Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo

· TzBfG | Neue 20-Stunden-Regel

Arbeit auf Abruf: Minijob in Gefahr ‒ Arbeitgeber müssen Arbeitsverträge anpassen (mit Muster)

Bild: © psdesign1 - stock.adobe.com

| Minijobs werden oft als Abruf-Arbeit ausgeführt. Arbeitgeber nutzen das Modell, weil Sie damit flexibel auf Sondereinflüsse (den spontanen Arbeitsanfall) reagieren können. Doch seit 2019 genügt es nicht mehr, allein den Stundenlohn zu dokumentieren. Sie müssen die Arbeitszeit konkret festschreiben, sonst wird Ihnen unterstellt, dass der Arbeitnehmer 20 Stunden pro Woche arbeitet. Die 450-Euro-Grenze wird so schnell überschritten. |

Definition: Arbeit auf Abruf

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat. In der Praxis wird das Modell in Gastronomie, bei Veranstaltern oder im Handel gern genutzt.

 

  • Das fordert § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)

Die zentrale Forderung lautet:

Legen Sie die wöchentliche und tägliche Arbeitszeit fest. Grundsätzlich gilt dabei für alle Minijobber: Bei einem Stundenlohn von 9,19 Euro (im Jahr 2019) beträgt die zulässige Höchstarbeitszeit 48,96 Stunden pro Monat. Aufgrund des erhöhten Stundenlohns in 2020 auf 9,35 Euro sinkt die Höchstarbeitszeit (450 Euro: 9,35 Euro = 48,12 Stunden).

 

Ansonsten gilt nach § 12 TzBfG:

  • Ist keine wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt, gelten 20 Stunden als vereinbart.
  • Ist keine tägliche Arbeitszeit festgelegt, müssen Sie den Arbeitnehmer täglich mindestens drei Stunden durchgängig beschäftigen.
  • Ist eine wöchentliche Mindestarbeitszeit vereinbart, dürfen Sie zusätzlich höchstens 25 Prozent der vereinbarten Mindestarbeitszeit zusätzlich abrufen.
  • Ist eine wöchentliche Höchstarbeitszeit vereinbart, müssen Sie 80 Prozent dieser Arbeitszeit abrufen.
  • Sie müssen die Abruf-Arbeit mindestens vier Tage im Voraus mitteilen.
 

Beachten Sie | Erst seit 01.01.2019 unterstellt der Gesetzgeber bei fehlender Regelung eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden. Vorher lag sie bei 10 Stunden pro Woche!

Vorsicht Falle: Minijobs werden zu SV-pflichtigen Jobs

Wenn Sie Abrufarbeitsverträge (Minijobs) unverändert lassen, werden daraus schnell sozialversicherungspflichtige Jobs, weil die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro überschritten wird:

 

  • 2018 galt ein Mindestlohn von 8.84 Euro. Bei 4,33 Wochen/Monat (52 Wochen/12 Monate) ergab das bei einer 10-Stunden-Woche 382,77 Euro/Monat.
  • 2020 gilt ein Mindestlohn von 9,35 Euro. Bei 4,33 Wochen/Monat ergibt das bei einer 20-Stunden-Woche 809,71 Euro/Monat. (Seit 2019 (9,19 Euro Mindestlohn) besteht die Gefahr, dass der Job sozialversicherungspflichtig wird).

 

Muster / Abrufarbeitsvertrag (Arbeitszeit)

  • Der Arbeitnehmer erbringt die Arbeitsleistung nach Arbeitsanfall. Die Erbringung der Arbeitsleistung erfolgt auf Abruf durch den Arbeitgeber. Zeitpunkt und Umfang des Arbeitseinsatzes definiert der Arbeitgeber.
  •  
  • Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt mindestens … Stunden. Der Arbeitnehmer ist in der Pflicht, auf Abruf des Arbeitgebers bis zu … Stunden wöchentlich (maximal 25 Prozent zusätzlich zur Mindestarbeitszeit) zu arbeiten. Eine auch mehrfach erhöhte Abruf-Arbeitszeit löst keinen Anspruch auf diese erhöhte Arbeitszeit aus.
  •  
  • Der Arbeitgeber bestimmt die Tage des Arbeitseinsatzes sowie die Arbeitszeit (Beginn als auch Ende). Der Arbeitseinsatz kann telefonisch, mündlich oder in anderer geeigneter Weise angefordert werden. Der Arbeitgeber bestimmt die Lage der Pausen. Die Abruf-Arbeit wird jeweils vier Tage im Voraus mitgeteilt. Die Einsatzdauer umfasst mindestens drei aufeinander folgende Stunden. Die Verteilung der Arbeitszeit liegt im Übrigen im freien Ermessen des Arbeitgebers.
  •  
  • Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, Überstunden (einschließlich Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit) entsprechend der betrieblichen Erfordernisse zu leisten. Der Arbeitgeber behält sich vor, im Fall erhöhten Arbeitsanfalles und urlaubs- oder krankheitsbedingten Ausfalls anderer Arbeitskräfte die Arbeitsleistung anderweitig festzulegen.

 

Tipp | Ergänzen Sie den Minijob-Arbeitsvertrag (Abruf-Nr. 45773831) um diese Klauseln!

 

 

Stundenlohnvereinbarungen genügen nicht

Wenn Sie lediglich einen Personalbogen vorhalten, in dem Sie den Stundenlohn fixieren, wird bei einer Prüfung durch den Rentenversicherer ein Abrufarbeitsvertrag unterstellt. Nach der Neuregelung wird dann 20 Stunden als wöchentliche Beschäftigung festgesetzt.

 

Schwerwiegende Folgen

  • Lohnnachforderung durch den Arbeitnehmer
  • drohende Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge ‒ bis zu vier Jahre rückwirkend.

 

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

  • Referenzzeitraum ist die durchschnittliche Arbeitszeit der zurückliegenden drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (§ 4 Abs 1 Entgeltfortzahlungsgesetz).
  • Hat das Arbeitsverhältnis keine drei Monate bestanden, gilt der bisherige Zeitraum als Berechnungsbasis.
  • Kurzarbeit, unverschuldetes Arbeitsversäumnis, Arbeitsausfällen und Urlaub im Referenzzeitraum bleiben außer Betracht.
  • Die für den Arbeitnehmer günstigste Regel der Entgeltfortzahlung findet Anwendung.

 

(JT)

WEITERFüHRENDE LINKS |

  • CE-Download: Midijob Arbeitsvertrag Übergangsbereich von 450.01 Euro bis 1.300 Euro - gültig ab 01.07.2019 → Abruf-Nr. 45773832
  •  
  • CE-Download: Muster ArbeitsvertragWerkstudenten“ → Abruf-Nr. 45441391
  •  
  • CE-Download: Minijob Arbeitsvertrag 450-Euro → Abruf-Nr. 45773831
 
Quelle: ID 45772643