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  • 03.03.2011 · IWW-Abrufnummer 110711

    Landgericht Köln: Urteil vom 12.11.2009 – 15 O 302/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Köln
    15 O 302/08
    Tenor:
    Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird die Beklagte verurteilt,
    an die Klägerin € 26.250,00 nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 12.9.2003 und weitere € 1.166 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.8.2008 sowie weitere 1.737,64 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2008 zu zahlen,
    Zug um Zug gegen Übertragung der von B am 12.9..2003 gezeichneten Beteiligung an der A GmbH & Co. KG im Nennwert von € 25.000,00 an die Beklagte.
    Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vorerwähnten Übertragung des Gesellschaftsanteils in Verzug befindet.
    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
    110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
    T A T B E S T A N D:
    Die Klägerin (nachfolgend Kläger genannt) verlangt aus abgetretenem Recht des Anlegers B (vgl. Abtretungsurkunde Anlage K 10) Schadensersatz von der beklagten Bank wegen angeblich fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der am 12.9..2003 über einen Treuhänder erfolgten Zeichnung des im Tenor erwähnten Gesellschaftsanteils über € 25.000,00 (nebst Agio von € 1.250,00) an einem sog. „Garantiefonds“, an der A GmbH & Co. KG. Der Fond diente wie der Vorgängerfonds „VIP 2“ dem Zweck, Filme zu produzieren und zu vermarkten. Das hierfür nötige Kapital sollten die Anleger gegen die Erzielung erheblicher Steuervorteile und geplanter Ausschüttungen zur Verfügung stellen. Der Prospekt sah u.a. eine „Absicherung von mindestens 100% des Kommanditkapitals ohne Agio mittels Schuldübernahme durch die C-Bank AG nach Maßgabe der Kapitel 12 und 13 des Prospekts vor. Wegen der Anteilsübernahmeerklärung des Klägers wird auf die Anlage K 11 verwiesen. Auf den Verkaufsprospekt, vgl. Anlage CB 5, wird wegen aller Einzelheiten den Fonds betreffend Bezug genommen.
    Der Fonds hat sich im Ergebnis wirtschaftlich nicht getragen, im wesentlichen wohl deshalb, weil die von den zahlreichen Anlegern zur Verfügung gestellten Mittel zu einem erheblichen Teil nicht zweckentsprechend, für die Filmproduktion, sondern zugunsten der finanzierenden Bank verwendet wurden. Es ist derzeit offen, ob die den Anlegern zunächst gewährten Steuervorteile Bestand haben. Der entsprechende positive Grundlagenbescheid des Finanzamts München II ist abgeändert worden. Die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung sind vom Finanzgericht München am 9.10.07 abgelehnt worden. Der Bundesfinanzhof hat sodann diesen Beschluss vom 6.11.08 aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
    Der Kläger macht geltend, die Beklagte hafte im wesentlichen aus drei Gesichtspunkten, nämlich wegen individueller Beratungsfehler, aus Prospekthaftung im weiteren Sinne und auf Grund der sog. Kick-Back-Rechtsprechung des BGH. Er behauptet, er sei in mehrfacher Hinsicht, unter Verwendung eines fehlerhaften, jedenfalls nicht rechtzeitig überreichten Prospekts, falsch beraten worden. Der Berater habe ihm erklärt, die Anlage sei „absolut sicher“. Es gäbe eine Kapitalgarantie des Inhalts, dass in jedem Fall dem Anleger das eingesetzte Kapital zurückerstattet werde, während – insoweit unstreitig - die „Garantie“ tatsächlich nur in einer Schuldübernahme der finanzierenden Bank gegenüber der Gesellschaft bestanden habe. Ferner meint der Kläger, auch der Prospekt sei in verschiedener Hinsicht fehlerhaft, nämlich unrichtig, unvollständig und irreführend. Es werde dort der unzutreffende Eindruck eines Garantiefonds erweckt. Ein sogar grundlegender Mangel liege darin, so meint der Kläger weiter, dass der Prospekt nicht darauf hinweise, dass zwecks Übernahme der „Garantie“ bzw. Schuldübernahme durch die C-Bank der überwiegende Teil der Anlegergelder vorab bei der C-Bank einzuzahlen gewesen sei. Nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil des gesamten Investitionsaufwands, ca. 20% sei entgegen den Prospektangaben für die eigentliche Filmproduktion verwandt worden. Darauf beruhe die für die Anleger nachteilige Entscheidung des Finanzamts München II, die Kosten nicht als Produktionskosten anzuerkennen und den ursprünglichen Grundlagenbescheid zu widerrufen. Schließlich meint der Kläger im Hinblick auf die sog. „Kick-back-Rechtsprechung“ des BGH, die Beklagte hätte auf die ihr zufließende Innenprovision von 8,25 oder 8,9% hinweisen müssen. Der Kläger trägt vor, sei er in allen Punkten pflichtgemäß beraten worden, hätte er den Anteil nicht gezeichnet. Vielmehr hätte er mit einer anderen Anlage 8% Zinsen erzielen könne, die ihm die Beklagte als entgangenen Gewinn zu erstatten habe.
    Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte schulde in vollem Umfang Schadensersatz und den Ausgleichs aller Nachteile, jeweils Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung.
    Der Kläger beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen,
    an den Kläger € 26.250,00 nebst 8 % Zinsen seit dem zu 12.9.2003 und weitere € 1.166,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zahlen
    sowie festzustellen, dass die Beklagte zur Ersetzung jeden Schadens aus der Beteiligung verpflichtet ist, der darüber hinaus schon entstanden ist oder noch entstehen wird,
    jeweils Zug um Zug gegen Abtretung des von B gezeichneten Anteils an dem A Medienfonds an die Beklagte,
    unter Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme dieser Abtretung in Verzug befindet,
    und die Beklagte zur Zahlung von € 1.737,64 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.
    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Sie behauptet, die Anlage sei dem Kläger, einem erfahrenen Anleger fehlerfrei vermittelt worden. Eine Beratung habe nicht stattgefunden, sie wäre aber auch anlegergerecht und objektgerecht gewesen. Es sei ausführlich anhand des fehlerfreien, frühzeitig übersandten Langprospekts, der einer Plausibilitätsprüfung unterzogen worden sei, auf die mit der Beteiligung verbundenen Chancen und Risiken hingewiesen worden. Die Beklagte meint, die letztlich erfolgte prospektwidrige Mittelverwendung sei ihr nicht anzulasten. Auf die ihr zugeflossene Innenprovision habe sie nicht hinweisen müssen. Allenfalls habe sie sich insoweit in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden. Steuerliche Vorteile seien jedenfalls herauszugeben. Mit der Übertragung der Anteile befinde sie sich nicht in Verzug. Sie sei – hilfsweise – zur Aufrechnung berechtigt, vgl. S. 48 des Schriftsatzes vom 25.9.08.
    Wegen des Vortrags des Klägers im einzelnen wird auf die Klageschrift (Bl. 1 ff d.A.) und die Schriftsätze vom 22.11.08 (Bl. 132 ff d.A.) , 26.1.09 (Bl. 346 ff.) und vom 14.8.09 (Bl. 358 ff.) verwiesen. Hinsichtlich der Erwiderung der Beklagten wird Bezug genommen auf deren Schriftsätze vom 25.9.08 Bl. 99 ff. d.A., vom 17.12.08 (Bl. 240 ff. d.A.) und vom 2.9.09 Bl. 408 ff d.A..
    E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
    Die Klage ist überwiegend begründet.
    Der Kläger kann u.a. von der Beklagen Zahlung seines eingesetzten Eigenkapitals und Erstattung der Zinsen von € 1.166,00 verlangen, Zug um Zug gegen Übertragung des Anteils des Klägers an der KG verlangen, mit der sich die Beklagte in Verzug befindet.
