25.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112505
Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 14.07.2011 – 21 S 418/10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Düsseldorf
21 S 418/10
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.11.2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf (Az.: 27 C 2611/10) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 754,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin, eine Autovermietung, macht gegen die Beklagte, eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, aus abgetretenem Recht Ansprüche auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten aus einem näher bezeichneten Verkehrsunfall am 23.07.2009 in Düsseldorf geltend.
Die Haftung der Beklagten aus dem zugrunde liegenden Verkehrsunfall ist dem Grunde nach unstreitig.
Das Fahrzeug (Mietwagengruppe 5) des Zeugen E. wurde durch das Unfallereignis vom 23.07.2009 beschädigt.
Aus diesem Grund mietete er vom 27.07.2009 bis zum 06.08.2009 ein Fahrzeug gleicher Klasse bei der Klägerin an und trat seinen Anspruch auf Erstattung an die Klägerin ab. Die Abtretung der Ansprüche ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Klägerin erstellte eine Rechnung in Höhe von 1.508,30 Euro mit Rechnungsdatum vom 20.08.2009 (Bl. 9 GA). Das beschädigte Fahrzeug wurde vom 29.07.2009 bis zum 06.08.2009 repariert.
Die Beklagte teilte vorprozessual mit, die Mietwagenkosten seien überhöht und leistete auf die Mietwagenkosten einen Betrag in Höhe von 450,00 Euro.
Mit der Klage macht die Klägerin noch offene Zahlungsansprüche für die Mietwagenkosten in Höhe von 824,23 Euro geltend.
Sie rechnet auf Grundlage des Mittelwertes des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 abzüglich ersparter Eigenkosten von 5%, zuzüglich eines 20%igen Aufschlages, Haftungsbefreiungskosten sowie Zustellungs- und Abholungskosten ab. Dies ergibt eine Gesamtforderung von insgesamt 1.274,23 Euro abzüglich der gezahlten 450,00 Euro.
Die Klägerin führt aus, die Schwacke-Liste 2006 sei eine geeignete Schätzungsgrundlage. Ein günstigerer Mietwagen sei dem Geschädigten nicht zugänglich gewesen. Er könne auch nicht auf die Internetangebote großer Mietwagenunternehmen verwiesen werden, da es sich um einen Sondermarkt handele.
Die Beklagte rügt die Aktivlegitimation der Klägerin und beruft sich darauf, dass die Abtretung wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam sei.
Die Beklagte behauptet, in einem Telefonat am 24.07.2009 habe sie dem Zeugen E. angeboten, ihm ein Mietfahrzeug für 50,00 Euro pro Tag zu vermitteln. Außerdem habe er ein Ersatzfahrzeug für 450,00 Euro bei den Firmen F., G., H. und I. anmieten können. Da er den Mietwagen erst einige Tage nach dem Unfall anmietete, habe auch kein Eilfall bestanden. Er habe genügend Zeit gehabt, nach günstigeren Angeboten zu suchen.
Im Übrigen stelle der Schwacke-Mietpreisspiegel keine taugliche Schätzungsgrundlage dar, da dieser den Markt nicht realistisch abbilde. Eine taugliche Schätzungsgrundlage sei hingegen der "Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008" des Fraunhofer-Instituts.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 824,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin schon nicht aktivlegitimiert sei, da die Abtretung wegen Verstoßes gegen §§ 2 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) gemäß § 134 BGB unwirksam sei.
Es liege insbesondere keine Nebenleistung im Sinne des § 5 RDG vor.
Ob eine Nebenleistung vorliege, sei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Die qualifizierte Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Unfallgeschädigten gegen den Schädiger und seine Haftpflichtversicherung hinsichtlich der im Streit stehenden Erforderlichkeit der abgerechneten Tarife könne unter Würdigung aller für die Entscheidung maßgebenden Umstände, insbesondere der Komplexität und Schwierigkeit der konkreten Rechtsdienstleistungen nur von einem Rechtskundigen erwartet werden.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren auf Zahlung des oben genannten Betrages weiter. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass die streitgegenständliche Abtretung wirksam und die geltend gemachten Mietwagenkosten erforderlich seien.
Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz,
gemäß dem Schlussantrag I. Instanz zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die gegnerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts.
Von der Darstellung weiterer Tatsachenfeststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zul ässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Die Berufung ist in großem Umfang erfolgreich.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten in Höhe von 1.204,15 EUR wobei der bereits gezahlte Betrag von 450,00 EUR noch zu berücksichtigen ist. Dieser Anspruch folgt aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 398 BGB.
