung hat CE bereits den Beitrag „GroKo-Plan könnte 400.000 befristete Jobs verhindern“ publiziert. Nachfolgend weitere Inhalte aus dem Koalitionsvertrag.

Befristete Teilzeit ‒ Rückkehrrecht zur Vollzeit

Koalitionsvertrag (Zeilen 2.391 bis 2.411)

Arbeitnehmer sollen das Recht bekommen, für maximal 5 Jahre in Teilzeit zu arbeiten. Derzeit ist die Teilzeitbeschäftigung unbefristet. Ein Rückkehrrecht in die Vollzeit gibt es aktuell nicht ‒ das soll nun kommen.

 

Wichtige Einschränkungen

  • Keine Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit (nur in Unternehmen > 45 Mitarbeiter)
  • Keine vorzeitige Rückkehr zur bisherigen Arbeitszeit (nur in Unternehmen > 45 Mitarbeiter)
  • Neue Zumutbarkeitsgrenze ab 46 bis 200 Mitarbeiter: Pro 15 Mitarbeiter wird nur ein Antrag gewährt (die ersten 45 Beschäftigten mitgerechnet). Bei Überschreitung Ablehnung des Antrags möglich.
  • Anträge, die weniger als 1 Jahr oder mehr als 5 Jahre umfassen, können abgelehnt werden.
  • Nach einem befristeten Teilzeitjob gilt Karenzzeit von 1 Jahr, bevor ein neuer Antrag genehmigt werden kann.

 

Beachten Sie | Die Regeln können über Tarifverträge ausgehebelt werden.

Arbeit auf Abruf wird eingeschränkt

Koalitionsvertrag (Zeilen 2.373 bis 2.380)

Zusatzarbeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 12 TzBfG) soll die vereinbarte Mindestarbeitszeit

  • um max. 20 Prozent unterschreiten und
  • um max. 25 Prozent überschreiten dürfen.
  • Wurde keine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart, gilt 20 Stunden (bisher 10 Stunden).
  • Berechnungsgrundlage bei Krankheit oder Feiertagen soll der Durchschnittsverdienst der letzten 3 Monate sein.

Öffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz (ArbZG)

Koalitionsvertrag (Zeilen 2.366 bis 2.371)

Mehr Experimentierspielraum soll in das ArbZG kommen. Tarifgebundene Unternehmen sollen Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit bekommen. Insbesondere soll auf Grundlage dieser Tarifverträge die wöchentliche Höchstarbeitszeit durch Betriebsvereinbarungen flexibler geregelt werden können.

Mobile Arbeit soll erleichtert werden

Koalitionsvertrag (Zeilen 1.826 bis 1.830)

Ein neuer Rechtsrahmen wird geplant, der mobile Arbeit erleichtern soll. Wer die als Arbeitgeber ablehnt, soll eine ausführliche begründung liefern müssen. Hintergrund ist die Stärkung der Digitalisierungsbemühungen. Da droht Zündstoff, weil die rechtliche Ausgestaltung noch völlig unklar ist.

Betriebsratsgründung wird erleichtert

Koalitionsvertrag (Zeilen 2.331 bis 2.335)

Auch das noch: Betriebsräte sollen leichter gegründet werden können. Das vereinfachte Wahlverfahren für Betriebe mit 5 bis 100 (bisher 50) Wahlberechtigten soll Pflicht werden. Betriebe von 101 bis 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern sollen das vereinfachte oder allgemeine Wahlverfahren nutzen können. Mehr zu den Wahlverfahren finden Sie hier.

Initiativrecht bei Weiterbildung

Koalitionsvertrag (Zeilen 2.990 bis 2.999)

Eine Berufsbildungsnovelle ist geplant: Beschäftigte und Betriebsrat haben über Maßnahmen der Berufsbildung zu beraten. Können sich beide nicht verständigen, kann jede Seite einen Moderator anrufen mit dem Ziel, eine Einigung zu erreichen. Zum Glück: Ein Einigungszwang soll nicht bestehen. Weiterhin ist ein „Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz“ vorgesehen.

 

Weiterführende Hinweise

  • CE-Download: Koalitionsvertrag - Abruf-Nr: 45144358
  • CE-Download: Flüchtling einstellen: DIHK-Leitfaden zur Integration - Abruf-Nr: 44867600
Quelle: ID 45143523