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  • 21.09.2022 · IWW-Abrufnummer 231366

    Landgericht Deggendorf: Urteil vom 31.08.2020 – 23 O 168/19

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



    Tenor

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Kosten der Nebenintervention trägt die Streithelferin selbst.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

    4. Der Streitwert wird auf 9.803,36 € festgesetzt.
    Tatbestand

    Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 08.02.2019.

    Am 08.02.2019 gegen 15:15 Uhr fuhr M B mit dem auf die Klägerin zugelassenen Fahrzeug, Audi A6, amtl. Kennz ...5, auf der Staatsstraße 2 von Bodenmais in Richtung Zwiesel. Der Beklagte zu 1) näherte sich mit dem zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten PKW, Mercedes, amtl. Kennz ...99, von rechts der übergeordneten Staats straße, in welche er einbiegen wollte. Dabei übersah er das von links herannahende Fahrzeug der Klägerin, fuhr in die Staats straße ein, wo es im Kreuzungsbereich zur Kollision kam. Der Unfall ist allein auf den Vorfahrtsverstoß des Beklagten zu 1) zurückzuführen.

    Die Klägerin ist hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs Leasingnehmerin der Audi Leasing GmbH als Leasinggeberin. Gemäß der Leasing-Bedingungen der Audi Leasing, Ziff. 9, ist u.a. geregelt, dass der "Leasing-Nehmer [...] berechtigt und verpflichtet [ist], fahrzeugbezogene Schadensersatzansprüche im eigenen Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen" (Anlage K 11).

    Durch das Unfallereignis wurde das klägerische Fahrzeug nicht unerheblich beschädigt. Die voraussichtlichen Reparaturkosten betrugen ausweislich des Schadensgutachtens der Fa. Plöchinger KfZ-Sachvertsändige GmbH & Co. KG vom 14.02.2019 EUR 64.114,47 brutto. Der Wiederbeschaffungswert beträgt EUR 90.000,00 brutto/EUR 75.630,25 netto. Das Gutachten geht zudem von einem Restwert in Höhe von EUR 25.000,00 brutto aus und verweist hierbei auf Restwertangebote der Fa. AVP Autoland Regen in Höhe von EUR 25.000,00 brutto, der Fa. AVP Autoland Deggendorf in Höhe von EUR 25.000,00 brutto sowie der Fa. Hartberger, Bischofsmais, in Höhe von EUR 23.000,00 brutto (Anlage K 1).

    Die Klägerin veräußerte nach Übersendung des Gutachtens am 14.02.2019 am selben Tag das Fahrzeug an die Fa. AVP Autoland GmbH & Co. KG zum höchsten der im Gutachten genannten Restwerte, nämlich EUR 25.000,00 brutto (Anlage K 2).

    Mit Telefax vom 04.03.2019 unterbreitete die Beklagte zu 2) vom Klägervertreter gegenüber den Klägervertretern, die ausweislich deren vorgelegter Regulierungsvollmacht nicht zum Empfang von Restwertangeboten bevollmächtigt waren (Anlage K 3), ein von der Fa. JW-Fahrzeughandel GmbH, 0..1662 Meißen, abgegebenes Restwertangebot von EUR 36.690,00 brutto (Anlage K 4).

    Mit E-Mail vom 07.03.2019 wurde der Beklagten zu 2) mitgeteilt, dass das Restwertangebot aufgrund bereits erfolgter Veräußerung vom 14.02.2019 nicht mehr angenommen werden könne (Anlage K 5). Die Beklagte zu 2) übermittelte am 25.03.2019 ein weiteres Restwertangebot an den Klägervertreter über EUR 36.666,00 brutto, abgegeben von der Fa. Koeleman, 4..8599 Gronau-Epe (Anlage K 6). Der Klägervertreter wiederholte seine Mitteilung hinsichtlich der bereits erfolgten Veräußerung.

