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  • 26.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123545

    Landgericht Dortmund: Urteil vom 11.10.2012 – 4 S 3/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Dortmund

    4 S 3/12

    Tenor:

    Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

    Die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten der Nebenintervention trägt die Beklagte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Gründe

    (von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO abgesehen)

    Die gemäß § 511 ZPO statthafte Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagten den vom Amtsgericht zugesprochenen restlichen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Freistellung von weiteren Mietwagenkosten und der Zahlung weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aufgrund des zwischen den Parteien unstreitigen Verkehrsunfalls vom 09.09.2010 im Kreuzungsbereich F- Straße /F Parkweg in E.

    Die Parteien streiten vor allem um die Angemessenheit der Mietwagenkosten. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist weder hinsichtlich der Mietwagenkosten noch der vorgerichtlichen Anwaltskosten streitig.

    Der Vortrag der Parteien beschränkt sich im Wesentlichen auf den bekannten Austausch der Argumente für und wider die Anwendung einer der beiden Mietwagenkostenschätzlisten und die Frage, welche Anforderungen an den konkreten Sachvortrag zum Nachweis eines konkret günstigeren Angebotes durch den Schädiger zu stellen sind. Die Kammer hält hierzu an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest, die im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht.

    Die Beklagte hält Mietwagenkosten für einen Zeitraum von 24 Tagen statt der von der Klägerin begehrten 28 Tage für berechtigt. Die Klägerin meint zudem, eine Eigenersparnis sei ihr schon deshalb nicht abzuziehen, weil sie gruppenniedriger angemietet habe.

    Das Amtsgericht hat zu Recht die Erforderlichkeit für 28 Tage bejaht. Dieser Aspekt war - trotz der im Termin geäußerten Ansicht des Klägervertreters - auch in der Berufungsinstanz streitig, weil die Beklagte auf ihren gesamten erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen hat. Zwar überzeugt die Auffassung der Klägerin nicht, dass ihr wegen der Bindung an die Vorgaben der Leasinggeberin ein Schadensersatzanspruch auf Mietwagenkosten grundsätzlich für den gesamten Prüfungszeitraum zusteht. Hier hat sich dies allerdings nicht ausgewirkt.

    Das Gutachten lag am 20.09.2010, einem Montag, vor. Die Weiterleitung an die Leasinggeberin erfolgte ohne nachvollziehbare Gründe erst zwei Tage später. Die dann von der Leasinggeberin in Anspruch genommene Prüfungszeit von zwölf Tagen ist zu lang. Von einer natürlichen Person, bei der das eigene Kraftfahrzeug nicht selten den einzig nennenswerten Vermögenswert darstellt, wird eine kurzfristigere Entscheidung binnen weniger Tage verlangt. Auch bei einer juristischen Person kann erwartet werden, dass der entsprechend zuständige Sachbearbeiter die Angelegenheit in wenigen Arbeitstagen lösen kann. Hier hat die Klägerin aber die Ersatzbeschaffung, für die der Schadengutachter zwei Wochen kalkuliert hatte, schneller durchgeführt, so dass insgesamt inklusive der Zeit für die Mietwagenkosten die 28 Tage erforderlich waren.

    Wie das Amtsgericht ist die Kammer der Auffassung, dass der Klägerin ersparte Eigenaufwendungen abzuziehen sind. Sie spart die Kosten der Unterhaltung des Leasingfahrzeuges in gleicher Weise wie ein Eigentümer. Zudem hat sie nicht gruppentiefer angemietet. Das Unfallfahrzeug Dodge Nitro SXT 2,8 CRD ist vergleichbar mit einem Audi Q5 2,0 TDI, die jeweils um die 177 PS leisten und und die 40.000 € kosten.

    Wegen der grundsätzlichen Erwägungen der Kammer zu dem Komplex der Abrechnung von Mietwagenkosten im Verkehrsunfallschadensrecht wird auf die Urteile der Kammer vom 24.11.2011 - BeckRS 2012, 02337 - und 01.03.2012 - BeckRS 2012, 06294- jeweils mit zahlreichen Nachweisen, Bezug genommen.

    Die Kammer vertritt auch weiterhin die Auffassung, dass in den Prozess eingebrachte Screenshots von Onlineshop-Seiten großer Autovermieter mit dem pauschalen Zusatz, dass dort ausgewiesene Mietwagenpreise für den Geschädigten erzielbar gewesen seien, nicht den Anforderungen an einen konkreten Sachvortrag im Sinne des § 138 ZPO genügen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH NJW-RR 2011, 823 und NJW-RR 2011, 1109.

