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Privatnutzung von Firmenwagen - So setzen Sie die neue BFH-Rechtsprechung um!
| Bei Dienstwagen stellt sich spätestens bei einer Betriebsprüfung die Frage, ob und von wem das Fahrzeug auch privat gefahren wird, sofern sich dies nicht bereits aus der monatlichen Erfassung eines geldwerten Vorteils bzw. einer Nutzungsentnahme ergibt. Ob diese Ansätze stets gerechtfertigt sind, sollten Sie - insbesondere wenn Sie als Agenturinhaber ein Nutzungsverbot ausgesprochen haben - anhand der neuen BFH-Rechtsprechung prüfen. Prüfen sollten Sie außerdem, ob der Einsatz von elektronischen Fahrtenbüchern den Anforderungen der Finanzverwaltung genügt. |
Nutzung durch Geschäftsführer und Mitarbeiter
Was sich geändert hat, erkennt man am besten, wenn man die neue BFH-Rechtsprechung der bisherigen Rechtslage gegenüberstellt:
Bisherige Rechtslage
Haben Sie einem Mitarbeiter einen Dienstwagen überlassen, den der Mitarbeiter auch privat nutzen darf, sprach bisher ein Anscheinsbeweis dafür, dass das Fahrzeug auch tatsächlich privat gefahren wird. Dieser Anscheinsbeweis konnte durch einen Gegenbeweis widerlegt werden. Gelang der Gegenbeweis, ließ sich die Besteuerung des Nutzungswerts abwenden.
Der Anscheinsbeweis konnte zum Beispiel widerlegt werden,
- indem Ihr Mitarbeiter ein Fahrtenbuch führte, das die ausschließliche betriebliche Nutzung belegte, oder
- wenn dem Mitarbeiter ein vergleichbares Privatfahrzeug zur Verfügung stand.
Neue Rechtsprechung des BFH
Von dem Duo Anscheins- und Gegenbeweis hat sich der BFH in einer Reihe von Urteilen, die gleichermaßen für Gesellschafter-Geschäftsführer, Gesellschafter nahestehende Geschäftsführer, Fremdgeschäftsführer und „normale“ Mitarbeiter gelten, weitgehend verabschiedet. Statt dessen hat er seine Rechtsprechung teilweise geändert und Folgendes entschieden:
- Die verbilligte oder unentgeltliche Überlassung eines Dienstwagens an einen Mitarbeiter auch zur Privatnutzung, löst einen geldwerten Vorteil aus, egal ob der Mitarbeiter das Fahrzeug tatsächlich privat nutzt. Die Verfügbarkeit allein genügt. Der bislang zulässige Gegenbeweis ausschließlich betrieblicher Nutzung ist nicht mehr möglich. Der Nutzungswert ist nach der Ein-Prozent-Regelung oder der Fahrtenbuchmethode zu ermitteln.
- Die Finanzverwaltung muss letztlich nachweisen, ob Sie dem Mitarbeiter ein Fahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen haben. Ist die Privatnutzung fraglich, kann sich die Finanzverwaltung nicht mehr auf den Anscheinsbeweis für die Privatnutzung berufen.
- Verbote zur Privatnutzung von Dienstwagen muss die Finanzverwaltung generell berücksichtigen. Nach Auffassung des BFH gibt es keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach derartige Nutzungsverbote nur zum Schein vereinbart oder missachtet werden. Dies gilt selbst dann, wenn Sie die Nutzungsverbote nicht überwachen bzw. wenn im Fall eines Geschäftsführers keine Kontrollinstanz vorhanden ist. Die Privatnutzung durch einen Geschäftsführer trotz eines Verbots zieht eine verdeckte Gewinnausschüttung nach sich, die aber nicht nach der Ein-Prozent-Regelung zu bewerten ist (BFH, Urteil vom 21.3.2013, Az. VI R 31/10; Abruf-Nr. 132163; Urteil vom 21.3.2013, Az. VI R 46/11; Abruf-Nr. 132165; Urteil vom 21.3.2013, Az. VI R 42/12; Abruf-Nr. 132164; Urteil vom 18.4.2013, Az. VI R 23/12; Abruf-Nr. 132162).
