01.09.2011 · IWW-Abrufnummer 112870
Oberlandesgericht Stuttgart: Urteil vom 18.08.2011 – 7 U 109/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftsnummer: 7 U 109/11
26 O 359/09 Landgericht Stuttgart
Verkündet am 18. August 2011
Oberlandesgericht Stuttgart
7. Zivilsenat
Im Namen des Volkes
Urteil
Im Rechtsstreit
wegen Forderung
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 11. August 2011 unter Mitwirkung von XXX
für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13.1.2011, AZ 26 O 359/09, abgeändert:
Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 1.367,40 € nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 6.9.2009 zu bezahlen
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin 1/6, die Beklagte 5/6.
5. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Geldbetrags leistet.
6. Die Revision wird zugelassen.
Gebührenstreitwert des Berufungsrechtszugs:
1. Berufung: 2.541,46 €
2. Anschlussberufung: 5.547,29 €
insgesamt: 8.088,75 €
Gründe:
I.
Die Klägerin befasst sich gewerblich mit der Vermietung von Kraftfahrzeugen. Sie macht aus abgetretenem Recht restliche Schadensersatzansprüche geltend. Diese resultieren aus Verkehrsunfällen, die 17 Geschädigte mit Gegnern hatten, deren Kraftfahrzeuge bei der Beklagten versichert waren. Die Geschädigten mieteten jeweils bei der Klägerin Ersatzfahrzeuge an. In allen Fällen steht die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach außer Streit. Die Beklagte erstattete die von den Geschädigten geltend gemachten Mietkosten nur zum Teil. Die Beklagte meint, die von der Klägerin ihren Kunden in Rechnung gestellten Mietkosten seien überhöht und zum Ausgleich des entstandenen Schadens nicht notwendig. Die Geschädigten hätten auf dem jeweiligen örtlichen Markt die Ersatzfahrzeuge günstiger anmieten können. Dies ergebe sich aus dem Vergleich mit dem Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts aus dem Jahre 2008.
Die Klägerin ließ sich zur Sicherung ihrer Mietzinsansprüche die Schadensersatzansprüche ihrer 17 Kunden gegen die Beklagte sicherungshalber abtreten. Diese macht sie mit der Klage geltend, der Höhe nach jedoch beschränkt auf die Mietwagenkosten, die sich als Normaltarif nach der Automietpreis-Schwacke-Liste ergeben, erhöht um die im Einzelfall angefallenen zusätzlichen Nebenkosten (für Winterreifen, Zustellung und Abholung des Mietfahrzeugs, Vollkasko-Schutz, Navigationssysteme, Anhängerkupplungen usw.) sowie um einen pauschalen Zuschlag von 20 % für den Umstand, dass das Unfallersatzwagen-Geschäft höhere Vorhalte- und Dispositionskosten erfordere.
Wegen des erstinstanzlichen Sach.- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage über den Gesamtbetrag von 8.322,35 € in Höhe eines Teilbetrags von 5.547,29 € Teil stattgegeben, sie im Übrigen jedoch abgewiesen. Wegen der Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, und seiner rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
1. Die Klägerin greift das Urteil in folgenden Punkten an:
a. Das Landgericht habe die unfallspezifischen Mehrleistungen fehlerhaft nur in den beiden Schadensfällen Nr. 2 (Mieter Sch.) und 7 (Mieterin Fa. S.) zuerkannt; tatsächlich seien diese Mehrkosten auch in allen anderen Fällen gerechtfertigt und zu erstatten. Betroffen sind die Fälle 1, 3 – 6, 8 – 17 mit folgenden Aufschlägen:
Fall 1 3 4 5 6
Kosten 122,70 € 152,86 € 54,00 € 79,02 € 69,00 €
Fall 8 9 10 11 12
Kosten 97,50 € 152,86 € 115,00 € 54,00 € 146,30 €
Fall 13 14 15 16 17
Kosten 134,80€ 52,32 € 90,00 € 152,86 € 168,24 €
Summe: 1.641,46 €
aa. Diese Mehrkosten des Unfallersatzwagen-Vermietungsgeschäfts resultierten aus folgenden Umständen:
• ungünstigere Fuhrpark-Planung mit Vorhaltung aller Fahrzeug-Klassen,
• Unwägbarkeiten bei der Vermietungsdauer, bedingt durch
o Unsicherheiten über die voraussichtliche Dauer der Ersatzbeschaffung,
o die unsichere Prognose über die voraussichtliche Reparaturwürdigkeit des beschädigten PKW,
o Unsicherheiten über die Reparaturdauer des verunfallten Kfz,
bb. Diese Unwägbarkeiten bei der Fahrzeug-Disposition erhöhten die Gemeinkosten in der gesamten Sparte des Unfallersatzwagen-Vermietungsgeschäfts, so dass es gerechtfertigt sei, alle Unfallersatzwagen mit einem Aufschlag für diesen erhöhten Aufwand anzubieten, nicht nur diejenigen Kfz, bei denen sich der kalkulatorische Mehraufwand konkret belegen lasse.
cc. Im Übrigen habe das Landgericht bei der Betrachtung der konkreten Verhältnisse, unter denen ein Zuschlag fallweise gerechtfertigt sein könne, die Voraussetzungen eines anzuerkennenden Zuschlags zu eng gefasst, insbesondere die Zeitspanne vom ersten Kundenkontakt bis zur Übernahme des Fahrzeugs zu kurz bemessen.
