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  • · Fachbeitrag · Anwaltskosten

    Der Geschädigte hat in der Regel ein „Recht auf einen Anwalt“

    | Immer wieder verneinen Versicherer das Recht des Geschädigten, sich durch einen Rechtsanwalt rund um den Unfallschaden kompetent vertreten zu lassen und die Kosten dafür vom Versicherer erstattet zu verlangen. Das tun sie regelmäßig dann, wenn der Geschädigte ein kaufmännisch organisiertes Unternehmen ist. Dabei behaupten Sie, die Unfallregulierung im konkreten Fall sei eine „einfache Angelegenheit“ gewesen. Damit liegen die Versicherer meist falsch, wie eine große Zahl von Urteilen zugunsten der Geschädigten zeigt. |

    Recht auf Anwalt auch in im Nachhinein klaren Fällen

    Das Recht auf Einschaltung eines Anwalts hat der Geschädigte nicht nur in den Fällen, in denen echte Erschwernisse vorlagen. Solche liegen beispielsweise vor,

     

    Auch in „glatten Fällen“ - und ob es ein „glatter Fall“ ist, weiß man ja erst hinterher - bejahen die Gerichte den Anspruch auf Anwaltskostenerstattung.

     

    Unfallschäden sind nie im Vorhinein „einfach“

    Die Abwicklung von Unfallschäden ist bei Beteiligung von zwei Fahrzeugen grundsätzlich keine einfache Angelegenheit. Das gilt auch dann, wenn der Versicherer anstandslos reguliert hat. Die entstandenen Anwaltskosten sind vom eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer zu erstatten (AG Duisburg, Urteil vom 20.12.2012, Az. 3 C 2446/12; Abruf-Nr. 130295; eingesandt von Rechtsanwalt Jörg-Ullrich Cappel, Rüsselsheim).

     

    Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Im Laufe der Zeit hat sich eine umfangreiche Judikatur zu der Frage entwickelt, welche Schadenspositionen in welchem Fall ersatzfähig sind (Höhe der Sachverständigenkosten, Höhe der Mietwagenkosten, Beachtlichkeit von Restwertangeboten, Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt, Vorteilsausgleichung, Einsatz von gebrauchten Ersatzteilen, Anwaltskosten für Deckungszusage, Höhe der Geschäftsgebühr etc.). Vor diesem Hintergrund kann generell nicht mehr gesagt werden, dass die Regulierung von Verkehrsunfallschäden einfach gelagert sei. Denn auch wenn im Einzelfall eine vollumfängliche Regulierung erfolgt, ist dem doch eine Prüfung vorausgegangen, damit der Geschädigte nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig geltend macht. Für diese Prüfung aber darf der Geschädigte sich regelmäßig eines Anwaltes bedienen.“

     

    Das ist keine Einzelmeinung

    Genauso sieht es das AG Wiesbaden (Urteil vom 10.1.2012, Az. 91 C 5831/11; Abruf-Nr. 130298; eingesandt von Rechtsanwalt Jörg-Ullrich Cappel, Rüsselsheim): „Bei Schadenersatzansprüchen aus Verkehrsunfällen ist aufgrund der umfangreichen juristisch komplizierten Materie des Schadenumfangs die Einschaltung eines Rechtsanwaltes grundsätzlich geboten.“

    Anwaltskosten auch bei vorhandener Rechtsabteilung

    Selbst wenn eine größere Firma über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, darf sie sich in der Unfallschadenregulierung von einem externen Anwalt auf Kosten des Versicherers vertreten lassen, wenn die Rechtsabteilung nicht für die Unfallschadenabwicklung eingerichtet wurde. Oft sind diese Unternehmenseinheiten für Gesellschafts-, Arbeits-, gewerbliches Miet- und Wettbewerbsrecht aufgestellt. Schadenabwicklung gehört nicht zu deren Aufgaben, zumal es wenig sinnvoll ist, für eine Handvoll Schäden pro Jahre insoweit einen Experten einzustellen.

     

    Auch insoweit kann auf das oben genannte Urteil des AG Duisburg (Abruf-Nr. 130295) verwiesen werden. Wörtlich heißt es darin: „Stellen sich die Anwaltskosten - wie hier - als erforderlich dar, so ist auch ein Unternehmen, welches über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, zur Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts berechtigt, wenn nicht die Abwicklung des konkreten Schadenfalles zu den originären Aufgaben der Rechtsabteilung gehört.“

     

    Im gleichen Sinne hat das AG Schwerte (Urteil vom 17.10.2012, Az. 2 C 182/12; Abruf-Nr. 130297; eingesandt von Rechtsanwalt Jörg-Ullrich Cappel, Rüsselsheim) entschieden. Eine ältere Entscheidung des AG Köln (Urteil vom 3.9.2010, Az. 272 C 115/10; Abruf-Nr. 103003) geht ebenfalls in diese Richtung.

     

    Die Gerichte schauen sich die Reibereien täglich an - das prägt!

    Dass die Rechtsprechung hinsichtlich des Rechts auf anwaltliche Unterstützung so stabil bleibt, hängt sicher auch mit der täglichen Beobachtung der Gerichte zusammen. Sie erleben, mit welchen teils haarsträubenden Argumenten Versicherer die Schadenersatzansprüche der Geschädigten beschneiden wollen.

     

    Das AG Kassel spricht dabei von „bewusster Missachtung obergerichtlicher Rechtsprechung“ (Urteil vom 30.6.2009, Az. 415 C 6230/08; Abruf-Nr. 092631). Das sollte allen an der Schadenregulierung im weitesten Sinne Beteiligten ein Fingerzeig sein.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Halter einer Fahrzeugflotte darf Anwalt in Anspruch nehmen“, UE 2/2013, Seite 1
    • Weitere Urteile zum Thema „Halter einer Fahrzeugflotte darf Anwalt in Anspruch nehmen“ finden Sie in UE 12/2012, Seite 3, UE 5/2011, Seite 15 und UE 12/2011, Seite 2
    • Beitrag „Versicherer hakt wegen Anwaltsbeauftragung beim Geschädigten nach - was steckt dahinter?“, UE 9/2912, Seite 9
    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 10 | ID 37777430