    Die Beklagte schuldet Schadensersatz im Zusammenhang mit der Anteilsübernahme durch den Kläger. Sie hat schuldhaft ihre Pflichten aus dem mit dem Kläger zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt.
    Ein solcher Vertrag ist jedenfalls konkludent geschlossen worden. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Tatsachenvortrag des Klägers, sogar nach dem beiderseitigen Tatsachenvorbringen, ist trotz mangelnder Abrede über ein Beratungshonorar, worauf es nicht maßgeblich ankommt, ein Beratungsvertrag zustande gekommen, hat eine Beratung, was für die Annahme eines entsprechenden Vertrages in jedem Fall ausreicht, sogar tatsächlich stattgefunden. Für die Bejahung einer Beratungsabrede reicht es nach der Rechtsprechung, der die Kammer folgt, regelmäßig schon aus, dass der Anleger die Bank gerade nicht auf die Vermittlung des Fonds A ansprach, sondern, wie hier, vielmehr dem Kunden der Fonds seitens der Bank, die den Fonds in ihr Anlageprogramm aufgenommen hatte, empfohlen wurde. Zweifellos wurde der Kläger auch bei einer konkreten Anlageentscheidung – die Beteiligung an dem Fonds A - auf diese Weise von dem Bankmitarbeiter unterstützt. Auch will die Beklagte dem Kläger die Anlage anhand des Prospekts ausführlich erläutert und auf das unternehmerische Risiko hingewiesen haben. Davon abgesehen ist der Kläger im Streitfall auch tatsächlich von der Beklagten im eigentlichen Sinne beraten worden. Diese beruft sich nämlich gerade darauf, dem Kläger durch ihren Mitarbeiter Wiese Chancen und Risiken in einem persönlichen Kundengespräch erläutert zu haben. Zwecks Erläuterung der Chancen und Risiken will die Beklagte dem Kläger den Langprospekt „bereits mehrere Wochen vor dem ersten Vertriebsgespräch“ übersandt haben. Dieser Vorgang lässt sich viel eher mit einer späteren Beratung als mit einer bloßen Vermittlung vereinbaren. Auch vor dem Hintergrund der Kundenbeziehung zwischen der Beklagten und dem Kläger hat dieser jedenfalls aus seiner verständigen Sicht – maßgeblich ist der sog. Empfängerhorizont, nicht die eigene, nach außen nicht zum Ausdruck kommende Sicht der Bank - das Verhalten der Beklagten als (geschuldete) Beratung, nicht als bloße Auskunft oder Vermittlung verstehen dürfen. Die Beklagte macht letztlich auch nur geltend, die „Vermittlung“ sei ohne Vergütung erfolgt. Es bedarf aber keiner näheren Begründung, dass es nach der Rechtsprechung auf diesen Gesichtspunkt als Abgrenzungskriterium nicht ankommt bzw. nicht ankomme kann.
    Auf Grund des Beratungsvertrages – möglicherweise, was aber hier dahin stehen kann, sogar bei einer bloßen Vermittlung; die Beklagte selbst will im nachgelassenen Schriftsatz nicht zwischen Vermittlung und Beratung unterscheiden - ist die Beklagte verpflichtet gewesen, den Kläger anleger– und objektgerecht zu beraten und richtig sowie vollständig über alle wesentlichen Gesichtspunkte aufzuklären, die mit der schließlich vollzogenen Anteilsübernahme verbunden waren (wegen weiterer Einzelheiten vgl. u.a. BGH, NJW 93, 2433; Urteil vom 2.3.06, NJW 06, 2041). Dies gilt sowohl für die mündliche Beratung durch den Mitarbeiter der Beklagten als auch im Hinblick auf den zur Grundlage der Beratung gemachten Prospekt, den die Beklagte u.a. auf seine Plausibilität zu überprüfen hatte. Ob der Beklagten insoweit Fehler, „individuelle Beratungsfehler“ unterliefen und ob die Beklagte wegen „Prospekthaftung im weiteren Sinne“ haftet, wie vom Kläger geltend gemacht wird, kann hier indes dahinstehen. Die Beratungspflicht hat sich ungeachtet des Umstands, dass der Kläger selbst kein Honorar für die Beratung schuldete, und auch ohne konkrete Frage des Anlegers auch auf die Vergütung bezogen, die der Beklagten unstreitig in Form einer Provision von ca. 8,5% im Rahmen der Vermittlung der Anteile an der KG zuflossen.
