03.06.2011 | Gutachten
Gutachten auch bei geringem Schaden zulässig
Zwei Gerichte haben jüngst Gutachten bei Schäden knapp oberhalb der vom BGH gezogenen Bagatellgrenze für zulässig erachtet:
- Ein Schaden in Höhe von 1.110,72 Euro brutto berechtigt ohne weiteres zur Einholung eines Schadengutachtens auf Kosten des Schädigers. Daran ändert auch nichts, dass der Schädiger den Schaden auf 933,38 Euro herunterrechnet (AG Mainz, Urteil vom 21.4.2011, Az: 70 C 334/10; Abruf-Nr. 111822; eingesandt von Rechtsanwältin Inka Pichler, Wiesbaden).
- Die Kosten für ein Schadengutachten sind auch dann beim Haftpflichtschaden erstattungspflichtig, wenn die prognostizierten Kosten bei knapp 800 Euro liegen. Das AG Ulm begründet seine Entscheidung mit dem - durchaus nachvollziehbaren - Hinweis, dass die moderne Fahrzeugtechnik es mit sich bringt, dass Schäden für Laien nicht einschätzbar sind (AG Ulm, Urteil vom 21.4.2011, Az: 3 C 471/11; Abruf-Nr. 111784; eingesandt von Rechtsanwältin Birgit Schwarz, Weißenhorn).
Praxishinweis: Versicherer wenden gerne ein, es komme nicht nur auf die Schadenhöhe an, sondern auch auf die „Übersichtlichkeit“ des Schadens. Sei offensichtlich nur die Außenhaut des Fahrzeugs betroffen, gebe es keinen Anlass für ein Gutachten. Jedoch hat der BGH ein Gutachten in einem Fall „durchgewunken“, bei dem ein Schaden von 715 Euro entstanden war (BGH, Urteil vom 30.11.2004, Az: VI ZR 365/03; Abruf-Nr. 043098). Dort war ein Kind mit einem Kickboard gegen ein stehendes Auto gestoßen. Ohne die Schadenbilder gesehen zu haben, darf man zwanglos annehmen, dass die Sache übersichtlich war. Mithin ist das Argument der Versicherer falsch. |