01.08.2007 | Haftpflicht: 130-Prozent-Grenze
Keine Abweichung vom Gutachten im „130-Prozent-Fall“
Weicht die Reparatur von der gutachterlichen Vorgabe ab, um unter die magische Grenze von 130 Prozent des Wiederbeschaffungswerts zu kommen, muss die Versicherung nicht zahlen. So hat das LG Koblenz entschieden.
Beachten Sie: Bei den „130-Prozent-Schäden“ kommt es bekanntlich auf eine vollständige und fachgerechte Reparatur an. Der BGH hat zuletzt die Formulierung verwendet, dass die Reparatur „im Umfang der gutachterlichen Feststellungen erfolgen muss (Urteil vom 15.2.2005, Az: VI ZR 70/04; Abruf-Nr. 050708). Seither ist die Frage offen, ob das zur sklavischen Befolgung des vom Sachverständigen kalkulierten Reparaturwegs zwingt.
Im vom LG Koblenz entschiedenen Fall hat die Werkstatt durch Verwendung eines unstreitig qualitativ guten gebrauchten Stoßfängers die Schallmauer nach unten durchbrochen, während im Gutachten ein neuer kalkuliert war. Diese nachträgliche Abweichung hat zur Ablehnung des Ersatzanspruchs über den Wiederbeschaffungsaufwand hinaus geführt. Nach unserem Verständnis hat sich das Gericht nicht gegen die Verwendung des gebrauchten Stoßfängers als solchem ausgesprochen. Die Crux war, dass der Gutachter mit einem neuen kalkuliert hatte. Wir haben schon vielfach darauf aufmerksam gemacht: Solche Wege sind im Vorfeld mit dem Gutachter zu erörtern, damit sie Eingang in das Gutachten finden.
Unser Tipp: Es ist damit zu rechnen, dass manche Versicherungen das Urteil nun als generelle Absage an die Gebrauchtteilreparatur bei „130-Prozent-Konstellationen“ ins Feld führen. Deshalb haben wir vorsorglich einen Textbaustein entworfen, den Sie auf Seite 15 bis 16 finden. Diesen Textvorschlag geben Sie dem Geschädigten am besten mit zum Anwalt! Denn der Fall dürfte dann das Stadium des rechtlichen Geplänkels überschritten haben. Eigentlich gehören „130-Prozent-Fälle“ von Anfang an in die Hände eines (kundigen) Anwalts. (Urteil vom 4.7.2007, Az: 12 S 65/07) (Abruf-Nr. 072313)