    Nach dem Zurückweisungsbeschluss des BGH vom 20.1.2009 – XI ZR 510/07 - , bezugnehmend auf das Urteil vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05) - hat eine beratende Bank auch dann, wenn sie Anlagen außerhalb des Anwendungsbereichs des WpHG, den Erwerb von Anteilen an einem Medien-, nicht nur Aktienfonds empfiehlt, auf die ihr in diesem Zusammenhang zufließenden Vergütungen („Rückvergütungen“) hinzuweisen. Insoweit ist nicht die Schwelle von 15% maßgebend, die seither von der Rechtsprechung – vgl. u.a. BGH, Urteil vom 12.2.04 – III ZR 359/02 – insbesondere hinsichtlich des Erwerbs von Anteilen an Immobilienfonds postuliert worden ist. Wenn die Rechtsprechung des BGH vom 19.12.06 bzw. 20.1.09 sicher auch nicht über jede Kritik erhaben ist, folgt ihr die Kammer als unteres Instanzgericht schon aus rein pragmatischen Gründen.
    Unstreitig hat die Beklagte vorliegend nicht (ausreichend) über die ihr zufließende Innenprovision, wie eingeräumt wird, 8,25% der Zeichnungssumme, aufgeklärt. Weder wird eine solche Aufklärung in dem mündlichen Beratungsgespräch behauptet, noch folgt ein solcher Hinweis aus dem Verkaufsprospekt. Zwar hat die Beklagte – auch in ihrem nachgelassenen Schriftsatz - Recht, dass der Prospekt auf das Agio und die Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung (8,9% bei A) hinweist. Nach dem Prospektinhalt fließen diese Gelder indes an die VIP Beratung für Banken, gerade nicht an die beratende Beklagte. Zwar weist der Prospekt auch darauf hin, das die VIP Beratung für Banken AG das Recht hat, ihre Rechte und Pflichten auf Dritte zu übertragen. Daraus wird aber für den verständigen Leser nicht deutlich, dass die VIP AG im Einzelfall tatsächlich überhaupt und in welcher Höhe die ihr für den Vertrieb zustehende Vergütung an die Beklagte weiter gegeben hat Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auch auf ihre allgemeinen Informationen, den vom Anleger unterzeichneten Vermögensanlage-Bogen. Abgesehen davon, dass es auf diese schon grundsätzlich nicht ankommen dürfte, wenn ein bestimmtes Produkt zur Debatte steht, folgt aus diesen allgemeinen, eine Vielzahl von verschiedenen Finanzprodukten betreffenden Hinweise nur, dass der Bank u.a. Vermittlungsprovisionen durch Dritte zufließen können. Aus diesem Hinweis folgt nicht, dass in einem bestimmten Fall der Beklagten eine Provision auch tatsächlich zufließt, abgesehen davon, dass sich diese Information über die Höhe des geldwerten Vorteils ohnehin ausschweigt.
