· Finanzverwaltung zu § 3 EStG
Unklarheiten bei Jobtickets und Fahrtkostenzuschüssen? Das Wichtigste kurz und bündig ...
| Arbeitgeberleistungen sind für bestimmte Fahrten mit Bussen und Bahnen im Linienverkehr sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) steuerfrei. Das regelt seit 01.01.2019 der neue § 3 Nr. 15 EStG . Allerdings: Leicht sind die Regeln nicht durchschaubar. Auf 15 Seiten hat die Finanzverwaltung jetzt erklärt, wann die Steuerbefreiung greift. CE Chef easy fasst das Wichtigste kompakt zusammen. |
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Volltext als PDF-Dokument: Az. IV C 5 ‒ S 2342/19/10007 :001 ‒ Abruf-Nr. 210780 |
Leistungen des Arbeitgebers, die steuerbegünstigt sind
Steuerfrei sind Arbeitgeberleistungen wie unentgeltliche oder verbilligt überlassene Fahrscheine oder -ausweise (Sachbezüge) sowie Zuschüsse (Barlohn) zu Fahrscheinen/-ausweisen, die sich Arbeitnehmer selbst gekauft haben (§ 3 Nr. 15 Einkommensteuergesetz [EStG]). Beispiele sind:
- Einzel-/Mehrfahrtenfahrscheine,
- Zeitkarten (z. B. Monats-, Jahrestickets, Bahncard 100),
- Freifahrberechtigungen (z. B. bei Smogalarm),
- Ermäßigungskarten (z. B. Bahncard 25).
Ist der Fahrschein auf Dritte übertragbar oder ist die Mitnahme von anderen Personen eingeschlossen, so wird die Steuerbefreiung nicht von vornherein ausgeschlossen.
MERKE | Steuerfrei sind nur zusätzlich zum Arbeitslohn erbrachte Leistungen. Wenn Sie also Leistungen über eine Gehaltsumwandlung verfügbar machen, ist das nicht steuerfrei!
Die Steuerfreiheit gilt für alle Arbeitnehmer oder Leiharbeiter. |
Fahrten im Personenfernverkehr
Zu den Öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (Personenfernverkehr) gehören
- Fernzüge der Deutschen Bahn (ICE, IC, EC),
- Hochgeschwindigkeitszüge (z. B. TGV, Thalys),
- Fernbusse auf Linien oder Routen und mit festen Haltestellen.
Steuerfrei sind im Fernverkehr Fahrten
- zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte,
- zum Sammelpunkt oder
- zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet (Wohnung <-> Tätigkeitsstätte).
MERKE |
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Fahrten im Personennahverkehr (ÖPNV)
ÖPNV ist der Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr. Zum ÖPNV zählt alles, was nicht Fernverkehr ist (also Busse, Straßenbahnen etc.). Auch Taxen im Linienverkehr (z.B. Taxibusse, Ersatzverkehr etc.) sind ÖPNV ‒ selbst wenn sie einen geringen Aufpreis erfordern.
Nicht erfasst sind (§ 3 Nr. 15 EStG):
- Für konkrete Anlässe gemietete oder gecharterte Busse oder Bahnen
- Taxen im Gelegenheitsverkehr, die nicht auf Linien oder Routen fahren
- Luftverkehr
- Car-, Bike- oder Scootersharing
MERKE | Im ÖPNV sind auch Privatfahrten des Arbeitnehmers begünstigt (gilt immer und unabhängig von der Art der Fahrt) . |
Entfernungspauschale und Bescheinigung
- Durch die steuerfreie Arbeitgeberleistung wird für den Arbeitnehmer die abziehbare Entfernungspauschale gemindert oder entfällt ganz.
- Die Minderung entspricht dem Wert der überlassenen Fahrkarte oder dem geleisteten Zuschuss, der ohne die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 EStG als Arbeitslohn zu besteuern gewesen wäre.
- Mengenrabatte (z. B. bei Job-Tickets) müssen nicht bescheinigt werden.
- Die Aufwendungen des Arbeitgebers können inkl. USt herangezogen werden.
- Die Kürzung der Entfernungspauschale erfolgt in jedem Fall: Sie ist nicht vom Einsatz der Begünstigung abhängig ‒ es ist egal, ob der Arbeitnehmer die Karte dienstlich eingesetzt hat oder nur für Privatfahren.
- Arbeitgeber müssen die steuerfreie Leistung im Lohnkonto dokumentieren und in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitnehmers in Zeile 17 vermerken.
Beachten Sie | Sollte die Karte mehrere Jahre gültig sein, so ist sie im Jahr der Anschaffung als steuerfreie Leistung zugeflossen. Aber: Die Entfernungspauschale wird dann über den Zeitraum der Gültigkeit verteilt.