Die Klägerin ist zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Mietwagenkosten aktivlegitimiert. Der Geschädigte hat seine Ansprüche hinsichtlich der Erstattung der Mietwagenkosten gegen die Beklagte wirksam an die Klägerin abgetreten, § 398 BGB.
Die Abtretung ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen §§ 2 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 RDG gemäß § 134 BGB nichtig.
Nach § 3 RDG ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2 Abs.1 RDG).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Rechtsberatungsgesetz (NJW 2006, 1726) ist zu differenzieren, ob der Zessionar eine eigene Angelegenheit oder die Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden übernimmt. Danach liegt eine Besorgung fremder Angelegenheiten vor, wenn nach der Geschäftspraxis des Unternehmens die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen werden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes anwendbar, da das Merkmal "fremde Angelegenheit" keine Änderung erfahren hat (Landgericht Mönchengladbach, Urteil vom 20.01.2009 – Az.: 5 S 110/08).
Die geschäftsmäßige Vorgehensweise hat die Klägerin selbst dargelegt. Sie lässt sich mit dem verwendeten Abtretungsformular regelmäßig die Forderungen von Geschädigten gegen den Unfallgegner abtreten, um diese im eigenem Namen geltend zu machen (Schriftsatz vom 22.11.2010 Bl. 323 GA).
Daher liegt eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG vor.
Gleichwohl liegt eine erlaubnispflichtige Tätigkeit im Rahmen des RDG nicht vor, da die Inkassotätigkeit der Klägerin als Nebenleistung entgegen der Auffassung der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubnisfrei ist.
Dies wird auch in der Rechtsprechung vertreten (Landgericht Frankenthal, Urteil vom 12.01.2011 – Az.: 2 S 163/10 = BeckRS 2011, 08867; Landgericht Köln, Urteil vom 29.12.2010, Az.: 9 S 252/10 = NJW 2011, 1457, Amtsgericht Düsseldorf, Urteile vom 25.02.2011, Az.: 30 C 5629/10 und vom 24.02.2011, Az.: 54 C 1675/10, Amtsgericht Waiblingen, Urteil vom 05.11.2010, Az.: 8 C 1039/10; Amtsgericht Leipzig, Urteil vom 30.09.2010, Az.: 111 C 2707/10 = BeckRS 2011, 00217).
Ein Teil der Rechtsprechung (Landgericht Stuttgart, Urteile vom 13.04.2011, Az.: 4 S 278/10, vom 05.01.2011, Az.: 5 S 207/10 und vom 20.01.2010, Az.: 5 S 208/09; Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.08.2008, Az.: 32 C 357/08; Amtsgericht Mannheim, Urteil vom 25.08.2010, Az.: 9 C 208/10; Amtsgericht Syke, Urteil vom 02.12.2009, Az.: 24 C 1228/09) beurteilt dies anders.
Begründet wird dies in Wesentlichen damit, dass die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Kunden für die Mietwagenunternehmen nach Inhalt und Umfang in keinem Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit stünden, es fehle darüber hinaus die rechtliche Qualifikation, die für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erforderlich sei.
Dieser Auffassung folgt die Kammer nicht.
Nach § 5 RDG sind Rechtsdienstleistungen erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören, § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
Eine Nebenleistung liegt nur vor, wenn die rechtsdienstleistende Tätigkeit die Leistung insgesamt nicht prägt, wenn es sich also insgesamt nicht um eine spezifisch rechtliche Leistung handelt (Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 3. Auflage, 2010, § 5 RDG, Rn 4 ff.). Hierbei ist zu beachten, dass durch die Änderung des Rechtsberatungsgesetzes in das Rechtsdienstleistungsgesetz anders als nach Artikel 1 § 5 RDG die Zulässigkeit rechtsdienstleistender Nebenleistungen nach § 5 Abs. 1 RDG keinen unmittelbaren, unlösbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit voraussetzt, sondern lediglich verlangt wird, dass die Rechtsdienstleistung zu der jeweiligen Haupttätigkeit gehört (BT-Drs. 16/3655, S. 52).
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Unstreitig besteht das Hauptgeschäftsfeld der Klägerin in der Vermietung und im Leasing von Kraftfahrzeugen. Die Klägerin ist gerade keine Inkassofirma, deren Hauptgeschäftsmodell die Geltendmachung von Forderungen ist.
Diese Sichtweise wird auch durch die Gesetzgebungsunterlagen gestützt (Gesetzesentwurf Bundesregierung, Deutscher Bundestag, Drucksache 16/3655, S. 53).
