29.07.2009 | Insulintherapie
Insulin Glargin unter Krebsverdacht
Das lang wirksame Insulin Glargin (Lantus®) steht unter Verdacht, Krebs zu fördern. Die beunruhigende Nachricht stammt aus Daten von fast 130.000 deutschen Diabetikern, die zwischen Januar 2001 und Juni 2005 mit Humaninsulin oder den Analoginsulinen Lispro, Aspart oder Glargin behandelt wurden. Nur bei Patienten unter Insulin Glargin wurden häufiger Krebserkrankungen beobachtet als bei Patienten, denen eine vergleichbare Dosis Humaninsulin verordnet worden war. Nach Angaben der Autoren - Wissenschaftler des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und Mitarbeiter des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) - ist unklar, ob der Zusammenhang kausal ist oder andere, noch unbekannte Faktoren die Ursache des höheren Krebsrisikos bei mit Glargin behandelten Patienten sind. Allerdings haben zwei von drei weiteren, in derselben Ausgabe von „Diabetologia“ veröffentlichten Studien den Krebsverdacht bestätigt.
Die Zunahme des Krebsrisikos war relativ klein und abhängig von der täglichen Insulinmenge. Von 1.000 mit Humaninsulin behandelten Patienten im Alter zwischen 65 bis 70 Jahren erkrankten innerhalb von durchschnittlich 20 Monaten 41 an Krebs. Wurde Insulin Glargin zur Therapie eingesetzt, wurden bei einer Tagesdosis von täglich zehn Einheiten etwa vier zusätzliche Krebserkrankungen und bei einer Tagesdosis von 50 Einheiten etwa 13 zusätzliche Krebserkrankungen pro 1.000 Patienten verzeichnet. Allerdings wurde Glargin nach den AOK-Daten von den meisten Patienten nur in relativ niedrigen Dosierungen eingesetzt. Von 100 Patienten, die Glargin erhielten, verwendeten etwa 50 täglich weniger als 20 Einheiten und nur 5 von 100 Patienten über 50 Einheiten.
Praxistipp
Die neue Untersuchung ist für Diabetes-Patienten nach Ansicht der Autoren kein Anlass, überstürzt die Behandlung umzustellen, insbesondere wenn die verwendete Glargin-Dosis niedrig ist. „Wenn ein Patient allerdings mit Humaninsulin genauso gut behandelt werden kann wie mit Glargin, dann sollten er und sein Arzt eine Umstellung auf Humaninsulin erwägen“, sagt Prof. Dr. Peter T. Sawicki, Leiter des IQWiG und Mitautor der Studie. „Patienten mit erhöhtem Krebsrisiko sollten möglichst Humaninsulin statt Glargin verwenden.“ |
Quellen
- Hemkens LG et al.: Risk of malignancies in patients with diabetes treated with human insulin or insulin analogues: a cohort study. Diabetologia 2009; doi:10.1007/s00125-009-1418-4