· Fachbeitrag · 130-Prozent-Grenze
Wenn ein Ersatzteil nach Erstellung des Gutachtens plötzlich fast das Doppelte kostet
| Was passiert eigentlich, wenn der Hersteller des bei einem Unfall beschädigten Fahrzeugs nach Erstellung des Gutachtens ohne Ankündigung die Ersatzteilpreise erhöht und dadurch die 130-Prozent-Grenze für die Reparatur gesprengt wird? Erfahren Sie, wie einfach dieser Fall eines „UE“-Lesers zu lösen ist. |
Frage: Bei der Begutachtung eines Unfallschadens wurden ein Wiederbeschaffungswert von 4.500,00 Euro sowie kalkulierte Reparaturkosten brutto von 5.689,57 Euro festgestellt. Die Reparatur war bei dieser Zahlenkonstellation also möglich und vom Kunden gewünscht. Die entsprechende Begutachtung fand am 2. Februar 2015 statt. Bei der Reparatur musste insbesondere die hintere linke Tür ausgetauscht werden. Am 10. Februar 2015 erhöhte der Fahrzeughersteller den Preis für diese Tür von 376,05 Euro netto auf nunmehr sage und schreibe 750,00 Euro netto. Durch diese Preiserhöhung liegen wir jetzt über der 130-Prozent-Grenze. Die Reparatur begann am 23. Februar 2015. Zu diesem Zeitpunkt kannten wir als Vertragswerkstatt des Herstellers die Preiserhöhung noch nicht. Erst mit der Rechnung des Herstellers für die Tür wurde der erhebliche Preisanstieg offenkundig. Der Versicherer stellt sich auf den Standpunkt, wir als Werkstatt müssten Preiserhöhungen für Ersatzteile taggenau kennen und bei der Reparaturentscheidung berücksichtigen. Was nun?
Antwort: Lassen Sie sich nicht auf das falsche Gleis der „Werkstattverantwortung“ ziehen. Darum geht es nicht. Es ist einzig auf den Geschädigten abzustellen. Dessen Entscheidungsgrundlage war das Gutachten, das zum Zeitpunkt seiner Erstellung sachlich richtig war. Er durfte sich auf das Schadengutachten verlassen. Was danach geschah, fällt unter das klassische vom Schädiger zu tragenden Prognoserisiko, das auch im 130-Prozent-Bereich gilt ( BGH, Urteil vom 15.10.1991, Az. VI ZR 314/90, Abruf-Nr. 092354 ).
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