· Koalitionsausschuss
Alles verlängert: Kurzarbeitergeld, Überbrückungshilfen ... Koalition sichert „Wahlfrieden“
| Die Sinnhaftigkeit der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes wird von führenden Ökonomen bezweifelt. Dennoch haben die Koalitionäre am 25.08.2020 die Verlängerung bis Ende 2021 beschlossen. Statt den eingeleiteten Strukturwandel nun auch zuzulassen, sichern die Regierungsparteien mit weiteren Milliardenhilfen einen trügerischen Wahlfrieden für die Bundestagswahl im September 2021 ab. Auch die Ende August auslaufenden Überbrückungshilfen werden verlängert. |
Eigentlich soll Kurzarbeitergeld immer nur kurzfristig wirken, nämlich dann „wenn die Krise am Größten ist“, sagt der Chef der Wirtschaftsweisen Prof. Lars Feld im ZDF ‒ und spricht sich damit klar gegen die Verlängerung aus. Denn gerade Unternehmen, denen es schon vor der Krise nicht gut ging, würden so am Leben erhalten und müssten eigentlich vom Markt verschwinden. Der per Gesetz legitimierte Insolvenzaufschub tut sein Übriges und verschleppt die eigentliche Wirtschaftskrise in eine ungewisse Zukunft.
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Der Koalitionsausschuss hat sich am 25.08.2020 dennoch über den führenden Regierungsberater hinweggesetzt. Das sind die Beschlüsse des Koalitionsausschusses.
Kurzarbeitergeld
- 1. Das Kurzarbeitergeld wird bis zum 31.12.2021 verlängert. Einschränkung: Betriebe, die nicht bis Ende dieses Jahres bereits Kurzarbeitergeld beantragt haben, können auch danach nicht auf die Möglichkeit zugreifen.
- 3. Firmen in Kurzarbeit bekommen von den Arbeitsämtern bis 30.06.2021 auch die Sozialbeiträge in voller Höhe erstattet.
- 4. Der erhöhte Bezug von Kurzarbeitergeld (Beschluss seit 01.05.2020) bleibt auch unverändert:
- ab dem 4. Monat steigt der Bezug auf 70 Prozent (bzw. 77 Prozent für Haushalte mit Kindern) und
- ab dem 7. Monat auf 80 Prozent (bzw. 87 Prozent für Haushalte mit Kindern) des pauschalierten Netto-Entgelts.
- Einschränkung: Diese Regel gilt für all jene, die Kurzarbeitergeld bis zum 31.03.2021 beantragen. (Der reguläre Satz beträgt 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, für Berufstätige mit Kindern 67 Prozent.)
Überbrückungshilfen
Ein weiterer Beschluss besagt, dass die im Konjunkturpaket vereinbarten Überbrückungshilfen bis zum Ende des Jahres ausgedehnt werden. Diese waren bislang nur für die Monate von Juni bis August 2020 zu beantragen.
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Beachten Sie | Nach wie vor gelten u.a. auch diese Maßnahmen für Unternehmen weiter fort:
- Arbeitslosengeld nach SGB III wird drei Monate verlängert (gilt bis Jahresende)
- KMU-Verlustverrechung: Pauschalierte Herabsetzung bereits für 2019 geleisteter Vorauszahlungen im Hinblick auf Verluste in 2020.
- Allgemeine Umsatzsteuersenkung: 19 auf 16 Prozent (gilt bis Jahresende)
- Ermäßigte Umsatzsteuersenkung: 7 auf 5 Prozent (gilt bis Jahresende)
- Besonderheit in der Gastronomie: Dort gelten 5 % Prozent gilt bis Jahresende und 7 Prozent bis 30.06.2021
Insolvenzrecht
Die Insolvenzantragspflicht ist zunächst bis Ende September ausgesetzt worden, soweit die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Corona-bedingt nachgewiesen wird.
Auch hier wurde nun eine Verlängerung verabredet. Nach Plänen des Justizministeriums soll diese bis März 2021 gelten.
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Grundsicherung
Künstler, Kleinselbstständige und Kleinunternehmer sollen erleichterten Zugang zur Grundsicherung erhalten. Das Schonvermögen soll großzügiger behandelt werden. Der erleichterte Zugang zur Grundsicherung soll ebenfalls verlängert werden ‒ bis 31.12.2021.
Krankentagegeld für Kinder
Gesetzlich Versicherten sollen 5 zusätzliche Tage (Alleinerziehenden 10 Tage) Kinderkrankengeld (für Kinder bis 12 Jahren) gewährt werden. Aktuell gelten bereits 10 Tage (bzw. 20 bei Alleinerziehenden).
FAZIT | Obwohl allen klar ist, dass das Land keinen zweiten Lockdown mehr verkraften kann, ist die Regierung noch immer im Ausgaben-Fieber. Damit werden zwar individuelle Krisen für viele Unternehmer eingedämmt. Jedoch wird auch eine Marktbereinigung, die mit einem beginnenden Strukturwandel einhergeht, aufgeschoben. 51,6 Milliarden Euro Staatsdefizit steht bereits zu Buche. Kein Ende in Sicht.
Staatsdefizit statt -überschuss: Bereits 51,6 Milliarden Euro im 1. Halbjahr 2020 |
(JT - mit Informationen CDU/CSU und SPD-Fraktion)