· Besteuerung der Abfindung
FG Münster: Fünftelregelung möglich ‒ auch wenn Arbeitnehmer die Aufhebung fordert
| Eine Abfindung kann auch dann nach der Fünftelregelung ( § 34 EStG ) besteuert werden, wenn der Chef den Konflikt in Rede führte, jedoch der Arbeitnehmer den Auflösungsvertrag fordert. |
Sachverhalt
Streitig war, ob die Fünftelregelung (§ 34 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 EStG) auch dann Anwendung findet, wenn die Auflösung eines durch den Arbeitgeber konfliktbeladenen Arbeitsverhältnisses nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch den Arbeitnehmer aktiv betrieben wird.
Entscheidung
Während das Finanzamt die Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung verneinte, bekam der Steuerpflichtige vor dem Finanzgericht recht.
Voraussetzung für die begünstigte Besteuerung ist, dass es sich um ein „besonderes Ereignis“ handelt. Dies setzt nicht voraus, dass die Entschädigung für den vollständigen Verlust der (einzigen) Einkunftsquelle geleistet wird. Vielmehr ist ein „besonderes Ereignis“ schon dann anzunehmen, wenn die Beendigung oder Änderung des Vertrags vom Arbeitgeber ausgeht oder wenn der Arbeitnehmer beim Abschluss einer Aufhebungs- oder Änderungsvereinbarung unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck oder zumindest in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten gehandelt hat.
Beachten Sie | Der Steuerpflichtige darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben. Eine Steuerermäßigung ist nur gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige sich dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen nicht hat entziehen können.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Zeigen Sie dem ausscheidenden Mitarbeiter in vergleichbaren Fällen einen Weg auf, wie er sich die günstigere Besteuerung sichern sollte. Den nachfolgenden Mustereinspruch kann der ausscheidende Mitarbeiter über seinen Steuerberater beim Fiskus einreichen, wenn er von der Regel Gebrauch machen will.
Mustereinspruch / Fünftelregelung für den Ex-Mitarbeiter |
Steuerbegünstigte Abfindung bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsvertrages - § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG
Sehr geehrte Damen und Herren,
gegen den oben genannten Bescheid lege ich hiermit form- und fristgerecht Einspruch ein und beantrage den angefochtenen Einkommensteuerbescheid dahingehend zu ändern, dass die dem Einspruchsführer (Ex-Arbeitnehmer) zugeflossene Abfindungszahlung in Höhe von … € dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG unterworfen wird.
Begründung: Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer (Ex-Arbeitnehmer) in seinen Rechten.
Zu Unrecht haben Sie die vom Einspruchsführer (Ex-Arbeitnehmer) begehrte ermäßigte Besteuerung der Abfindung versagt, weil nicht erkennbar sei, dass er bei Abschluss des Abfindungsvertrags unter einem erheblichen wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck gestanden habe.
Die Abfindung erfüllt im Streitfall sämtliche Voraussetzungen einer steuerbegünstigten Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Der Einspruchsführer (Ex-Arbeitnehmer) hat durch den Abschluss des Auflösungsvertrages einen Schaden in Form des Wegfalls seines zukünftigen Arbeitslohns erlit-ten. Die Abfindung ist auch unmittelbar zum Ausgleich dieses Schadens bestimmt gewesen. Der Steuerermäßigung steht nicht entgegen, dass der Einspruchsführer (Ex-Arbeitnehmer) auf seinen Arbeitgeber zugegangen war und den Abschluss des Auflösungsvertrags eingefordert hatte. Für die von der Rechtsprechung des BFH geforderte Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten reicht es bereits aus, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine gegensätzliche Interessenlage bestand, die die Parteien im Konsens lösen. Auf das Gewicht und den Zeitpunkt der jeweiligen Verursachungsbeiträge kommt es dabei nicht entscheidend an, solange beide Vertragsparteien ‒ wie im Streitfall gegeben - zu der Entstehung des Konflikts beigetragen haben (vgl. FG Münster, Urteil vom 17.3.2017, 1 K 3037/14 E; Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 16/17).
Im Hinblick auf das vorgenannte Revisionsverfahren gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch den BFH zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).
Mit freundlichen Grüßen
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Quelle
- FG Münster 17.3.17, 1 K 3037/14 E, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 16/17, Abruf-Nr. 194504