PRAXISHINWEIS | Die Finanzverwaltung hat bisher noch nicht auf diese Rechtsprechungsänderung reagiert. Nach ersten inoffiziellen Verlautbarungen ist davon auszugehen, dass sie an der bisherigen Verfahrensweise festhalten wird, weil sich die Rechtslage nach ihrer Auffassung trotz der neuen BFH-Rechtsprechung nicht geändert hat. Ungeachtet dessen können Sie sich auf die BFH-Rechtsprechung berufen, wenn diese für Sie - etwa im Hinblick auf Nutzungsverbote - günstiger ist. Sie müssen jedoch höchstwahrscheinlich den Rechtsweg einschlagen, wenn Sie die Anwendung der BFH-Rechtsprechung durchsetzen wollen. |
Nutzungserlaubnis und Nutzungsverbot
Die Überlassung eines Dienstwagens an einen Mitarbeiter zur Privatnutzung kann sich aus dessen Arbeitsvertrag ergeben oder auf einer konkludenten Nutzungsvereinbarung zwischen Ihnen und Ihrem Mitarbeiter beruhen. Ersteres ist für den Fiskus einfach feststellbar, Letzteres wird für neues Konfliktpotenzial sorgen.
Enthält der Arbeitsvertrag keine Aussage zur Dienstwagennutzung, können Sie Ihrem Mitarbeiter die Nutzung auch mündlich gestattet haben. Wird eine derartige Vereinbarung abgestritten, ist es Sache des Finanzamts, die Privatnutzung durch den Mitarbeiter nachzuweisen. Denn ohne ausdrückliche Genehmigung darf ein Mitarbeiter einen Dienstwagen aus arbeitsrechtlicher Sicht nur für Dienstreisen nutzen.
Während der BFH Privatnutzungsverbote angesichts seiner neuen Rechtsprechung akzeptiert, steht die Finanzverwaltung diesen skeptisch gegenüber. Sie verzichtet nur dann auf den Ansatz eines geldwerten Vorteils, wenn
- Sie als Arbeitgeber die Einhaltung des Verbots überwachen oder
- die Privatnutzung wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls so gut wie ausgeschlossen wird, indem das Fahrzeug nach Feierabend und am Wochenende auf dem Unternehmensgelände abgestellt und der Schlüssel abgegeben wird (BMF, Schreiben vom 28.5.1996, Az. IV B 6 - S 2334 - 173/96, [Textziffer 5]; Abruf-Nr. 132554).
Wichtig | Vor diesem Hintergrund werden vertragliche Nutzungsverbote für Geschäftsführer von der Finanzverwaltung im Regelfall nicht anerkannt.
Nutzung durch Einzelunternehmer und Gesellschafter
Auf Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften hat die neue BFH-Rechtsprechung keine Auswirkungen. Bei dieser Personengruppe bleibt es dabei, dass die Finanzverwaltung auf Basis eines Anscheinsbeweises grundsätzlich den Ansatz einer Nutzungsentnahme für Fahrzeuge des Betriebsvermögens fordert,
- die zur Privatnutzung geeignet sind,
- zur Privatnutzung zur Verfügung stehen und
- nicht ausschließlich eigenen Mitarbeitern zur Nutzung überlassen werden (BMF, Schreiben vom 18.11.2009, Az. IC V 6 - S 2177/07/10004, Tz. 12, 13; Abruf-Nr. 093816).
Bei entsprechender Fahrzeugzahl sind daher Nutzungsentnahmen jeweils für Sie als Unternehmer und Ihre Familienangehörigen mit Führerschein anzusetzen. Setzen Sie dabei die Fahrzeuge mit den höchsten Listenpreisen an, wertet die Finanzverwaltung dies als Erklärung, dass die übrigen Fahrzeuge nicht privat gefahren werden.
Widerlegung der Verwaltungsauffassung
Allerdings können Sie als Unternehmer - anders als Ihre Mitarbeiter nach der neuen BFH-Rechtsprechung - den Gegenbeweis antreten und die Annahme der Privatnutzung einzelner Fahrzeuge durch Sie oder Ihre Angehörigen in diesen Fällen und mit folgenden Argumenten widerlegen:
- Die Fahrzeuge sind zur Privatnutzung nicht geeignet. Dies trifft auf Agenturfahrzeuge in der Regel nicht zu. Denn der Gegenbeweis gilt in erster Linie für Lkw oder Zugmaschinen, aber auch Werkstattwagen von Handwerkern, die so gut wie ausschließlich zur Beförderung von Gütern bestimmt sind (BFH, Urteil vom 18.12.2008, Az. VI R 34/07; Abruf-Nr. 090489).