b. Winterreifen (betroffen sind die Fälle
Fall 1 3 5 6 7 8 9 10 14
Kosten 120 € 135 € 60 € 45 € 165 € 120 € 135 € 75 € 45 €
mit Gesamtkosten von 900 €)
Das Landgericht habe zu Unrecht die Kosten für Winterreifen nicht in Ansatz gebracht und die Erstattungspflicht der Beklagten verneint. Winterreifen seien als Sonderausstattung anzusehen, die gesondert zu vergüten seien. Bei einer durchschnittlichen Haltedauer der Flottenfahrzeuge von 6 bis 10 Monaten sei es erforderlich, während des Winterhalbjahres für jedes Mietfahrzeug einen zusätzlichen Räder-Satz mit Winterreifen anzuschaffen, die innerhalb der durchschnittlichen Haltedauer üblicherweise bei weitem nicht bis zur Verschleißgrenze abgefahren würden. Auf den Nachfolgemodellen seien diese zusätzlichen Räder-Sätze meist nicht mehr einsetzbar, weil sich bei nahezu allen Fahrzeugherstellern in fast jedem Produktionsjahr Schraubendimensionen, Felgenlochabstände o. ä. änderten. Die dadurch nutzlos gewordenen zusätzlichen Rädersätze ließen sich auf dem Gebrauchtmarkt nur mit außerordentlich hohen Preisabschlägen verwerten. Die Anschaffung von Winterreifen sei deshalb mit überdurchschnittlichem Aufwand verbunden. Aus diesem Grunde sei es in der Branche flächendeckend üblich, für die Ausrüstung des Mietfahrzeugs mit Winterreifen Sonderausstattungszuschläge zu erheben, wie dies auch die Stiftung Warentest festgestellt habe (vgl. Stiftung Warentest, Ausgabe 10.12.2010, nach Bl. 522). In der Schwacke-Liste sei diese Sonderausstattung mit Tages-Kosten von 10,- € angesetzt. Die in der Fraunhofer-Liste ausgewerteten Unternehmen setzten für die Ausrüstung mit Winterreifen weit höhere Kosten an.
2. Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 2.541,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit [5.9.2009] zu zahlen
Die Beklagte beantragt
Zurückweisung der Berufung.
3. Sie verteidigt das Urteil, soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat und führt aus:
a. zu den Sonderkosten für Winterreifen.
Winterreifen gehörten zu den Standardleistungen, die – ähnlich wie Warndreieck und Verbandskasten – selbstverständlich vom Vermieter zu tragen seien.
b. zu den angeblich erhöhten Gemeinkosten für die Unfallersatzwagen-Vermietung:
• Das Landgericht habe zu Recht auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abgestellt; die dabei erwogenen Grenzen für die Rechtfertigung von Eil- und Notzuschlägen seien richtig gezogen. Allerdings trüge das Argument des Landgerichts nicht, dass die Kfz-Vermieter bei der Unfallersatzwagen-Vermietung geringere Sicherheiten hätten, weil sie üblicherweise auf eine Sicherung durch Kreditkarten verzichteten. Die den Vermietern gegenüberstehenden Haftpflicht-Versicherer böten im Hinblick auf ihre Solvenz und Bonität mindestens die gleiche Sicherheit wie die Kreditkarten-Sicherung.
• Auch in Bezug auf die Liquidität stünden die Vermieter nicht schlechter als im Normalgeschäft mit Kreditkarten-Sicherung, weil sie die Sicherheit erst 2 Monate später liquidieren könnten.
4. Die Beklagte greift das Urteil im Wege der Anschlussberufung wie folgt an:
a. Das Landgericht habe fehlerfrei erkannt, dass die Klägerin durch ihre Inkasso-Tätigkeit fremde, grundsätzlich erlaubnispflichtige Rechtsangelegenheiten ihrer Mieter erledige. Fehlerhaft sei jedoch die Auffassung des Landgerichts, diese Tätigkeit sei als Nebenleistung gem. § 5 Abs. 1 RDG ausnahmsweise erlaubnisfrei.
Die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten, die die Klägerin gegen die Beklagte führe, zeigten, dass die Klägerin eine grundsätzliche Klärung der Rechtsfrage erstrebe, in welchem Umfang die Beklagte zur Erstattung von Mietwagenkosten verpflichtet sei. Die Klägerin führe diese Prozesse, obwohl es ihr ein Leichtes wäre, ihre Ansprüche gegen ihre jeweiligen Kunden durchzusetzen. Bereits dies zeige den Charakter als Erledigung fremder rechtlicher Angelegenheiten.
b. Fehlerhaft habe das Landgericht die Schwacke-Liste als geeignete Grundlage für die Schadensschätzung gem. § 287 ZPO angesehen, obwohl die Beklagte konkrete Mängel der Schwacke-Liste vorgetragen habe. Sie habe konkreten Beweis angeboten, dass die Mietpreise, wie sie in der Fraunhofer-Liste ausgewiesen seien, die Marktverhältnisse besser abbildeten als die Schwacke-Liste. So läge die Fraunhofer-Liste beispielsweise näher an den Mietpreisen der Auto-Vermieter AVIS und Europcar.
Der angebliche „Sondermarkt“ durch Internet-Angebote bestehe nicht (mehr), wie der alltägliche Umgang von rund 80 % der Bevölkerung mit dem worldwide Web zeige.