Der Gesetzgeber sieht gerade in der Geltendmachung von Mietwagenkosten eine zulässige Inkassotätigkeit als Nebenleistung.
"Weitere Anwendungsfälle der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit finden sich auch im Bereich der Unfallschadenregulierung etwa bei der Geltendmachung von […] Mietwagen- oder Reparaturkosten. Hier entsteht häufig Streit etwa über […] die Höhe der Mietwagenrechnung, insbesondere bei Zugrundelegung eines so genannten Unfallersatztarifs. Gerade die im Streitfall erforderliche Rechtfertigung der eigenen Leistung oder Abrechnung durch den Unternehmer belegt die in § 5 Abs. 1 geforderte Zugehörigkeit zu dessen eigentlicher Hauptleistung. […]
In der Tat ist es nicht nur für die Kunden und den Unternehmer, sondern auch für die Anspruchsgegner durchweg vorteilhaft, wenn der Streit über die Berechtigung einer Rechnungsposition unmittelbar zwischen dem Unternehmer und der letztlich zahlungspflichtigen Person ausgetragen wird. Der Kunde wird von der für ihn lästigen Schadensabwicklung entlastet, ohne nachteilige Auswirkungen fürchten zu müssen: Setzt der Unternehmer den Erstattungsanspruch erfolgreich durch, wird der Kunde durch die Leistung des Dritten von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Unternehmen befreit; bestreitet der Dritte seine Einstandspflicht erfolgreich, wird das Unternehmen seine Forderung auch gegenüber dem Kunden nicht durchsetzen können. Der Unternehmer kann seine Leistung unmittelbar gegenüber dem wirtschaftlich Einstandspflichtigen rechtfertigen und braucht seinen Kunden nicht in Anspruch zu nehmen.
Der Dritte schließlich wird in die Lage versetzt, sich über die von ihm erhobenen Einwendungen gegen die Abrechnung des Unternehmers unmittelbar mit diesem auseinandersetzen zu können.
Ihm wird es künftig zudem ohne Verstoß gegen das Rechtsberatungsrecht möglich sein, sich zum Beispiel von seinem Geschädigten, der die Rechnung eines Mietwagenunternehmens zunächst selbst beglichen hatte, gegen Erstattung des gesamten Betrages dessen Anspruch auf Rückzahlung des überhöhten Mietpreisanteils abtreten zu lassen, um ihn sodann gegenüber dem Mietwagenunternehmen geltend zu machen."
Soweit das Landgericht Stuttgart die Auffassung vertritt, die Geltendmachung von Ersatzforderungen ihrer Kunden auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen den Schädiger bzw. die dahinterstehende Haftpflichtversicherung gehöre nicht zum "Berufs- und Tätigkeitsbild" eines Autovermieters und stehe daher in keinem Zusammenhang mit der Hauptleistung, kann dem nicht gefolgt werden. Die Autovermietung nimmt nach Rechnungsstellung ihrer Leistung den Schädiger bzw. die dahinterstehende Haftpflichtversicherung in Anspruch. Ein Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit besteht daher sehr wohl.
Danach ergibt sich aus Sicht der Kammer im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, da es dem erklärten Willen des Gesetzgebers entspricht, dass eine Mietwagenfirma die Inkassotätigkeit für die Geltendmachung der Mietwagenkosten gegenüber dem Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherung durchsetzen darf.
Rechtliche und tatsächliche Gründe, die dagegen sprechen, sind nach Ansicht der Kammer nicht ersichtlich.
Insbesondere spricht auch nicht der Sinn und Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes dagegen. Dieses soll nach § 1 Abs. 1 Satz 2 RDG die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen schützen. Durch die Abtretung an die Mietwagenfirma entstehen dem Zedenten – wie schon in der Gesetzesbegründung ausgeführt - keinerlei Nachteile. Der Rechtssuchende wird ausreichend geschützt. Er wird sogar entlastet, da für ihn kein Prozess- und Kostenrisiko besteht. Auch dem Rechtsverkehr und der Rechtsordnung entstehen durch die Abtretung keinerlei ersichtlich Nachteile, insbesondere wird so gewährleistet, dass die Rechtsstreitigkeiten über die Ersatzfähigkeit zwischen den Beteiligten geführt werden, die diese angehen: die Autovermietungen und die Haftpflichtversicherungen.
Die Höhe der im Rahmen von § 249 Abs. 2 BGB zu erstattenden erforderlichen Mietwagenkosten schätzt die Kammer nach § 287 Abs. 1 ZPO anhand der Schwacke-Liste 2006.
Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben. Auch darf der Tatrichter in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden (BGH Urteile vom 12.04.2011 – VI ZR 300/09, 22.02.2011 – VI ZR 353/09, 11.03.2008 – VI ZR 164/07 und vom 14.10.2008 – VI ZR 308/07).
Danach kann das Gericht in Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO den "Normaltarif" grundsätzlich auf der Grundlage des für den Zeitraum g ültigen "Schwacke-Mietpreisspiegels" für das maßgebende Postleitzahlengebiet ermitteln (BGH, Urteil vom 12.04.2011 – VI ZR 300/09, 18.05.2010 – VI ZR 293/08).
Soweit die Schätzungsgrundlage angegriffen wird kommt es nur darauf an, ob mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass die geltend gemachten Mängel der jeweils beanstandeten Schätzungsgrundlage, sich auf den zu entscheidenden Fall im erheblichen Umfange auswirken.
Lediglich abstrakte Einwände und unverbindliche Internetangebote sind dabei nicht geeignet, den Schwacke-Mietpreisspiegel als Schätzungsgrundlage in Frage zu stellen (Oberlandesgericht Karlsruhe, NZV 2010, 472; Landgericht Freiburg, Urteil vom 23.02.2011, Az.: 3 S 300/10).
Solche konkreten Tatsachen hat die Beklagte weder in der ersten Instanz, noch in der Berufung vorgebracht.
Soweit die Beklagte vorträgt, dass sie dem Zeugen angeboten habe, einen Mietwagen für 50,00 EUR pro Tag zu vermitteln, so ist dieser Einwand unsubstantiiert. Die Beklagte hat nicht dargelegt um welchen Mietwagentyp es sich handelt und welche Leistungen inkludiert sind.
Die Beklagte macht im Wesentlichen abstrakte Ausführungen dazu, dass die Schwacke-Liste erhebliche Defizite in der Methodik der Datenerhebung aufweise und daher keine geeignete Schätzungsgrundlage darstelle und dem Fraunhofer-Mietpreisspiegel daher der Vorzug zu gewähren sei.
Solche abstrakten Ausführungen reichen nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 12.04.2011 - VI ZR 300/09) nicht aus, die Eignung der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage in Frage zu stellen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen führen, genügt nicht, um die Geeignetheit der Schätzungsgrundlage im Rahmen von § 287 ZPO zu verneinen.
Die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote (Bl. 57 ff. GA) beziehen sich zwar auf die gleiche Fahrzeugklasse und denselben lokalen Mietmarkt. Sie sind dennoch nicht konkret genug, um Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung zu begründen.
Aus diesen Ausdrucken ergibt sich schon nicht, dass die über ein Jahr später ausgedruckten Angebote von Mai 2010 mit der am Markt vorgefundenen Situation im Juli 2009 vergleichbar sind.
Die vorgelegten Angebote betreffen den Zeitraum 25.05.2010 bis 03.06.2010, während streitgegenständlich der Mietzeitraum 29.07.2009 bis 06.08.2009 ist. Preise für Mietwagen unterliegen starken saisonalen Schwankungen, so dass diese nicht vergleichbar sind.
Die vorgelegten Angebote enthalten zudem einen starren Mietzeitraum. Solche sind erheblich günstiger, da die Mietwagenanbieter mit festen Rückgabezeiten kalkulieren können und diesen Preisvorteil an den Kunden weitergeben. Hier stand der genaue Mietzeitraum zum Zeitpunkt der Anmietung noch nicht fest, so dass daher eine Vergleichbarkeit auch aus diesem Grund ausscheidet.
Aus den Angeboten wird weiterhin der genaue Leistungsumfang der Autovermietungen nicht deutlich, so dass auch aus diesem Grund eine Vergleichbarkeit ausscheidet.
Die Internetangebote erfordern im Regelfall auch die Vorlage einer Kreditkarte oder ec-Karte. Die Klägerin rechnete hingegen auf Rechnung ab. Dies ist auch ein wesentlicher Unterschied.
Der Behauptung der Beklagten, dass diese Angebote auch im streitgegenständlichen Zeitraum verfügbar gewesen seien, musste das Landgericht nicht nachgehen.
Hier hat die Beklagte die konkreten Anhaltspunkte für eine solche Behauptung nicht in ausreichender Form dargelegt. Müsste der Tatrichter im Rahmen von § 287 Abs. 1 ZPO solchen Behauptungen nachgehen, ohne dass diese mit konkreten Tatsachen belegt sind, würde dies zu einer Vollbeweiserhebungspflicht führen, die im Anwendungsbereich des § 287 ZPO gerade nicht besteht. Die Beklagte hätte hierzu konkrete Angebote oder Preislisten, der für diesen Zeitraum gültigen Preislisten von Autovermietungen in Düsseldorf vorlegen müssen (vgl. etwa Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.02.2011 – VI ZR 353/09). Das hat sie nicht getan. Im Übrigen stellt das Beweisangebot "Einzuholende Auskunft" einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.