    Die Beklagte zu 2) rechnete mit Abrechnungsschreiben vom 05.04.2019 den Fahrzeugschaden unter Ansatz eines Netto-Wiederbeschaffungswerts von EUR 75.630,25 und eines Restwerts von EUR 30.811,76 netto ab und verwies hierbei auf ihr Internet-Restwertangebot der Fa. Auto Koeleman (Anlage K 8).

    Die Klägerin meint, als Restwert sei im Rahmen der Schadensabrechnung der vom Sachverständigen ermittelte Restwert in Höhe von EUR 25.000,00 brutto/EUR 21.008,40 netto zugrunde zu legen. Die Klägerin habe auf die im Schadensgutachten der Fa. Plöchinger KfZ-Sachvertsändige GmbH & Co. KG angegebenen Restwerte vertrauen und den PKW entsprechend verkaufen dürfen, ohne zuvor weitere Restwertangebote der gegnerischen Versicherung abwarten zu müssen. Die Klägerin habe daher Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Form der Restwertdifferenz in Höhe von EUR 9.803,36 netto. Aufgrund Ermächtigung der Audi Leasing GmbH sei die Klägerin zum Verkauf des Fahrzeugs berechtigt gewesen.

    Mit Schriftsatz vom 03.07.2019 verkündete die Klägerin der Fa. Plöchinger KfZ-Sachverständige GmbH & Co. KG, Franz-Silbereisen- Straße 1, 9..4113 Tiefenbach, den Streit. Mit Schriftsatz vom 15.07.2019 trat diese dem Rechtsstreit auf Klägerseite bei.

    Die Klägerin beantragt:

    Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin EUR 9.803,36 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 05.04.2019 zu zahlen.

    Die Beklagten beantragen

    Klageabweisung.

    Die Streithelferin schließt sich den klägerischen Anträgen an.

    Die Beklagten meinen, die Klägerin sei bereits nicht aktivlegitimiert, da sie nicht Eigentümerin des PKW sei. Sie sei nicht berechtigt gewesen, das Fahrzeug zu verkaufen. Weiter seien im Gutachten der Fa. Plöchinger KfZ-Sachvertsändige GmbH & Co. KG tatsächlich nur zwei Restwertangebote enthalten, da es sich beim Angebot der Fa. AVP Autoland Regen und der Fa. AVP Autoland Deggendorf nur um ein Angebot handle. Hinsichtlich des Restwerts sei das Restwertangebot der Fa. Auto Koeleman in Höhe von EUR 36.666,00 brutto/EUR 30.811,76 netto zugrunde zu legen. Die Leasinggesellschaft sei ein Unternehmen, das sich mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen befasse. Als Geschädigter sei es ihr daher zuzumuten, den Restwertmarkt im Internet und die dort angegebenen Kaufangebote zu berücksichtigen.

    Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Das Gericht hat am 15.07.2019 und am 13.07.2020 mündlich zur Sache verhandelt. Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G2. O. und A WP. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2020 verwiesen.
    Gründe

    Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Zahlung eines weiteren Schadensersatzes aufgrund eines niedriger anzusetzenden Restwertes im Vergleich zur beklagtischen Schadensregulierung.

    I.

    Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Deggendorf sachlich und örtlich zuständig.

    II.

    Die Klage ist unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Restwertes in Höhe von netto EUR 9.803,36 hat. Die Klägerin kann - als Leasingnehmerin - nicht gem. §§ 7, 17, 18 StVG, § 115 VVG von den Beklagten die Zahlung des mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzbetrags in Höhe von 9.803,36 Euro verlangen, da ihr ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zur Last liegt.

    1. Die Klägerin ist als Inhaberin des eingeklagten Rechts aktivlegitimiert.

    Ausweislich der Leasing-Bedingungen der Audi-Leasing (Anlage K 11) ist u.a. geregelt, dass der "Leasing-Nehmer [...] berechtigt und verpflichtet [ist], fahrzeugbezogene Schadensersatzansprüche im eigenen Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen" (Anlage K 11).