Tatsächlich gäben die im Internet ersichtlichen Preise der beiden genannten Firmen deren Normaltarife wieder.
5. Die Beklagte beantragt im Wege der Anschlussberufung:
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13.1.2011, Geschäftsnummer 26 O 359/09, wird abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
6. Sie verteidigt das Urteil gegen die Angriffe der Anschlussberufung und führt insoweit aus:
a. Der BGH habe die Schwacke-Liste als taugliche Grundlage für eine Schadensschätzung gem. § 287 ZPO mehrfach anerkannt, zuletzt mit Urteil vom 22.2.2011 (VI ZR 353/09)
b. Die höchstrichterliche Rechtsprechung habe auch die generellen Einwendungen gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste für unbegründet erachtet; zulässig seien hingegen konkrete Einwendungen, dass im Einzelfall konkrete Möglichkeiten bestanden hätten, günstiger ein vergleichbares Kfz anzumieten. Diesen Darlegungsanforderungen entspreche der Sachvortrag der Beklagten nicht.
c. Die von der Beklagten als angebliche Alternativen vorgelegten Internet-Angebote seien für den Zeitraum 23.-25.9.2009 recherchiert worden, obwohl es konkret um Anmietzeitpunkte zwischen dem 18.12.2007 und dem 2.6.2009 gehe.
d. Bei ihren Internet-Recherchen habe die Beklagte stets die Anmietdauer feststehend vorgegeben; dies träfe nicht die reale Situation der Unfallersatzwagen-Anmietung, bei der die Mietdauer gerade nicht bereits im Voraus feststehe.
e. Bei den von der Beklagten herangezogenen Internet-Angeboten lasse sich die jeweilige Fahrzeug-Klasse nicht in Bezug zu den konkret verunfallten PKW setzen.
f. Die von der Beklagten herangezogenen Internet-Angebote bezögen sich durchgängig auf die Übergabe-/Rückgabeorte Aachen oder Mönchengladbach. Tatsächlich seien in nur 2 der 17 Fälle die Fahrzeuge dort übernommen und wieder zurückgegeben worden. In den anderen Fällen habe eine Überstellung an andere Orte erfolgen müssen. Die Internet-Angebote schwiegen sich zu den hierdurch entstehenden Kosten aus. Dies gelte auch bezüglich der Zusatzkosten für die Nutzung durch einen weiteren Fahrer, die Ausrüstung des Mietfahrzeugs mit Winterreifen, Anhängerkupplung oder Navigationssystem.
g. Auch ließen sich den vorgelegten Internet-Angeboten nicht entnehmen, in welcher Höhe für die Vollkaskoversicherung Selbstbeteiligungen bestünden. AVIS beispielsweise gehe standardmäßig von einer Selbstbeteiligung von 750,- € aus. In den Fällen 1 – 11, 13, 14, 16 hätten die Kunden entsprechend den Kasko-Bedingungen ihrer eigenen, verunfallten Fahrzeuge Selbstbeteiligungen von jeweils 550,- €, im Fall 12 von 300,- € vereinbart worden. Allein dies hätte bei AVIS Mehrkosten von 1.792,- € verursacht.
II.
Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die Anschlussberufung der Beklagten sind zulässig. Die Berufung der Klägerin ist teils begründet, teils unbegründet; die Anschlussberufung der Beklagten ist vollumfänglich unbegründet.
1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen (Abschnitt 1.) des angefochtenen Urteils und macht sich diese zu Eigen. Dass der Gesetzentwurf, der in BT-Drucksache 16/3655, S. 53 begründet wurde, nicht seinem gesamten Wortlaut nach tatsächlich Gesetz geworden ist, entkräftet die Argumentation des Landgerichts nicht. Der gesetzgeberische Wille, die Erbringung von Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit anderweitigen Haupttätigkeiten gegenüber dem Rechtszustand unter Geltung des Rechtsberatungsgesetzes zu erleichtern und zu liberalisieren, bestand nämlich unverändert fort.
Ergänzend ist auszuführen:
a. Die Beurteilung der streitentscheidenden Frage, ob Mietwagenunternehmer im Falle sicherungshalber abgetretener Schadensersatzforderungen von Kunden im Unfallersatzwagengeschäft aktivlegitimiert oder die erfolgte Abtretung wegen Verstoßes gegen Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes gem. § 134 BGB nichtig ist, erfolgt in der Rechtsprechung bislang uneinheitlich. So vertreten beispielsweise die Landgerichte Stuttgart (4 S 154/10; 4 S 278/10, 5 S 207/10), Saarbrücken (7 O 222/09), Konstanz (61 S 40/10 c) sowie etliche Amtsgerichte die Auffassung, die gerichtliche Geltendmachung abgetretener Schadensersatzforderungen durch Mietwagenunternehmen stellten verbotswidrige Rechtsdienstleistungen dar mit der Folge, dass die entsprechenden Abtretungsvereinbarungen gem. § 134 BGB nichtig seien. Demgegenüber sind die Landgerichte Baden-Baden (3 S 78/09), Darmstadt (25 S 230/09), Frankenthal (2 S 163/10), Köln (9 S 252/10), Mönchen-Gladbach (5 S 110/08), Stade (1 S 37/10) und verschiedene Amtsgerichte, z. B. AG Waiblingen (8 C 1039/10), AG Köln (266 C 63/10) der gegenteiligen Auffassung.
