06.11.2008 | Haftung
Überschreitung der Autobahn-Richtgeschwindigkeit
Ist ein Unfallbeteiligter in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Kollision auf der Autobahn schneller als mit der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h gefahren, ist die von seinem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr erhöht (OLG Brandenburg, Urteil vom 2.10.2008, Az: 12 U 46/08; Abruf-Nr. 083328). Es ging um einen seitlichen Berührungsunfall. Es war unklar geblieben, welches der beiden Fahrzeuge auf die andere Spur geraten war. Dann geht die Sache in der Regel „fifty-fifty“ aus. Jedoch hatte einer der beiden Beteiligten angegeben, er sei mit 150 km/h gefahren. Diese Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um 20 km/h hat das OLG zum Anlass genommen, dessen Fahrzeug eine leicht erhöhte Betriebsgefahr zuzurechnen. Damit ging die Sache 55 zu 45 Prozent aus.
Beachten Sie: Generell gilt: Bei einer Geschwindigkeit von mehr als 130 km/h auf der Autobahn droht regelmäßig eine Mithaftung. Schon vor Jahren hat der BGH (Urteil vom 17.3.1992, Az: VI ZR 62/91, Abruf-Nr. 053263) entschieden, dass der „gedachte Idealfahrer“ die Richtgeschwindigkeit einhält. Damit fällt es regelmäßig schwer, den „Unabwendbarkeitsnachweis“ zu führen (zur „Betriebsgefahr“, zum „Idealfahrer“ und zum „Unabwendbarkeitsnachweis“ siehe Ausgabe 2/2005, Seite 12). Aber: Wenn der „Schnelle“ beweisen kann, dass er den Unfall auch bei richtgeschwindigkeitskonformem Tempo nicht hätte vermeiden können, entfällt dieser Aspekt wieder. Das Laienargument, bei niedrigerem Tempo wäre er ja noch gar nicht an der Unfallstelle gewesen, zählt dabei aber nicht.
Unser Tipp: Autobahnunfälle, die sich bei hohem Tempo ereignet haben, sind eine Sache für einen Verkehrsrechtsanwalt. Es muss entschieden werden, ob gegebenenfalls die Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen wird, um die danach verbleibenden Restschäden (Wertminderung, Mietwagen oder Nutzungsausfall etc.) mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung abzurechnen (siehe dazu Ausgabe 1/2006, Seite 7).