22.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122540
Landgericht Dortmund: Urteil vom 15.02.2012 – 2 O 214/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Dortmund
2 O 214/11
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden nach einem Streitwert in Höhe von 8.245,34 € dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
Der früher als Autohändler tätige Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser für das Fahrzeug VW Caravelle (##-##- ###) genommenen Fahrzeugversicherung wegen eines behaupteten Vandalismusschadens vom 04./05. April 2011 in Anspruch. Wegen des Versicherungsscheins vom 15.02.2011 sowie der dem Vertrag zugrundeliegenden AKB wird auf die Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 01.08.2011 Bezug genommen.
Das Fahrzeug hatte bereits am 31.01.2011 bei einem Unfall einen erheblichen Vorschaden erlitten. Anspruchsteller war ein Herr W, welcher auch durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers vertreten wurde. Wegen des Schadengutachtens der B (im Folgenden: B) wird auf die Anlage B 2 zur Klageerwiderung Bezug genommen. Die Schadenbeschreibung in jenem Gutachten lautet: "Im Wesentlichen wurden folgende Fahrzeugteile zerstört oder beschädigt: Stoßfänger hinten, Seitenwand h.l. eingedrückt, Heckflügeltür links beschädigt, Seitenwand h.r., Schiebetür rechts eingedrückt, Beifahrertür eingedrückt, Einstieg rechts eingedrückt. Stoßfänger vorn, Scheinwerfer rechts beschädigt, Zier- u. Anbauteile."
Ferner wird in dem Gutachten als (weiterer) Vorschaden ein "bes. Schaden Seite links" genannt.
Der Kläger erwarb das Fahrzeug Anfang Februar 2011 von dem W, den er jedenfalls seit ca. 2 Jahren kannte. B testierte mit Schriftstück vom 21.03.2011 (Anlage B 1 zur Klagerwiderung) die Nachbesichtigung des Fahrzeuges mit dem Ergebnis: "Das o.g. Fahrzeug wurde instandgesetzt.".
Am 05.04.2011 erstattete der Kläger wegen der streitgegenständlichen Beschädigungen des Fahrzeuges Strafanzeige. Er meldete der Beklagten die Beschädigungen und ließ dieser über seinen Prozessbevollmächtigten weitere Unterlagen, u. a. die schriftliche Schadenanzeige zukommen.
Nach einem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Sachverständigen C betrug der Schaden netto 8.545,34 €.
Der Kläger behauptet, er habe das Fahrzeug am 04.04.2011 gegen 22.00 Uhr in Dortmund ordnungsgemäß auf einem städtischen Parkplatz gegenüber des Arbeitsamtes in der T-straße abgestellt und sei ins Kino gegangen. Am 05.04.2011 gegen 1.15 Uhr habe er festgestellt, dass das Fahrzeug erheblich beschädigt worden war. Durch Unbekannte seien im Wesentlichen alle Türen, die seitliche Verglasung hinten und die beiden hinteren Seitenwände beschädigt bzw. zerstört worden.
Nachdem der Kläger zunächst behauptete, die Schäden aus dem vorausgegangenem Unfall und die streitgegenständlichen Schäden würden sich nicht, auch nicht teilweise überdecken, hat er später eingeräumt, dass die Vorschäden und die streitgegenständlichen Schäden sich teilweise überdeckten. Er macht nunmehr unter Bezugnahme auf ein Schreiben der B vom 18.01.2012, welches sich zu der Frage des Klägers verhält, ob es auffällige Gemeinsamkeiten in beiden Gutachten gebe, geltend, die überlagernden Schäden seien mit 2.846,54 € zu beziffern. Wegen Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrages wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 25.01.2012, Blatt 36 ff. d. A., Bezug genommen.
Bei dem früheren Vorschaden handele es sich nur um eine Beule im Schwellenbereich unterhalt der linken Schiebet ür. Betroffen sei eine Fläche von 3 bis 5 cm gewesen. Diesen Schaden habe Herr W beseitigen lassen, mit einem Kostenaufwand von 300,00 €.
Der Kläger verlangt nach alledem die Zahlung von 8.245,34 € von der Beklagten (8.545,34 € abzüglich 300,00 € Selbstbeteiligung), hilfsweise einen Betrag in Höhe von 5.398,80 € (8.545,34 € abzüglich 2.846,54 € ).
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.245,34 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.04.2011 zu zahlen,
2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche
Kosten in Höhe von 718,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise ihn von den vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 718,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, der Schaden sei absichtlich herbeigeführt worden. Dies ergebe sich aus einer Vielzahl von Indizien (Kläger erst wenige Wochen Halter, Bekanntschaft zu vorherigem Halter, Vertretung von W und dem Kläger durch denselben Rechtsanwalt, Fehlen von unbeteiligten Zeugen, Wiederbeschaffungswert lag zum Schadenszeitpunkt deutlich über den Reparaturkosten, Wert des Fahrzeuges passt nicht zu Vermögensverhältnissen des Klägers, Instandsetzung des Fahrzeuges kurz vor streitgegenständlichem Schaden testiert, Fehlen des Nachweises einer ordnungsgemäßen Reparatur, Art der Schäden).