b. Nach Auffassung des Senats sprechen die besseren Argumente für die letztgenannte Auffassung. Die Klägerin betreibt das Kfz-Vermietungsgeschäft, nicht etwa ein Inkasso-Unternehmen. Die Abtretung der Schadensersatzansprüche der Kunden erfolgte ausweislich der vorgelegten Abtretungsvereinbarungen sicherungshalber. Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, da ein Sicherungsbedürfnis der Klägerin anzuerkennen ist. Tritt der Sicherungsfall ein, so verfolgt die Klägerin mit der Geltendmachung der abgetretenen Forderung kein fremdes Geschäft; gerade im Sicherungsfall ist die Verwertung der Sicherheit vielmehr ein eigenes Geschäft der Klägerin. Unabhängig davon, ob sich die Tätigkeit der Klägerin in den vorliegenden Fällen als – jedenfalls – erlaubtes Nebengeschäft i. S. v. § 5 Abs. 1 RDG darstellt, fehlt es damit bereits sowohl an der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i. S. v. § 2 Abs. 1 RDG als auch an einem geschäftsmäßigen Inkasso gem. § 2 Abs. 2 RDG.
c. Das Landgericht hat im vorliegenden Fall den jeweiligen Eintritt des Sicherungsfalls bezweifelt. Der Senat teilt diese Zweifel nicht. Immerhin haben die Kunden in den Fällen 1, 2, 9, 10, 12, 13 und 17 zur Abwehr der angemahnten, nicht von der Beklagten bezahlten restlichen Mietzinsforderungen Rechtsanwälte eingeschaltet, alle übrigen Kunden haben - mit unterschiedlichen Formulierungen, teils handschriftlich, teils maschinenschriftlich - darauf verwiesen, dass sie eine eigene Haftung für die begründeten Mietwagenkosten ablehnten, weil sie am Unfall kein Verschulden träfe, mithin alle Aufwendungen seitens des jeweiligen Unfallgegners und seiner Versicherung, also der Beklagten, zu tragen seien. Diese Weigerung der Mieter, die von der Beklagten nicht bezahlten Mietkosten aus eigenen Mitteln zu begleichen, genügt, um den Sicherungsfall eintreten zu lassen. Da eine Rangfolge zwischen gesicherter Forderung und Sicherungszession (etwa im Sinne einer Vorausklage aus der gesicherten Forderung) weder aus dem Gesetz noch aus der vertraglichen Sicherungsabrede ersichtlich ist, steht es der Klägerin nach Eintritt des Sicherungsfalles frei, ob sie aus der gesicherten Forderung gegen die Mieter oder aus der Sicherungszession gegen die Klägerin vorgeht.
Weder aus der Entscheidung der Klägerin, nicht die Mieter, sondern die Beklagte aus der Sicherungszession in Anspruch zu nehmen, noch aus dem Verhalten der Kunden lassen sich hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme eines abgestimmten und mit der Klägerin abgesprochenen Verhaltens entnehmen.
d. Auch das Argument der Beklagten, die Inkassotätigkeit der Klägerin ergebe sich aus der Vielzahl der Prozesse, die die Klägerin gegen die Beklagte führe, verfängt nicht.
Die Klägerin kann sich am Markt der Autovermieter im Unfallersatzwagen-Geschäft nur dann dauerhaft behaupten, wenn die geschädigten Kfz-Mieter die vereinbarten Mietwagenkosten – im Falle unstreitiger Alleinhaftung des Unfallgegners – in vollem Umfang ersetzt bekommen. Es liegt auf der Hand, dass die Kunden nicht auf selbst zu tragenden Kostenanteilen sitzen bleiben wollen. Gleichzeitig erwartet ein beachtlicher Anteil der Geschädigten, mit der Schadensregulierung in keinem größeren Umfang behelligt zu werden, als unbedingt notwendig. Demzufolge sind Direktabrechnungen nicht nur von Autovermietern, sondern auch von Reparaturbetrieben mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung gang und gäbe. Damit ist es für die Klägerin von hohem eigenem Interesse, ihre Tarife so zu gestalten, dass sie einerseits dem eigenen Gewinnmaximierungsinteresse entsprechen, andererseits in der Abrechnung mit der Haftpflichtversicherung komplikationslos durchgesetzt werden können; denn der Kunde erwartet nicht nur, bei der Regulierung nicht selbst Kostenanteile tragen zu müssen, sondern mit der Schadensregulierung selbst möglichst nicht behelligt zu werden. Die Klärung im Rahmen einer Vielzahl abgetretener Kunden-Ersatzforderungen, in welcher Höhe die Mietwagenkosten ersetzt werden, dient deshalb eigenen Interessen der Klägerin und stellt nicht primär eine Dienstleistung für den Kunden dar.
e. Aus dieser Überlegung wird auch deutlich, dass die Beitreibung der streitgegenständlichen Forderungen selbst dann, wenn ein fremdes Geschäft nicht zu leugnen wäre, nur ein Annex – und damit bloße Nebenleistung - zum eigentlichen Hauptgeschäft der Klägerin wäre, so dass in jedem Falle eine erlaubnisfreie Dienstleistung i. S. v. § 5 Abs. 1 RDG vorläge, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.
