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· NDR-Magazin

Schwarzarbeit auf dem Bau: So funktioniert systematischer Betrug mit falschen Rechnungen

Bild: © papan saenkutrueang

| Mit gefälschten Rechnungen wird Schwarzarbeit in der Baubranche systematisch und im großen Stil verschleiert. Auf Anfrage des NDR Politikmagazins „Panorama 3“ gab die Generalzolldirektion Bonn erstmals Zahlen zu dieser systematischen Verschleierung heraus: Bei mehr als jedem zehnten Ermittlungsfall fand der Zoll Hinweise auf gefälschte Rechnungen, mit denen der Einsatz von Schwarzarbeitern verschleiert wurde. Von insgesamt rund 18.000 Ermittlungsverfahren im Baugewerbe betraf dies im vergangenen Jahr mehr als 1.800 Fälle. |

120 Mrd. Euro werden jährlich schwarz erwirtschaftet

In der Baubranche werden nach Schätzungen von Prof. Friedrich Schneider von der Universität Linz jährlich bis zu 120 Milliarden Euro „schwarz“ erwirtschaftet. Um große Geldsummen zu verschleiern, haben die Firmen ein ausgeklügeltes System entwickelt: Scheinrechnungen, in der Branche „Abdeckrechnungen“ genannt.

 

So funktioniert das System:

Mit den Abdeckrechnungen werden die „schwarz“ entstandenen Kosten abgedeckt. Für diese Rechnungen gibt es einen illegalen Markt, sogenannte „Servicegesellschaften“ bieten sie an.

 

Die Bauunternehmer bestellen bei einer solchen Servicegesellschaft eine Scheinrechnung. Sie überweisen dann die geforderte Rechnungssumme, ohne eine Leistung dafür erbracht zu haben. Später erhalten sie den Betrag abzüglich einer Provision von fünf bis zehn Prozent in bar zurück. Mit dem rückgezahlten Geld bezahlen Bauunternehmer dann tatsächlich ihre Schwarzarbeiter. Und mit der gefälschten Rechnung können sie bei Zollkontrollen behaupten, die Arbeit hätten nicht die eigenen Angestellten gemacht, sondern ein Subunternehmer.

LG Hamburg: Fiskus / Sozialkassen um 3 Mio. Euro betrogen

Das LG Hamburg hat im vergangenen Jahr einen Bauunternehmer zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, der auf diesem Weg Finanzämter und Sozialkassen um mehr als 3 Millionen Euro betrogen hatte, so der NDR. Seine Firma sei unter anderem am Bau der Hamburger Umweltbehörde beteiligt gewesen. Der ermittelnde Oberstaatsanwalt Carsten Boddin bezeichnet im Interview mit „Panorama 3“ diese Verflechtung von illegal agierenden Bauunternehmern und den Servicegesellschaften als Teil der organisierten Kriminalität. „Dieses System von Servicefirmen, die genutzt werden, um Abdeckrechnungen zu schreiben, besteht ja nicht nur für diesen Fall“, so Boddin, „sondern es wird nach unseren Erkenntnissen in der gesamten Branche genutzt.“ Das Urteil ist rechtskräftig (LG Hamburg, Urteil vom 26.09.2019, Az. 630 KLs 6/16 (5400 Js 2/13).

 

Hier das Video zur Sendung vom 21.01.2020, das der NDR in „Panorama 3“ ausgestrahlt hat:

 

 

Quelle: ots / NDR Norddeutscher Rundfunk / JT Quellnachweis LG Hamburg

Quelle: ID 46326762