    Hinsichtlich des Verkaufs des PKWs an die AVP Autoland Deggendorf bestand zudem eine Freigabe seitens der Leasinggeberin gegenüber der Klägerin als Leasingnehmerin.

    Ausweislich Anlage K 12 teilt die Volkswagen Leasing der AVP Autoland Deggendorf mit Schreiben vom 06.03.2019 mit, dass sie der AVP das Leasing-Fahrzeug, amtl. Kennz ...5, mit der Klägerin als Halterin, verkauft. Die Audi Leasing ist gerichtsbekannt eine Zweigniederlassung der Volkswagen Leasing GmbH.

    Es kann mithin dahingestellt bleiben, ob diese Freigabe auch tatsächlich vor Verkauf schon vorlag. Jedenfalls stellt das Schreiben vom 06.03.2019 eine Genehmigung dar. Eine weitere Beweisaufnahme durch Vernehmung hierzu angebotener Zeugen ist daher hinfällig.

    2. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach auf Ersatz des von der Klägerin beanspruchten Schadensersatzes wegen Beschädigung des Leasingfahrzeugs aus dem Unfallereignis vom 08.02.2019 ist zwischen den Parteien unstreitig. Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Plöchinger hat, was von den Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird, in seinem Gutachten Reparaturkosten i.H.v. EUR 64.114,47 brutto kalkuliert. Den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs hat der Sachverständige mit netto EUR 75.630,25 (brutto EUR 90.000,00) ermittelt. Auch dieser Wert ist zwischen den Parteien unstreitig. Strittig ist demgegenüber der davon abzusetzende Restwert des Unfallwagens.

    Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (zuletzt BGH, NJW 2017, 953; NJW 2010, 2722 m.w.N..) kann der Geschädigte, der von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, Ersatz des Wiederbeschaffungswerts abzüglich des Restwerts verlangen.

    Da die Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit steht, hat der Geschädigte bei der Schadensbehebung im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Rahmen des Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage den wirtschaftlichsten Weg zu nehmen. Dies gilt auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs und die sich dabei stellende Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeugs bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss (BGH, NJW 2017, 953 [954]; NJW 2010, 2722 m.w.N.).

    a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Geschädigte dem Wirtschaftlichkeitsgebot regelmäßig Genüge leistet, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeugs zu dem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2019, Az. VI ZR 358/18).

    Der Geschädigte ist weder verpflichtet, über die Einholung des Sachverständigengutachtens hinaus eigene Marktforschung zu betreiben und dabei die Angebote auch räumlich entfernter Interessenten einzuholen oder einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen, noch ist er gehalten abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und ggf. bessere Restwertangebote zu übermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2019, Az. VI ZR 358/18 m.w.N.).

    Zur korrekten Wertermittlung gehört die Ermittlung der Preisbasis des allgemeinen Markts (BGHZ 163, 362 = NJW 2005, 3134; BGH, NJW 2010, 605 m.w.N..). Beauftragt der Geschädigte einen Gutachter mit der Schadensschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung, hat der Sachverständige das Gutachten unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung zum Schadensersatz zu erstellen (BGH, NJW 2009, 1265) und dabei "als ausreichende Schätzgrundlage entsprechend der Empfehlung des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstags im Regelfall drei Angebote einzuholen und diese in seinem Gutachten konkret zu benennen" (BGH, NJW 2010, 605).

    Diesen Anforderungen entspricht das eingeholte Privatgutachten des Sachverständigen Plöchinger, da drei Angebote hinsichtlich des Restwertes auf dem regionalen allgemeinen Markt zugrunde gelegt wurden.