Die Kammer sieht einen Grundmietpreis von 529,00 EUR für eine Woche als angemessen an. Dieser wurde anhand der zum Zeitpunkt der Anmietung gültigen Schwackeliste ermittelt, wobei die Kammer den Mittelwert der Minimal- und Maximalpauschalen zugrunde gelegt hat. Ein Wochenmietpreis von 529,00 EUR ergibt einen erstattungsfähigen Tagessatz von 75,57 EUR.
Die Kammer legt die tatsächlich angefallene Mietdauer von 11 Tagen als erstattungsfähig zugrunde. Die Zeuge E. bekundet, dass der PKW vom 29.07.2009 bis zum 06.08.2009 in der Werkstatt war. Dies belegt er durch die Vorlage der Reparaturbescheinigung. Im Schriftsatz vom 16.06.2010 trägt er vor, dass er das Fahrzeug bereits am 27.07.2009 bei dem Autohaus Slagman abgab, um es dort reparieren zu lassen. Dies wird von der Beklagten nicht bestritten.
Bei einer Mietdauer von 11 Tagen ergibt dies einen Grundmietpreis von 831,27 EUR. Hiervon war eine Eigenersparnis des Geschädigten in Höhe von 10 % (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21.04.2008, Az.: 6 U 188/07), in Ansatz zu bringen, so dass ein Grundmietpreis von 748,15 EUR verbleibt.
Der von der Beklagten in erster Instanz angegriffene pauschale Aufschlag von 20 % als unfallbedingter Mehraufwand ist ein ersatzfähiger Schadensposten (so auch Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2010, Az.: 20 S 24/10). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19.01.2010 – VI ZR 112/09) kann sich im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO die Prüfung des Tatrichters darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte im Allgemeinen einen Aufschlag rechtfertigen, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt, wenn dafür eine hinreichend konkrete Tatsachengrundlage vorliegt.
Eine solche Tatsachengrundlage liegt hier vor. Hier führt die Klägerin an, dass sie beim Geschädigten keine Bonitätsprüfung durchgeführt habe und daher das Insolvenzrisiko trage. Außerdem habe sie auf die Kaution verzichtet. Als im Unfallersatzgeschäft tätige Autovermietung müsse sie ständig alle Fahrzeugkategorien vorhalten, hierdurch entstehen ihr Mehrkosten. Die Begleichung der Rechnungen erfolge nicht sofort, sondern erst später durch die Versicherer, so dass hierdurch weitere Kostennachteile entstehen.
Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Klägerin darlegen und ggf. beweisen müsse, dem Geschädigten sei kein günstigerer Tarif zugänglich gewesen. Hier hätte die Beklagte darlegen und beweisen müssen, dass die Klägerin gegen ihre aus § 254 BGB resultierende Schadensminderungspflicht verstoßen habe, indem sie dem Geschädigten einen Mietwagen zum Normaltarif zzgl. 20 % Aufschlag vermietet hat. Dies hat sie nicht getan.
Die Kosten der Zustellung und Abholung des Mietwagens in Höhe von 58,00 EUR sind ebenfalls ersatzfähig. Es ist dem Geschädigten nicht zuzumuten, selbst dafür zu sorgen, zu einer Mietwagenstation zu gelangen. Ein Unfallbeteiligter darf grundsätzlich diesen besonderen Service in Anspruch nehmen (so auch Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 02.03.2007, Az.: 19 U 181/06).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Mehrkosten für eine Haftungsbefreiung (Urteil vom 25.10.2005 – VI ZR 9/05) ebenfalls erstattungsfähig. Wird für ein bei einem Verkehrsunfall beschädigtes Kraftfahrzeug ein Ersatzfahrzeug angemietet und dabei Vollkaskoschutz vereinbart, sind die hierfür erforderlichen Mehraufwendungen in der Regel als adäquate Schadensfolge anzusehen (vgl. Urteil vom 15.02.2005 - VI ZR 74/04). Daher sind 248,37 EUR erstattungsfähig.
Der Zinsanspruch resultiert aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz BGB. Die Klage ist der Beklagten am 20.04.2010 zugestellt worden.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.
Die Revision wird hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der Forderungsabtretung zugelassen. Die Zulassung der Revision ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 824,23 EUR festgesetzt.