Die Beklagte ist ferner der Auffassung, der Kläger habe angesichts der unstreitigen Vorschäden den streitgegenständlichen Schaden der Höhe nach nicht hinreichend dargelegt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 1 VVG n.F. in Verbindung mit der Fahrzeugversicherung.
Es kann dahinstehen, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch wegen eines versicherten Ereignisses nach A. 2.3.3 der AKB überhaupt dem Grunde nachzusteht oder ob - was die von der Beklagten aufgezeigten Indizien nahe legen - ein manipulierter Schaden vorliegt.
Denn jedenfalls hat der Kläger vor dem Hintergrund bereits des Vorschadens vom 31.01.2011 nicht hinreichend dazu vorgetragen, welche Schäden auf dem streitgegenständlichen Vorfall beruhten. Unstreitig wies das Fahrzeug des Klägers einen erheblichen Vorschaden auf, der teilweise dieselben Bereiche des Pkws betraf. Nachdem die Beklagte sowohl den Schadenshergang als auch den hierdurch verursachten Schaden bestritten hat, obliegt es nunmehr dem Kläger als Geschädigtem das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen. Bei unstreitiger Teilüberdeckung ist der Antragsteller gehalten, substantiiert den Verlauf der zu den Vorschäden führenden Unfälle und die hierdurch jeweils eingetreten Schäden jeweils konkret und im Einzelnen zu benennen und insbesondere auch den Reparaturweg und -umfang des vorgeschädigten Fahrzeugs hinreichend deutlich darzulegen (zur Fahrzeugversicherung: OLG Düsseldorf, Schaden-Praxis 2010, 259 mit Anmerkung Krämer juris PR-VerkR 21/2010 Anm. 4; OLG Koblenz VersR 2010, 246; OLG Celle VersR 2007, 1510; LG Saarbrücken VersR 2012, 98; vgl. Meinecke in Stiefel/Maier, AKB, 18. Aufl., Nr. A.2.7 AKB, Rn. 7; zur Kfz-Haftpflichtversicherung: KG NZV 2010, 348; OLG Düsseldorf DAR 2006, 324; Nugel jurisPR-VerkR 4/2011 Anm.2 m.w.N.). Auch eine bloße Schadensschätzung nach § 287 ZPO kommt nämlich erst dann in Betracht, wenn der Kläger dargelegt und bewiesen hat, welcher eingrenzbarer Vorschaden durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen fachgerecht beseitigt worden ist (KG a.a.O.; LG Saarbrücken a.a.O.).
Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag des Klägers nicht im Ansatz gerecht. Der Kl äger hat zu einer fachgerechten Beseitigung eingrenzbarer Vorschäden nichts vorgetragen. Er hat hierzu zunächst nur erklärt, die Güte der Reparatur könne nicht nachgewiesen werden. Dabei entlastet es ihn nicht, dass der Vorschaden noch vor dem Kauf des Fahrzeuges eingetreten war. Insofern ist der Anspruchsteller darauf zu verweisen, dass er Erkundigungen bei dem Vorbesitzer einholen kann (vgl. hierzu LG Flensburg, Urteil vom 26.02.2008, Az: 1 S 59/07 = BeckRS 2008, 13264). Eine fachgerechte Reparatur wird auch nicht durch das spätere Testat der B vom 21.03.2011 hinreichend belegt. Zum einen wird die Aussage, dass das Fahrzeug instand gesetzt worden sei, zugleich wieder durch die Erklärung der B relativiert, das Nachbesichtigungsergebnis sei keine Gewährleistung für eine technisch richtige Instandsetzung. Zum anderen reicht es für einen beachtlichen Sachvortrag schon nicht aus, pauschal zu behaupten, Vorschäden seien ordnungsgemäß repariert worden (OLG Koblenz, a.a.O.).
Der Sachvortrag des Klägers lässt auch keine Abgrenzung von Teilbereichen zu, die durch den Vorschaden nicht betroffen waren. Soweit der Kläger hier auf das Schreiben B vom 18.01.2012 Bezug nimmt, reicht dies zur Abgrenzung ersichtlich nicht aus. Durch die Mitteilung "auffälliger Gemeinsamkeiten" zwischen zwei Gutachten werden bestehende Vorschäden nicht hinreichend abgegrenzt. Die rechnerische Betrachtung ersetzt einen konkreten Vortrag zur Abgrenzung von Schadensbereichen nicht.
Nach alledem war zu erkennen, wie geschehen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.