    Hinsichtlich dieser objektiven Pflichtverletzung – des unterlassenen Hinweises darauf, dass gerade der Beklagten selbst die Provision in einer bestimmten Höhe zufließt - wird das Verschulden der beratenden Bank vermutet, wie der BGH ebenfalls ausdrücklich entschieden hat, Urteil vom 12.5.2009. Diese Vermutung ist von der Beklagten nicht widerlegt. Vielmehr steht nach Ansicht der Kammer, die nicht an abweichende, von der Beklagten zitierte Entscheidungen anderer Land- bzw. Oberlandesgerichte gebunden ist, das Verschulden der Beklagten fest (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 3.3.09, Az.: 17 U 371/08). Von dieser ist im Jahr 2004 fahrlässigerweise nicht bedacht worden, dass sie ihre Kunden bei der Vermittlung von Fondsanteilen bzw. der diesbezüglichen Beratung auch auf die ihr zufließenden Vergütungen, wie immer man sie genau bezeichnen will, hinzuweisen hat. Der Gedanke, dass auch dieser Gesichtspunkt und nicht nur die Kapitalsicherheit und die Renditehöhe für den potentiellen Anleger von Bedeutung sein könnten, lag bei der geschuldeten sorgfältigen Einschätzung der Pflichten einer Bank keineswegs fern, eher sogar auf der Hand. Der hiermit verbundene Konflikt zwischen den Interessen des Kunden an einer sachgerechten Beratung und den eigenen Belangen der Bank an einer möglichst hohen Vergütung ist unschwer zu erkennen gewesen und hätte bei sorgfältiger Prüfung zu der Einsicht führen müssen, den Kunden auch über die der Bank zufließenden Vergütungen aufzuklären. Hierüber hat es einer ausdrücklichen Rechtsprechung, wie sie – praktisch - mit dem Urteil des BGH vom 19.12.2006 – XI ZR 56/05 – begonnen hat, nicht bedurft. Im übrigen hat schon der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung entnommen werden können, dass gerade ein solcher Interessenkonflikt von Bedeutung ist und die Pflichten eines Beraters mit beeinflusst. Der BGH selbst hat in der vorgenannten Entscheidung, der zwar eine Beteiligung an einem Aktienfonds zugrunde lag, die sich aber allgemein über Beratungs- und Aufklärungspflichten im Rahmen des Erwerbs von Fondsanteilen verhält, auf seine Rechtsprechung seit dem Urteil vom 19.12.2000 (!) – XI ZR 349/99 - hingewiesen. Danach hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss eines Geschäfts darauf hinzuweisen, dass sie eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter herbei führt. Diese Fallgestaltung ist mit der vorliegenden, „Rückvergütungen“ durch einen Fonds zugunsten der vermittelnden bzw. beratenden Bank, durchaus vergleichbar. Der BGH selbst hält nach den unter Ziffer II 4 dargestellten, ganz allgemein gehaltenen Entscheidungsgründen des Urteils vom 19.12.06 die damalige Rechtsprechung ausdrücklich auf den vom ihm unter diesem Datum abgeurteilten Fall für übertragbar. Dass der BGH diese Übertragbarkeit ersichtlich nicht auf den Erwerb von Anteilen an einem Aktienfonds beschränkt wissen wollte, ergibt sich ebenfalls zweifelsfrei aus den anschließenden Entscheidungsgründen. Diese stellen allgemein gehalten darauf ab, „dass, wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an dem empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, die Bank die Kundeninteressen gerade durch die Rückvergütungen gefährdet“. Es ist weiter, ohne Beschränkungen auf einen bestimmten Anlagenbereich bzw. ein konkretes Finanzprodukt, von der „konkreten Gefahr die Rede, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erzielen“. Der BGH hat seinen Beschluss vom 20.1.2009 ausdrücklich auch damit begründet, es mache keinen Unterschied, ob der Berater Aktien- oder Medienfonds vertreibe. Nach diesen Ausführungen, gestützt auf allgemein anerkannte zivilrechtliche Grundsätze (§§ 276, 676 GB), hätte eine sorgfältig handelnde Bank jedenfalls bzw. spätestens seit der Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2000, selbst ungeachtet entsprechender Meinungen des Schrifttums – im Urteil des OLG Dresden vom 24.78.09, Az.: 8 U 1240/08 zitiert, vgl. auch OLG Karlsruhe a.a.O. -, zu der Erkenntnis kommen können und müssen, in allen Fällen der Empfehlung von Kapitalanlagen im weiteren Sinne, also auch der Beteilung an Medienfonds, verpflichtet zu sein, ihre Kunden ungefragt auch auf die ihr zufließenden Provisionen, jedenfalls soweit sie wie hier mit über 8 % durchaus in das Gewicht fallen, hinzuweisen. Hat sie sich dieser Erkenntnis verschlossen, kann bei der erforderlichen Anlegung eines strengen Maßstabes von einem „entschuldbaren Rechtsirrtum“, von einer mangelnden Vorhersehbarkeit der aktuellen Rechtsprechung, wie die Beklagte auch noch im nachgelassenen Schriftsatz unter Bezugnahme nur auf Stimmen im Schrifttum, nicht auf die Rechtsprechung, nach Ansicht der Kammer keine Rede sein.
