27.09.2010 | HIV-Therapie
Frühzeitige antiretrovirale Behandlung ist das Gebot der Stunde
Etwa zeitgleich mit der Welt-AIDS-Konferenz, die Mitte Juli 2010 in Wien stattfand, hat die US-amerikanische Sektion der Internationalen AIDS-Gesellschaft ihre aus dem Jahre 2008 stammenden Empfehlungen zur antiretroviralen Therapie (ART) bei Erwachsenen mit HIV-Infektion aktualisiert. Neue Daten zum Therapiebeginn sowie zu optimalen Behandlungs- und Kontrollstrategien hatten das Update notwendig gemacht.
Therapiebeginn bereits bei CD4-Zellwert > 500/µL
Die US-Wissenschaftler empfehlen, asymptomatische HIV-Infizierte bereits ab einem CD4-Zellwert > 500/µL antiretroviral zu behandeln, wenn bei diesen die Bereitschaft und Kooperation zur Therapie besteht. Damit gehen sie über die WHO-Empfehlungen (Therapie ab 350/µL) hinaus. Grund dieser Empfehlung ist die hohe Morbidität und Mortalität bei unbehandelter Virämie. Unabhängig vom Immunstatus wird aber auch folgenden Personen zur ART geraten: symptomatischen Patienten, Patienten mit hoher initaler Viruslast (> 100.000 Kopien/mL), Patienten mit einem raschen Abfall der CD4-Zellen (> 100/µL pro Jahr), Patienten mit chronischer HBV- oder HCV-Infektion, mit HIV-assoziierter Nierenerkrankung, mit kardiovaskulären Risikofaktoren, mit opportunistischen Infektionen sowie Schwangeren und Patienten, die älter als 60 Jahre sind. Voraussetzung jeder Therapie ist, dass diese lebenslang und ohne Unterbrechung erfolgen muss.
Initial bereits Dreierkombination empfohlen
Alle Patienten sollten eine individualisierte Therapie erhalten, bei der die Begleiterkrankungen berücksichtigt werden. Allgemein gilt, dass die Behandlung vorzugsweise mit der (möglichst fix kombinierten) Zusammenstellung zweier nukleosidischer/nukleotidischer Reverse-Transkriptase-Hemmer (nRTI) und einer weiteren Substanz aus einer anderen Klasse begonnen werden sollte. Favorisiert wird in den Empfehlungen die nRTI-Zweierkombination aus Tenofovir plus Emtricitabin, alternativ auch Abacavir plus Lamivudin, allerdings nur bei negativem HLA B*5701-Test. Mit Hilfe dieses Tests können Patienten mit einer Hypersensitivität gegenüber Abacavir identifiziert werden.
Ergänzt werden diese Substanzen durch den nicht-nukleosidischen RTI (nnRTI) Efavirenz oder durch geboosterte Protease-Inhibitoren (PI) wie Atazanavir/r oder Darunavir/r. Als Alternativen stehen die geboosterten PI Lopinavir/r, Fosamprenavir/r oder der Chemokin-Rezeptor 5-Antagonist Maraviroc zur Verfügung. Nicht geboosterte PI und Saquinavir/r sollten dagegen nicht zur Initialtherapie eingesetzt werden.
Tests auf HIV-RNA und CD4-Zellen notwendig
Kennzeichen einer effizienten Therapie ist das Absinken des HIV-1-RNA-Spiegels unter die Nachweisgrenze von 50 Kopien/mL (PCR) bzw. 75 Kopien/µL („branched DNA“ Quantifizierungsmethode) innerhalb von 24 Wochen. Der Test sollte im ersten Therapiejahr zunächst zwei bis acht Wochen nach Beginn und dann alle vier bis acht Wochen bis zur vollständigen Virussuppression wiederholt werden. Anschließend genügen im ersten Jahr drei- bis viermonatige Testintervalle. Die CD4-Zellzahl sollte mindestens im drei- bis viermonatigen Abstand - speziell bei CD4-Werten unter 200/µL - gemessen werden. Persistiert die Virussuppression über ein Jahr und stabilisieren sich die CD4-Werte bei 350/µL oder mehr, sind bei ausreichender Therapieadhärenz Intervalle von sechs Monaten ausreichend. Ein Genotyp-Test auf Resistenzen sollte bei allen therapienaiven Patienten sowie bei virologischem Versagen erfolgen.
Bei Therapieversagen Medikamente wechseln
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