    Der Einwand der Beklagten, das Gutachten sei bereits deshalb nicht zugrundezulegen, weil nur zwei statt drei Restwertangebote abgegeben wurden, vermag nicht durchzudringen. Das Gericht ist nach Durchführung der Beweisaufnahme mit Vernehmung der Zeugen O. und WP davon überzeugt, dass tatsächlich drei Restwertangebote vorlagen. Bei den Angeboten der Fa. AVP Autoland Regen und der Fa. AVP Autoland Deggendorf liegen jeweils eigenständige Angebote vor. Dem Gutachten der Fa. Plöchinger KfZ-Sachvertsändige GmbH & Co. KG lagen mithin drei regionale Restwertangebote zugrunde.

    Nach Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Firmen AVP Deggendorf und AVP Regen unabhängig voneinander Restwertangebote erstellen und im konkreten Fall auch unabhängig voneinander abgaben, ohne Kenntnis des jeweils anderen Angebots zu haben.

    Der Zeuge O. gab insoweit an, dass hinsichtlich Restwerteangebote die AVP Deggendorf und die AVP Regen immer zwei verschiedene Angebote abgeben, unabhängig voneinander. Hinsichtlich der Restwertangebote bestünden untereinander keine geschäftlichen Beziehungen. Jeder Standort handle eigenständig für sich. Dies sei immer so. Hinsichtlich der Abgabe von Restwertangeboten bestünden keine Absprachen. Jeder Standort müsse hierbei für sich eigenständig handeln.

    Der Zeuge WP gab in Übereinstimmung hierzu an, hinsichtlich der Restwerte gebe es keine Absprachen mit Deggendorf. Jeder Betrieb handle wirtschaftlich für sich selbstständig. Jeder sei für sein eigenes Ergebnis verantwortlich. Im gemeinsamen PC-System seien abgegebene Restwerte nicht ersichtlich. Solche müssten konkret nachgefragt werden. Eine entsprechende Nachfrage habe es im konkreten Fall nicht gegeben. Er habe keine Kenntnis gehabt, dass auch in Deggendorf hinsichtlich eines Restwertangebots nachgefragt worden sei.

    Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen der Zeugen hat das Gericht nicht. Beide Zeugen berichteten glaubhaft hinsichtlich des Zustandekommens des Restwertangebots und der fehlenden Absprache zwischen Standorten. Eine wirtschaftliche Verflechtung innerhalb der AVP GmbH & Co. KG vermag der unabhängigen Angebotsabgabe nicht entgegenzustehen. Die jeweiligen Standorte tragen zwar zum wirtschaftlichen Ergebnis der Unternehmensgruppe bei, sind jedoch zunächst jeweils für sich zu betrachten und erwirtschaften auch ein eigenes Ergebnis.

    Das Gutachten berücksichtigte richtigerweise auch Angebote auf dem regionalen allgemeinen Markt. Soweit, wie hier, streitgegenständlich ein Leasingfahrzeug ist, so ist hinsichtlich der Regionalität nicht auf den Sitz des Leasinggebers, sondern auf die Region des Leasingnehmers abzustellen, da sich das Fahrzeug bestimmungsgemäß dort befindet (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018, Az. 1 U 55/17).

    b) Etwas anderes als das unter vorstehendem Buchstaben a) Dargestellte gilt aber dann, wenn es sich beim Geschädigten - wie hier bei der Eigentümerin des PKW - um ein Unternehmen handelt, das sich jedenfalls auch mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen befasst, wie es bei einem Leasingunternehmen der Fall ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018, Az. 1 U 55/17).

    Der Geschädigte hat bei der Schadensbehebung im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich den wirtschaftlichsten Weg zu wählen. Dieses Wirtschaftlichkeitspostulat gilt auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeugs bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss. Dieses Wirtschaftlichkeitsgebot gilt im Rahmen des dem Geschädigten Zumutbaren und unter Berücksichtigung der individuellen Lage (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2019 Az. VI ZR 358/18). Es ist hier Rücksicht auf die individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten zu nehmen (ebd.). Diese subjektbezogene Schadensbetrachtung gilt auch für die Frage, in welcher Höhe dem Geschädigten im Hinblick auf die ihm in seiner individuellen Lage mögliche und zumutbare Verwertung seines Unfallfahrzeugs ein Schaden entstanden ist (BGH, Urteil vom 13.1.2009, Az. VI ZR 205/08). Die Schadenersatzpflicht des Schädigers besteht dann nur insoweit, als sich die Verwertung im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft hält (BGH, Urteil vom 15.10.1991, Az. VI ZR 314/90).