    Dies wäre allenfalls dann anders zu beurteilen, wenn sich die Beklagte auf Kollegialentscheidungen des ausdrücklichen Inhalts berufen könnte, dass in solchen Fällen eine Pflicht zur Aufklärung nicht besteht. Dies ist indes gerade nicht entschieden worden. Auch z.B. das vorgenannte Urteil des OLG Dresden, das, soweit ersichtlich, bisher Gefolgschaft in der obergerichtlichen Rechtsprechung nur durch das Urteil des OLG Oldenburg vom 11.9.09 – Az.: 11 U 75-08 - gefunden hat, vermag eine solche Entscheidung nicht aufzuzeigen. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten sind allgemein gehalten bzw. unzutreffend. Der Beschluss des BGH vom 20.1.09 stellt im Gegensatz zu der von der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz geäußerten Meinung auch keine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des BGH dar. Letztlich will sich die Beklagte im Kern ihrer Argumentation auch nur darauf berufen, dass es die streitgegenständliche höchstrichterliche Rechtsprechung erst seit kurzem bzw. einigen Jahren gibt. Dies ist indes in dem hier maßgeblichen Zusammenhang von vornherein der falsche Ansatzpunkt. Ergeben sich Pflichten einer Vertragspartei aus allgemein anerkannten zivilrechtlichen Grundsätzen – hier dem Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten -, sind diese unabhängig davon zu beachten, ob ein Kollegialgericht eine solche Pflicht ausdrücklich postuliert.
    Ohne Erfolg bemüht die Beklagte die Rechtsprechung, nach der über eine sog. „Innenprovision“ nicht aufzuklären ist, wenn sie die Grenze von 15% nicht überschreitet. Wie der BGH ausdrücklich am 20.1.2009 ausgeführt hat, bezieht sich diese Rechtsprechung auf eine ganz andere Fallgestaltung, nicht auf einen Beratungs-, sondern einen Vermittlungs- und Auskunftsvertrag. Diese Rechtsprechung hat zudem einen anderen Hintergrund. Sie will erreichen, dass einem Anleger der Umfang der sog. „weichen Kosten“ eines Produkts bzw. Fonds aufgezeigt wird, um beurteilen zu können, ob sich unter Beachtung dieser „Nebenkosten“ die geplante Kapitalanlage trägt und hinreichende Renditen erwirtschaften kann. Nach Ansicht der Kammer wird das Urteil des OLG Dresden wie überhaupt die gegensätzliche Rechtsansicht auch dieser unterschiedlichen Wertung nicht gerecht.
    Letztlich folgt die Feststellung eines Verschuldens der Bank in Fällen der vorliegenden Art unmittelbar aus der postulierten Verschuldensvermutung selbst. Diese Rechtsprechung käme praktisch für die gesamte Vergangenheit nicht zur Auswirkung, könnten sich Banken für den zurückliegenden Zeitraum von vornherein auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen. Dies steht miteinander nicht in Einklang, die Vermutung wird praktisch in ihr Gegenteil verkehrt. Im übrigen spricht nichts dafür, das der BGH, der gerade eine Fondsbeteiligung aus dem Jahre 2001 zu beurteilen hatte, die von der Beklagten und einem Teil der Rechtsprechung vertretene Gegenansicht teilt. Andernfalls wäre bei realistischer Einschätzung zu erwarten gewesen, dass sich der BGH mit dieser Frage wenigstens ansatzweise auseinandergesetzt hätte, anstatt ausdrücklich, eindeutig und einschränkungslos den Grundsatz aufzustellen, das Verschulden werde vermutet.