MERKE | Der Gesetzgeber will mit dem Jahressteuergesetz 2019 nochmal nachbessern. Künftig soll die Ausgabe eines Jobtickets mit 25 Prozent pauschal versteuert werden können. |
Auswärtstätigkeiten und/oder Familienheimfahrten
Nutzt der Arbeitnehmer die Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr auch für Dienstreisen oder die wöchentliche Familienheimfahrt bei einer doppelten Haushaltsführung, kann die Kostenerstattung nach Dienstreisegrundsätzen bzw. den Grundsätzen für eine doppelte Haushaltsführung steuerfrei bleiben.
Beachten Sie | Diese Steuerbefreiung hat Vorrang vor § 3 Nr. 15 EStG. In diesem Fall kann der Arbeitgeber im Rahmen einer Prognoseberechnung prüfen, ob die Fahrberechtigung bereits bei Hingabe insgesamt steuerfrei belassen werden kann.
Prognoserechnung
Ob die Fahrkarte steuerfrei belassen werden kann, zeigt Ihnen eine Prognoserechnung.
MERKE | Wenn Sie keine Prognose errechnen, ist die Fahrkarte zunächst steuerpflichtiger Arbeitslohn, der erst am Jahresende korrigiert werden kann. |
Vollamortisation einer Bahncard 100 (§ 3 Nr. 13 oder 16 EStG)
Prüfen Sie, ob die Summe der Einzelfahrscheine die Kosten der Bahncard erreichen oder überschreiten (Vollamortisation ohne § 3 Nr. 15 EStG). Dann ist die Bahncard in voller Höhe als Reisekosten bzw. Kosten für doppelte Haushaltsführung steuerfrei. Anderweitige Nutzungen sind unbedenklich.
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Ein Arbeitgeber erstattet einem Arbeitnehmer, der in Leipzig wohnt und in Frankfurt/Main arbeitet, eine Bahncard 100 für Familienheimfahrten (doppelte Haushaltsführung). Einzelfahrkarten würden 265 Euro (An- und Abreise) kosten. Die Bahncard kostet für 4.395 Euro. Ergebnis: Amortisation nach 15 Fahrten erreicht = steuerfrei! Die Kosten der Bahncard sind als „steuerfreie Vergütung bei doppelter Haushaltsführung“ in der Lohnsteuerbescheinigung einzutragen.
Variante: Würde der Arbeitgeber in Frankfurt die Bahncard einem Arbeitnehmer nur für Dienstreisen aushändigen, damit dieser einmal pro Woche an einem anderen Standort (z.B. München = 177 Euro) arbeiten kann, so muss die Bahncard nicht in der Lohnsteuerbescheinigung angegeben werden. Hier wären es reine Dienstreisen (Auswärtstätigkeiten). Auch in dem Fall hätte sich die Bahncard nach 25 Fahrten amortisiert. |
Vollamortisation unter Einbezug von § 3 Nr. 15 EStG
Angenommen, Sie geben einem Arbeitnehmer eine Bahncard 100, der für 3.000 Euro im Jahr Dienstreisen unternimmt und für 1.600 Euro eine Jahresfahrkarte zum Berufspendeln mit der Bahn nutzt.
Nach der Prognose amortisiert sich die Bahncard 100 und kann steuerfrei gestellt werden. Während aber die 3.000 Euro nach § 3 Nr.13 und 16 Reisekostenersatz darstellen, sind die 1.600 Euro für die Pendelfahrten nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei. Das heißt: Dieser Betrag muss in die Lohnsteuerbescheinigung eingetragen werden.
Beachten Sie |
- Tritt die Vollamortisaition nicht ein (durch Krankheit oder Verschiebung von Dienstreisen), muss nicht nachversteuert werden.
- Wechselt der Arbeitnehmer aber sein Jobprofil (z. B. bisher Außen- und jetzt Innendienst) muss
- ab dem Zeitpunkt der Änderung nachversteuert werden oder
- eine neue Prognose für den Rest der Gültigkeit der Bahncard gestellt werden.
Teilamortisation
Von Teilamortisation spricht man, wenn die Kosten der Einzelfahrscheine die Kosten der Bahncard bei der Prognose nicht erreichen. Dann handelt es sich zunächst um Arbeitslohn. Wenn aber die Voraussetzungen für eine Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 15 EStG vorliegen, kann sie steuerfrei überlassen werden (z. B. für die Fahrten Wohnung/Tätigkeitstätte).
Wurde die Überlassung einer Fahrkarte als Sachzuwendung nach § 37b EStG pauschal versteuert, kann dies rückgängig gemacht werden. Bei Teilamortisation bleiben die Fahrten Wohnung/erste Tätigkeitsstätte auf jeden Fall steuerfrei (zum Jahreswechsel ggf. anteilig).
Die nachträgliche Steuerfreistellung für Dienstreisen (Auswärtstätigkeiten) und wöchentliche Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung ist am Ende der Gültigkeitsdauer der Fahrkarte möglich.
Weiterführender Link
- BMF-Schreiben vom 15.8.2019, Az. IV C 5 - S 2342/19/10007 :001, Abruf-Nr. 210780)
(JT mit IWW-Quellen-Material)