- Sie verfügen in Ihrem Privatvermögen über ein Fahrzeug, das im Hinblick auf Status und Gebrauchswert mit dem infrage kommenden betrieblichen Fahrzeug vergleichbar ist. Davon geht der BFH beispielsweise aus, wenn ein Porsche 911 zum Betriebsvermögen gehört und dem Unternehmer sowie seiner Ehefrau (und den fünf minderjährigen Kindern) privat ein Porsche 928 S4 sowie ein Volvo V 70 T 5 zur Verfügung stehen (BFH, Urteil vom 4.12.2012, Az. VIII R 42/09; Abruf-Nr. 130369).
- Sie führen für diese Fahrzeuge Fahrtenbücher. Allerdings hat der BFH zwischenzeitlich die Anforderungen an Fahrtenbücher weiter verschärft, indem er für jeden aufgesuchten Geschäftspartner eine konkrete Adressangabe fordert (BFH, Urteil vom 1.3.2012, Az. VI R 33/10; Abruf-Nr. 121590).
- Sie legen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine auf den Unternehmer ausgestellte Jahres-Bahnfahrtkarte oder schriftliche Unterlagen über den regelmäßigen Bezug von Monatskarten für die Nutzung der Bahn vor (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.6.2010, Az. 9 K 9150/07; Abruf-Nr. 132553). Entsprechendes gilt für andere Nachweise, aus denen sich die regelmäßige Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ergibt.
Ausweg (elektronisches) Fahrtenbuch?
Ein Fahrtenbuch kann in zweierlei Hinsicht von Vorteil sein: Zum einen ermöglicht es den Nachweis, dass ein Dienstwagen überhaupt nicht privat genutzt wurde, zum anderen kann der geldwerte Vorteil bzw. die Nutzungsentnahme im Vergleich zur Ein-Prozent-Regelung gemindert werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Anteil der Privatfahrten an der Gesamtlaufleistung gering ist oder ein preiswert angeschaffter Gebrauchtwagen gefahren wird.
Angesichts der gesteigerten Anforderungen der Rechtsprechung und der Mühe, die das Führen eines Fahrtenbuchs in Papierform bereitet, steigt die Nachfrage nach elektronischen Fahrtenbüchern. Allerdings ist auch ein elektronisches Fahrtenbuch kein Allheilmittel, sondern muss den Anforderungen der Finanzverwaltung genügen (OFD Rheinland, Kurzinformation 2/2013 vom 18.2.2013; Abruf-Nr. 131465):
- Ein elektronisches Fahrtenbuch wird grundsätzlich anerkannt. Es muss allerdings die gleichen Angaben wie ein traditionelles Fahrtenbuch enthalten. Korrekturen und nachträgliche Änderungen müssen in der elektronischen Version entweder ausgeschlossen sein oder dokumentiert werden.
- Die Daten eines elektronischen Fahrtenbuchs müssen bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist unverändert aufbewahrt werden und lesbar gemacht werden können. Die maschinelle Auswertbarkeit der Daten muss sichergestellt sein, weil die Finanzverwaltung auch insoweit ein Recht auf den Datenzugriff hat.
- Erfasst das elektronische Fahrtenbuch bei Fahrtbeendigung automatisch Datum, Kilometerstand und Fahrtziel, während der Fahrer den Fahrtanlass nachträglich in einem Webportal eingeben muss, genügt es, wenn diese Eintragungen binnen sieben Kalendertagen nach Abschluss der jeweiligen Fahrt vorgenommen werden. Dies gilt noch als zeitnah.
- Abweichungen zwischen Kilometerstand laut elektronischem Fahrtenbuch mit GPS-Ermittlung der Fahrtstrecken und tatsächlichem Kilometerstand des Fahrzeugs sind zwar unbedenklich, der tatsächliche Kilometerstand soll jedoch im Halbjahres- oder Jahresrhythmus dokumentiert werden.
PRAXISHINWEISA | Elektronische Fahrtenbücher und Fahrtenbuchprogramme werden von der Finanzverwaltung weder zertifiziert noch zugelassen. Daher empfiehlt es sich, vor Erwerb derartiger Software eine Bestätigung des Herstellers einzuholen, dass dessen Software die Anforderungen der Finanzverwaltung erfüllt. |
Weiterführende Hinweise
- Beitrag „So gestalten Sie Ihr Fahrtenbuch finanzamtssicher und sichern sich Betriebsausgabenabzug“, WVV 3/2012, Seite 11
- Beitrag „Dienstwagen-Überlassung mit Kostenbeteiligung: BMF mit neuen Regeln zum geldwerten Vorteil“, WVV 8/2013, Seite 13