29.04.2008 · IWW-Abrufnummer 081330
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 13.08.2007 – 12 U 180/06
Der Kläger kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines unstreitigen Vorschadens entstanden sind. Bei bestrittener Kausalität zwischen dem Unfall und den vorliegenden Schäden muss der Kläger im Einzelnen zu der Art des unstreitigen Vorschadens und dessen behaupteter Reparatur vortragen; kann er dies nicht, weil er das Fahrzeug mit repariertem Vorschaden, aber ohne Nachweise über die Reparatur erworben hat, geht dies im Streitfall zu seinen Lasten. Entsprechendes gilt, wenn das Fahrzeug nach dem Unfall nicht von einem gerichtlichen Sachverständigen begutachtet werden kann, weil der Kläger das Fahrzeug bereits weiter verkauft hat. (Berufung zurückgewiesen durch Beschluss vom 10. September 2007).
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 12 U 180/06
Berlin, den 13. August 2007
In Sachen
Tenor:
beabsichtigt der Senat, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe:
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
I. Das Landgericht hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe ihr Eigentum an dem PKW Audi S 8 mit dem amtlichen Kennzeichen B-M 5666 nicht dargelegt und nachgewiesen.
1. Entgegen der Darstellung der Klägerin in ihrer Berufungsbegründungsschrift war erstinstanzlich nicht unstreitig, dass die Klägerin am 23. Dezember 2003 Eigentümerin des vorgenannten Fahrzeuges war. Das Gegenteil ergibt sich aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, der gemäß § 314 ZPO den Beweis für das Vorbringen der Parteien liefert.
2. Zutreffend führt das Landgericht aus, dass die Klägerin erstinstanzlich hinsichtlich eines Eigentumserwerbs im Sinne der §§ 929 BGB ff keine Tatsachen vorgetragen und insofern auch keinen Beweis angeboten hat. Auch die Berufungsbegründung enthält hierzu weder Vortrag noch Beweisangebote. Nach dem nach dem BGB geltenden Abstraktionsprinzip kann aus dem Abschluss eines (schuldrechtlichen) Kaufvertrages noch nicht auf einen (dinglichen) Eigentumserwerb geschlossen werden.
II. Die mit der Berufung erhobene Rüge der Klägerin, das Landgericht habe durch eine Überraschungsentscheidung ihr Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, ist unbegründet und führt weder zur Abänderung des Urteils noch zu seiner Aufhebung und Zurückverweisung (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Es kann dahinstehen, ob dem Landgericht ist eine solche Rechtsverletzung vorzuwerfen ist. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass die behauptete Rechtsverletzung ursächlich für die angefochtene Entscheidung gewesen sein könnte. Der Berufungsbegründung ist nicht zu entnehmen, mit welchem weiteren Vortrag auf einen richterlichen Hinweis die Klägerin den Rechtsstreit erstinstanzlich zu einem ihr günstigeren Ergebnis geführt hätte.
III. Selbst wenn aber die Aktivlegitimation der Klägerin unterstellt wird, ist das angefochtenen Urteil im Ergebnis richtig, weil die Klägerin das unfallbedingt eingetretene Schadensmaß nicht hinreichend dargelegt und nachgewiesen hat.
Die Ausführungen des Landgerichts auf S. 5 f. des angefochtenen Urteils zur Notwendigkeit der Darlegung einer fachgerechten Reparatur von Vorschäden sind richtig und die Nachweise einschlägig.
Ein Geschädigter kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen kann, wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind (vgl. hierzu beispielhaft OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. Februar 2006 - 1 U 148/05 - DAR 2006, 324) und er hat bei bestrittener Kausalität zwischen dem Unfall und den vorliegenden Schäden die Ursächlichkeit im Einzelnen nachzuweisen hat, wofür er ausschließen muss, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren (vgl. hierzu BGHZ 71, 339).
Daher muss die Klägerin im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen.
Kann sie dies nicht, weil sie ein Fahrzeug mit Vorschaden erworben hat, der zwar behoben ist, darüber einen Reparaturrechnung oder sonstige Nachweise ihr jedoch nicht mit dem Fahrzeug übergeben wurden, geht dies im Streitfall zu ihren Lasten. Entsprechendes gilt, wenn das Fahrzeug nicht von einem gerichtlichen Sachverständigen nach dem Unfall begutachtet werden kann, weil die Klägerin das Fahrzeug nicht mehr besitzt, sondern weitergegeben hat.
So liegt es hier. Der Sachverständige Prof. Dr. Rn hat auf S. 10 seines Gutachtens vom 2. Februar 2006 u.a. ausdrücklich darauf hingewiesen, "dass sich eine Reihe von Fragen bezüglich des Reparaturweges nicht klären lassen, weil das klägerische Fahrzeug dem Unterzeichner für eine Besichtigung nicht zur Verfügung stand...".
Das Landgericht hat dies bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze und in Würdigung des Sachvortrages einschließlich der darin enthaltenen Beweisangebote zutreffend berücksichtigt. Es hat in rechtsfehlerfreier Weise den behaupteten Unfallschaden insgesamt als nicht bewiesen angesehen und sich durch die Darlegungen des Klägers zu einer weiteren Beweisaufnahme zum unfallbedingt entstandenen Schaden nicht veranlasst gesehen.
Auch wenn die Klägerin die Kosten der Hinterachse im Berufungsverfahren nicht mehr geltend macht, bleibt es bei der Einschätzung, dass auch die Ursächlichkeit der übrigen Schadenspositionen nicht festgestellt werden kann.
IV. Ergänzend sei die Klägerin - obwohl es hierauf nicht entscheidend ankommt - darauf hingewiesen, dass nach Ansicht des Senats werthaltige Indizien den Schluss zulassen, dass mit erheblicher Wahrscheinlichkeit ein manipuliertes Unfallgeschehen vorliegt.
V. Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.