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  • · Fachbeitrag · Mietwagen

    Mietwagendifferenz beim Kunden holen?

    | Angestachelt vom Schreiben eines Kundenanwalts, der - ohne Not - mitteilt, dass sein Kunde die Differenz zwischen der Vermietung zu „Schwacke-Preisen“ und der Erstattung des Versicherers nach „Fraunhofer“ nicht zahlen werde, möchte ein Leser wissen, wie die Rechtslage ist. Der folgende Beitrag liefert die Antwort. |

     

    Frage: Wir berechnen unsere Mietwagen etwa auf dem Niveau des Schwacke-Mietpreisspiegels. Unser Kunde hat einen Rechtsanwalt beauftragt, der hat dem Versicherer gegenüber die meisten Schadenpositionen durchgesetzt. Den Mietwagen hat der Versicherer aber nur auf Fraunhofer-Niveau erstattet. Diesen Betrag hat der Anwalt des Kunden an uns weitergeleitet. So weit, so gut. Flankiert war die Zahlung aber von einem in dreistem Ton gehaltenen Brief an uns, mit dem der Anwalt hinsichtlich der Differenz die Worte „Abzocke“ und „Betrug am Kunden“ verwendete. Sein Mandant, also unser Kunde, werde keinesfalls die (von uns bis dahin gar nicht geforderte) Differenz bezahlen. Unter den Umständen dieses Einzelfalls wollen wir uns nun die Differenz doch vom Kunden holen. Das soll der Anwalt ihm dann erklären müssen. Und einen Kunden zu verlieren, der uns so aggressiv angreifen lässt, macht uns nichts aus. Können wir die Differenz beim Kunden geltend machen?

     

    Unsere Antwort: Machen Sie sich abermals bewusst: Es besteht eine Rechtsbeziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kunden. Er ist der Mieter und damit der Schuldner. Es besteht eine weitere Rechtsbeziehung zwischen Ihrem Kunden und dem Versicherer des Unfallgegners. Die ist darauf gerichtet, dass der Kunde die erforderlichen Kosten der Unfallschadenbeseitigung erstattet bekommt.

     

    Wichtig | Wenn Sie mit dem Versicherer direkt abrechnen, ändert das nichts. Das ist, basierend auf der Abtretung, nur eine Abkürzung. Sie machen dann den Erstattungsanspruch des Kunden geltend.

    „Erstattungsbetrag = vertragliche Obergrenze“ gilt nicht

    Es gibt keine Regel, wonach die Werkstatt oder der Autovermieter nicht mehr berechnen darf, als der Kunde vom Versicherer erstattet bekommt. Das kann man schon an den Fällen mit einer Quotenhaftung glasklar erkennen. Die Mithaftungsquote trifft den Kunden und nicht die Werkstatt. Aber auch, wenn sich die Kürzung des Versicherers auf eine Schadenposition bezieht, gibt es diese Regel im Grundsatz nicht.

     

    Schwacke ist immerhin vom BGH akzeptiert

    Im von Ihnen beschriebenen Preis ist es ja so, dass Sie keinen Mondpreis berechnen, sondern einen von einer Unzahl von Gerichten und auch vom BGH akzeptierten Rahmen, nämlich den des Schwacke-Mietpreisspiegels, nicht überschreiten. Der BGH lässt den Instanzgerichten nämlich die Freiheit, selbst zu entschieden, welche der Listen sie bevorzugen wollen. Dass Ihr örtliches Gericht den Fraunhofer-Marktpreisspiegel anwendet, bedeutet folglich nicht, dass Sie den Rahmen sprengen.

     

    Örtliche Rechtsprechung ist nicht das alleinige Maß der Dinge

    Denn auch wenn Ihr örtliches Gericht Fraunhofer als das Maß der Dinge ansieht, ist das ja nicht zwingend das Ende der Möglichkeiten des Geschädigten. Er hat im Zweifel verschiedene Gerichtsstände zur Auswahl. Gute Anwälte nutzen diese Option. Als Beispiel mag ein in Köln oder in Bonn oder auch in Dortmund ansässiger Versicherer gelten. Wenn man den statt am Gerichtsstand des Unfallorts an seinem Sitz verklagt, setzt man nach heutigem Stand der dortigen Rechtsprechung den auf Schwacke-Niveau angesiedelten Betrag eben doch durch. Das gilt auch für viele andere als Gerichtsstand mögliche Orte.

     

    Damit ist die grundsätzliche Rechtslage beschrieben. Insofern geht die Strategie des Anwalts Ihres Kunden mit seinem aggressiven Verhalten offenbar dahin, Ihnen den Schneid abzukaufen, damit er sich nicht mit der lästigen Durchsetzung streitwertunattraktiver Reste befassen muss.

     

    Beachten Sie | Anders wäre es, wenn Sie dem Kunden zugesichert hätten, sich mit dem vom Versicherer erstatteten Betrag zufriedenzugeben und die Differenz nicht bei ihm, also dem Kunden, einzufordern. Das wird von Kunden in den von uns beobachteten Rechtsstreitigkeiten gerne vorgetragen. Allerdings liegt die Beweislast für diese Behauptung allein beim Kunden.

    Beratungspflicht der Werkstatt?

    Ein Klassiker ist auch der Vortrag des Kundenanwalts, Sie hätten eine Beratungspflicht verletzt. Sie hätten, so meint er, dem Kunden sagen müssen, dass der von Ihnen berechnete Betrag nicht vom Versicherer ersetzt wird.

     

    Es gibt in der Tat eine BGH-Entscheidung, die in diese Richtung deutet. Doch da muss man genauer hinschauen: Dort ging es um einen der damaligen (Anmietdatum April 2003) oftmals sehr hohen „Unfallersatztarife“ (BGH, Urteil vom 28.6.2006, Az. XII ZR 50/04; Abruf-Nr. 062352). Sie hingegen schildern einen Fall, bei dem der Mietpreis auf einem von einer großen, nach unserer Einschätzung sogar noch immer der größeren Zahl der Gerichte akzeptierten Tarif, der auch vom BGH abgesegnet wurde. Das ist eine ganz andere Konstellation.

     

    Vor allem kann eine Beratungspflicht nicht auf die Beträge gerichtet sein, die die Versicherer „freiwillig“ zahlen, sondern zu deren Zahlung sie gegebenenfalls per Gerichtsurteil gezwungen werden können. Und da muss „Ihr“ Gericht nicht das einzige Maß der Dinge sein.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 15 | ID 40188550