2. Die Schwacke-Liste ist ein Maßstab zur Schadensschätzung i. S. v. § 287 ZPO, gegen dessen Eignung – insbesondere im Hinblick auf die eingehaltene Methode zur Gewinnung der erforderlichen Daten - keine generellen Bedenken sprechen (so bereits mehrfach vom Bundesgerichtshof entschieden, zuletzt durch Urteil vom 22.2.2011, VI ZR 353/09, Rdnr. 7,8, zitiert nach Juris). Der Senat sieht kein Bedürfnis, abweichend vom Landgericht im Berufungsrechtszug statt der Schwacke-Liste den Fraunhofer-Mietspiegel heranzuziehen. Auch das letztgenannte Tabellen-Werk ist in seiner Erhebungsmethodik keineswegs unangefochten. In der generellen Betrachtung sieht der Senat deshalb keine durchschlagenden Gründe, der Markterhebung des Fraunhofer-Instituts den Vorzug zu geben.
3. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob sich im konkreten Einzelfall das herangezogene Tabellen- und Listenwerk – gleichgültig, um welches es sich handelt – als untaugliche Schätzungsgrundlage erweist, weil konkrete Zweifel an der realitätsgerechten Abbildung der örtlichen Marktgegebenheiten bestehen und das andere Tabellen- und Listenwerk diese Marktgegebenheiten im konkreten Einzelfall besser abbildet. In solchen Fällen ist das im konkreten Umfeld zweifelhafte und fragwürdige Tabellenwerk als Schätzungsgrundlage ungeeignet; vielmehr ist entweder dem anderen Tabellenwerk, das die Marktsituation besser abbildet, der Vorzug zu geben oder die Marktsituation mit anderen Mitteln zu klären, um den erforderlichen Aufwand zur Wiederherstellung der Mobilität des unfallgeschädigten Mieters abzuschätzen. Der Bundesgerichtshof hat deshalb wiederholt klargestellt, dass gegen eine Schadensschätzung gem. § 287 ZPO anhand von Listen und Tabellen – gleich welcher Art – stets der Angriff möglich ist, im konkreten Fall wären dem Geschädigten billigere Mietwagen zugänglich gewesen, als in den herangezogenen Tabellen und Listen ausgewiesen (zuletzt Urteil vom 22.2.2011, VI ZR 353/09, Rdnr. 8 [Juris]).
a. Allerdings sind der Beklagten im vorliegenden Fall gegen die Anwendung der Schwacke-Liste solche konkreten Angriffe nicht gelungen. Konkrete Zweifel an der Eignung eines bestimmten Tabellenwerks als Schadensschätzungsgrundlage ergeben sich nämlich erst dann, wenn belegt ist, dass ein dem jeweiligen konkreten Mietfahrzeug mit allen Kategorisierungsmerkmalen des Tabellenwerks vergleichbares Fahrzeug eines anderen Vermieters zu einem in erheblicher Weise niedrigeren Gesamtentgelt anzumieten gewesen wäre als dem Gesamtmietpreis, der sich nach dem Tabellenwerk ergibt. Die von der Beklagten herangezogenen Internet-Angebote lassen jedoch genau dieses Gesamtentgelt nicht erkennen.
b. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
aa. Die Schwacke-Liste fasst verschiedene Fahrzeuge zu Preisgruppen zusammen. Die Eingruppierung erfolgt nicht nur nach Herstellern und Fahrzeug-Modellen, sondern differiert auch innerhalb desselben Fahrzeugmodells nach dessen Motorisierung. Da heutzutage – wie allgemeinkundig ist – für nahezu jedes Fahrzeugmodell unterschiedliche Motoren mit erheblichen Unterschieden in der Motorleistung (und im Anschaffungspreis) verfügbar sind, lässt sich aus dem Fahrzeugmodell selbst noch nicht auf die jeweilige Fahrzeuggruppe schließen. Die von der Beklagten vorgelegten Internet-Angebote lassen mangels entsprechender Angaben keinen Vergleich mit einer bestimmten Fahrzeuggruppe der Schwacke-Liste zu. Demzufolge lässt sich der in den Internet-Angeboten ausgewiesene Basispreis nicht mit dem Normalpreis der Schwacke-Liste vergleichen.
bb. Diese Vergleichbarkeit wird noch weiter dadurch eingeschränkt, dass sich die Angebote der Firmen AVIS und Europcar bei genauer Betrachtung nur auf eine bestimmte Fahrzeugklasse („Kompaktklasse“, „Kleinwagen“, „Obere Mittelklasse“, „Kombi, Großraumlimousine“) beziehen. Nur vordergründig wird ein bestimmtes Fahrzeugmodell angeboten; denn in allen Angeboten wird das vorangestellte Modell lediglich als „Beispiel“ für die jeweilige Fahrzeugklasse angeführt (bei den Angeboten von AVIS noch ergänzt um alternative Beispiele derselben Fahrzeugklasse). Damit ist nicht sichergestellt, dass das beispielhaft angebotene Fahrzeug dem Mieter auch zur Verfügung gestellt wird und damit dem vom Mieter tatsächlich angemieteten Fahrzeug vergleichbar ist, das die Klägerin – wie die Beklagte ausdrücklich unstreitig gestellt hat - zutreffend und richtig anhand der Schwacke-Liste eingruppiert hat. Dass Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller – selbst dann, wenn sie derselben Fahrzeugklasse angehören und vergleichbar motorisiert sind – in der Schwacke-Liste in unterschiedlichen Fahrzeuggruppen eingruppiert sein können, erklärt sich nachvollziehbar und sachgerecht, wenn die zum Teil erheblichen Divergenzen in den Anschaffungspreisen berücksichtigt werden, die für die Preisgestaltung gewerblicher Autovermieter selbstverständlich von maßgeblicher Bedeutung sind.
