Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 03.12.2009 · IWW-Abrufnummer 093798

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 30.03.2009 – 22 W 12/09

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Kammergericht

    Beschluss

    Geschäftsnummer: 22 W 12/09 30.03.2009
    58 O 176/08 Landgericht Berlin

    In dem Rechtsstreit XXX

    hat der 22. Zivilsenat des Kammergerichts am 30. März 2009 durch XXX b e s c h l o s s e n:
    Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen die Kostenentscheidung in dem am 5. Februar 2009 verkündeten Anerkenntnisteil- und Schlussurteil der Zivilkammer 58 des Landgerichts Berlin - 58 O 176/08 - wird zurückgewiesen bzw. hinsichtlich der das Anerkenntnis betreffenden Kostenentscheidung als unzulässig verworfen.
    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
    Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt bis zu 3.500 €.
    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
    G r ü n d e
    I.
    Das Landgericht Berlin hat - nach übereinstimmender Erledigungserklärung und Anerkenntnis wegen 346,14 € nebst anteiliger Zinsen - mit am 5. Februar 2009 verkündeten Anerkenntnisteil- und Schlussurteil der Klägerin nach §§ 91a, 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Wegen des Sachverhaltes sowie der Begründung wird auf das Urteil verwiesen.
    Gegen die Kostenentscheidung des ihr am 9. Februar 2009 zugestellten Urteils hat die Klägerin am 18. Februar 2009 sofortige Beschwerde eingelegt und u.a. sinngemäß ausgeführt, die Beklagten hätten Anlass zur Klageerhebung gegeben, weil bei einfach gelagerten Verkehrsunfällen die Prüfungsfrist sich auf ca. 2 Wochen belaufe. Soweit der Beklagte zu 1. seine Obliegenheit verletzt habe, indem er den Schaden nicht angezeigt habe, könne dieses Versäumnis nicht zu ihren Lasten gehen. Jedenfalls hätten die den Beklagten zu 1. betreffenden Kosten diesem auferlegt werden müssen. Sie habe – so trägt sie erstmals vor – ihn mehrfach aufgefordert, der Versicherung gegenüber eine Schadenmeldung abzugeben. Hinsichtlich der (anerkannten) Mehrwertsteuer könne keinesfalls ein sofortiges Anerkenntnis vorgelegen haben.
    Die Beklagten weisen u.a. sinngemäß darauf hin, dass die Obliegenheitsverletzung nicht im Außenverhältnis zur Klägerin Einfluss hätte. Veranlassung zur Klageerhebung bestehe erst, wenn die Klagepartei annehmen müsse, ohne den Klageweg nicht zu ihrem Recht kommen zu können. Dass der Beklagte zu 1. von der Klägerin mehrfach zur Abgabe der Schadenmeldung aufgefordert worden sei, sei nicht richtig und der Vortrag als verspätet nicht zu berücksichtigen. In Ansehung der Rechtsform der Klägerin als GmbH habe sie mangels Nachweises davon ausgehen dürfen, dass eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestanden habe. Erstmals im Termin sei die Bescheinigung des Finanzamtes vom 30. Dezember 2008, wonach keine Vorsteuerabzugsberechtigung bestehe, im Original vorgelegt worden.
    Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
    II.
    1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig, soweit sie sich gegen die den erledigten Teil betreffende Kostenentscheidung richtet (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 91a Rn. 56 m.w.Nw.; Herget in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 99 Rn. 12; Wolst in: Musielak, ZPO, 6. Aufl., § 91a Rn. 53). Sie ist jedoch unbegründet.
    Das Landgericht hat die Kosten des Rechtsstreits wegen des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits nach §§ 91a, 93 ZPO zu Recht der Klägerin auferlegt, weil die Beklagten keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben haben.