    Der Schaden des Klägers (in Form des Erwerbs der Anteile an dem Medienfonds, der Eingehung der Verpflichtungen gegenüber der Bank und des Entgangs anderer Kapitalerträge) ist schließlich durch die aufgezeigte schuldhafte Pflichtverletzung verursacht worden. Insoweit gilt nach dem Urteil des BGH vom 12.5.2009 eine Kausalitätsvermutung Diese ist von der Beklagten nicht widerlegt. Die Beklagte verkennt den rechtlichen Ansatz, wenn sie auf die allgemeinen zur Kausalitätsvermutung entwickelten Grundsätze Bezug nimmt und darauf abstellt, für den Kläger wären mehrere verschiedene andere Anlagemöglichkeiten mit jeweils unterschiedlichen Folgen in Betracht gekommen. Hierauf kommt es nicht an. Nach der Rechtsprechung des BGH, gerade der Entscheidung vom 12.5.2009, ist für die hier vorliegende konkrete Fallgestaltung nur maßgeblich, ob der Kläger, wäre er hinsichtlich der an die Beklagte fließenden Vergütung bzw. Provision von über 8 % aufgeklärt worden, sich gleichwohl für diese Anlage mit dieser negativen Auswirkung entschieden oder ob er von dieser konkreten Fondsbeteiligung Abstand genommen hätte. Zu vermuten ist die letztere, nicht widerlegte Alternative. Soweit die Beklagte ihren gegenteiligen Vortrag unter Zeugenbeweis stellt, ist dieser Beweisantritt nicht geeignet. Es ist nicht ersichtlich oder dargelegt, dass der beratende Mitarbeiter dazu etwas bekunden könnte, wie sich der Kläger bei richtiger, vollständiger Aufklärung verhalten hätte. Der Berater könnte allenfalls seinerseits Vermutungen äußern, die zur Widerlegung nicht geeignet wären. Soweit die Beklagte schließlich im nicht nachgelassenen Schriftsatz geltend macht, der Kläger habe einen anderen Filmfonds gezeichnet, und zwar in Kenntnis von der der Beklagten zufließenden Vergütung von 8,5%, bleibt dieser Vortrag nach § 296a ZPO unbeachtet. Es besteht angesichts der Prozessdauer und der gewechselten ausführlichen Schriftsätze auch kein Anlass, die Verhandlung wieder zu eröffnen. Die Erheblichkeit dieses Vorbringens kann daher dahinstehen.
    Aus der kausalen Pflichtverletzung folgt, dass die Beklagte dem Kläger das eingesetzte Eigenkapital und die später vom Finanzamt festgesetzten Zinsen (Anlage K 14) zu erstatten hat. Hinsichtlich des Feststellungsantrags ist indes die Klage unbegründet. Nur allgemein gehalten hält der Kläger die Beklagte für verpflichtet, ihm „jeden Schaden“ zu ersetzen.. Auch die Begründung in der Klageschrift lässt die erforderliche Konkretisierung vermissen. Abgesehen davon erfasst der zu allgemein gehaltene Feststellungsantrag auch das sog. positive Interesse. Dieses kann der Kläger aus Rechtsgründen nicht erstattet verlangen. Sein Anspruch beschränkt sich auf das sog. negative Interesse.
