05.02.2009 | Gerichte entscheiden
Liste der Urteile kontra Fraunhofer wird länger
Die Liste an Gerichtsentscheidungen kontra Fraunhofer-Marktpreisspiegel wird immer länger. Trotzdem wenden die Versicherer Fraunhofer unverdrossen an. Mittlerweile finden sich in Anwaltsschriftsätzen für die Versicherungen zwei falsche Argumente, die auf jeden Fall widerlegt werden können:
1. Die durch Fraunhofer gewählte Schwerpunktbildung bei den sechs großen Vermietern sei richtig, denn es sei ja der Normaltarif abzufragen. Die anderen Vermieter würden samt und sonders ausschließlich im Unfallersatzgeschäft vermieten. Das ist aus der Luft gegriffener Vortrag. Insbesondere in Gegenden außerhalb der Städte, aber auch in den Städten treten vor allem Lizenznehmer von EURO-Mobil (VW) und OPELrent, aber auch viele andere mittelständische Vermieter als Anbieter für jeglichen Mobilitätsbedarf auf. Der Nachweis darüber kann oft über die Homepage der entsprechenden Anbieter geführt werden, zum Beispiel
www.opel.de/service/rental/content.act und
www.euromobil.de/online/index.html.
2. Schwacke sei an einer großen Zahl von Vermietunternehmen als Gesellschafter beteiligt. Auch das ist falsch. Die Behauptung geht auf eine ungeschickte Formulierung im Vorwort des Mietpreisspiegels zurück. Dort heißt es: „Bei 1.100 Firmen lagen uns die Preisinformationen bereits vor, da man Partner einer der verschiedenen Mietwagenorganisationen ist“. Das „man“ bezieht sich eindeutig auf die Partnerschaft der 1.100 Vermieter zu unter einer Marke mit einheitlichen Preisen anbietenden Systemen wie zum Beispiel die oben genannten EURO-Mobil oder OPELrent-Strukturen. Richtig verstanden muss das heißen: „Bei 1.100 Firmen lagen uns die Preisinformationen bereits vor, da diese Firmen Partner einer der verschiedenen Mietwagenorganisationen sind“.
Sie können sich weiterhin auf die zahlreichen positiven Urteile der Amts- und Landgerichte stützen, die Fraunhofer ablehnen:
Landgerichte
- LG Bonn: Das Gericht stellt sich ausdrücklich gegen „sein“ OLG Köln: Nur der Grund, dass die Vermieter bei der Fraunhofer Erhebung nicht wussten, warum die Preise erfragt werden, genügt ihm nicht. Denn es sieht bei Fraunhofer massive Schwächen. Die Beschränkung der Internetpreisabfrage bei nur sechs Vermietern bildet nicht den Markt ab. Die für die Preise erforderliche Vorbuchungsfrist wird oft der Situation nicht gerecht. Die Zweistelligkeit der Postleitzahlengebiete bildet den Markt nicht ortsnah ab (Urteil vom 16.12.2008, Az: 18 O 242/08, mitgeteilt von Rechtsanwalt Ulrich Wenning, Bonn; Abruf-Nr. 090018).
- LG Deggendorf: Es ist nicht nachgewiesen, dass Fraunhofer den Normaltarif für die konkrete Region genauer abbildet als die vom BGH akzeptierte Schwacke-Mietpreisliste. Das gelte bis zu einer zukünftigen Vereinheitlichung der obergerichtlichen Rechtsprechung. Mit dem Urteil stellt sich das LG Deggendorf gegen das OLG München (Urteil vom 16.12.2008, Az: 12 S 113/08; Abruf-Nr. 090020).
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Amtsgerichte
- AG Bielefeld: Die Erhebungsmethode ist insgesamt untauglich (Urteil vom 13.11.2008, Az: 41 C 778/08; Abruf-Nr. 090017).
- AG Dortmund: Die Schwacke-Liste ist vom BGH anerkannt, im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO ist es nicht Aufgabe des Gerichts, Listen zu vergleichen (Urteil vom 29.12.2008, Az: 430 C 10983/07, mitgeteilt von Rechtsanwalt Bernhard Kraas, Arnsberg; Abruf-Nr. 090270).
- AG Düsseldorf: Die Preiserhebung erfolgte überwiegend bei nur sechs Vermietern, wohingegen Schwacke auch die mittelständischen Vermieter einbezogen hat. Durch die Postleitzahlenvergröberung wird der regionale Markt nicht ausreichend präzise abgebildet (Urteil vom 11.12.2008, Az: 54 C 2327/08, mitgeteilt von Rechtsanwalt Lothar Schriewer, Düsseldorf; Abruf-Nr. 090016).
- AG Esslingen: 2008er Preise sind für Anmietungen aus den Vorjahren per se ungeeignet. Die Postleitzahlenvergröberung ist untauglich. Die Erstellung der Erhebung im Auftrag der Versicherungswirtschaft lässt Zweifel an der Neutralität aufkommen (Urteil vom 10.12.2008, Az: 1 C 1436/08; Abruf-Nr. 090019).
- AG Frankfurt/Main: Pauschaler Verweis auf die Fraunhofer-Erhebung genügt nicht. Für Anmietungen vor 2008 ist die Liste per se unanwendbar. Im Übrigen schließt sich das Gericht den gegen die Fraunhofer-Erhebung sprechenden Gründen des LG Dresden (Urteil vom 8.10.2008, Az: 4 S 247/08; Abruf-Nr. 083619) an (Urteil vom 2.1.2009, Az: 29 C 1452/08-86, mitgeteilt von Rechtsanwalt Martin Lins, Pforzheim; Abruf-Nr. 090263).
- AG Heinsberg: Fraunhofer ist für Anmietungen vor 2008 nicht anwendbar (Urteil vom 18.12.2008, Az: 14 C 61/08, mitgeteilt von Rechtsanwältin Doris Overlack-Kosel; Abruf-Nr. 090261).
- AG Köln: Fraunhofer ist Auftragswerk für Versicherungswirtschaft, Postleitzahlenvergröberung untauglich, Internetangebote irrelevant (Urteil vom 16.12.2008, Az: 267 C 220/08; Abruf-Nr. 090134).
- AG Kusel: Die Postleitzahlenvergröberung ist untauglich. Außerdem enthält die Fraunhofer-Erhebung auch Preise mit Fahrstreckenbegrenzung auf 150 Kilometer (Urteil vom 26.11.2009, Az: 2 C 470/07; Abruf-Nr. 090264).
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