    Die Kammer hat in der Berufungsverhandlung den sachkundigen Mitarbeiter der Streithelferin C persönlich angehört. Dieser hat in seiner Anhörung in überzeugender Weise dargelegt, was die Kammer bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen festgestellt hat. Die in dem Online-Shop der Streithelferin angebotenen Fahrzeugmieten lassen sich mit dem Unfallersatzgeschäft nicht ansatzweise vergleichen. Herr C hat erläutert, dass ein Kunde im Online-Shop ein Fahrzeug nur zur Reservierung anfragen kann. Die Rückmeldung dauert von einem Tag bis zu mehreren Tagen bei Fahrzeugen ab der oberen Mittelklasse, zu der sowohl das Unfallfahrzeug als auch das Mietfahrzeug hier zu zählen sind. Bereits für die Anfrage ist die Eingabe eines verbindlichen Anmietzeitraums inklusive Abhol- und Rückgabetermin einzugeben. Wird der Endtermin nicht eingegeben, ist schon die Anfrage nicht möglich. Ebenfalls muss der Interessent mindestens für eine Kreditkarte den Zugriff des Autovermieters autorisieren, ab der gehobenen Mittelklasse werden zwei Kreditkarten benötigt. Ohne die Eingabe dieser Daten scheitert die Anfrage. Eine andere Zahlungsmöglichkeit ist weder bei der Reservierungsanfrage noch bei der späteren Abholung des Fahrzeugs in der Anmietstation möglich. Nach Absendung der Anfrage weiß der Kunde erst innerhalb des oben genannten Zeitraums, ob ein Fahrzeug aus der gewählten Gruppe verfügbar ist oder nicht.

    Bei einer Internetbuchung ist die Vereinbarung von Zustellung und / oder Abholung nicht möglich. Dies kann nur bei einer Filialbuchung erfolgen. Dort ist es aber nicht möglich, etwa lediglich die Zusatzdienstleistung zu einer Internetbuchung hinzuzufügen und dennoch den im Onlineshop ausgewiesenen Preis zuzüglich der Kosten für die Zusatzdienstleistung zu zahlen. Bei jedweder Filialbuchung wird ein anderer - höherer - Tarif verlangt.

    Die Ausführungen des Vertreters der Streithelferin wird teilweise durch die übereichten Vermietungsbedingungen der Streithelferin bestätigt.

    Diese Ausführungen sind für die Kammer nachvollziehbar und entsprechen dem, was die Kammer bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen dargelegt hat. Das Vermietungsgeschäft über das Internet stellt einen "Sondermarkt" in dem Sinne dar, dass aufgrund der völlig anderen Kostenstruktur des Anbieters und der Struktur der Angebote in der Regel derart günstige Angebote realisiert werden können, die mit einem Filialgeschäft nicht erzielt werden können. Der Internetmarkt trifft aber nicht die Anforderungen des Unfallersatzgeschäftes, bei dem der Kunde darauf angewiesen ist, sofort - ohne tagelanges Zuwarten - ein Fahrzeug einer bestimmten Gruppe in einer ortsnahen Anmietstation ohne festen Endtermin und ohne das Erfordernis von einer oder gar zwei Kreditkarten zu erhalten. Für dieses Geschäft muss der Anbieter Fahrzeuge vorhalten, die nicht im selben Umfang in die Fahrzeugrotation eingestellt werden können wie beim Vermietungsgeschäft mit längerer Vorbuchzeit.

    Für die Kammer ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser grundsätzliche Ablauf bei den anderen von der Beklagten und ihren Schwester- und Tochterunternehmen favorisierten Mietwagengroßanbietern anders sein könnte.

    Die Kammer verbleibt auch deshalb bei ihrer Auffassung, dass der übliche Baustein mit der Collage von Screenshots mit der jeweils pauschalen Behauptung, alle Nebenleistungen seien inbegriffen und die Fahrzeuge auch Jahre vorher zu einem bestimmten Termin verfügbar gewesen, nicht im Ansatz den Anforderung an einen substantiierten Parteivortrag genügt.

    Die Kammer schätzt daher unter Heranziehung der in ihrer Brauchbarkeit nicht erschütterten Schwacke-Liste 2010 die erforderlichen Mietwagenkosten für einen Mietwagen der Fahrzeugklasse 8 unter Berücksichtigung ersparter Eigenaufwendungen in Höhe von zehn Prozent und eines Risikoaufschlages von zwanzig Prozent auf 3.879,49 €. Hierauf hat die Beklagte 1.400 € gezahlt und das Amtsgericht 2.155,95 € zugesprochen. Die Differenz zu der amtsgerichtlichen Schätzung basiert offenbar auf der - der Beklagten günstigen - Verwendung einer älteren Schwacke-Liste.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 101, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die Kammer folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

    RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 249