cc. Weiter lassen sich den Internet-Angeboten der Beklagten nicht die Kosten entnehmen, die sich bei Zusatzleistungen für Sonderausstattungen (Winterreifen, Navigationssystem, Anhängerkupplung), Zusatzfahrer, Zustellung/Abholung oder geringerer Selbstbeteiligung im Schadensfall ergeben. Da diese Kosten sehr variabel sein können, kommt es für die Frage, ob diese Angebote tatsächlich günstiger sind als die Schwacke-Liste (Normaltarif, ggfs. mit Unfallersatztarif-Aufschlag, zuzüglich gelisteter Nebenkostenpauschalen) auf das konkrete Endergebnis des Mietpreises an, nicht nur auf den „Grundtarif“.
c. Damit lassen sich Vergleiche der „Endpreise“ der von der Beklagten angeführten Vergleichsangebote mit den von der Klägerin geltend gemachten „Endpreisen“ nach der Schwacke-Liste nicht anstellen. Erst durch den Vergleich der Endpreise ergibt sich jedoch, welches tatsächlich das billigere Angebot wäre.
d. Obwohl das landgerichtliche Urteil auf diese Darlegungsmängel hingewiesen hat (vgl. S. 16, 2. Absatz des Urteils), beschränkt sich die Anschlussberufung lediglich auf die Bezugnahme des diesbezüglichen erstinstanzlichen Sachvortrags. Im Hinblick darauf, dass den Parteien die gesamte Problematik bestens geläufig ist, wie die Bezugnahme auf die einschlägige obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung zeigt, bedurfte es weder weiterer Hinweise des Senats noch weiterer diesbezüglicher Sachverhaltsaufklärung.
e. Im Ergebnis lassen sich somit auch in der konkreten Betrachtung keine Umstände aufzeigen, die Bedenken gegen die Eignung der Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage im konkreten Einzelfall begründen könnten. Es ist deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden, dass das Landgericht seine Schadensschätzung auf die Schwacke-Liste gestützt hat.
4. Die Klägerin kann die in den Fällen Nr. 1, 3, 5 bis 10 und 14 geltend gemachten Kosten für Winterreifen im Gesamtbetrag von 900,- € ersetzt verlangen.
a. Gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB haben die Geschädigten Anspruch auf die zur Naturalrestitution erforderlichen Mittel. Im Falle des Ausgleichs verloren gegangener Nutzungsmöglichkeiten als Folge des an ihrem Kfz eingetretenen Unfallschadens ist der Anspruch darauf gerichtet, die Kosten für die Anmietung eines geeigneten Ersatzfahrzeugs zu ersetzen. „Erforderlich“ ist demnach der Geldbetrag, der nach den Marktgegebenheiten für eine solche Anmietung aufgewandt werden muss. Wenn auf dem Mietwagenmarkt Mietfahrzeuge mit Winterbereifung nur gegen Zahlung eines Zuschlags für dieses Ausstattungsmerkmal angeboten werden, dann ist der zusätzliche Kostenaufwand für die Ausstattung mit Winterreifen erforderlich i. S. v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Vorausgesetzt ist dabei, dass die Winterbereifung ihrerseits erforderlich ist, um den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Kfz auszugleichen. Dies ist nicht nur stets dann der Fall, wenn das verunfallte Kfz mit Winterreifen ausgestattet war, sondern in allen Fällen, in denen während der Mietdauer ernstlich mit der Möglichkeit von Wetterlagen gerechnet werden muss, die mit Rücksicht auf § 2 Abs. 3 a StVO eine Winterausrüstung des Mietwagens erforderlich machen. Da der Mieter Verantwortung für fremdes Eigentum übernehmen muss, ist ihm in der kalten Jahreszeit die Haftung für den Mietwagen ohne Winterreifen selbst dann nicht zuzumuten, wenn er sein eigenes Fahrzeug nicht mit Winterreifen ausgerüstet hat. Diese letztgenannten Voraussetzungen stehen jedoch außer Streit.
b. Das Argument, in der Winterzeit sei die Ausrüstung eines Mietwagens mit Winterreifen eine „Selbstverständlichkeit“, die mit dem Normaltarif abgegolten sei, trägt dann nicht, wenn der Markt dies gerade nicht als „selbstverständlich“ voraussetzt. Dass dies so ist, ergibt sich zur Überzeugung des Senats nicht nur aus dem Artikel der Stiftung Warentest in der Ausgabe vom 10.12.2010, sondern auch aus dem Umstand, dass die Schwacke-Liste aufgrund der Erhebungen bei unzähligen Autovermietern Winterreifen als typischerweise gesondert zu vergütende Zusatzausstattung ausweist.
c. Auch der Hinweis auf die Winterreifenpflicht gem. § 2 Abs. 3 a StVO liefert kein durchgreifendes Argument gegen eine zusätzliche Entgeltpflicht. Zum einen fordert § 2 Abs. 3 a StVO nicht generell, ein Fahrzeug mit Winterreifen auszurüsten, sondern nur im Bedarfsfall, nämlich bei entsprechenden Witterungs- und/oder Straßenverhältnissen. Zum anderen lässt sich aus dem Umstand, welche Leistung vom Autovermieter verlangt werden kann (nämlich Überlassung eines verkehrstauglichen, den aktuell geltenden und eingreifenden Bestimmungen genügenden Fahrzeugs), nicht auf die dafür geschuldete Gegenleistung schließen. Im Rahmen der Privatautonomie sind die Parteien frei, auch für eine nur im Bedarfsfall notwendige Zusatzausstattung eine besondere Vergütung zu vereinbaren.