    a) Dem Haftpflichtversicherer (der Beklagten zu 2.) muss nach § 14 Abs. 1 VVG (n.F.) auch in einfach gelagerten Fällen eine angemessene Überprüfungszeit zur Klärung des Haftungsgrundes sowie der Schadenshöhe zugestanden werden. Zur Überprüfung des Haftungsgrundes ist die Schadenanzeige bzw. Unfalldarstellung des Versicherungsnehmers (des Beklagten zu 1.) sowie grundsätzlich die – hier auch erbetene - Einsicht in die Ermittlungsakte (vgl. OLG Frankfurt mit Beschluss vom 18. Mai 2004 – 17 W 18/04NJOZ 2004, 3732 sowie mit Beschluss vom 31. Januar 1996 – 22 W 27/95OLGR Frankfurt 1996, 77) erforderlich. Ob bei einem durchschnittlich gelagerten Fall vier bis sechs Wochen im Allgemeinen angemessen sind (so Herget in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 93 Rn. 6 „Haftpflichtversicherung“; Wolst in: Musielak, ZPO, 6. Aufl., § 93 Rn. 20 „Haftpflichtschaden“; OLG Rostock MDR 2001, 935) oder mit Rücksicht auf die „heutigen technischen“ Bedingungen die Prüffrist auf durchschnittlich drei (OLG Düsseldorf NJW-RR 2008, 114) oder gar nur zwei Wochen zu begrenzen ist (OLG Saarbrücken MDR 2007, 1190), kann dahin gestellt bleiben. Klageveranlassung besteht erst, wenn erkennbar wird, dass eine angemessene Prüfung verzögert wird oder dem Anspruch bereits ohne Prüfung entgegen getreten wird. Der Zeitraum kann aber nicht generell festgelegt, sondern nur im Einzelfall beurteilt werden. Gibt der Versicherungsnehmer trotz Aufforderung keine Erklärung zum Sachverhalt ab, ist dies – anders als die Klägerin meint - nicht der Versicherung anzulasten (vgl. §§ 115 Abs. 1 S. 4 VVG [n.F.], 425 BGB), wenn sie sich jedenfalls – wie hier unangegriffen – um die Schadenanzeige durch Anmahnung bemüht. Ob die Versicherung längere Zeit auf die Möglichkeit einer Einsichtnahme in die Ermittlungsakte auch ohne Einverständnis des Geschädigten warten darf, kann offen bleiben. Eine Regulierung ohne jegliche Information durch ihren Versicherungsnehmer und ohne Möglichkeit der Kenntnisnahme der Ermittlungsakte ist ihr grundsätzlich jedenfalls innerhalb des hier maßgeblichen Zeitraumes von 6 Wochen nicht zuzumuten gewesen.
    b) Der Umstand, dass die Klägerin den Beklagten zu 1. ebenfalls mehrfach aufgefordert haben will, die Schadensmeldung abzugeben, ist irrelevant. Das Landgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass die Klägerin den Beklagten zu 1. nicht eigenständig zur Zahlung aufgefordert hatte. Jedenfalls fehlt es - unabhängig von der Beurteilung, ob der Vortrag in zweiter Instanz noch berücksichtigt werden könnte - wegen des Bestreitens der Beklagten an einem hinreichend substantiierten Vortrag zu den angeblichen, nicht belegten Aufforderungen.
    c) Soweit die Klägerin die Entscheidung hinsichtlich des weiteren erledigten Betrages von 2.792,74 € (davon 2.604,27 € Mehrwertsteuer auf die Reparaturrechnung) angreift, ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagten zu 2. die Klageerweiterung vom 6. Oktober 2008 bei Abfassung des Schriftsatzes vom 7. Oktober 2008 nicht bekannt gewesen sein kann, weil beide Schriftsätze erst am 15. Oktober 2008 nach der Zahlung vom Landgericht abgesandt worden sind. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb die zuvor erfolgte Zahlung nicht als „sofortiges Anerkenntnis“ genügen sollte und worauf sich die Klageveranlassung begründen lassen sollte, nachdem der Anspruch in dieser Form zuvor nicht geltend gemacht worden ist. Im Übrigen gelten insoweit die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zur Kostenentscheidung hinsichtlich des anerkannten Teils. Insbesondere bedurfte es vorliegend eines Nachweises, dass die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Es ist nicht der Beklagten zu 2. anzulasten, wenn sie die Mehrwertsteuer auf die Reparaturrechnung bereits vor diesem Nachweis zahlte.
    2. Die gegen die Kostenentscheidung des Teilanerkenntnisurteils gerichtete sofortige Beschwerde ist bereits unzulässig, weil in der Hauptsache der Berufungswert nicht erreicht wird (§§ 99 Abs. 2, 511 ZPO). Die sofortigen Beschwerden sind insoweit selbstständig zu betrachten (vgl. Wolst in: Musielak, ZPO, 6. Aufl., § 99 Rn. 10; Hartmann in: Baumbach u.a., ZPO, 66. Aufl., § 99 Rn. 44, 46).
    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
    4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 3 ZPO liegen nicht vor.
    5. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ermittelt sich auf der Grundlage der Kosten erster Instanz, wie sie sich nach der erstinstanzlichen Festsetzung des Streitwertes mit Beschluss vom 5. Februar 2009 ergeben. Danach ist für die Verfahrensgebühren der Wert von 17.332,21 € und für die Terminsgebühren der Wert von 3.635,85 € maßgebend.