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· Unfallversicherung

Verfolgung eines Diebes: Kein Arbeitsunfall ... weil er nur seine Geldbörse zurückhaben wollte

Bild: © cirquedesprit - stock.adobe.com

| Auf Dienstreisen sind Sie unfallversichert. Doch das gilt nicht ohne Einschränkung! Wird ein Reisender auf dem Weg zum Hotel überfallen und verletzt sich bei dem Versuch, sich sein Eigentum vom Dieb zurückzuholen, so steht dies nicht unter dem Schutz der Unfallversicherung. Das entschied das Landessozialgericht ( LSG) Hessen (Urteil vom 11.03.2019, Az. L 9 U 118/18 ). |

 

  • Leitsatz des LSG Hessen

Die Verfolgung eines Diebes zur Wiedererlangung des Diebesgutes steht in keinem inneren oder sachlichen Zusammenhang mit der nach § 2 Abs. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit. Die Strafverfolgung des Straftäters war nicht der wesentliche Grund der Handlung, sondern das private Interesse des Versicherten. Deshalb besteht kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13c SGB VII.

 
  • Das heißt: Der Beschäftigte hat sich rein persönlichen, von seinen betrieblichen Aufgaben nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen gewidmet.
  • Die Folge: Keine Anerkennung als Arbeitsunfall.

 

Anders wäre der Fall vermutlich ausgegangen, wenn der Beschäftigte den Täter verfolgt hätte, um ihn der Strafverfolgung zuzuführen. Dann käme Versicherungsschutz wegen „der Verfolgung eines Straftäters im allgemeinen Interesse“ in Betracht (§ 2 Abs. 1 Nr. 13c SGB VII).

Der Fall: Auf Barbesuch folgt Überfall am Taxistand

  • Der Arbeitnehmer war zu einem Kongress gefahren.
  • Der Kongress endete mit dem Abendessen gegen Mitternacht.
  • Bis in die Morgenstunden dauerte ein anschließender Barbesuch mit Kollegen.
  • Der Überfall ereignete sich gegen 05:45 Uhr am Taxistand.

 

Gericht: Barbesuch ist keine geschäftliche Tätigkeit

Der Barbesuch stand nicht mehr im inneren Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit: „Der Besuch der Lokalität war, wie aus der Kongress-Agenda ersichtlich und auch von der Arbeitgeberin bestätigt, nicht mehr Bestandteil des Kongresses“, führt das Gericht dazu aus.

 

Der innere Zusammenhang und der Versicherungsschutz entfällt, wenn sich ein Reisender rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflussten Belangen widmet (BSG, Urteil vom 22.09.1966, Az. 2 RU 16/65). Insbesondere ein geselliges Zusammensein nach einer Veranstaltung ist deshalb im Grundsatz nicht mehr der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen (BSG, Urteil vom 04.08.1992, Az. 2 RU 43/91).

 

Versicherungsschutz lebt wieder auf

Aber: Der Versicherungsschutz ist nach dem Barbesuch wieder aufgelebt, als der Kläger mit seiner Arbeitskollegin die als versicherten Betriebsweg unter Versicherungsschutz stehende Taxifahrt von der Bar in das Hotel antrat. Denn der Kläger hatte die versicherte Tätigkeit vor Antritt der Rückfahrt durch den Besuch der Bar nicht endgültig aufgegeben.

 

Allerdings war der Unfall (bei der Verfolgung des Täters) selbst kein Arbeitsunfall, weil die von ihm zum Unfallzeitpunkt vorgenommene Verfolgung des Täters in keinem inneren oder sachlichen Zusammenhang mit der nach § 2 Abs. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit resp. der Dienstreise stand.

 

Handlungsgrund war ausschließlich der eigennützige Zweck: nämlich die Wiedererlangung der Geldbörse.

 

Die Verfolgung war auch keine geringfügige Unterbrechung, während der der Versicherungsschutz fortbesteht (BSG, Urteil vom 12.04.2005, Az. B 2 U 11/04 R und vom 02.12.2008, Az. B 2 U 17/07 R).

 

FAZIT | Durch die Aufnahme der Verfolgung des Täters hat der Kläger zwischen dem versicherten Betriebsweg (der Rückfahrt in das Hotel) und seiner privaten Tätigkeit (Wiedererlangung der Geldbörse) einen erheblichen Unterschied gesetzt, die seine privatwirtschaftliche Handlungstendenz verdeutlicht. Damit war dem Gericht die Trennung zwischen versicherter und unversicherter Tätigkeit leicht möglich.

 

Hätte er die Strafverfolgung von vorn herein argumentativ betont und den Dieb ggf. erfolgreich gestellt und den Behörden übergeben, hätte der Fall anders enden können.

 

(JT)

Quelle: ID 45881288