· Fachbeitrag · Reparaturkosten
Reparatur gemäß Gutachten und Gegen-„Gutachten“
| Eine Aufstellung eines beim Versicherer angestellten Sachverständigen über die vom Versicherer für richtig gehaltenen Reparaturschritte und -kosten ist nicht geeignet, die Richtigkeit des ursprünglichen Schadengutachtens in Zweifel zu ziehen. So sieht das ‒ völlig zurecht ‒ das AG Bad Homburg. |
Der Geschädigte darf sich auf das Schadengutachten verlassen
Vielfach hat UE berichtet und Urteile vorgestellt, dass der Geschädigte dem Schadengutachten vertrauen und den Auftrag an die Werkstatt erteilen darf, gemäß Schadengutachten zu reparieren. Wenn die Werkstatt dann tatsächlich so repariert (!) und dementsprechend abrechnet, kann der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer keine Einwendungen mehr erheben. Und auch bei den neuerdings erkennbaren Regressbemühungen hat er gegen die Werkstatt keine Erfolgsaussicht.
Ein Gegengutachten kann die Sachlage ändern
Das OLG Dresden hatte gesagt: „Hierbei darf der Geschädigte regelmäßig auf die Richtigkeit eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens vertrauen, soweit nicht ein vor Reparaturbeginn vorgelegtes Gegengutachten hieran ernsthafte Zweifel erweckt.“ (OLG Dresden, Urteil vom 10.05.2017, Az. 7 U 180/17, Abruf-Nr. 193882).
Darauf aufbauend versuchen einige Versicherer nun, früh gegenzusteuern und das Schadengutachten in Zweifel zu ziehen. Wurde die Reparatur jedoch bereits begonnen, als die konträre Auffassung des Versicherers eintraf, ist der Meinungsunterschied ohne Belang. Trifft sie aber vor Reparaturbeginn ein, kann sie die Sachlage ändern.
Was ist denn ein „Gegengutachten“?
Doch nicht alles, was Techniker zum Reparaturweg und zur Schadenhöhe von sich geben, ist ein „Gegengutachten“. Nach Auffassung von UE setzt ein Gutachten im Regelfall voraus, dass der Techniker das Fahrzeug mit eigenen Augen gesehen hat. Damit scheidet per se Vieles aus.
Ein „Gutachten“ setzt auch eine weitgehende Unabhängigkeit des Gutachters voraus. Angestellte des Versicherers arbeiten aber nach internen Weisungen, was zu akzeptieren und was zu verwerfen ist. Damit scheiden deren Expertisen schon aus diesem Grund aus. Das AG Bad Homburg liegt also völlig richtig. (AG Bad Homburg, Urteil vom 30.10.2017, Az. 2 C 2943/16 (27), Abruf-Nr. 198249, eingesandt von Rechtsanwältin Inka Pichler, Wiesbaden).
Weiterführender Hinweis
- Der Textbaustein 444 „Prüfberichte ohne Relevanz (H) wurde um die Variante „Gegen-‚Gutachten‘ von Versicherer ohne Relevanz“ → Abruf-Nr. 45023893 erweitert.