04.06.2009 | 130-Prozent-Grenze
130 Prozent, sechs Monate und Werkunternehmerpfandrecht
In einem Verfahren vor dem AG Fürstenwalde hat die Versicherung durch einen Vergleich ein Urteil abgewendet, das den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für die vollen sechs Monate zugesprochen hätte (Az: 15 C 35/08). Die Geschädigte hatte ihr 21 Jahre altes Auto im Rahmen der 130- Prozent-Möglichkeiten reparieren lassen. Die Versicherung hatte nur den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert minus Restwert) bezahlt. Damit konnte die mittellose Geschädigte die Reparaturrechnung nicht bezahlen. Die Werkstatt machte vom Werkunternehmerpfandrecht Gebrauch und gab den Wagen nicht heraus. Die Versicherung war über diesen Umstand in Kenntnis gesetzt, zahlte aber den Differenzbetrag erst, nachdem der Nachweis des sechsmonatigen Behaltens geführt war. Mit der Nutzungsausfallentschädigung wollte sie nichts zu tun haben. Der Anwalt der Geschädigten reichte Klage ein, es ging um etwa 5.000 Euro. Der Amtsrichter aus Fürstenwalde machte im Termin deutlich, dass er den Betrag zusprechen werde. Die BGH-Entscheidung zur Fälligkeit (Beschluss vom 18.11.2008, Az: VI ZB 22/08; Abruf-Nr. 084011;Ausgabe 1/2009, Seite 7) sei eindeutig. Die Versicherung wollte ein solches Urteil natürlich vermeiden, drohte mit einer zeitraubenden Berufung und bot einen Betrag von 3.500 Euro zur vergleichsweisen Beendigung des Verfahrens an. Die Geschädigte konnte mit diesem Betrag als Sofortzahlung mehr anfangen als mit der Aussicht auf einen höheren Betrag nach (mit Restrisiko) gewonnenem Berufungsverfahren. So endete der Prozess leider ohne Urteil.
Beachten Sie: Auch ohne Urteil ist dieses Verfahren richtungsweisend. Die Auffassung des Richters vertreten wir hier seit langem (siehe Ausgabe 12/2008, Seite 18). Nur mit solchen Verfahren werden die Versicherungen, die das Pferd der Zahlungsverzögerung noch immer reiten, lernen, dass das kein kluger Weg ist.