25.10.2010 | Geriatrie
Die PRISCUS-Liste: 83 Medikamente sind für ältere Patienten potenziell ungeeignet
Polypharmazie ist bei älteren multimorbiden Patienten weit verbreitet und mit einem hohen Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen verbunden. Denn mit zunehmendem Alter verändert sich der Stoffwechsel, sodass Arzneimittel meist langsamer abgebaut werden und oft stärker wirken. Forscher der Universität Witten/Herdecke haben jetzt für den deutschen Markt eine Liste von 83 bei Älteren potenziell problematischen Medikamenten zusammengestellt.
Laut Arzneiverordnungsreport erhielt im Jahr 2008 jeder gesetzlich Krankenversicherte über 60 Jahren im Schnitt 3,1 definierte Tagesdosen an Medikamenten als Dauertherapie, schreibt die Forschergruppe unter Leitung von Prof. Dr. Petra Thürmann. Diese Altersgruppe bekam somit rund zwei Drittel aller verordneten Fertigarzneimittel, obwohl sie nur gut ein Viertel der Gesamtbevölkerung ausmacht. Bedingt durch die Vielzahl verordneter Medikamente erhöht sich das Risiko von Interaktionen und unerwünschten Arzneimittelereignissen (UAE). Viele UAE sind nur schwer von den Symptomen vorhandener oder neuer Erkrankungen zu unterscheiden; zum anderen können etliche Arzneistoffe das Risiko für alterstypische Konstellationen wie Stürze erhöhen.
38 Experten bewerteten die Arzneistoffe
Die sogenannte PRISCUS-Liste mit potenziell inadäquaten Medikamenten (PIM) bei älteren Patienten soll als Hilfestellung für Ärzte und Apotheker bei der Medikamentenverordnung dienen. Für die Erarbeitung wurden internationale PIM-Listen nach deutschen Marktgegebenheiten und Verschreibungspraktiken bewertet, und es erfolgte eine Literaturrecherche zu bereits bekannten altersspezifischen Medikamentenempfehlungen und arzneimittelbezogenen Problemen für häufig benutzte Medikamente im Alter. Die vorläufige PIM-Liste mit 131 Arzneistoffen aus 24 verschiedenen Klassen wurde in einem zweistufigen Verfahren von 38 Experten aus acht verschiedenen Fachrichtungen bewertet. Auf der Endliste, im Internet abzurufen unter www.priscus.net, stehen 83 für ältere Patienten potenziell ungeeignete Medikamente aus 18 Arzneistoffklassen, darunter Schmerzmittel, Neuroleptika und Sedativa. Die Liste benennt weniger riskante Alternativen oder, wenn diese nicht verfügbar sind, gibt Empfehlungen zur Dosisanpassung bzw. zu geeigneten Maßnahmen, um den Verlauf der Therapie zu kontrollieren.
Auf der Liste finden sich erwartungsgemäß nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), die insbesondere bei älteren Patienten mit einem hohen Risiko für gastrointestinale Komplikationen verbundensind, sowie zahlreiche Medikamente, die aufgrund ihrer sedierenden Wirkung mit einem erhöhten Sturzrisiko verbunden sind. Zu diesen zählt zum Beispiel das Opioid-Analgetikum Pethidin, außerdem sedierende Anticholinergika wie die Antihistaminika Hydroxyzin, Clemastin, Dimetinden, Chlorphenamin und Triprolidin. Zur Vorbeugung von kognitiven Beeinträchtigungen bzw. Stürzen werden andere Schmerzmittel mit geringerem Delirrisiko, etwa die Opioide Oxycodon, Buprenorphin, Hydromorphon und Tilidin/Naloxon, sowie nicht-sedierende Antihistaminika wie Cetirizin, Loratidin und Desloratidin empfohlen. Auch bei Einsatz der urologischen Spasmolytika Oxybutynin, nicht-retardiertem Tolterodin sowie Solifenacin sollten unerwünschte anticholinerge Effekte, die ZNS-Funktionen und das EKG kontrolliert werden, schreiben die Autoren.
Vorsicht bei einer Therapie mit Trizyklika!
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