    Nach diesen Grundsätzen ist der Klägerin vorliegend ein Verstoß der Leasinggeberin gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zuzurechnen, wenn und weil über die regionalen Restwertangebote aus dem Sachverständigengutachten hinaus keine weiteren, auch überregionalen Angebote berücksichtigt wurden, obwohl höhere Angebote unstreitig vorhanden waren (siehe die beklagtenseits vorgelegten Restwertangebote der Fa. JW-Fahrzeughandel GmbH und der Fa. Koeleman).

    Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt in besonderem Maße für wirtschaftlich tätige Unternehmen, die mit dem Automarkt vertraut sind und bei denen der Abruf von überregionalen oder Internet-Restwertbörsen zum geschäftlichen Alltag gehört (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018, Az. 1 U 55/17 m.w.N..). Dies ist bei einer Leasinggesellschaft, die ihre Fahrzeuge unter Einschaltung der Autohäuser des zur Fahrzeugmarke gehörenden Konzerns verleast, anzunehmen (OLG Düsseldorf, a.a.O..). Eigentümerin des streitgegenständlichen PKW war unstreitig die Leasinggeberin, nicht die Klägerin.

    In diesem Fall hätte die Leasinggeberin als Leasinggesellschaft selbst oder aber über die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit eingeschalteten Autohäuser Zugriff auf den Sondermarkt der Restwertaufkäufer im Internet nehmen können. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass es der Leasinggesellschaft gelungen wäre, dieselben Restwertangebote zu ermitteln wie die, die von der Beklagten zu 2) ermittelt worden und ihrer Abrechnung zugrunde gelegt worden sind.

    Da ausweislich der Restwertangebote, die die Beklagte zu 2) ermittelt hat, dem Kläger keine weiteren Kosten entstanden wären (vgl. Anlagen K 4, K 6) ist aufgrund inkludierter Abholung unerheblich, dass diese überregional waren.

    Dass diese beklagtenseits eingeholten Restwertangebote unverbindlich oder unseriös gewesen wären, ist nicht ersichtlich, noch wird dies von der Klägerin behauptet. Im Gegenteil, die Angebote sind nicht bestritten worden. Danach kann von einem Restwert von brutto EUR 36.666,00 (netto EUR 30.811,76) ausgegangen werden.

    Damit können sich die Beklagten aber mit Erfolg auf einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot durch die Leasinggeberin berufen. Diese hat gegen die Gebote der eigenen Sorgfalt verstoßen, indem sie keine weiteren Restwertangebote einholte und diese dann ihrem Verwertungsverkauf zugrunde legte. Die damit verbundenen Folgen eines Mindererlöses hat sie bzw. die Klägerin hinzunehmen.

    Die Klägerin, die Ansprüche der Leasinggeberin als Eigentümerin geltend macht, muss sich diese Möglichkeit, die die Leasinggeberin hätte, zurechnen lassen, ebenso wie den daraus folgenden Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Zwar gab die Leasinggeberin die Schadensregulierung in die Hände der Klägerin. Dies kann aber nicht dazu führen, dass so die Verpflichtung zu wirtschaftlichem Verhalten umgangen werden kann. Dies wäre eine ungerechtfertigte Übervorteilung der Leasinggeberin auf Kosten des Haftpflichtversicherers.

    Der erstattungsfähige Wiederbeschaffungsaufwand beläuft sich somit auf netto EUR 44.818,49 Euro (EUR 75.630,25 - EUR 30.811,76). Dieser Betrag ist vorprozessual von der Beklagten zu 2) reguliert worden.

    III.

    Kosten: §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO

    Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO