16.07.2013 · IWW-Abrufnummer 132192
Amtsgericht Düsseldorf: Urteil vom 18.12.2012 – 36 C 1991/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Amtsgericht Düsseldorf
36 C 1991/12
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 677,17 Euro zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfallereignis geltend, welches sich am 05.11.2011 in Höhe des Objekts E-Straße in F ereignete.
An diesem Tag stieß der Lebensgefährte der Halterin des bei der Beklagten versicherten PKW aus Unachtsamkeit gegen die linke vordere Seite des PKWs der Klägerin, welcher bereits im Jahre 2007 im vorderen linken Bereich des Fahrzeugs einen Unfallschaden erlitten hatte.
Die Haftung der Beklagten für die unfallbedingten Schäden am Fahrzeug der Klägerin ist zwischen den Parteien unstreitig.
Infolge des Unfalles gab die Klägerin bei der DEKRA ein Schadengutachten über die an ihrem Fahrzeug entstandenen Schäden in Auftrag. Das DEKRA-Gutachten beziffert die Instandsetzungskosten auf einen Betrag in Höhe von 1.179,58 Euro (netto), wobei das Gutachten Instandsetzungskosten für Schäden an der linken Ecke und am hinteren Teil des vorderen Stoßfängers, an der Felge des linken Vorderrades sowie am linken vorderen Kotflügel aufführt.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.01.2012 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung des sich aus dem Gutachten ergebenden Betrages sowie Verbringungskosten in Höhe von 96 Euro und eine Kostenpauschale in Höhe von 25 Euro auf. Eine Zahlung leistete die Beklagte hierauf nicht. Sie forderte die Klägerin mit mehreren Schreiben auf, ihr Fahrzeug zum Zwecke einer Nachbesichtigung und einer Gegenüberstellung der am Unfall beteiligten Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Der Aufforderung der Beklagten kam die Klägerin nicht nach.
Die Klägerin trägt vor: Die sich aus dem von ihr eingeholten Sachverständigengutachten ergebenden Reparaturkosten würden nur unfallbedingte Instandsetzungskosten umfassen.
Sie beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.300,58 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2012 zu zahlen;
2.
an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 186,24 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 20.09.2012 hat die Beklagte einen Anspruch in Höhe von insgesamt 677,17 Euro (Reparaturkosten in Höhe von 652,17 Euro sowie eine Kostenpauschale in Höhe von 25 Euro) anerkannt.
Sie beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit sie kein Anerkenntnis erklärt hat.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachten des Sachverständigen G. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 24.08.2012, Bl. 114 ff d.A. verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet, soweit sie über den von der Beklagten anerkannten Teilbetrag hinausgeht.
Ein Anspruch auf Erstattung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 1.179,58 Euro steht der Klägerin nicht zu. Die Instandsetzungskosten für Schäden, die über einen Betrag in Höhe von 652,17 Euro hinausgehen, sind nicht auf das streitgegenständliche Unfallereignis vom 05.11.2011 zurückzuführen. Dies steht nach den Ausführungen des Sachverständigen G in seinem Gutachten vom 24.08.2012 zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Sachverständige hat widerspruchsfrei und nachvollziehbar erläutert, dass alleine die an der linken Ecke des Stoßfängers vorhandenen Schäden am Fahrzeug der Klägerin auf das Unfallereignis zurückgeführt werden können und die am Fahrzeug vorhandenen Schäden am hinteren Teil des Stoßfängers eben so wenig auf eine Kollision mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug in Zusammenhang stehen können wie die Schäden an der Felge des linken Vorderrades und am Kotflügel. Den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Verbringungskosten in Höhe von 96 Euro. Es ist streitig, ob bei einer fiktiven Schadensabrechnung eine Geltendmachung von Verbringungskosten überhaupt in Betracht kommt (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. Auflage 2012, § 249 Rdn. 97). Eine Geltendmachung von Verbringungskosten kommt aber jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn nicht erkennbar ist, dass Verbringungskosten bei einer Reparatur konkret anfallen würden. Zwar führt der von der Klägerin beauftragte Sachverständige solche Verbringungskosten auf. Allein die Tatsache, dass die Reparaturwerkstatt, die der Sachverständige seinem Gutachten zugrunde gelegt hat, keine Lackiererei betreibt, rechtfertigt die Geltendmachung von Verbringungskosten aber nicht. Denn zum einen ist nicht klar, ob die Werkstatt die Verbringungskosten tatsächlich beanspruchen würde. Darüber hinaus ist ein Anspruch auf Erstattung von Verbringungskosten bei fiktiver Abrechnung aber auch nur dann gerechtfertigt, wenn der Geschädigte vorträgt, dass sämtliche örtliche Fachwerkstatte derartige Kosten erheben, da diese andernfalls nicht erforderlich i.S.d. § 249 BGB wären. Dies hat die Klägerin jedoch nicht vorgetragen.
Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten und Verzugszinsen. Die Beklagte befand sich mit der Leistung von Schadensersatz nicht in Verzug. Die Voraussetzungen des § 286 BGB liegen nicht vor. Der Anspruch auf Schadensersatz war nicht fällig, weil die Beklagte die Zahlung des Schadensersatzes berechtigterweise verweigert hat. Der Beklagten stand ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 273 BGB zu. Denn die Beklagte durfte von der Klägerin verlangen, dass sie ihr Fahrzeug zu einer Nachbesichtigung zur Verfügung stellt. Ein solches Recht ist der Versicherung des Fahrzeugs des Unfallgegners zuzugestehen. Andernfalls hat sie keine Möglichkeit, die Berechtigung der gegen sie erhobenen Ansprüche nachzuvollziehen. Nach der Rechtsprechung des BGH sind dem Geschädigten aus diesem Grund Pflichten zur Rücksichtnahme auf den Haftpflichtversicherer bei der Schadensfeststellung auferlegt (BGH VersR 1984, 79 – 81), welche auch eine Nachbesichtigung umfassen können. Dies muss umso mehr geltend, wenn ein Verdacht besteht, dass in dem Gutachten, welches der Geschädigte seinen Ansprüchen zugrunde legt, Kosten für die Instandsetzung von Schäden geltend gemacht werden, die mit dem Unfallereignis, für welches die Versicherung eintrittspflichtig ist, in keinem Zusammenhang stehen. Dies war der Fall. Aus dem von der Klägerin vorgelegten DEKRA-Gutachten ergaben sich Anhaltspunkte für Vorschäden, deren Reparaturzustand der Sachverständige nicht feststellen konnte. Dem berechtigten Verlangen der Beklagten auf Nachbegutachtung hat sich die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung durch die Beklagte widersetzt und eine solche nicht zugelassen. Dabei kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, sie habe den inhaltlichen Angaben des von ihr in Auftrag gegebenen DEKRA-Gutachten vertraut. Die Klägerin bestreitet nicht, dass ihr Fahrzeug einen Vorschaden hatte. Das Ansinnen der Beklagten, eine Gegenüberstellung der am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuge zu ermöglichen, war deshalb nicht derart fernliegend, dass die Klägerin davon ausgehen durfte, eine Nachbegutachtung durch die Beklagte verweigern zu können.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 93 ZPO. Soweit die Beklagte einen Anspruch in Höhe von 677,17 Euro unmittelbar nach Zusendung des Gutachtens des Sachverständigen G anerkannt hat, liegen die Voraussetzungen des § 93 ZPO vor. Einen Anlass zur Klageerhebung hat die Beklagte nicht gegeben. Wie bereits dargelegt, hat sie die Zahlung von Schadensersatz zurecht verweigert hat, weil ihr eine Nachbesichtigung des Fahrzeugs nicht ermöglicht wurde.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: bis zu 1.500 Euro.