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  • · Nachricht · Editorial Februar 2017

    Übertreibungen kehren die gute Sache oft ins Gegenteil um

    | An dieser Stelle möchte ich den Mietwagenanbietern einmal ins Gewissen reden. Denn die Gerichte reagieren nicht gerade erfreut, wenn sie merken, dass ihre Rechtsprechung schlitzohrig ausgenutzt wird. Übertreibungen kehren vielmehr die gute Sache oft ins Gegenteil um. |

     

    Einige Senate des OLG Dresden greifen bei der Erstattung der Mietwagenkosten nun - wie viele andere Gerichte auch - auf den Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer zurück, wenn der Geschädigte (wie üblich) nicht nachweisen kann, vor der Anmietung Preisvergleiche eingeholt zu haben.

     

    Es ist nicht lange her, da hatte das OLG Dresden noch ganz anders entschieden: Erst, wenn der Geschädigte bei der Anmietung erkennen könne, dass der Mietwagen doch sehr teuer sei, müsse das Gericht überhaupt eingreifen. Das sei erst der Fall, wenn die Mietwagenkosten die Werte aus dem Schwacke-Mietpreisspiegel um 50 Prozent übersteigen. Dieser mutige Dresdner Sonderweg zog viel Aufmerksamkeit auf sich.

     

    Allerdings zog er auch übertriebene Schlitzohrigkeit nach sich. Wollte das Gericht nur den Geschädigten schützen, so verstanden offenbar viele Mietwagenbieter: Prima, jetzt können wir „Schwacke mal einskommafünf“ abrechnen.

     

    Davor hatten wir schon in der August-Ausgabe 2015 gewarnt. Wir schrieben: „Allerdings birgt sie auch eine große Gefahr: Wenn die lokalen Vermieter nun meinen, Preislisten auf dem Level ‚Schwacke plus 50 Prozent‘ zu drucken, ist das so falsch, wie die oben als falsch dargestellte Rechtsprechung der anderen Gerichte. … Größenordnung Schwacke zuzüglich der berechtigten Nebenkosten, und dann vielleicht noch einen Schnaps obendrauf. Das verhindert, dass die Richter in Dresden sich das noch einmal anders überlegen.“

     

    Übertreibungen kehren die gute Sache oft ins Gegenteil um. Kürzlich kam uns ein Fall unter, bei dem bei einer Entfernung der Werkstatt zum Lackierbetrieb von 500 Metern mehr als 200 Euro Verbringungskosten berechnet wurden. Das lässt sich zwar im Einzelfall vor Gericht durchsetzen. Aber irgendwann fragen sich die Richter „Was machen die da?“ Und da haben die Gerichte bisher immer reagiert.

     

    Viel Spaß bei der Lektüre.

    Joachim Otting | Schriftleiter

    Quelle: ID 44495970