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· Fachbeitrag · Buchauszug

Bestandspflegeprovision nur für Teil der Kunden ohne Vereinbarung ‒ Buchauszug einfordern!

von Rechtsanwalt Bernhard Schleicher, Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth und Kollegen, München

| Es gibt Versicherer, die ohne vertragliche Vereinbarung Kunden in verschiedene Kundengruppen schlüsseln und nur für eine Kundengruppe Bestandspflege zahlen. Was hier zu tun ist, hat ein Vertreter erfolgreich vorgemacht ‒ er hat einen modifizierten Buchauszugsanspruch eingeklagt. Das Urteil nutzt betroffenen Vertretern in der Praxis. |

Das Provisionssystem des Versicherers

Seit vielen Jahren war es bei einem Versicherer Praxis, die Kunden-Bestände unter unterschiedlichen Bezeichnungen im EDV-System zu schlüsseln: Und zwar in B-Kunden (Bestandskunden), R-Kunden (Regional-Kunden) und Z-Kunden (Zentral-Kunden). Bestandspflegeprovision hat der Versicherer

  • nur für die B-Kunden bezahlt,
  • nicht aber für die R- und Z-Kunden.

 

Dies führte dazu, dass Vertreter oftmals zwar Kundenbestände zur Betreuung übertragen erhielten, aber eben nicht als B-Kunden. Folglich erbrachten sie die Betreuungsleistung umsonst. Abschlussprovisionen erhielten sie nur, wenn neue Verträge vermittelt wurden.

 

Im Vertrag wird gerade nicht in verschiedene Kundengruppen unterschieden. In den Provisionsbestimmungen „Sach“ steht Folgendes:

 

  • Provisionsbestimmungen „Sach“

In den Bestand des Vertreters gelangen nur Kunden (= Versicherungsnehmer oder versicherte Person), die

  • dem Vertreter aus den vorhandenen Kundenbeständen der ...-Unternehmen übertragen werden.
  • von dem Vertreter neu geworben werden und bisher noch nicht Kunden eines …-Unternehmens waren.
 
  • Der Vertreter ist der Ansicht, dass er auch für die R- und Z-Kunden , soweit sie ihm zugeordnet sind, Bestandspflegeprovisionen beanspruchen kann.

 

  • Der Versicherer war der Meinung, man hätte die R- und Z-Kunden nur manuell übertragen, also außerhalb der vertraglichen Vereinbarung. Ferner habe man für diese Kunden auch keine besondere Betreuungsleistung des Vertreters erwartet. Diese Argumentation ließ das LG Köln nicht gelten (LG Köln, Urteil vom 07.09.2018, Az. 89 O 67/17, Abruf-Nr. 204860, nicht rechtskräftig).

LG bejaht Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs

Das LG Köln hat dem Vertreter den im Rahmen seiner Stufenklage eingeklagten Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB zuerkannt.

 

  • Eine Differenzierung nach B-Kunden einerseits und R- und Z-Kunden anderseits, so wie sie der Versicherer darstellt, finden sich laut LG nicht in den vertraglichen Regelungen. Der Vertreter sei dazu verpflichtet, alle Kunden in seinem Bestand zu betreuen, also auch die R- und Z-Kunden.

 

  • Auch eine gesonderte ausdrückliche Vereinbarung zwischen Versicherer und Vertreter sei nicht ersichtlich und werde vom Versicherer auch nicht behauptet.

 

  • Eine Differenzierung könne allenfalls gerechtfertigt sein, wenn die Übertragung bestimmter Kunden ausdrücklich vereinbart worden ist und diese sich durch diese konkrete Vereinbarung von anderen, nur zugeordneten Kunden abgrenzen lassen. Dies sei allerdings für das LG nicht ersichtlich.

 

  • Der Vertreter habe ‒ anders als es der Versicherer darstellt ‒ Betreuungsleistungen auch für die R- und Z-Kunden erbringen müssen. Der Vertreter konnte das belegen, weil er namentlich als Ansprechpartner genannt wurde, z. B. auf Rechnungen oder Rundschreiben an die Kunden, ganz gleich welcher Gruppe sie angehörten.

 

Der Vertreter kann für die R- und Z-Kunden Bestandspflegeprovisionen beanspruchen. Somit steht ihm auch ein Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs hinsichtlich dieser Verträge zu, so das LG.

So nutzen Sie das Urteil in der Praxis

Als betroffener Vertreter können Sie in einem solchen Fall die offenen Provisionsansprüche geltend machen. Dies tun Sie in der Regel in Form einer Stufenklage, indem Sie

  • erst einen Buchauszug verlangen und
  • dann Ihren restlichen Anspruch auf Bestandspflegeprovision beziffern.

 

Die geltend gemachten Restprovisionsansprüche wirken sich auch unmittelbar auf die Höhe Ihres Ausgleichsanspruchs aus. Denn sie erhöhen den hierfür maßgeblichen Jahresschnitt der Bestandspflegeprovisionen der letzten 5 Jahre der Vertragslaufzeit.

 

PRAXISTIPP | Die Ansprüche auf Provision verjähren in der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Offene Bestandspflegeprovisionsansprüche aus dem Jahre 2015 verjähren also zum 31.12.2018. Um die Verjährung zu hemmen, vereinbaren Sie entweder mit dem Versicherer noch vor dem Jahresende 2018 einen Verjährungsverzicht. Sollte das nicht gelingen, müssten Sie ggf. bis Ende des Jahres 2018 klagen.

 
Quelle: Ausgabe 12 / 2018 | Seite 3 | ID 45539452