    Im Gegenzug ist der Kläger verpflichtet, alles an die Beklagte herauszugeben, was er aus der Beteiligung erlangt hat. Demzufolge ist er verpflichtet, seine Beteiligung an dem Fonds auf die Beklagte zu übertragen. Die Abgabe nur eines entsprechenden Angebots wäre nicht ausreichend. Zwar hat der Kläger Recht, dass mit der Übertragung, jedenfalls wegen der Zustimmung verschiedener Beteiligter, Probleme verbunden sein können, die nach der zutreffend zitierten Rechtsprechung zu Lasten des Schädigers gehen. Diese wirken sich indes angesichts der Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung in Verzug befindet, nicht zum Nachteil des Klägers als Geschädigten aus. Zu Unrecht verneint die Beklagte ihren Verzug. Sie verkennt, dass der Kläger die Übertragung des Anteils gerade anbietet. Es ist nicht Aufgabe des geschädigten Klägers, hierfür im einzelnen die Voraussetzungen zu schaffen, wie die Beklagte unter Hinweis auf bestimmte Zustimmungserklärungen meint. Der Kläger ist, wie sich aus der gesamten diesbezügliche Rechtsprechung ergibt, zu nicht mehr verpflichtet, als die Übertragung soweit vorzunehmen, wie ihm dies selbst möglich ist. Kommt es auf die Zustimmung Dritter an, mag sich die Beklagte hierum bemühen. Jede andere Entscheidung würde dem Schadensersatzbegehren des Klägers nicht gerecht, die Rollen von Schädiger und Geschädigtem würden praktisch vertauscht. Indem die Beklagte sich im Prozess weigert, die Übertragung ohne weitere Voraussetzungen anzunehmen, hat sie sich selbst in Verzug gesetzt. Abgesehen davon hat sich die Beklagte bereits infolge des Briefs der Bevollmächtigten des Klägers vom 26.7.07 (Anlage K 12) in Verzug befunden.
    Steuerliche Vorteile muss sich der Kläger jedenfalls derzeit nicht anrechnen lassen. Nach dem gesamten Prozessstoff steht derzeit jedenfalls nicht fest, ob dem Kläger bisher gewährte steuerliche Vorteile verbleiben, vielmehr beruft sich der Kläger auf geänderte Steuerbescheide mit der Folge der Festsetzung von Zinsen. Es muss vielmehr in der Tat mit der Möglichkeit von endgültigen Steuerrückforderungen gerechnet werden. Solange dies ernsthaft im Raum steht, ist jedenfalls ein Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der Steuervorteile nicht fällig. Ob grundsätzlich ein solcher Anspruch hier bestünde, kann dahinstehen.
    Die zuerkannten Zinsen sind wegen Rechtshängigkeit bzw. als Schadensersatz gerechtfertigt.
    Der Kläger kann als Geschädigter auch entgangenen Gewinn verlangen (§ 252 BGB). Dieser besteht hier in den Kapitalerträgen, die der Kläger mit einer anderen Kapitalanlage hätte erzielen können. Es steht bei lebensnaher Betrachtung für die Kammer außer Frage, dass der Kläger das hier eingesetzte Beteiligungskapital auf jeden Fall gewinnbringend – ungeachtet ob durch Steuervorteile oder anderweit - anlegen wollte und auch angelegt hätte, wenn er sich nicht an dem steueroptimierenden Medienfonds A beteiligt hätte. Da indes nicht feststeht und vom Kläger auch nicht konkret geltend gemacht wird, dass er andernfalls hohe Renditen hätte erzielt hätte, schuldet die Beklagte Schadensersatz nur in Höhe entgangener Festgeldzinsen. Die Kammer schätzt in Anwendung von § 287 ZPO die im Herbst 2004 für einen längeren Zeitraum mit einer Festgeldanlage erzielbaren Zinsen auf rund 4% p.a.. Dabei ist zu beachten, dass solche Konditionen von Bank zu Bank unterschiedlich sind und deshalb ein Mittelwert zu bilden ist.
    Schließlich schuldet die Beklagte Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Sie sind adäquate Folge des schuldhaften und zum Schadensersatz verpflichtenden Verhalten der Beklagten.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 II, 709 ZPO. Auf § 108 ZPO wird hingewiesen.