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  • 07.02.2017 · IWW-Abrufnummer 191647

    Amtsgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 12.12.2016 – 31 C 1628/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Frankfurt am Main    

    Verkündet lt. Protokoll am: 12.12.2016
       
    Aktenzeichen: 31 C 1628/16 (23)         

    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Rechtsstreit

    Klägerin

    gegen

    Beklagte

    hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch den Richter Rothweiler nach der Sachlage am 21. November 2016 für Recht erkannt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.344,54 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Mai 2015 zu zahlen.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

    Die Klägerin macht gegen die Beklagte restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.

    Am 10. April 2015 kam es zwischen dem klägerischen Fahrzeug und einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug zu einem Unfall.

    Nach dem Unfall holte der Kläger ein Sachverständigengutachten ein. Nach dem Sachverständigengutachten vom 15. April 2015 (Anlage K 1) war am klägerischen Fahrzeug ein Totalschaden eingetreten. Den Restwert des Fahrzeugs gab der Sachverständige auf Grundlage von drei eingeholten Restwertangeboten mit EUR 3.050,00 brutto (EUR 2.563,02 netto) an.

    Am gleichen Tag verkaufte die Klägerin das Fahrzeug zu einem Netto-Betrag in Höhe von EUR 2.605,04.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 27. April 2015 machte die Klägerin Ansprüche in Höhe von EUR 12.162,61 aus dem Verkehrsunfall gegenüber der Beklagten geltend. Die Klägerin setzte der Beklagten eine Zahlungsfrist von zwei Wochen. In dem Schreiben teilte die Klägerin mit, dass das Unfallfahrzeug am 15. April 2015 verkauft wurde.

    Mit Schreiben vom 6. Mai 2015 unterbreitete die Beklagte ein Restwertangebot in Höhe von EUR 4.700,00 brutto (EUR 3.949,58 netto).

    Den Netto-Restwert von EUR 3.949,58 legte die Beklagte auch ihrem Regulierungsschreiben vom 11. Mai 2015 zugrunde.

    Mit Anwaltsschreiben vom 13. Mai 2016 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung der Kosten für den restlichen Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von EUR 1.344,54 auf. Mit Schreiben vom 18. Mai 2015 lehnte die Beklagte eine weitere Zahlung ab.

    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 1.344,54 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Mai 2015 zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Mit Einverständnis der Parteien hat das Gericht am 25. Oktober 2016 das schriftliche Verfahren angeordnet.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.

    I.

    1.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiterem Schadensersatz in Höhe von EUR 1.344,54 nach §§ 7, 17 StVG, 115 VVG.

    a)

    Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte dem Grunde nach zu 100 % für die aus dem Unfall resultierenden Schäden haftet. Streitig ist allein die Haftungshöhe.

    b)

    Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer Restwertdifferenz in Höhe von EUR 1.344,54. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der von der Klägerin erzielte Restwert von EUR 2.605,04 netto zugrunde zu legen. Die Beklagte war nicht berechtigt, einen Restwert in Höhe von EUR 3.949,58 in Abzug zu bringen.

    aa)

    Bei einem wirtschaftlichen Totalverlust hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der Kosten der Wiederbeschaffung einer gleichartigen Ersatzsache. Diese Kosten ergeben sich aus der Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert.

    Die Ersatzbeschaffung steht unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Das bedeutet, dass der Geschädigte bei der Schadensbehebung im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage den wirtschaftlichsten Weg zu wählen hat. Das Wirtschaftlichkeitspostulat gilt daher auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeugs bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss. Denn auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs muss sich der Geschädigte im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft halten.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs leistet der Geschädigte dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Allgemeinen Genüge, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeugs zu dem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Der Geschädigte ist weder verpflichtet, über die Einholung des Sachverständigengutachtens hinaus noch eigene Marktforschung zu betreiben und dabei die Angebote auch räumlich entfernter Interessenten einzuholen, noch ist er gehalten abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und gegebenenfalls bessere Restwertangebote vorzulegen (BGH, Urteil vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15, juris Rn. 8 f.).

    bb)

    Ausgehend von diesem Maßgaben hat die Klägerin dem Wirtschaftlichkeitsgebot genüge getan. Die Klägerin hat durch einen Sachverständigen den Restwert ermitteln lassen. Ausweislich des Sachverständigengutachtens vom 15. April 2015 (Anlage K 1) hat der Sachverständige drei regionale Restwertangebote eingeholt. Das Höchstgebot betrug EUR 3.050,00 brutto (EUR 2.563,02 netto). Zu weiteren Nachforschungen war die Klägerin nicht verpflichtet.

    Die Klägerin hatte keinen Anlass, den Angaben des Sachverständigen zu misstrauen. Allein der Umstand, dass die Klägerin das Fahrzeug zu einem leicht über dem vom Sachverständigen genannten Höchstpreis verkaufen konnte, musste die Klägerin nicht veranlassen, an der Ermittlung des Restwerts grundsätzlich zu zweifeln. Dass ein von der Beklagten eingeschalteter Sachverständiger zu einem wesentlich anderen Restwert gelangen würde, musste die Klägerin nicht erwarten. Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27. September 2016 einen Mehrerlös von EUR 250,00 für unschädlich erachtet (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15, juris Rn. 10).

    Eine Obliegenheit des Geschädigten, den Schädiger oder seine Haftpflichtversicherung vorab über den geplanten Verkauf des Unfallfahrzeugs zu informieren, besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade nicht.

    2.

    Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB. Nach Ablauf der im Schreiben vom 27. April 2015 gesetzten Frist befand sich die Beklagte in Verzug.

    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Frankfurt am Main, Gerichtsstraße 2, 60313 Frankfurt am Main.
    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 € übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

    Rothweiler
    Richter