d. Ein Anspruch auf ein zusätzliches Entgelt für die Ausrüstung mit Winterreifen auf der Grundlage der Schwacke-Liste lässt sich auch nicht mit der Erwägung verneinen, dass in den Mietverhältnissen zwischen der Klägerin und den Mietern diesbezüglich AGB-rechtliche Bedenken bestehen.
aa. Das zusätzliche Entgelt für eine Winterausrüstung lässt sich den vorgelegten Verträgen nicht entnehmen. Es ist deshalb nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin dieses Zusatzentgelt mit den Mietern jeweils individuell ausgehandelt hat. Vielmehr spricht alles dafür, dass sich die Vergütungspflicht für diese Zusatzausstattung allein aus der – nicht vorgelegten – Preisliste ergibt, also aus von der Klägerin verwandten und vorformulierten Vertragsbedingungen. Schon der erwähnte Artikel der Stiftung Warentest legt nahe, dass ein Großteil der Kunden nicht damit rechnet, für die „Selbstverständlichkeit“ von Winterreifen einen Zuschlag zahlen zu müssen, so dass der allein aus der Preisliste ersichtliche Zuschlag eine überraschende Entgeltregelung i. S. v. § 305 c Abs. 1 BGB sein könnte. In der Folge wäre fraglich, ob diese Entgeltklausel Vertragsinhalt geworden ist und die Klägerin auf dieser Grundlage ein Entgelt für die Ausrüstung mit Winterreifen verlangen könnte, mithin der Kostenaufwand für diese Zusatzausstattung im schadensersatzrechtlichen Sinne „erforderlich“ war (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Darüber hinaus wäre selbst dann, wenn die Entgelt-Klausel Vertragsinhalt geworden wäre, die Frage aufzuwerfen, ob sie die Kunden nicht unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 1 BGB).
bb. Da die Klägerin jedoch nicht Ersatz des den Kunden konkret entstandenen Mietkostenaufwandes verlangt, sondern den Schaden im Wege der Schätzung gem. § 287 Abs. 1 ZPO auf der Grundlage der Schwacke-Liste abstrakt bzw. fiktiv abrechnet, kommt es auf Bedenken hinsichtlich des konkret den Geschädigten entstandenen Kostenaufwandes und seiner Erforderlichkeit jedenfalls dann nicht an, wenn den Geschädigten – wie vorliegend – tatsächlich Kosten mindestens in der Höhe des sich bei abstrakter Betrachtung ergebenden Schätzungsbetrages entstanden sind.
cc. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass das in der Schwacke-Liste ausgewiesene Zusatzentgelt für Winterreifen generell am Markt nicht wirksam vereinbart würde.
e. Im Ergebnis kann die Kläger somit ein zusätzliches Entgelt für Winterausrüstung deshalb verlangen, weil ein Fahrzeug mit Winterausrüstung am Markt nur gegen einen solchen Entgeltzuschlag angemietet werden kann.
5. Die Klägerin kann über die vom Landgericht anerkannten Fälle Nr. 2 und 7 auch in den Fällen Nr. 9, 12 und 17 Zuschläge zu den Normaltarifen verlangen, wie sie in der Schwacke-Liste ausgewiesen sind.
a. Solche Zuschläge zum Normaltarif sind nur dann erstattungspflichtig, wenn sie gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich sind. Entscheidend ist hierbei, ob der Mietwagenkunde im Rahmen des ihm Zumutbaren Zugangs zu geeigneten Miet-Fahrzeugen im Normaltarif oder nur in sog. Unfallersatztarifen haben kann.
Demnach kann ein Unfallersatztarif nicht bereits mit den höheren Gemeinkosten für die Vorhaltung einer differenzierteren Fahrzeugflotte, höheren Verwaltungskosten, höheren Kosten für flexiblere Disposition, Vorfinanzierungskosten usw. begründet werden. Ob und in welchem Umfang der Vermieter diese Gemeinkosten allein auf den Kreis der Unfallersatzwagen-Kunden umlegt oder auf alle Kunden – etwa durch das Angebot eines generell geltenden Einheitstarifs – ist eine Frage der betriebswirtschaftlichen Kalkulation, die sich in den angebotenen Tarifen niederschlägt.
Entscheidend für die Frage, ob schadensersatzrechtlich der Unfallersatztarif zu erstatten ist, ist vielmehr, ob die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nur gegen ein solch höheres Entgelt gelingen kann. Erscheint hingegen der Zugang zum Normaltarif möglich, so fehlt es bereits an der Darlegung bzw. des Nachweises, dass der erhöhte Kostenaufwand des Unfallersatztarifs erforderlich i. S. v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB war.
b. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass ein Zugang zu Normaltarifen von vornherein dort ausscheidet, wo wegen des Zeitdrucks in der Not- und Eilsituation des verunfallten Kunden eine überlegte, zielgerichtete und preisvergleichende Suche nach günstigen Mietwagen-Anbietern nicht in Betracht kommt und wegen dieses Zeitmoments auch seitens der Kfz-Vermieter mit einem Angebot zum Normaltarif nicht gerechnet werden kann. Dies hat das Landgericht in den Fällen 2 und 7 in nicht zu beanstandender Weise festgestellt.
c. Der Senat ist der Auffassung, dass diese Fallgestaltung auch in den Fällen 9, 12 und 17 vorliegt. In diesen Fällen erfolgte die Anmietung nicht – wie in den Fällen Nr. 2 und 7 – noch am Unfalltag, sondern erst am Folgetag. Angesichts dieser kurzen Zwischenzeit und des damit einhergehenden Zeitdrucks durften die betroffenen Geschädigten Erkundigungen nach möglichst günstigen Miettarifen für unzumutbar erachten, zumal aus ihrer Sicht auch nicht zu erwarten stand, so kurzfristig einen Mietwagen zum Normaltarif angeboten zu bekommen. Sie durften deshalb einen Vertragsabschluss zu einem Unfallersatztarif für erforderlich halten.
d. In den Fällen Nr. 3, 13, 14 ist zwar festzustellen, dass die Mietdauer flexibel gehandhabt, d. h. dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt wurde, den Mietvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist vor dem ursprünglich vereinbarten Mietzeitende zu beenden. Dass eine solche flexible Vertragsgestaltung aufgrund der Marktgegebenheiten nur in einem Unfallersatztarif hätte vereinbart werden können, während eine Anmietung zum Normaltarif nur bei voller Vergütungspflicht für die gesamte vereinbarte Mietdauer ohne vorzeitige Kündigungsmöglichkeit möglich gewesen wäre, hat die Klägerin nicht behauptet, weshalb eine solche Fallgestaltung nicht zu prüfen ist. Es ist der Klägerin zwar zuzugestehen, dass das im Unfallersatzwagengeschäft mutmaßlich häufiger als im „normalen“ Vermietungsgeschäft anzutreffende Bedürfnis nach flexibler Gestaltung der Mietdauer in der betriebswirtschaftlichen Kalkulation zu höheren Kosten führen kann; hieraus allein lässt sich jedoch nicht ableiten, dass nicht auch im normalen Vermietungsgeschäft flexible Mietdauern ohne Zuschläge vereinbart werden können. Letztlich hängt dies nämlich von der Nachfrage am Markt ab: Bei einer hohen Nachfrage kann auch ein unvorhergesehen vorzeitig zurückgegebenes Fahrzeug ohne Ertragseinbuße weitervermietet werden, so dass aus der Unternehmersicht kein Bedürfnis besteht, den Kunden auf Erfüllung für den gesamten vereinbarten Mietzeitraum in Anspruch zu nehmen.
e. In den übrigen Fällen kommt als Kriterium, das den Zugang der Kunden zu einem Normaltarif hindern könnte, nur die fehlende Sicherung des Mietwagenunternehmens durch Kreditkarten in Betracht.
aa. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass auch nur eine nennenswerte Anzahl von Mietwagenunternehmen die Vermietung an unfallgeschädigte Kunden im Normaltarif allein an diesem Kriterium scheitern lässt. Ihr Sicherungsbedürfnis können die Vermieter dadurch befriedigen, dass sie sich die Schadensersatzforderungen ihrer Kunden gegen die Unfallgegner und deren Haftpflichtversicherer abtreten lassen (was jedenfalls nach der hier vertretenen Auffassung rechtlich unbedenklich ist). Bonität und Solvenz der Versicherer stehen jedenfalls der Kreditkarte als Sicherungsmittel nicht nach. Die Frage der Liquidität dürfte aus der Sicht der Kfz-Vermieter nachrangig sein, weil auch Forderungen gegen die Kreditkartenunternehmen nur mit zeitlicher Verzögerung geltend gemacht werden können.
bb. Dass die Abtretung von Schadensersatzansprüchen gegen den Unfallgegner und seinen Haftpflichtversicherer dann ins Leere geht, wenn der Mietwagenkunde die Verantwortlichkeiten für den Unfall falsch eingeschätzt hat, liegt zwar auf der Hand, kann im vorliegenden Fall jedoch einen Zuschlag zum Normaltarif nicht rechtfertigen. Zwischen den Parteien steht nämlich die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach außer Streit.
f. Demnach kann die Klägerin über die vom Landgericht zuerkannten Zuschläge in den Fällen Nr. 2 und 7 auch in den Fällen Nr. 9, 12 und 17 folgende Zuschläge verlangen:
Fall 9 12 17
Kosten 152,86 € 146,30 € 168,24 €
Summe 467,40 €
6. Zusammen mit den zuerkannten Entgelten für Winterreifen in Höhe von 900,00 € ergibt dies den Gesamtbetrag von 1.367,40 €, um den das angefochtene Urteil zu Gunsten der Klägerin abzuändern ist.
Weitergehenden Erfolg kann die Berufung nach den obigen Ausführungen nicht haben. Zugleich ergibt sich daraus die Erfolglosigkeit der Anschlussberufung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Angesichts der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung in verschiedenen der vorliegend aufgeworfenen Fragen (Wirksamkeit der Sicherungszession im Hinblick auf die Vorschriften des RDG, Entgelt für Winterreifen, Berechtigung von Zuschlägen zum Normaltarif) und der zum Teil grundlegenden Bedeutung dieser Fragen, insbesondere was die Wirksamkeit der Sicherungszession anlangt, ist die Revision insgesamt zuzulassen.